Christuskirche (Borkum)

Im Vordergrund das Westwerk der Christuskirche Borkum, dahinter das Kirchenschiff
Innenraum
Buntglasfenster im Kirchenschiff

Die Christuskirche in Borkum ist das evangelisch-lutherische Gotteshaus auf der ansonsten weitgehend reformierten ostfriesischen Insel. Sie wurde 1899 erbaut.

Geschichte

Gemeinde

Die Borkumer Bevölkerung war unter dem politischen und kulturellen Einfluss der Niederlande seit der Reformation meist evangelisch-reformiert. Wenige Lutheraner sind seit dem 16. Jahrhundert auf der Insel nachgewiesen. Erst durch den im 19. Jahrhundert einsetzenden Bädertourismus zogen evangelisch-lutherische und römisch-katholische Christen zu. 1860 wohnten zehn lutherische Familien auf Borkum, die eine eigenständige Gemeinde gründen wollten. Hinzu kamen saisonal Badegäste lutherischer Konfession.

Die Betreuung der evangelisch-lutherischen Bevölkerung erfolgte zunächst durch den ortsansässigen reformierten Pfarrer. 1895 schenkte A. Butenberg den Lutheranern einen Bauplatz, um eine Kirche zu errichten. Bei einer Versammlung der Lutheraner der Insel gründeten am 7. Mai 1897 39 Familienhäupter in Köhlers Dorfhotel die Lutherische Vereinigung unter dem Vorsitz von Wilhelm Oppermann. Den ersten Gottesdienst feierte die Vereinigung am 16. Oktober 1898 im Speisesaal des Hotels Eltze. Am 24. Juli 1903 wurde die lutherische Kirchengemeinde Borkums urkundlich eingetragen und im Jahre 1905 das Pfarrhaus errichtet.[1]

1920 wurde Ludwig Münchmeyer Pastor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde auf Borkum. Er tat sich durch antisemitische Hetzreden hervor und förderte so den Bäder-Antisemitismus – also die Ausgrenzung jüdischer Gäste – lange vor 1933. Reichsweites Aufsehen erregte er im sogenannten „Münchmeyer-Prozess“, in dessen Verlauf er sich gezwungen sah, sein Amt als Pastor aufzugeben.[2]

Kirchengebäude

Historische Ansicht von 1905

Für den Kirchbau erbat die Gemeinde bei Badegästen und der Inselbevölkerung Spenden. Am 24. April 1899 konnte mit dem Bau begonnen werden, der innerhalb von zweieinhalb Monaten abgeschlossen wurde. Die Einweihungsgottesdienst fand am 9. Juli 1899 statt. Das Gebäude wurde aus Backsteinen als lang-rechteckiger Bau errichtet, mit dem Eingang im Osten und einem rechteckigen Chor im Westen. Die beiden Längswände werden durch je acht Rundbogenfenster, von denen immer zwei paarweise zusammengefasst sind, gegliedert. Das sehr schlicht und funktional gehaltene historistische Gebäude erinnerte in Konstruktion und Aussehen an ein Straßenbahndepot.

Ab 1958 wurde die Kirche umgestaltet. In diesem Jahr erhielt sie zunächst ein Westwerk (östlich des Kirchenschiffs) in gemäßigtem Heimatstil, dessen Erdgeschoss als Eingangshalle dient, dessen erstes Obergeschoss Raum für eine Orgelempore schuf und dessen oberes Stockwerk als Glockenturm dient. Dieser Umbau behob den sehr säkularen Eindruck, den der ursprüngliche Bau erweckte. 1961 wurde dann auch der Altarraum neu gestaltet und erhielt zeitgemäße Buntglasfenster. Auf der Empore errichtete Rudolf Janke aus Bovenden 1980 eine Orgel mit 16 Registern auf zwei Manualen und Pedal in barocker Stimmung.[3] 1998 wurde der Innenraum erneut umfassend renoviert[1], und die Fenster des Kirchenschiffs erhielten ebenfalls eine Verglasung mit modernen Buntglasfenstern.

Im Westwerk hängen heute vier Bronzeglocken der renommierten Glockengießerei Otto aus Hemelingen/Bremen. Die Glocken wurde 1958 gegossen. Sie haben die Schlagtonreihe g' - a' - b' - c''. Ihre Durchmesser sind: 1028 mm, 915 mm, 864 mm, 770 mm. Sie wiegen ca. 680 kg, 480 kg, 310 kg und 280 kg.[4][5]

Geläut der Christuskirche, Borkum
GlockeIIIIIIIV
Durchmesser in mm1028915864770
Gewicht in kg (ca.)680480410280
Schlagtong'a'b'c''

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Bernd Rödiger, Menno Smid: Friesische Kirchen in Emden, Leer, Borkum, Mormerland, Uplengen, Overledingen und Reiderland, Band 3. Verlag C. L. Mettcker & Söhne, Jever 1980, S. 42.
  • Gerhard Reinhold: Otto Glocken – Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2.
  • Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto. Hemelingen/Bremen. Diss. Radboud Universiteit Nijmegen, 2019, DNB-Zugangssignatur L-2019-333968.

Weblinks

Commons: Christuskirche (Borkum) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Borkumer Kirchengemeinden: Ev.-luth. Christus-Kirchengemeinde: Geschichte, eingesehen am 7. Oktober 2010
  2. Cuno Horkenbach: Das deutsche Reich von 1918 bis heute. Abteilung: Führende Persönlichkeiten. Berlin 1931.
  3. Janke-Orgel, abgerufen am 28. Januar 2016.
  4. Gerhard Reinhold: Otto-Glocken. Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 588, hier insbesondere S. 262, 263, 412, 555.
  5. Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 556, hier insbesondere S. 242, 243, 388, 510, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).

Koordinaten: 53° 35′ 17,5″ N, 6° 39′ 36,8″ O

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Borkum, Christuskirche