Cohors I Flavia Canathenorum

Das Fragment eines Militärdiploms von 156/157 n. Chr. im Gäubodenmuseum in Straubing (CIL 16, 183)

Die Cohors I Flavia Canathenorum [sagittariorum oder sagittaria] [milliaria] (deutsch 1. flavische Kohorte aus Canatha [der Bogenschützen] [1000 Mann]) war eine römische Auxiliareinheit. Sie ist durch Militärdiplome, Inschriften und Ziegelstempel belegt.

Namensbestandteile

  • Flavia: die Flavische. Die Ehrenbezeichnung bezieht sich auf die flavischen Kaiser Vespasian, Titus oder Domitian. Es sind insgesamt 14[1] Kohorten mit diesem Namenszusatz bekannt. Die Kohorte wurde wahrscheinlich nach erfolgreicher Beendigung des Jüdischen Krieges unter Vespasian aufgestellt.[2]
  • Canathenorum: aus Canatha. Die Soldaten der Kohorte wurden bei Aufstellung der Einheit aus der im Hauran gelegenen Stadt Canatha und ihrer Umgebung rekrutiert.
  • sagittariorum oder sagittaria: [der/aus] Bogenschützen. Der Zusatz kommt in den meisten der Militärdiplome in verschiedenen Abkürzungen wie sag, sagit(t) oder sagittar vor.
  • milliaria: 1000 Mann. Je nachdem, ob es sich um eine Infanterie-Kohorte (Cohors milliaria peditata) oder einen gemischten Verband aus Infanterie und Kavallerie (Cohors milliaria equitata) handelte, lag die Sollstärke der Einheit entweder bei 800 oder 1040 Mann. In den Militärdiplomen wird statt milliaria das Zeichen verwendet.

Da es keine Hinweise auf den Namenszusatz equitata (teilberitten) gibt, ist davon auszugehen, dass es sich um eine reine Infanterie-Kohorte (Cohors milliaria peditata) handelte. Die Sollstärke der Einheit lag daher bei 800 Mann, bestehend aus 10 Centurien mit jeweils 80 Mann.

Geschichte

Der erste Nachweis der Einheit in der Provinz Raetia beruht auf 2 Militärdiplomen, die auf 116 n. Chr. datiert sind. In den Diplomen wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Raetisches Heer) aufgeführt, die in Raetia stationiert waren. Weitere Militärdiplome, die auf 116/121, 125/128, 139, 151/170, 154/161, 156, 157, 157/161, 159/160, 160, 162, 166 und 167/168 datiert sind, belegen die Einheit in derselben Provinz.[2][3][4][5][A 1]

Standorte

Standorte der Kohorte in Raetia waren möglicherweise:[2][4]

Ziegel mit dem Stempel C I F C wurden in Eining und Kösching gefunden, Ziegel mit dem Stempel COH I CAN in Regensburg-Kumpfmühl und Sorviodurum (CIL 3, 11992).[2]

Angehörige der Kohorte

Folgende Angehörige der Kohorte sind bekannt.[2][4]

Kommandeure

  • Aelius [.]: er wird auf dem Diplom (CIL 16, 118) als Kommandeur der Kohorte genannt.

Sonstige

  • Asuodane, ein Soldat: das Diplom (CIL 16, 118) wurde für ihn ausgestellt.

Unsicherheiten

CIL 03, 14379

Die im Umfeld des im Norden der Provinz Arabia Petraea gelegenen Kastells Mothana entdeckte Inschrift (CIL 3, 14379) erwähnt eine rund 1000 Man starke Doppelkohorte mit dem Namen Cohors I Augusta Canathenorum et Trachionitarum. Diese ist jedoch nicht mit der Cohors I Flavia Canathenorum identisch. Beide Einheiten wurden in und um Canatha, etwa 50 Kilometer nördlich des Kastells Mothana ausgehoben. Die Trachoniten stammten aus der Ledja im Osten des Hauran und nördlich von Canatha.[6]

Verlegung nach Raetia

John Spaul glaubt, dass die Einheit zwischen 107 und 116 nach Raetia verlegt wurde, da sie auf dem Militärdiplom (CIL 16, 55), ausgestellt am 30.06.107 für die Provinz, nicht gelistet ist.[2]

Farkas István Gergő vermutet, dass die Kohorte schon um 90 in die Provinz Raetia verlegt wurde und zwischen 90 und 106/117 in Sorviodurum stationiert war. Ein vergleichbarer Fall, dass eine Einheit nicht in die Truppenliste eines Diploms aufgenommen wurde, ist die Cohors I Breucorum, die auf einem Diplom von 116/121 nicht aufgeführt ist, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt in Raetia war.[4]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Cohors I Flavia Canathenorum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Die Datierung der Militärdiplome folgt den Angaben in der Epigraphik-Datenbank Clauss-Slaby (EDCS) (zu den Details siehe die Diskussionsseite).
  2. a b c d Siehe im Artikel den Abschnitt Garnison oder Truppe sowie die dort angegebenen Einzelnachweise und Literatur.

Einzelnachweise

  1. Julian Bennett: THE REGULAR ROMAN AUXILIARY REGIMENTS FORMED FROM THE PROVINCES OF ASIA MINOR, ANATOLICA XXXVII, 2011, S. 251–274 hier S. 265 (PDF S. 15).
  2. a b c d e f John Spaul: Cohors² The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army, British Archaeological Reports 2000, BAR International Series (Book 841), ISBN 978-1-84171-046-4, S. 421,427
  3. Jörg Scheuerbrandt: Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen während der Kaiserzeit. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 2003/2004, S. 160 Tabelle 4 (PDF S. 162).
  4. a b c d e Farkas István Gergő: THE ROMAN ARMY IN RAETIA Dissertation, University of Pécs Faculty of Humanities 2015, S. 151–152, 243–259, 409–412 (PDF 19,1 MB, S. 154–155, 246–262, 412–415 (Memento des Originals vom 14. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.idi.btk.pte.hu).
  5. Militärdiplome der Jahre 116 (RMD-04,229 = AE 1995, 1185, RMD-03,155 = AE 1993, 1240), 116/121 (ZPE-178-247 = AE 2011, 1803), 125/128 (RMD-01,32 = AE 1957, 156), 139 (RMD-05,386 = AE 1999, 1183), 151/170 (RMD-01,51 = AE 1978, 589), 154/161 (CIL 16, 117, RMD-03,175), 156 (CIL 16, 183), 157 (RMD-03,170 = AE 1988, 905, RMD-04,275 = AE 1995, 1182, RMM 00038), 157/161 (RMD-05,434 = AE 2001, 1568), 159/160 (AE 2005, 1153), 160 (RMD-04,278 = AE 1999, 1190), 162 (CIL 16, 118), 166 (CIL 16, 121) und 167/168 (RMD-01,68 = AE 1961, 174).
  6. Annie Sartre-Fauriat: Mothana-Imtān: un village de garnison en Arabie. In: Syria 93, 2016, S. 67–82; hier: S. 70.

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GBM - Militärdiplom 1.jpg
Autor/Urheber: Wolfgang Sauber, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Straubing (Niederbayern). Gäubodenmuseum: Fragment eines römischen Militärdiploms, ausgestellt von Kaiser Antoninus Pius im Jahre 157 n.Chr., gefunden im Westkastell.