Päpstliches Institut Santa Maria dell’Anima

Das Päpstliche Institut Santa Maria dell’Anima (lateinisch Pontificium Teutonicum S. Maria dell'Anima, italienisch Collegio Teutonico di Santa Maria dell’Anima, kurz Anima) ist eine römisch-katholische Einrichtung in Rom, die um die Wende zum 15. Jahrhundert als Pilgerhospiz gegründet wurde und heute neben der Seelsorge für deutschsprachige Gläubige in Rom auch Sitz eines Priesterkollegs ist, die sich zu vertieften theologischen Studien in Rom aufhalten.

Für den Bestand von Gemeinde und Kolleg der „Anima“ sind die Deutsche und die Österreichische Bischofskonferenz gemeinsam verantwortlich.

Das heutige Institut versteht sich als europäische Institution, geprägt durch Vielfalt; im Kolleg leben elf verschiedene „Nationen“ unter einem Dach.[1]

Überblick über die Geschichte der Institution/Stiftung

In der Bulle des Papstes Bonifatius IX. Quanto frequentius vom 9. November 1399 werden Johann Peters von Dordrecht und seine Frau Katharina als Gründer eines Hospizes für arme Leute der deutschen Nation genannt. Der päpstliche Skriptor und Abbreviator Dietrich von Nieheim († 22. März 1418) vermehrte das Vermögen durch Schenkungen, gründete eine Bruderschaft zu Ehren Mariens und erreichte, dass die Stiftung am 20. Juni 1406 unter den Schutz des Heiligen Stuhls gestellt wurde.

Das zum Hospiz gehörende Oratorium wurde 1431 bis 1433 durch Spenden zu einer gotischen Kirche erweitert und 1499 bis 1542 durch einen Neubau ersetzt. Die Kirche trägt den Namen Santa Maria dell’Anima.

Seit dem 19. und 20. Jahrhundert gab es unterschiedliche Bezeichnungen, darunter „Österreichisches National-Institut/Kirche“ oder „Deutsche National-Stiftung/Priesterkolleg“.[2]

Kirche

Zum Institut gehört die Kirche Santa Maria dell’Anima.

Priesterkolleg

Durch ein päpstliches Breve vom 15. März 1859 wurde die Stiftung neu organisiert. Der Rektor wird vom Papst ernannt, bis 1915 wurde er vom österreichisch-ungarischen Monarchen Franz Joseph I. bestätigt. Im Kolleg werden Priester aus jenen Diözesen aufgenommen, die 1806 Teil des Heiligen Römischen Reiches waren, wenn sie in Rom studieren. Zwischen 1859 und 1915 wohnten zudem viele Priester am Kolleg, arbeiteten auch als Kapläne in der Kirche Santa Maria dell' Anima, die nicht deutscher Nationalität waren. Den Großteil entsandten die Kölner Bischöfe (insgesamt 35). Aus Brixen kamen 22 Priester, die von der Nationalität her Deutsche, Italiener und Ladiner waren, gefolgt von Luxemburg (17). Insgesamt waren es bis in die 1950er Jahre etwa 400 Priester, die an der Anima während ihres Rom-Studiums lebten und tlw. auch als Kapläne in der Kirche wirkten.[3] Heute umfassen die Herkunftsländer der Priester insbesondere Deutschland, Österreich, Tschechische Republik, Niederlande, Belgien, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Kroatien.[4]

Viele dieser Priester machten Karriere in der Kirche und wurden somit einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Es befinden sich unter diesen „Animalen“ mehrere Kardinäle, Bischöfe, Theologen und Politiker. Darunter: Kardinal Franz Xaver Nagl, Kardinal und Erzbischof von Köln Josef Frings, Kardinal und Erzbischof von Köln Felix von Hartmann, Kardinal und Erzbischof von Olmütz Lev Skrbenský, Kardinal und Erzbischof von München Michael Faulhaber, Kardinal und Erzbischof von Prag Karel Kaspar, Bischof von Linz Franz Doppelbauer, Bischof von Triest/Lavan Andrej Karlin, Bischof von Eichstätt Johannes Leo von Mergel, Bischof von Limburg Augustinus Kilian, Bischof von Mainz Heinrich Brück, Bischof von Stockholm Johann Erik Müller, Bischof von Satu Mare und Oradea Mare János Scheffler (2011 seliggesprochen). Unter den Weihbischöfen sind zu nennen: Godfried Marschall, Johann Baptist Schneider und Josef Pfluger (Erzdiözese Wien).

Einige ehemalige Kollegiaten waren politisch aktiv und wurden zu Abgeordneten ihrer Parlamente gewählt, wie etwa Karl Drexel, Jakob Thanisch und Ignacij Žitnik.

Auch nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie und damit dem Wegfall des Patrons war die Priesterschaft multinational und kam aus vielen Ländern. Unter den Bekannteren finden sich Bischöfe, wie etwa Stefan Laszlo.[5]

Das Kolleg gilt als „Kaderschmiede“ für Karrieren in der römisch-katholischen Kirche. Die Seelsorge der deutschsprechenden katholischen Gemeinde in Rom wird von Priestern des Kollegs wahrgenommen.

Rektoren

Der Rektor der Anima wird von der Österreichischen Bischofskonferenz ausgewählt und von der Deutschen Bischofskonferenz bestätigt.

  • Alois Flir (1805–1859), Rektor von 1853 bis 1859
  • Michael Gaßner, Rektor von 1860 bis 1872
  • Carl Jänig, Rektor von 1872 bis 1887
  • Franz Maria Doppelbauer (1845–1908), Bischof, Rektor von 1887 bis 1888
  • Franz Xaver Nagl (1855–1913), Erzbischof, Rektor von 1888 bis 1902
  • Josef Lohninger (1866–1926), Apostolischer Protonotar, Rektor von 1902 bis 1913
  • Maximilian Brenner (1874–1937), Apostolischer Protonotar, Rektor von 1913 bis 1937
  • Alois Hudal (1885–1963), Bischof, Rektor von 1937 bis 1952, (Koadjutor cum iure successionis 1923–1937)
  • Jakob Weinbacher (1901–1985), Apostolischer Protonotar, Rektor von 1952 bis 1961
  • Alois Stöger (1904–1999), Bischof, Rektor von 1961 bis 1967
  • Franz Wasner (1905–1992), Prälat, Rektor von 1967 bis 1981
  • Johannes Nedbal (1934–2002), Apostolischer Protonotar, Rektor von 1981 bis 1998
  • Richard Mathes (1940–2005), Prälat, Rektor von 1998 bis 2004
  • Johann Hörist (1961–2007), Rektor von 2004 bis 2007
  • Gerhard Hörting (* 1972), Rektor ad interim 2007/08
  • Franz Xaver Brandmayr (* 1956), Rektor von 2008 bis 2020
  • Michael Max (* 1970), Rektor seit September 2020[6][7]

Archiv

Neben der Kirche, dem Gemeindezentrum und dem Kolleg beherbergt die Anima ein Archiv zur Geschichte der Institution seit dem 14. Jahrhundert, darunter eine Sammlung von Urkunden, Pilgerlisten, Rechnungen (inkl. Aufträge für Künstler), und Korrespondenzen der Rektoren.

Siehe auch

Neben der Anima bestehen in Rom zwei weitere Institute, deren Einzugsgebiet ähnlich der Anima war und ist: das Pontificio Collegio Teutonico di Santa Maria in Campo Santo (Campo Santo Teutonico) und das Pontificium Collegium Germanicum et Hungaricum de Urbe.

Literatur (nach Erscheinungsdatum)

  • Anton Kerschbaumer: Geschichte des deutschen Nationalhospizes Anima in Rom. 1868 (books.google.de Volltext).
  • Anna Hedwig Benna, Die Republik Österreich und Sancta Maria de Anima in Rom (1918–1938), in: Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 31, 1978, 463–486. Online
  • Gisbert Knopp u. Wilfried Hansmann: S. Maria dell’Anima. Die deutsche Nationalkirche in Rom. Kühlen, Mönchengladbach 1979, ISBN 3-87448-100-X.
  • Josef Lenzenweger: Anima. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1993, Sp. 678 f.
  • Barbara Baumüller: Santa Maria dell’Anima in Rom. Gebrüder Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2308-X.
  • Tamara Scheer, Negotiating National Character: The Habsburgs' Roman Catholic Priest College Santa Maria dell'Anima and the German National Church in Rome, 1859–1915. In: Fragments of Empire: Austrian Modernisms and the Habsburg Imaginary, Austrian Studies Bd. 28, (2020), S. 64–78, ISBN 978-1-78188-971-8.

Fußnoten

  1. Zwischen Kronen und Nationen. Die zentraleuropäischen Priesterkollegien in Rom vom Risorgimento bis zum Zweiten Weltkrieg. 5. Mai 2020, abgerufen am 5. Mai 2020.
  2. Scheer: Negotiating National Character: The Habsburgs' Roman Catholic Priest College Santa Maria dell'Anima and the German National Church in Rome, 1859–1915. In: Austrian Studies. Band 28, 2020, S. 64, doi:10.5699/austrianstudies.28.2020.0064.
  3. Josef Lenzenweger: Sancta Maria de Anima. Erste und zweite Gründung. Herder, Wien/Rom, S. 140–172.
  4. Päpstliches Institut Santa Maria dell' Anima. Offizielle Homepage. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. März 2021; abgerufen am 25. Februar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/pisma.info
  5. Ildiko Farkas: Brückenbauer im Dienst der Kirche. Diözesanbischof Stefan Laszlo in Lebensbildern. Eisenstadt 2013, ISBN 978-3-900120-06-1.
  6. Michael Max wird neuer Rektor der Anima in Rom
  7. Mit September Leitungspositionen in Kirche neu besetzt. In: kathpress.at. 1. September 2020, abgerufen am 2. September 2020.

Koordinaten: 41° 53′ 58,4″ N, 12° 28′ 18,7″ O