Coccinit

Coccinit
(c) David Hospital, CC BY-SA 3.0
Coccinit aus der Grube Backofen, Moschellandsberg, Rheinland-Pfalz, Deutschland
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Cci[1]

Andere Namen
Chemische FormelHg2+I2
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/A.04
III/A.08-060[3]

3.AB.10
09.02.07.03
Kristallographische Daten
Kristallsystemtetragonal
Kristallklasse; Symbolditetragonal-dipyramidal; 4/m2/m2/m[4]
RaumgruppeP42/nmc (Nr. 137)Vorlage:Raumgruppe/137[5]
Gitterparametera = 4,38 Å; c = 12,41 Å[5]
FormeleinheitenZ = 2[5]
Häufige Kristallflächen{100}, {102}[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte2[3]
Dichte (g/cm3)6,36[7]
Spaltbarkeitdeutlich bis gut nach {001}[8]
Farberötlichbraun, orange, rot[3]
Strichfarbeorangerot,[3] rot[6]
Transparenzdurchscheinend[8][6]
Glanznicht definiert
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmalesehr giftig[7]

Coccinit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Halogenide. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Hg2+I2, ist also chemisch gesehen ein Quecksilber(II)-iodid.

Coccinit entwickelt nur millimetergroße Kristalle und pulvrige Überzüge bzw. Krusten von scharlachroter oder orangeroter bis brauner Farbe bei orangeroter Strichfarbe.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Coccinit bei Casas Viejas in Mexiko und beschrieben 1829 von Del Rio als Iodure de Mercure (deutsch: Iodmercur[9] bzw. Iodquecksilber oder Quecksilberjodid[2]).

Seinen bis heute gültigen Namen erhielt das Mineral 1845 durch Wilhelm von Haidinger, der es in Anlehnung an seine Farbe nach dem lateinischen Wort coccineus für „scharlachrot“ benannte.[10]

Da der Coccinit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Coccinit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[11] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Coccinit lautet „Cci“.[1]

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht dokumentiert.[12]

Klassifikation

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Coccinit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung „Einfache Halogenide“, wo er gemeinsam mit Kalomel in der „Kalomel-Reihe“ mit der Systemnummer III/A.04 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer III/A.08-060. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Einfache Halogenide“, wo Coccinit zusammen mit Fluorit, Fluorocronit, Frankdicksonit, Gagarinit-(Ce), Gagarinit-(Y), Håleniusit-(La), Laurelit, Polezhaevait-(Ce), Strontiofluorit und Tveitit-(Y) eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer III/A.08 bildet.[3]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Coccinit in die neu definierte Abteilung „Einfache Halogenide ohne H2O“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis von Metall zu Halogenid. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : X = 1 : 2“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 3.AB.10 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Coccinit die System- und Mineralnummer 09.02.07.03. Das entspricht ebenfalls der Klasse und gleichnamigen Abteilung „Halogenide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie und wasserhaltige Halogenide mit der Formel AX2“ in der „Cotunnitgruppe“, in der auch Cotunnit und der 2006 diskreditierte Hydrophilit eingeordnet sind.

Kristallstruktur

Coccinit kristallisiert in der tetragonalen Raumgruppe P42/nmc (Raumgruppen-Nr. 137)Vorlage:Raumgruppe/137 mit den Gitterparametern a = 4,38 Å und c = 12,41 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Eigenschaften

Das Mineral ist sehr giftig, ein direkter Kontakt ist daher möglichst zu vermeiden.[7]

Bildung und Fundorte

Aufgrund der extremen Seltenheit von Coccinit ist bisher wenig über die Bildungsbedingungen des Minerals bekannt. Selbst die Typlokalität Casas Viejas und bisher einziger bekannter Fundort in Mexiko gilt laut Mindat.org aktuell als nicht gesichert (Stand 2025).[14] 1997 konnte allerdings der deutsche Mineraloge Thomas Witzke durch einen Coccinitfund im ehemaligen Uran-Tagebau Lichtenberg (Thüringen, siehe auch Lagerstättenbeschreibung bei der Wismut AG) feststellen, dass Coccinit als Sublimationsprodukt beim Verbrennen von pyritischem, graptolithischem Schiefer entstehen kann. Ihm zufolge sind aber auch andere Vorkommen bekannt, bei denen teilweise keine Verbrennung stattfindet.

Außer im Tagebau Lichtenberg in Thüringen konnte das Mineral in Deutschland nur noch in den Gruben Backofen und Carolina am Moschellandsberg in Rheinland-Pfalz entdeckt werden. Der einzige weitere bekannte Fundort weltweit ist Broken Hill (New South Wales) in Australien (Stand 2025).[15]

Literatur

  • Wilhelm Haidinger: Handbuch der Bestimmenden Mineralogie. Braumüller und Seidel, Wien 1845, S. 570–572, Zweite Klasse: Geogenide. XV. Ordnung. Blenden. IV. Rubinblende. 3. Peritome. Coccinit (rruff.info [PDF; 178 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
  • Thomas Witzke: New data on the mercury iodide mineral coccinite, HgI2. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Band 11, 1997, S. 505–510, doi:10.1127/njmm/1997/1997/505 (englisch).
  • John L. Jambor, Nikolai N. Pertsev, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 83, Nr. 7–8, 1998, S. 907–911; hier: 911, New Data. Coccinite (englisch, minsocam.org [PDF; 71 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
Commons: Coccinite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
  2. a b c Indra Günther: Alte Mineralnamen und Synonyme. (PDF; 2,8 MB) In: indra-g.at. 22. Mai 2008, abgerufen am 3. November 2025.
  3. a b c d e Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  4. David Barthelmy: Coccinite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  5. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 152 (englisch).
  6. a b c Thomas Witzke: New data on the mercury iodide mineral coccinite, HgI2. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Band 11, 1997, S. 505–510, doi:10.1127/njmm/1997/1997/505 (englisch).
  7. a b c Coccinit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 3. November 2025.
  8. a b Coccinite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  9. Carl Friedrich Naumann: Elemente der Mineralogie. W. Engelmann, Leipzig 1859, S. 379 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  10. Albert Huntington Chester: A dictionary of the names of minerals including their history and etymology. New York, London 1896, S. 62 (englisch, online verfügbar bei archive.org – Internet Archive [abgerufen am 3. November 2025]).
  11. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2025. (PDF; 3,2 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2025, abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  12. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 3. November 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  14. Coccinite from "Casas Viejas", Mexico. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  15. Fundortliste für Coccinit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 3. November 2025.

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(c) David Hospital, CC BY-SA 3.0
Coccinit aus der Grube Backofen, Landsberg (Moschellandsberg), Pfalz, Rheinland-Pfalz, Deutschland