Christian Worch

Christian Worch in Erfurt (2003)

Christian Worch (* 14. März 1956 in Hamburg[1]) gilt als einer der führenden Kader der deutschen Neonazi-Szene.[2] Der mehrmals einschlägig verurteilte Straftäter war Funktionär verschiedener rechtsextremer Gruppierungen und Parteien sowie Organisator und Redner bei einer Vielzahl von Neonazi-Demonstrationen. Von 2012 bis 2017 und erneut seit 2021 ist er Bundesvorsitzender und Bundesschatzmeister der rechtsextremen Splitterpartei Die Rechte.[3][4][1]

Privates und Beruf

Worch wuchs in Hamburg-Hamm auf und absolvierte nach dem Besuch des Gymnasiums eine Ausbildung zum Notargehilfen.[5] Er ist geschieden und lebte mehrere Jahre mit seiner Partnerin Lorena Riewa, der Schwester des Moderators Jens Riewa, zusammen.[6][7][8] In jungen Jahren wurde Worch durch Erbschaft von Immobilien und Kapital Millionär.[9][10]

Worch verdient seinen Lebensunterhalt als Taxifahrer in seinem Wohnort Parchim.[11][1]

Als juristisches und politisches Vorbild bezeichnet Worch einen Onkel, der während des Zweiten Weltkriegs in der Waffen-SS diente, nach dem Krieg Rechtswissenschaft studierte, danach bis zu seinem 67. Lebensjahr als Verwaltungsjurist im Staatsdienst tätig war und diesen als Justiziar der Niedersächsischen Landesregierung im Range eines Leitenden Regierungsdirektors verließ. Nach seiner Pensionierung eröffnete der Onkel eine Kanzlei in Stade. Der Onkel war Mitglied der FDP und stand dort dem Naumann-Kreis sehr nahe.[5]

Rechtsextremistische Aktivitäten

Junge Nationaldemokraten

Durch eine private Bekanntschaft kam Worch mit der Jugendorganisation der NPD, der JN, in Kontakt und war vom Frühjahr bis zum Herbst 1977 Mitglied und als Pressebeauftragter auch Funktionsträger in dieser Organisation. In dieser Zeit lernte Worch Michael Kühnen kennen.[5][1]

Aktionsfront Nationaler Sozialisten / Nationale Aktivisten

Seit seinem 21. Lebensjahr ist Worch politisch im rechtsextremen Spektrum aktiv. 1978 wurde er insbesondere mit einer provokanten Aktion der in Hamburg von Michael Kühnen geführten „Hansabande“ unter dem Motto „Ich Esel glaube, dass in Deutschland Juden vergast worden sind“ als Holocaustleugner bekannt.[12] Aus der Organisation ging im selben Jahr die Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS) hervor. Zu dieser Zeit pflegten sie auch Kontakte zur später verbotenen Wiking-Jugend.

Nachdem Kühnen 1979 verhaftet worden war, übernahm Worch die Leitung der ANS und wurde kurz darauf nach einer Propagandaaktion und einem Überfall ebenfalls vor Gericht gestellt.[13]

Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei

Nachdem die Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten ANS/NA 1983 verboten worden war, trat Worch 1984 der (1995 ebenfalls verbotenen) Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) bei und wurde deren stellvertretender Vorsitzender. 1988 trat Worch aus der FAP aus.[1]

Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige

Seit 1984 engagierte sich Worch außerdem in der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V.“, die 2011 verboten wurde, und nahm an Führungstreffen der NSDAP-Aufbauorganisation teil.

Nationale Liste

1989 gründete Worch dann zusammen mit Thomas Wulff die Partei Nationale Liste (NL)[13] und war ab 1993 auch in deren Vorstand aktiv.

In der Nacht vom 19. auf den 20. Mai 1989 haben, laut Spiegel-Version mit Berufung auf den Hamburger Verfassungsschutz, vier als Polizei-Sondereinheit getarnte Antifaschisten „eines speziellen ‚Ermittlungskommandos‘ der Hamburger ‚Antifaschistischen Aktion‘, zu der Verfassungsschützer etwa 50 Entschlossene rechnen“, das Ehepaar Worch überwältigt, gefesselt und 50 Aktenordner, Mitgliederlisten und Adresskarteien der Nationalen Liste und Neonaziszene mitgenommen. Die Selbstbezeichnung – in Anlehnung an das MEK = Mobiles Einsatzkommando – war „MAK – Mobiles Antifa Kommando“.[14][15][16][17][18][19]

Innerhalb der Nationalen Liste gab er bis September 1991 die Zeitschrift Index heraus,[20] mit der er sich insbesondere im Bereich der sogenannten Anti-Antifa-Arbeit betätigte. Nach dem Tod Kühnens 1991 übernahm er zusammen mit Arnulf Priem und Gottfried Küssel die Leitung der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF). Bekannt wurde Worch als maßgeblicher Organisator von GdNF-Aufmärschen sowie der Rudolf-Heß-Gedenkmärsche.

Im Umfeld von NPD und Freien Kameradschaften

Nach dem Verbot der NL im Februar 1995 stand Worch in den 1990er Jahren zeitweise der NPD nahe und war einer der entscheidenden Verbindungsmänner der Freien Kameradschaften, einer neonazistischen Organisationsform, die Thorsten Heise, Thomas Wulff und er zuvor maßgeblich entwickelt hatten,[21] zu Aktionen der NPD.

Seit die NPD-Spitze im August 2000 verkündet hatte, vorerst den „Kampf auf der Straße“ auszusetzen, um mit Blick auf den Verbotsantrag dem Staat weniger Angriffsflächen zu liefern, distanzierte sich Worch zunehmend von der Partei. Auch der NPD-seitig propagierten sogenannten Volksfront von rechts stand er kritisch gegenüber, was u. a. zu Auseinandersetzungen mit seinem langjährigen Weggefährten Wulff führte und für Worch, dem zuvor schon angeboten worden war, den Landesvorsitz der Hamburger NPD zu übernehmen, auch ein zeitweiliges „Auftritts- und Redeverbot“ auf Veranstaltungen der Partei zur Folge hatte.[22] Worch betätigte sich bis zuletzt als Gegner der 2011 letztlich vollzogenen Fusion von NPD und DVU.[13]

Die Rechte

Aus seinem früheren Hamburger Umfeld[10] zog Worch nach Parchim in Mecklenburg-Vorpommern[23] und gründete im Mai 2012[24][25][26] unter seinem Vorsitz die Partei „Die Rechte“. Er übernahm dafür die Programmatik der DVU, um in Konkurrenz zur NPD rechtsextremes Wählerpotential zu mobilisieren.[27] Am 28. Oktober 2017 wurde Worch auf dem Bundesparteitag der Kleinpartei mit 78,4 % der gültigen Stimmen in seinem Amt als Parteivorsitzender bestätigt. Anschließend gab es jedoch einen Antrag des Thüringer Landesverbandes, in dem gefordert wurde, dass der Bundesparteitag beschließen solle, „daß die Partei Die Rechte sich voll und ganz zur deutschen Volksgemeinschaft bekennt“. Worch hielt „eine Gegenrede“ und erklärte, dass er den Antrag vor allem aus juristischen, aber auch aus politischen Gründen ablehne. Es kam zum Eklat, da die Mehrheit der Mitglieder nicht Worch, sondern dem Thüringer Landesverband folgte. Worch legte daraufhin das Tagungspräsidium nieder und verließ den Parteitag. Anschließend erklärte er, „daß er zum 31. Oktober sein Amt als Bundesvorsitzender niederlegen und dies in einem internen Rundschreiben begründen würde“.[28][29][30][31] Im Kontext dieses Bruchs wurde auch der Web-Auftritt von „die-rechte.com“ zu „die-rechte.net“ geändert.[32] Trotz der Differenzen spielt Worch weiter eine relevante Rolle bei „Die Rechte“, sei es beim Aufmarsch in Kassel im Juli 2019[33] oder bei der Anmeldung der Demonstration von „Die Rechte“ für den 1. Mai 2020 in Hamburg.[34] Anfang Januar 2019 kehrte Worch auf dem Bundesparteitag zudem als Schatzmeister und Beisitzer in den Bundesvorstand zurück.[35] Bei den Kommunalwahlen in Hamm am 13. September 2020 trat er als Oberbürgermeisterkandidat an[36] und erhielt 173 Stimmen (0,24 %).[37] Seit 2021 ist Christian Worch erneut Bundesvorsitzender und Bundesschatzmeister der Partei.[1]

Strafverfahren und Inhaftierungen

Im Jahre 1977 wurde Worch zusammen mit Kühnen für die Ehrung der in den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilten Kriegsverbrecher zu einer Arbeitsauflage verurteilt.

Worch wurde erstmals im Frühjahr 1979 wegen des Vorwurfs der Planung des zweifachen Mordes inhaftiert und saß für sechs Wochen in Kiel in Untersuchungshaft, bevor der entsprechende Haftbefehl wieder aufgehoben wurde.[5]

Im Jahre 1980 wurde er der Volksverhetzung und Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda für schuldig befunden und zu einer Gesamtstrafe von drei Jahren Haft verurteilt.[13]

Ende 1994 wurde Worch zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er die ANS/NA nach dem Verbot dieser Organisation illegal weitergeführt hatte.[10] Ende Februar 1996 trat Worch diese Strafe an, wurde jedoch 1997 vorzeitig aus der Haft entlassen.

In zahlreichen Strafverfahren wurde Worch in der Regel von Jürgen Rieger anwaltlich vertreten.

Otto Riehs und Axel Reitz mit Christian Worch als Spitze einer Kundgebung im Oktober 2004 in Köln

Literatur

  • Rainer Erb: Protestorganisation und Eventmanagement: Der Typus des rechtsextremen Bewegungsunternehmers. In: Andreas Klärner, Michael Kohlstruck: Moderner Rechtsextremismus in Deutschland. Hamburg 2006, ISBN 3-936096-62-7, S. 142–176.
  • Martin Thein: Biographisches Porträt: Christian Worch. In: Jahrbuch Extremismus & Demokratie. Jg. 20 (2008), ISSN 0938-0256, S. 204–214.
  • Andreas Speit: Wir marschieren bis zum Sieg. In: Andreas Röpke, Andreas Speit (Hrsg.): Braune Kameradschaften. Die militanten Neonazis im Schatten der NPD. Links, Berlin 2005, ISBN 3-86153-365-0.

Weblinks

Commons: Christian Worch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Unsere Mannschaft – Die Rechte. Abgerufen am 22. Januar 2022.
  2. Patrick Gensing: NPD verliert wichtigsten Finanzier. tagesschau.de, 29. Oktober 2009, abgerufen am 30. Oktober 2016.
  3. „Die Rechte“ verliert Vorsitzenden. Störungsmelder, 2. November 2017.
  4. Worch: Seit Jahrzehnten in der Szene aktiv. ndr.de, 5. Oktober 2012, archiviert vom Original am 12. April 2013; abgerufen am 30. Oktober 2016.
  5. a b c d wie gesagt – Folge #017 – Christian Worch. Abgerufen am 20. Juli 2023.
  6. Foto Peter Jülich Dortmund 4. September 2010 versammelten sich etwa 400 Neonazis zum sog. „6. Nationalen Antikriegstag“.
  7. Andreas Speit: Der rechte Rand. Wahlkampf modern. taz Nord, 10. Januar 2008.
  8. TV-News, B.Z., 18. Juli 2013.
  9. Patricia Schlesinger: Gewalt, Chaos, Umsturz – Die Strategie der Hintermänner des Nazi-Terrors. daserste.ndr.de, 24. August 2000, abgerufen am 30. Oktober 2016.
  10. a b c Wolf Annaun: Die Braune-Armee-Fraktion. (Memento vom 2. Juli 2016 im Internet Archive) In: Die Zeit, Nr. 3/1995
  11. Die Rechte: Bundeschef Christian Worch tritt zurück. 2. November 2017
  12. Felix M. Steiner: Kaum Erfolgschancen für neue Neonazi-Partei. Zeit Online, 14. August 2012.
  13. a b c d Andreas Speit: Auf den Trümmern der DVU. In: taz.de. 17. Juni 2012, abgerufen am 30. Oktober 2016.
  14. Karl Hoffmann: Skadi über K2 an Ohmanwasfüreinname. Jungle world, 12. Oktober 2005.
  15. Oliver Tolmein: Radikale Antifa, militanter Staat. (Memento desOriginals vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.konkret-magazin.de In: Konkret, 3/90
  16. Gespräch mit Hamburger Antifas
  17. Extremisten: Humanes Geschwätz. In: Der Spiegel. Nr. 23, 1989 (online).
  18. Zeitleiste: Militante Aktionen gegen Neonazis: Ergänzung zum Buch „Antifa heißt Angriff: Militanter Antifaschismus in den 80er Jahren“ von Horst Schöppner (2015). (PDF; 202 kB) S. 9
  19. Bernd Langer: Kunst als Widerstand: Plakate, Ölbilder, Aktionen, Texte der Initiative Kunst und Kampf. Pahl-Rugenstein, 1997, S. 109 (google.de)
  20. Die Geschichte der „Anti-Antifa“. Belltower.News, 24. April 2008.
  21. Michael Klarmann: Kameradschaften als Strategieelement. bpb.de, 23. April 2007, abgerufen am 31. Oktober 2016.
  22. Andreas Speit: Brauner Block leidet. taz.de, 8. Januar 2005, abgerufen am 30. Oktober 2016.
  23. Florian Diekmann, Christina Hebel: „Die Rechte“-Gründer Christian Worch: Streithansel der Neonazi-Szene. spiegel.de, 27. Juli 2012, abgerufen am 30. Oktober 2016.
    Thilo Schmidt: Ein Mäntelchen auf Zeit. deutschlandradiokultur.de, 24. April 2013, abgerufen am 31. Oktober 2016.
  24. Patrick Gensing: Ein guter Tag für Christian Worch. (Memento desOriginals vom 5. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/publikative.org publikative.org, 27. Juli 2012
  25. Friederike Hunke: Neonazi Worch gründet „Die Rechte“ Braune Kopie. Süddeutsche Zeitung, 31. Juli 2012.
  26. Felix M. Steiner: Die Rechte: Kaum Erfolgschancen für neue Neonazi-Partei. Zeit Online, 14. August 2012.
  27. Philipp Wittrock, Florian Diekmann, Christina Hebel: Neue Rechtspartei will NPD ersetzen. In: Spiegel Online. 27. Juli 2012, abgerufen am 30. Oktober 2016.
    Marc Brandstetter: Ein Jahr Die Rechte: Der private Feldzug des Christian W. endstation-rechts.de, 27. Mai 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. Oktober 2016; abgerufen am 30. Oktober 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.endstation-rechts.de
  28. Sebastian Weiermann: „Die Rechte“ verliert Vorsitzenden. Störungsmelder, 2. November 2017.
  29. Theo Schneider: Abtrünnige Parteichefs. Blick nach Rechts, 3. November 2017.
  30. Die Rechte: Bundeschef Christian Worch tritt zurück. endstation-rechts.de, 2. November 2017.
  31. Erklärung des Bundesvorstandes von Die Rechte zum Rücktritt des Parteivorsitzenden Christian Worch (Memento vom 13. November 2017 im Internet Archive), Die Rechte 2. November 2017.
  32. web-Auftritt Die Rechte
  33. Christian Worch ist das Gesicht der Partei „Die Rechte“. Das ist der Neonazi, der die Rechtsextremen in Kassel aufmarschieren lässt. Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 18. Juli 2019.
  34. Stefan Schölermann: Rechtsextreme melden Maidemo in Hamburg an. NDR Info, 8. August 2019.
  35. Verfassungsschutzbericht 2019, S. 79
  36. OB-Kandidat Worch: „Für das Amt wollte niemand aus Hamm kandidieren“. In: Westfälischer Anzeiger. 30. Juli 2020, abgerufen am 29. September 2020.
  37. Ergebnisse der Oberbürgermeisterwahl am 13. September 2020 in Hamm; abgerufen am 1. Oktober.

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Otto Riehs, Axel Reitz und Christian Worch bei einer Neonazi-Kundgebung am 16. Oktober 2004 in Köln