Christuslied

Christuslied oder Christushymnus nennt man zum einen Texte im Neuen Testament (NT), die in poetisch-liedhafter Weise ein christliches Glaubensbekenntnis enthalten, zum anderen allgemein religiöse Gedichte, Kirchenlieder oder Hymnen, die besonders die Gestalt Jesu Christi zum Inhalt haben. In einem weiteren Sinn werden auch einige auf den Messias bezogene Texte des Alten Testaments bzw. der Hebräischen Bibel (Tanach) im Christentum manchmal „Christuslied“ genannt.

Als Christuslieder gedeutete Texte im Tanach bzw. Alten Testament

Messianische Texte findet man vor allem in der Prophetie der exilisch-nachexilischen Zeit etwa seit dem 6. vorchristlichen Jahrhundert. Bereits im Judentum wurden seitdem auch manche der Psalmen auf den Messias hin gedeutet. Diese Texte wurden bereits im Neuen Testament von Christen auf Jesus Christus bezogen und insofern ebenfalls als „Christuslieder“ weitergegeben. Dazu gehören:

  • Ps 23 
  • Ps 110 
  • Jes 9,1–6 
  • Jes 11 
  • (Deutero-)Jes 52,13–15  bis Jes 53,1–12 
  • (Trito-)Jes 61 

Christushymnen im Neuen Testament

Im NT lassen sich einige Christuslieder bzw. -hymnen an sprachlichen Merkmalen aus dem jeweiligen Kontext als Zitat herausschälen. Die Literarkritik beobachtet dazu entsprechende Einleitungen, Subjektwechsel, Versmaß, Gedichtstil und die Funktion als Beweis bzw. Begründung für andere Aussagen. Solche hymnischen Zitate waren den Adressaten einer urchristlichen Gemeinde oder einzelnen Empfängern eines NT-Briefs bekannt oder wurden zumindest vom Verfasser als bekannt vorausgesetzt.

Bekannte Christushymnen im NT sind:

Zudem finden sich im NT Lieder bzw. Hymnen, die von Menschen oder Engeln direkt Jesus zugesungen werden. Dazu gehören:

Christuslieder in der Kirchengeschichte

Die Tradition der neutestamentlichen Christuslieder setzte sich in der frühen Kirche fort. Hier ist besonders das sogenannte Phos hilaron zu erwähnen. Bei der Fortentwicklung der frühchristlichen Christuslieder fällt auf, dass sich darin das Christusbild deutlich vom guten Hirten zum Weltherrscher (Pantokrator) wandelt.

Im 19. und 20. Jahrhundert entstanden in der deutschen Romantik eine Reihe neuerer „Christuslieder“, darunter:

  • von Georg Rapp (1836)
  • von Reinhard Johannes Sorge (7 Gedichte), vertont von Joseph Haas (1928)
  • die Sammlung „Immanuel, das ist: Gott mit uns“ (1872), die laut Untertitel auserlesene Christus-Lieder enthält.
  • von Friedrich Hölderlin („Christushymnen“).

Literatur

  • Hans-Werner Bartsch: Die konkrete Wahrheit und die Lüge der Spekulation. Untersuchung über den vorpaulinischen Christushymnus und seine gnostische Mythisierung (= Theologie und Wirklichkeit. No. 1). Lang, Frankfurt am Main 1974, ISBN 3-261-01050-9.
  • Robert Thomas Stoll: Hölderlins Christushymnen. Grundlagen und Deutung (= Basler Studien zur deutschen Sprache und Literatur. Bd. 12, ISSN 0067-4508). Schwabe, Basel 1952.
  • Ulrich Häußermann: Friedensfeier. Eine Einführung in Hölderlins Christushymnen. Beck, München 1959 (Auch: München, Universität, phil. Dissertation vom 9. Juli 1958).
  • Eduard Lachmann: Hölderlins Christus-Hymnen. Text und Auslegung. Herold, Wien 1951.
  • Peter Plank: Phōs Ilaron. Christushymnus und Lichtdanksagung der frühen Christenheit (= Hereditas. Studien zur alten Kirchengeschichte. Bd. 20). Borengässer, Bonn 2001, ISBN 3-923946-54-6 (Zugleich: Würzburg, Universität, Habilitations-Schrift, 1986).
  • Nikolaus Kehl: Der Christushymnus im Kolosserbrief. Eine motivgeschichtliche Untersuchung zu Kol 1,12–20 (= Stuttgarter biblische Monographien. Bd. 1, ZDB-ID 500759-8). Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1967.
  • Hans Jakob Gabathuler: Jesus Christus. Haupt der Kirche, Haupt der Welt. Der Christushymnus Colosser 1,15–20 in der theologischen Forschung der letzten 130 Jahre (= Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen Testaments. Bd. 45, ZDB-ID 502120-0). Zwingli-Verlag, Zürich u. a. 1965 (Zugleich: Zürich, Universität, Dissertation, 1964: Der Christushymnus Colosser 1,15–20 in der theologischen Forschung der letzten 130 Jahre.).
  • Herbert Alexander Stützer, Günter Friedrich: Vom guten Hirten zum Weltherrscher. Das Christuslied im Wandel der Frühen Kirche. Calwer Verlag, Stuttgart 1993, ISBN 3-7668-3232-8.
  • Ralph Brucker: „Christushymnen“ oder „epideiktische Passagen“? Studien zum Stilwechsel im Neuen Testament und seiner Umwelt (= Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments. Bd. 176). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-53859-6 (Zugleich: Hamburg, Universität, Dissertation, 1996).
  • Friedrich Nippold: Das deutsche Christuslied des neunzehnten Jahrhunderts. Wunderlich, Leipzig 1903.
  • Reinhard Deichgräber: Gotteshymnus und Christushymnus in der frühen Christenheit. Untersuchungen zu Form, Sprache und Stil der frühchristlichen Hymnen (= Studien zur Umwelt des Neuen Testaments. Bd. 5, ZDB-ID 530909-8). Vandenhoeck Ruprecht, Göttingen 1967 (Zugleich: Heidelberg, Universität, Dissertation, 1965: Der Lobpreis in der frühen Christenheit.).
  • Eduard Lachmann: Der Versöhnende. Hölderlins Christus-Hymnen. Müller, Salzburg 1966.
  • Wolfgang Metzger: Der Christushymnus l. Timotheus 3,16. Fragment einer Homologie der paulinischen Gemeinden (= Arbeiten zur Theologie. H. 62). Calwer Verlag, Stuttgart 1979, ISBN 3-7668-0617-3.
  • Otfried Hofius: Der Christushymnus Philipper 2,6–11. Untersuchungen zu Gestalt und Aussage eines urchristlichen Psalms (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. Bd. 17). Mohr, Tübingen 1976, ISBN 3-16-138111-4 (2., erweiterte Auflage. ebenda 1991, ISBN 3-16-145672-6).
  • Werner Stenger: Der Christushymnus 1 Tim 3,16. Eine strukturanalytische Untersuchung (= Regensburger Studien zur Theologie. Bd. 6). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1977, ISBN 3-261-02282-5.
  • Gunter Kennel, Frühchristliche Hymnen?, WMANT 71, Neukirchen 1995