Collegium Trilingue

Die Fassade des Collegium Trilingue in Löwen, 2013.
Die Fassade des Collegium Trilingue in Löwen, 2010.
Teil des Gebäudes des Collegium Trilingue

Das Collegium Trilingue, oder Collegium trium linguarum (heutige niederländische Bezeichnung: Drietalencollege oder auch College van Busleyden[1], ältere flämische Bezeichnung: Dry Tonghen, französisch Collège des Trois Langues) war eine Einrichtung der Frühen Neuzeit von 1518 bis 1797 zum Studium der drei heiligen Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein und befand sich in Löwen. Es wird nach seinem Begründer zuweilen auch Collegium Buslidianum oder Collegium Busleidianum genannt.

Geschichte

Das Collegium war im Jahre 1517 von dem wohlhabenden Humanisten Hieronymus Buslidius[2] (niederländisch: Jeroen van Busleyden, französisch: Jérôme de Busleyden) durch dessen letzten Willen begründet worden. Hieronymus Buslidius war Mitglied des Großen Rats von Mecheln und hatte sich in Mecheln eine prächtige Residenz, den sogenannten Hof van Busleyden errichten lassen. Er gehörte einer bedeutenden Familie der burgundischen Niederlande an, die ihren Ursprung im luxemburgischen Bauschleiden hatte. Zu seinen bekannten Brüdern zählen Frans van Busleyden, der Erzieher des Erzherzogs Philipp und Propst von Brügge, sowie Aegidius (Gilles) van Busleyden, der Burggraf von Grimbergen.

Hieronymus Buslidius war zu seinen Lebzeiten mit zahlreichen Gelehrten befreundet gewesen. Hierzu gehörten Thomas Morus, der in Buslidius' Residenz in Mecheln den ersten Teil seines bekannten Werkes Utopia verfasste[3], sowie Erasmus von Rotterdam, der Buslidius dann auch zur Gründung des Collegiums inspiriert hatte. Nach dem Tod von Buslidius im August 1517 wurde Erasmus bei der Umsetzung des letzten Willens von Hieronymus' Bruder Aegidius (Gilles) van Busleyden unterstützt. Im September 1518, also gut ein Jahr nach dem Tod des Buslidius, wurde das Collegium Buslidianum, wie es häufig auch genannt wurde, eingeweiht. Buslidius hatte in seinem auf Latein abgefassten Testament genau festgelegt, wie der Lehrbetrieb ablaufen sollte. So wurden unter anderem die praeceptores (Dozenten) verpflichtet, die öffentlichen Vorlesungen kostenlos abzuhalten. Das damals errichtete Gebäude erlebte jedoch im Laufe der Jahrhunderte umfangreiche Umbauten und Umnutzungen, so dass heute nur noch ein kleiner Gebäudeteil einigermaßen originalgetreu erhalten ist. In diesem Teil befindet sich heute ein Bistro.[4]

Das Collegium war nicht Teil der Universität, sondern ging auf die Initiative von Humanisten zurück, die das Studium der Alten Sprachen fördern wollten, welche im Mittelalter in den Hintergrund gedrängt worden waren. Erasmus suchte zu diesem Zweck die besten Lehrer des Lateinischen, Griechischen und Hebräischen aus.[5]

Das Collegium stellte 1797 seine Aktivitäten ein, als im Gefolge der Französischen Revolution alle Universitäten abgeschafft und ihre Besitzungen beschlagnahmt wurden. Das Unterrichtsangebot im Lateinischen war mangels Bedarf bereits 1768 eingestellt worden. Die Studenten brachten bei Studienbeginn entweder bereits gute Lateinkenntnisse mit oder konnten diese an der Universität vervollkommnen.

Schild am Busleydengang in Löwen.
Der Busleydengang.

Das Renaissance-Gebäude am Busleydengang in der Nähe des Fischmarkts (vismarkt) in Löwen ist bis heute zum größten Teil erhalten. Es hat jedoch im Laufe der Zeit zahlreiche Umbauten und Umnutzungen erlebt.

Lehrer am Collegium Trilingue

Es folgt eine vollständige Liste der Lehrer am Collegium Trilingue.[6]

Lehrer des Lateinischen

  • 1518–1519 Hadrianus Barlandus
  • 1519–1539 Conradus Goclenius (Conrad Goekelen) (1489–1539)
  • 1539–1557 Petrus Nannius (Pieter Nanninck) (1500–1557)
  • 1557–1578 Cornelius Valerius
  • 1586–15xx Guilielmus Huismannus
  • 1606–1606 Justus Lipsius
  • 1607–1646 Eryceus Puteanus
  • 1646–1649 Nicolaus Vernulaeus
  • 1649–1664 Bernadus Heimbachius
  • 1664–1669 Christianusa Langendonck
  • 1669–1683 Joannes Baptista Victor de Schuttelaere
  • 1683–1688 Dominicus Snellaerts
  • 1683–1693 Leonardus Gautius
  • 1689–1701 Bernardus Desirant
  • 1705–1720 Jean Francois de Laddersous
  • 1730–1741 Christianus Bombaeus
  • 1722–1738 Gerard Jean Kerckherdere
  • 1741–1768 Henri Joseph van der Steen

Lehrer des Griechischen

  • 1518–1545 Rutgerus Rescius (Rutger Ressen) (14xx-1545)
  • 1545–1560 Hadrianus Amerotius
  • 1560–1578 Theodoricus Langius
  • 1578–1590 Guilielmus Fabius
  • 1591–1596 Gerardus Corselius
  • 1606–1607 Henricus Zoesius
  • 1609–1632 Petrus Castellanus
  • 1632–1643 Petrus Stockmans
  • 1643–1652 Mathieu Theige
  • 1652–1654 Jean Normenton
  • 1654–1664 Bernardus Heymbachius
  • 1664–1680 Jean de Hamere
  • 1681–1690 Rutger van den Burgh
  • 1683–1722 Francois Martin
  • 1723–1732 Franciscus Audenaert
  • 1723–1740 Francois Claude de Guareux
  • 1741–1782 Jean-Baptiste Zegers
  • 1782–1787 Jean Hubert Joseph Leemput
  • 1790–1791 Jean-Baptiste Cypers
  • 1791–1797 Antoine van Gils

Lehrer des Hebräischen

  • 1518–1519 Mattheus Adrianus
  • 1519–1519 Robertus Wackfeldus
  • 1519–1519 Robertus Shirwodus
  • 1520–1531 Johannes Campensis
  • 1532–1568 Andreas Gennepius
  • 1568–1569 Johannes Guilielmus Harlemicus
  • 1569–1577 Petrus Pierius a Smenga
  • 1612–1655 Valerius Andreas
  • 1656–1679 Joannes Sauterus
  • 1679–1704 Jean Herrys
  • 1704–1723 Jean Guillaume van Hove
  • 1726–1750 Gilbert Joseph Hagen
  • 1755–1772 Jean Noel Paquot
  • 1774–1782 Gerard Deckers
  • 1782–1786 Joseph Benoit de Mazière
  • 1790–1797 Etienne Heuschling

Bekannte Alumni

Einrichtungen nach dem Vorbild des Collegium Trilingue

Das Collegium Carolinum in Zürich

Ehemaliges Collegium Carolinum am Grossmünster.

Nach dem Löwener Vorbild begründete Ulrich Zwingli die 1525 ihren Betrieb aufnehmende Prophezei in Zürich als Collegium Trilingue.

Das Collège de France in Paris

Auch das Collège de France in Paris war bei seiner Gründung im Jahr 1530 unter König Franz I. nach dem Löwener Vorbild als Collegium Trilingue (Collège des trois langues) konzipiert. Erasmus war eingeladen worden, dort zu lehren, lehnte dies jedoch ab.

Die Stiftung Collegium Trilingue in Wien

1539/40 wurde durch Bischof Johann Fabri das Studentenkonvikt St. Nikolaus in Wien unter der Bezeichnung Collegium trilingue errichtet.[7]

Moderne Einrichtungen

Gegenwärtig ist das Theologisch-propädeutische Seminar Ambrosianum in Tübingen eine Einrichtung dieser Art.

Literatur

  • Henry de Vocht: History of the foundation and the rise of the Collegium Trilingue Lovaniense, 1517–1550. 4 Bde., Librairie Universitaire, Louvain 1951–1955 (Humanistica Lovaniensia, n° 10–13).
  • Henry de Vocht: Les Débuts du Collège Trilingue de Louvain, 1517–1550. Uytspruyt, Louvain 1958.
  • Jan Papy (Hrsg.): The Leuven Collegium Trilingue 1517–1797. Erasmus, Humanist Educational Practice and the New Language Institute Latin–Greek–Hebrew. Peeters, Leuven 2018. – Rez. von Andrea Hugill, Bryn Mawr Classical Review 2019.07.41.
  • Félix Nève: Mémoire historique et littéraire sur Le Collége (sic) des Trois-Langues à l'Université de Louvain. M. Hayez, Brussels, 1856, (online).

Weblinks

Commons: Collegium Trilingue – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. De Inventaris van het Bouwkundig Erfgoed, bei onroerenderfgoed.be
  2. Hieronymus Buslidius, bei deutsche-biographie.de
  3. Hiëronymus van Busleyden, bei mechelen.mapt.be
  4. De droom van Erasmus – Het Collegium Trilingue (Memento des Originals vom 27. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.juliaenelias.be, bei juliaenelias.be
  5. Léon E. Halkin: Érasme parmi nous. Fayard, Paris 1987, S. 174–175.
  6. Félix Nève: Mémoire historique et littéraire sur Le Collége (sic) des Trois-Langues à l'Université de Louvain. M. Hayez, Bruxelles, 1856, (online).
  7. Ulrike Denk: Private Stipendienstiftungen an der Universität Wien. In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 20, 2000, S. 163–180, hier S. 168–171.


Koordinaten: 50° 52′ 52″ N, 4° 42′ 1″ O

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Plack am Busleidengang zu Léiwen, fir un de Collegium Trilingue z'erënneren. Oktober 2007.
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Gebai, wou fréier de Collegium Trilingue dra war, am Busleidengang zu Léiwen. Oktober 2007.
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Theologisches Seminar, University of Zurich, respectively former Höhere Töchterschule college in Zürich (Switzerland) as seen from Zwingliplatz, Pfarrhaus (rectory) Grossmünster to the left, Grossmünster and Grossmünsterplatz to the right.
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