Club (Fernsehsendung)
Der Club (bis 2005 offiziell, heute noch umgangssprachlich Zischtigsclub; mit dem schweizerdeutschen Ausdruck «Zischtig» für Dienstag) ist eine Diskussionssendung von Schweizer Radio und Fernsehen. Die Sendung ist eine Adaption des österreichischen Formats Club 2.
Club
Das Format wird seit 1985 wöchentlich am Dienstagabend auf SRF 1 ausgestrahlt. In der rund 80-minütigen Sendung wird in einer Diskussionsrunde von zumeist sechs Teilnehmern jeweils ein aktuelles Thema diskutiert, wobei die Frage nach den gesellschaftlichen Hintergründen oft den Schwerpunkt der Diskussion bildet. Dieses Thema wird oft mit einem Schlagwort angegeben: so hiess das erste Thema 1985 «No Future». Durch Ledersessel und spärliches, warmes Licht wird eine Lounge-ähnliche Atmosphäre erzeugt. Die Sendung wird abwechselnd moderiert von Karin Frei (seit November 2011, sie löste Christine Maier ab) und seit Januar 2012 von Mona Vetsch, die Röbi Koller ablöste.[1][2]
Redaktionsleiter waren bzw. sind:
- Peter Schellenberg (bis 1990)
- Ueli Heiniger (bis 2006)
- Christine Maier (bis 2011)
- Karin Frei (bis 2017)
- Barbara Lüthi (seit 2018)
- Mario Grossniklaus (stellvertretender Moderator seit 2021)
Wegen Sparmassnahmen wird die Sendung ab 2025 jährlich eine Sommerpause einlegen.[3]
Medienclub
Im Mai 2013 lancierte die SRG den Medienclub im Club, weil «die Medien immer wieder selbst Anlass zu Diskussionen» geben. Der Medienclub sollte in unregelmässiger Folge ausgestrahlt werden, moderiert von Mona Vetsch oder Karin Frei mit sechs Gästen. Die erste Sendung fand am 28. Mai 2013 unter dem Titel Sind Medien Terrorhelfer? statt, in der die Rolle der Medien beim Mordanschlag in London vom 22. Mai 2013 besprochen wurde.[4] Nach zwei weiteren Sendungen am 24. September 2013 (Ueli Maurers Medienschelte) und 29. Juli 2014 (Katastrophen und Kriege – was dürfen Bilder zeigen?) schlief das Format ein[5] oder wurden im Club Medienthemen besprochen, ohne die Sendung als Medienclub zu benennen. Am 10. November 2015 wurde das Format neu lanciert, nun mit dem Moderator Franz Fischlin und vier statt sechs Gästen. Vorgesehen sind vier bis sechs Sendungen jährlich.[6] Die erste Sendung stand unter dem Titel Ohnmächtige Vierte Gewalt, wenn das Publikum die Medien dirigiert.[7] Sie erreichte 97'000 Zuschauer oder 15,9 % der Schweizer, bei denen um diese Zeit der Fernseher eingestellt war, und damit mehr als die Sendungen Literaturclub und kulturplatz und nur knapp weniger als der reguläre Club mit 16,9 % Marktanteil.[8] Bis Ende 2017 wurden acht weitere Medienclubs ausgestrahlt, darunter der als verunglückt bezeichnete[9] mit Alice Schwarzer zum Thema Medien und Flüchtlinge: Zwischen «Verbrüderung» und «Fremdenhass».[10]
Literaturclub
Seit 1990 gibt es den Literaturclub, der acht- bis zehnmal im Jahr zusammenkommt. Im Gegensatz zum Zischtigsclub diskutieren hier meist vier, selten fünf oder sechs Teilnehmer auf Hochdeutsch über belletristische Neuerscheinungen, oft auch über Klassiker der Literaturgeschichte, daneben über Lyrik und Sachbücher, in neuester Zeit auch über Fantasyromane und Comics. Die 75-minütigen Sendungen werden von einem Moderatoren geleitet, der mindestens zwei professionelle Rezensenten bzw. Literaturkritiker und einen (meist) prominenten Gast begrüßt. Die Buchauswahl wird in der Regel von den Teilnehmern vorgenommen. Im Schnitt werden fünf Werke pro Sendung besprochen.
Der erste Literaturclub fand am 9. Oktober 1990 statt und wurde von Charles Clerc moderiert. Andreas Isenschmid, der das Sendungskonzept mit Ueli Heiniger entwickelt hatte, gehörte neben Gunhild Kübler und Iso Camartin zum Kritikerteam. – Die Moderatoren des Literaturclubs waren:
- Charles Clerc (1990–1991)
- Hans-Ulrich Probst (1991 Vertretung)
- Gunhild Kübler (1991–1992)
- Elke Heidenreich (1993–1994, 1997 Vertretung)
- Daniel Cohn-Bendit (1995–1998 und 1999–2003)
- Jürg Acklin (1999)
- Peter Zeindler (1999 Vertretung)
- Gabriele von Arnim (1999 Vertretung)
- Roger Willemsen (2004–2006)
- Iris Radisch (2006–2012)
- Stefan Zweifel (2012–2014)
- Rainer Moritz (2014 Vertretung)
- Nicola Steiner (2014–2023)
- Laura de Weck (seit 2023)
- Jennifer Khakshouri (seit 2023)
Viele der Moderatoren waren im Laufe der Jahre – sofern sie nicht ohnehin zum Kritikerstamm gehörten – ebenfalls als Gäste in einzelnen Ausgaben dabei. Besonders ist Elke Heidenreich hervorzuheben, die neben ihrer Moderation und zahlreichen Besuchen seit 2012 wieder zum festen Kritikerteam gehört. Peter Hamm war über achtzehn Jahre und damit am längsten Mitglied des Literaturclubs. – Der gesamte Kritikerstamm der Sendung bis heute (Stand Februar 2021) in der Übersicht:
- Andreas Isenschmid (1990–2004)
- Gunhild Kübler (1990–2006)
- Iso Camartin (1990–1991)
- Christian Seiler (1991–1992)
- Jürg Laederach (1992)
- Martin Lüdke (1993–1994)
- Peter Hamm (1994–2012)
- Elke Heidenreich (1996–1999 und 2012–heute)
- Hardy Ruoss (1998–2007)
- Gabriele von Arnim (1998–2009)
- Corina Caduff (2004–2009)
- Urs Schaub (2006–2009)
- Stefan Zweifel (2006–2012)
- Juri Steiner (2010–2012)
- Traudl Bünger (2010–2011)
- Barbara Villiger-Heilig (2010–2012)
- Hildegard Elisabeth Keller (2012–2019)
- Rüdiger Safranski (2012–2017)
- Ivan Farron (2013–2014)
- Julian Schütt (2014–2015)
- Christine Lötscher (2014–2016)
- Thomas Strässle (2014–heute)
- Philipp Tingler (2014–heute)
- Martin Ebel (2014–2023)
- Milo Rau (2017–heute)
- Raoul Schrott (2018–2023)
- Laura de Weck (2019–2023)
- Usama Al Shahmani (2021–heute)
- Daniela Strigl (2021–2024)
- Nina Kunz (seit 2024)
Sie alle traten in den angegebenen Zeiträumen in unregelmäßigen Abständen in unterschiedlichen Konstellationen im Literaturclub auf. Zudem waren einige von ihnen in den Vor- oder Folgejahren als Gäste dabei.
Bekannte Gäste in den Diskussionsrunden waren: Martin Walser, Adolf Muschg, Urs Widmer, Marcel Reich-Ranicki, Sigrid Löffler, Erika Pluhar, Hellmuth Karasek, Volker Schlöndorff, Hugo Loetscher, Alexander Kluge, Henryk M. Broder, Cora Stephan, Elisabeth Bronfen, Christina Weiss, Klaus Harpprecht, Peter von Matt, Bernhard Schlink, Thea Dorn, Klara Obermüller, Sunnyi Melles, Ruth Klüger und Brigitte Kronauer.
Zunächst fand der Literaturclub in verschiedenen Locations statt, darunter in wechselnden Fernsehstudios, Theatersälen, Ausstellungshallen und Schlössern, ehe Buchhandlungen als Sponsoren mitwirkten und um die Aufzeichnung der Sendungen in ihren Filialen baten. Von 2005 bis 2008 wurde der Literaturclub von der Buchhandlung Orell Füssli gesponsert und jeweils am Vorabend in deren Hauptfiliale in Zürich oder in der neu eröffneten Filiale im Einkaufszentrum Westside in Bern aufgezeichnet. 2009 wechselte der Sponsor und die Reihe wurde aus der Thalia-Buchhandlung in Basel gesendet. Seit Anfang 2010 findet der Literaturclub im "Papiersaal" in der Zürcher Sihlcity statt.
Der im Vergleich zum deutschen Literarischen Quartett unter Marcel Reich-Ranicki harmonisch wirkende Literaturclub war arm an Skandalen. Erwähnt werden müssen diesbezüglich das Intermezzo von Moderator Jürg Acklin, der die Sendung im Streit verließ[11], sowie die Kündigung von Stefan Zweifel. Dieser hatte seiner Kollegin Heidenreich, mit der es bereits im Laufe vorheriger Sendungen zu Reibereien gekommen war, während der Sendung eine falsche Zitierung aus den Tagebüchern Martin Heideggers nachgewiesen. Viele Medien kritisierten den SRF für den Umgang mit Zweifel.[12]
Nur wenige der fast tausend besprochenen Bücher wurden von den Kritikerrunden komplett verrissen, darunter Martin Walsers Skandalroman Tod eines Kritikers, Michelle Steinbecks Debüt Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch, Ian McEwans Nussschale und vor allem Harold Brodkeys Profane Freundschaft und Günter Grass’ Erinnerungen Die Box.[13][14]
Podcast Literaturclub: Zwei mit Buch
Seit dem Februar 2022 gibt es auch einen zweiwöchentlichen Podcast des SRF unter dem Namen Literaturclub: Zwei mit Buch. Er wird auch in Radio SRF 2 Kultur im Rahmen der Sendung Kontext ausgestrahlt. Jeweils zwei Moderatorinnen (Nicola Steiner und Franziska Hirsbrunner) oder zwei Moderatoren (Felix Münger und Simon Leuthold) besprechen darin einen Titel. Dabei werden nicht nur Neuerscheinungen berücksichtigt. Die Moderation erfolgt in Schweizerdeutsch.[15][16][17] Es handelt sich um die Nachfolgesendung zu «52 beste Bücher», und der Stilwechsel wurde durchaus kritisch beurteilt.[18]
Weblinks
- Offizielle Webpräsenz «Club»
- Offizielle Webpräsenz «Literaturclub»
- Webpräsenz «Literaturclub» bei 3sat
Einzelnachweise
- ↑ Sie moderiert den «Club». In: Schweizer Illustrierte. 7. September 2011.
- ↑ «Man darf sich ruhig ins Wort fallen». In: Berner Zeitung. 17. Januar 2012 (Interview).
- ↑ Sparmassnahmen bei SRF - «Tagesschau»-Ausgaben gestrichen – Geschäftsleitung verkleinert. In: srf.ch. 23. September 2024, abgerufen am 23. September 2024.
- ↑ «Medienclub» – Sind Medien Terrorhelfer? In: SRF 1. 28. Mai 2013.
- ↑ Medienkritische Sendung wird neu lanciert. In: persoenlich.com. 14. Juli 2015.
- ↑ «Ein Signal, dass wir kritisch sind mit unseren Produkten». In: persoenlich.com. 9. November 2015 (Interview).
- ↑ Ohnmächtige Vierte Gewalt, wenn das Publikum die Medien dirigiert. In: SRF 1. 10. November 2014.
- ↑ 97'000 Zuschauer für den «Medienclub». In: persoenlich.com. 11. November 2015.
- ↑ Lucienne Vaudan: Alice Schwarzer wird zur «Medienclub»-Moderatorin. In: persoenlich.com. 23. März 2016.
- ↑ Medien und Flüchtlinge: Zwischen «Verbrüderung» und «Fremdenhass». In: SRF 1. 22. März 2016.
- ↑ Jürg Acklin abgesetzt. Abgerufen am 11. Februar 2021.
- ↑ Der SRF macht sich lächerlich. Abgerufen am 11. Februar 2021.
- ↑ Jürg Altwegg: Heidenreich im Literaturclub: Quatsch und Quote. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 11. Februar 2021]).
- ↑ Günter Grass - Die Box. Abgerufen am 11. Februar 2021.
- ↑ Literaturclub: Zwei mit Buch. In: SRF Audio & Podcast. Abgerufen am 3. Oktober 2022.
- ↑ Neuer SRF-Literaturpodcast – Ausgewählte Bücher – und die Welten dahinter. In: SRF. 25. Februar 2022, abgerufen am 3. Oktober 2022.
- ↑ Christoph Soltmannowski: SRF startet Podcast «Literaturclub: Zwei mit Buch». In: Werbewoche m&k. 28. Februar 2022, abgerufen am 3. Oktober 2022 (deutsch).
- ↑ Alain Claude Sulzer: Im Reduit der Bioschweizer. In: NZZ am Sonntag. 13. März 2022, S. 54.