Christopher Doyle

Christopher Doyle (2005)

Christopher Doyle (chinesisch 杜可風 / 杜可风, Pinyin Dù Kěfēng, Jyutping Dou6 Ho2fung1, kantonesisch To Ho-Fung; * 2. Mai 1952 in Sydney, Australien) ist ein in Hongkong lebender Kameramann, Fotograf, Regisseur, Drehbuchautor und gelegentlicher Schauspieler. Während seiner Zusammenarbeit mit Regisseur Wong Kar-Wai entwickelte er einen improvisierenden und äußerst beweglichen Filmstil und prägte damit eine Generation von Filmemachern in Asien.

Leben und Werk

Christopher Doyle arbeitete zunächst als Ölsucher in Thailand, war Matrose bei der norwegischen Handelsmarine und Kuhhirte in einem israelischen Kibbuz, Theaterleiter in Taiwan und später Arzt für chinesische Medizin in Thailand.[1][2] 1978 gründete er mit Freunden den Lanling Theatre Workshop in Taipeh, die erste moderne Theatertruppe auf Taiwan.[3] Daneben produzierte er für das Fernsehen Reisefilme (Travelling Images).[4]

1983 begann er seine Karriere als Kameramann in Asien. Edward Yang bat ihn darum, für seinen Debütspielfilm That Day on the Beach trotz der Proteste von festangestellten Kamerafilmern, die Kamera zu führen. Da Doyle danach Arbeitsbeschränkungen befürchtete, verließ er Taiwan. 1986 ging er nach Paris als Kameramann für Claire Devers' Spielfilm Noir et Blanc, der 1987 in der Kategorie Bestes Erstlingswerk für den César nominiert wurde. Doyle kehrte aber noch 1986 nach Asien zurück, da ihm klar wurde, dass hier seine Heimat war. Seine ungewöhnliche Weise der Kameraführung sprach sich herum, so dass er in Hongkongs Filmindustrie Beschäftigung fand. Den künstlerischen und kommerziellen Durchbruch erlangte er mit Wong Kar-wais Spielfilm Days of Being Wild (1991). Seitdem drehte er bis auf My Blueberry Nights (2007) alle Spielfilme von Wong und beeindruckte mit seinen außergewöhnlichen Kameraperspektiven, -fahrten und Lichtgebungen das internationale Publikum.

Neben seiner Kooperation mit Wong arbeitete er auch mit angesehenen Regisseuren wie Chen Kaige, Stanley Kwan und Zhang Yimou. Nach einigen Spielfilmproduktionen wurde er zu einem gefragten Kameramann in Asien und international bekannt. 1998 ging er nach Hollywood, wo er mit der Verfilmung des Barry Levinsons Drama Liberty Heights (1999) beauftragt wurde, ehe er sich erstmals an einer Inszenierung eines Films wagte. Mit seinem Debütfilm Away with Words (1999), zu dem er auch das Drehbuch verfasste, gelang ihm ein Achtungserfolg.

Doyle ist heute vorwiegend als Fotograf und Kameramann tätig. Seine Lebens- und Arbeitspartnerin ist die chinesische Kamerafrau Rain Kathy Li (李曉雨; * 1983, Peking)[5]. Er spricht fließend Hochchinesisch, Kantonesisch, Englisch und Französisch.[6][7][8][9][10]

Zitat

„Chris bestimmt die Gestaltung einer Szene mit seinen Ideen, allerdings nur dann, wenn der Regisseur selbst nicht weiter weiß. Er ist eine ausgesprochen starke Persönlichkeit. […] Chris ist ein Meister darin, Szenen aufzubauen, die eine gewisse Antizipation atmen und unvorhergesehene Möglichkeiten bergen. Er würde etwa nie mit der Bewegung der Schauspieler mitschwenken, wie die meisten Kameramänner es tun. Er lässt sie ganz oder zum Teil aus dem Bild gehen: Was passiert da jetzt? Manchmal folgt er den Schauspielern mit etwas Verzögerung, ohne sie wieder zu zentrieren, manchmal schneidet er sie an. So wird der filmische Raum für die Zuschauer zu einem spannungsgeladenen Feld, über das sie nie die Kontrolle haben. Das gibt dem Film seinen Rhythmus: Es wirkt, als würde die Kamera auf das Geschehen reagieren und nicht es bestimmen.“

Pen-Ek Ratanaruang, 2006[11]

Filmografie (Auswahl)

Als Kameramann

Als Regisseur

  • 1999: Away with Words (三條人, Sān tiao rén, kantonesisch Saam tiu yan)
  • 2006: Paris, je t’aime – Segment Port de Choisy
  • 2008: Warsaw Dark (Izolator)
  • 2015: Hong Kong Trilogy: Preschooled Preoccupied Preposterous

Als Drehbuchautor

Als Schauspieler

Auszeichnungen (Auswahl)

Hong Kong Film Awards, Hongkong
  • 2002 Beste Kameraarbeit bei Hero
  • 1995 Beste Kameraarbeit bei Fallen Angels
  • 1994 Beste Kameraarbeit bei Ashes of Time
  • 1990 Beste Kameraarbeit bei Days of Being Wild
  • 1986 Beste Kameraarbeit bei Soul
Golden Horse Film Festival, Taiwan
Internationale Filmfestspiele von Venedig, Italien
Internationale Filmfestspiele von Cannes, Frankreich
National Society of Film Critics, Vereinigte Staaten
New York Film Critics Circle, Vereinigte Staaten
Online Film Critics Association, Vereinigte Staaten
  • 2005 Beste Kameraarbeit bei 2046
L.A. Film Critics Society, Vereinigte Staaten
Chicago Film Critics Association, Vereinigte Staaten

Bibliografie

  • Angel Talk. London 1996, ISBN 4-9900557-0-5.
  • Backlit by the moon. Tokyo 1996, ISBN 4-947648-39-2.
  • Buenos Aires. London 1997, ISBN 4-7952-8066-5.
  • Cloud in Trousers. Santa Monica 1998, ISBN 1-889195-33-2.
  • Motel Cactus. Kyoto 1999, ISBN 4-7713-0360-6.
  • Shincho mook 061. Tokyo 2004, ISBN 4-10-790131-9.
Commons: Christopher Doyle – Sammlung von Bildern

Artikel, Porträt und Interview

Einzelnachweise

  1. Michael Sennhauser: Reflexe: Die entfesselte Kamera von Chris Doyle. In: artfilm.ch. DRS 2, 11. März 2008, archiviert vom Original am 22. Dezember 2008; abgerufen am 16. Mai 2021.
  2. Christopher Doyle. Schauspieler • Producer • Regisseur • Drehbuchautor • Kameramann. In: kino.de. Archiviert vom Original am 14. August 2020; abgerufen am 16. Mai 2021 (Porträt von Christopher Doyle).
  3. Dennis Lim: The Legend of Drunken Master. In: villagevoice.com. The Village Voice, 3. August 2004, archiviert vom Original am 15. September 2018; abgerufen am 16. Mai 2021 (englisch): „An Australian-born former sailor […], snake oil peddler […], and theater troupe founder (in Taiwan), Doyle is best known for his collaborations with Wong Kar-wai, with whom he essentially invented the dominant vernacular of pan-Asian pop.“
  4. Christopher Doyle. Alternate Name: Chris Doyle, Kefeng Du, To-Ho Fung. In: nytimes.com. The New York Times, 3. April 2015, archiviert vom Original am 3. April 2015; abgerufen am 16. Mai 2021 (englisch): „Soon afterward, he moved to Taiwan and fell in with the Taipei art crowd […]. In 1978, he was one of the founding members of the Lanling Theatre Workshop, the first modern theater company in Taiwan; he also created a landmark television series, Travelling Images.“
  5. Rain Kathy Li (chinesisch 李曉雨 / 李晓雨, Pinyin Lǐ Xiǎoyǔ, Jyutping Lei5 Hiu2jyu5; * 1983, Peking)
  6. 李晓雨 Rain Li. In: douban.com. Archiviert vom Original am 4. Juni 2016; abgerufen am 16. Mai 2021 (chinesisch).
  7. Rain Li. In: imdb.com. Internet Movie Database, abgerufen am 16. Mai 2021 (englisch).
  8. (From L) French producer Nathanael Karmi… Cannes, FRANCE: (From L) French producer Nathanael Karmitz, US actress Rain Kathy Li, Australian director of photography Christopher Doyle,. In: gettyimages.ca. Getty Images, 21. Mai 2007, archiviert vom Original am 17. Mai 2021; abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch, Foto von Rain Kathy Li mit Doyle).
  9. RAIN „KATHY“ LI. In: cinematographers.nl. Archiviert vom Original am 1. Mai 2016; abgerufen am 16. Mai 2021 (englisch, Foto von Rain Kathy Li mit Doyle).
  10. Rain Kathy Li. In: andsoitbeginsfilms.com. Archiviert vom Original am 17. Mai 2021; abgerufen am 17. Mai 2021 (englisch).
  11. Panasiatisches Wunderwerk. (Memento vom 2. Dezember 2013 im Internet Archive) – Interview mit dem thailändischen Regisseur Pen-Ek Ratanaruang, In: fluter.de, abgerufen am 7. Dezember 2006
  12. Christopher Doyle bei IMDb, Transkriptionen:cinemasie.com (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive)
  13. Angaben zum Golden Horse Film Festival und den Hong Kong Movie Awards:cinemasie.com (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive), Angaben zu allen anderen Auszeichnungen:New York Times (Memento vom 20. August 2003 im Internet Archive), abgerufen am 12. März 2019

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