Christian Felber

Christian Felber (2020) – mit typischer Handbewegung
Christian Felber (2020)

Christian Felber (* 9. Dezember 1972 in Salzburg) ist ein österreichischer Autor und politischer Aktivist. Er ist Gründungsmitglied von Attac Österreich, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie und des gescheiterten Projekts Bank für Gemeinwohl.

Leben

Felber wuchs in Salzburg als Sohn eines Lehrers auf.[1] Er studierte in Wien und Madrid romanische Philologie und Spanisch als Hauptfächer sowie Politikwissenschaft, Psychologie und Soziologie als Nebenfächer. Parallel zum Studium absolvierte er eine Ausbildung als Tänzer. Er beendete sein Studium 1996 mit einem Magister in romanischer Philologie. Seitdem arbeitet er als freier Autor. Im Jahr 1998 erhielt er Arbeitsstipendien des Landes Salzburg und des Bundeskanzleramtes für Literatur.

Politisches Engagement

Christian Felber war 2000 Mitbegründer von Attac in Österreich, bis 2003 war er im Vorstand und bis April 2014 einer ihrer Sprecher.

2009 war er Mitgründer der Bewegungsstiftung Österreich, die ihre Tätigkeit mit der Starthilfe für das Projekt Demokratische Bank und die Gemeinwohl-Ökonomie beendete. 2014 entstand daraus eine Genossenschaft, deren Ziel die Gründung der Bank für Gemeinwohl war. Der Antrag auf eine Zahlungsverkehrslizenz vom September 2017 wurde von der österreichischen Finanzmarktaufsicht im Juni 2018 abgelehnt.[2][3] Im September 2018 wurde im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung das Genossenschaftskapitals um 75 % herabgesetzt, was für die etwa 6.000 Genossenschafter einen Verlust von insgesamt über 3 Mio. Euro des eingesetzten Kapitals bedeutete.[4]

2010 initiierte Felber gemeinsam mit einer Runde von mehreren Unternehmern das Projekt Gemeinwohlökonomie und gilt als Erfinder der Gemeinwohl-Bilanz.[5]

2018 war er Gründungsmitglied der Bürgerbewegung Finanzwende.[6] Außerdem ist er Mitglied des 2018 gegründeten ECG Management Teams[7] des internationalen Dachverbands der Gemeinwohlökonomie.

Felber schreibt Medien-Kommentare auf Deutsch, Englisch und Spanisch. Er ist Autor und Mitautor von zahlreichen Veröffentlichungen, darunter 15 Bücher[8]. Sein Buch Gemeinwohl-Ökonomie erschien in zwölf Sprachen, die englische Ausgabe enthält ein Vorwort von Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Eric Maskin.

Wissenschaftliche Arbeit

Ab Herbst 2008 bis 2017 war Felber Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien.[9] Er erhielt weitere Lehraufträge an der Universität Klagenfurt, Universität Graz (Lehrpreis 2013), Universität für Angewandte Kunst Wien, FH Wiener Neustadt, FH Burgenland und Duale Hochschule Baden-Württemberg.

2018 wurde Felber Senior Fellow am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam. Als Affiliate Scholar hat er in 2019 ein Forschungsprojekt zur nicht-finanziellen Berichterstattung von Unternehmen geleitet und eine Studie mitveröffentlicht.[10] Außerdem ist Felber Mitglied des Beirates des MBA-Studiengangs Zukunftstrends und Nachhaltiges Management der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.[11]

Privates

1999 veröffentlichte Felber den Gedichtband Von Fischen und Pfeilen[12]. Seit 2004 betätigt sich Felber im Zeitgenössischen Tanz.[13]

COVID-19-Pandemie

Während der COVID-19-Pandemie kritisierte Felber die ergriffenen Maßnahmen als „unverhältnismäßig“, „ungeeignet“ und „Extremvariante“. Felber behauptete, dass wahrscheinlich mehr Menschen an Lockdowns sterben würden als an Corona. Er ist Mitgründer einer Initiative namens „Corona-Aussöhnung“. Sie besteht mehrheitlich aus Kritikern der Coronapolitik, ausgesprochene Befürworter befinden sich nicht unter den 16 Mitgliedern.[14][15]

In einem Gastkommentar für die österreichische Tageszeitung Kurier schrieb Felber, dass die „in China erfundenen Lockdowns“ „historisch einzigartig“ seien. Maßnahmen, die nicht auf Freiwilligkeit beruhten, passten Felber zufolge nur zu autoritären Regimen.[16] Im November 2021 legte Felber in einem Artikel auf der Plattform NachDenkSeiten[17] 30 Gründe dar, weshalb er derzeit nicht bereit sei, sich impfen zu lassen. Das Momentum Institut kritisierte Felbers Argumente und kam zu dem Schluss, dass „fast alle seiner Punkte sich sehr schnell widerlegen lassen, da sie wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen“. Insbesondere überrasche auch an Felbers Text, dass er als ein Verfechter von solidarischen Wirtschaftsweisen dem Solidaritätsargument wie dem Schutz von Mitmenschen vor Erkrankung in der Impfdebatte keine größere Bedeutung beimesse.[18]

Rezeption

Felbers Buch Gemeinwohlökonomie wurde ausführlich in deutschsprachigen Medien aufgegriffen, unter anderem der Süddeutschen Zeitung[19], der Neuen Zürcher Zeitung[20] oder dem Deutschlandfunk.[21] Felbers Buch This is not economy: Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft wurde in verschiedenen Medien besprochen und erntete sowohl Zustimmung als auch Kritik.[22][23] Darüber hinaus wurde es 2021 von Sebastian Thieme in der Fachzeitschrift Makronom[24], 2019 im Deutschlandfunk Kultur[25] und im Tagesspiegel[26] kritisch rezensiert. Felber behauptete in seinem Werk This is not economy: Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft, dass die über 535.000 Studierenden wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtungen in Deutschland rund 6,5 Prozent der Bevölkerung ausmachen würden – tatsächlich sind das aber nur 0,65 Prozent.[27]

2016 kritisierten 110 Wirtschaftswissenschaftler in einem Offenen Brief an die österreichische Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek die Nennung Felbers in einem Schulbuch in einem Atemzug mit den Nationalökonomen John Maynard Keynes, Karl Marx, Milton Friedman und Friedrich August von Hayek. Felber sei primär politischer Aktivist, verfüge über keinerlei wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung und könne auch keine Publikation in diesem Feld vorweisen. Die von ihm propagierte Gemeinwohltheorie erfülle nicht die üblichen Kriterien von Wissenschaftlichkeit.[28][29] Daraufhin ersetzte das Bildungsministerium Felber durch den Nobelpreisträger Amartya Sen. Sogar Felber selbst war überrascht von seiner Nennung, erhob aber den Einwand, dass Adam Smith gar kein Ökonom, sondern Moralphilosoph gewesen sei. Smith gilt jedoch gerade als Begründer der Nationalökonomie als Wissenschaft.[30]

Schriften (Auswahl)

Monographien und Sammelbände

  • This is not economy: Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft. Deuticke, Wien 2019, ISBN 978-3-552-06402-7.
  • Geld – Die neuen Spielregeln. Deuticke, Wien 2014, ISBN 978-3-552-06213-9.
  • Freihandelsabkommen TTIP – Alle Macht den Konzernen? Hanser, München 2014, ISBN 978-3-446-24801-4.
  • Retten wir den Euro! Deuticke, Wien 2012, ISBN 978-3-552-06187-3.
  • Ethischer Welthandel. 2017, Deuticke Verlag, ISBN 978-3-552-06338-9, ePUB-Format ISBN 978-3-552-06346-4.
  • Die innere Stimme. Wie Spiritualität, Freiheit und Gemeinwohl zusammenhängen. 2015, ISBN 978-3-88095-283-6 E-Book ISBN 978-3-88095-285-0.
  • L'Economie citoyenne – ou quand l'intérêt général s'invite dans le bilan des entreprises. Actes Sud, 2011, ISBN 978-2-7427-9698-4.
  • Die Gemeinwohl-Ökonomie – Das Wirtschaftsmodell der Zukunft. 2010, ISBN 978-3-552-06137-8.
    • Gemeinwohl-Ökonomie, aktualisierte und erweiterte Ausgabe 2018, ISBN 978-3-492-31236-3.
  • Kooperation statt Konkurrenz – 10 Schritte aus der Krise. 2009, ISBN 978-3-552-06111-8.
  • Als Herausgeber: Wir bauen Europa neu – Wer baut mit? Alternativen für eine demokratische, soziale, ökologische und friedliche EU. 2009, ISBN 978-3-7017-3129-9.
  • Neue Werte für die Wirtschaft – Eine Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus. 2008, ISBN 978-3-552-06072-2.
  • Das kritische EU-Buch – Warum wir ein anderes Europa brauchen. 2006, ISBN 3-552-06032-4.
  • 50 Vorschläge für eine gerechtere Welt – Gegen Konzernmacht und Kapitalismus. 2006, ISBN 3-552-06032-4.
  • Attac (Hrsg.): Die geheimen Spielregeln des Welthandels WTO – GATS – TRIPS – MAI. ISBN 3-85371-200-2, Wien 2004
  • mit Michel Reimon: Schwarzbuch Privatisierung – Wasser, Schulen, Krankenhäuser – was opfern wir dem freien Markt? 2003, ISBN 3-8000-3996-6.
  • Von Fischen und Pfeilen – Poesie zum Anfassen. 1999, ISBN 3-85273-072-4.
  • Die Vision vom Grünen Juwel, gemeinsamer Buchbeitrag mit Peter Weish S. 243–267 in: G. Witzany (HG). Zukunft Österreich : EU-Anschluss und die Folgen. Salzburg Unipress 1998, ISBN 3-85419-108-1.
  • Hacia un Futuro ecológico: el paciente España. Editorial Fundamentos Madrid 1998, ISBN 84-245-0779-7.

Einzelbeiträge

  • J. Dolderer, C. Felber, P. Teitscheid: From Neoclassical Economics to Common Good Economics. Sustainability 2021, 13(4), 2093.
  • C. Felber, V. Campos & J. R. Sanchis: The Common Good Balance Sheet, an Adequate Tool to Capture Non-Financials? Sustainability 2019, 11, 3791.
  • C. Felber: Vom Bruttoinlandsprodukt zum Gemeinwohl-Produkt, S. 349–358 in: Bernd Schleich, Yvonne Zwick (Hrsg.): Vom betrieblichen Umweltschutz zur großen Transformation Festschrift für Prof. Dr. Maximilian Gege, oekom, Juli 2022.[31]
  • Felber gegen Felbermayr: „Trump ist ein Weckruf“, Streitgespräch mit dem ifo-Ökonomen Gabriel Felbermayr über die Zukunft des Welthandels in trend 22/2017.[32]

Auszeichnungen

Weblinks

Commons: Christian Felber – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Stadt Steinheim: Laudatio auf Christian Felber. Abgerufen am 13. August 2022.
  2. mitgruenden.at, Webpräsenz der Genossenschaft, in der Felber Stellvertretender Aufsichtsratvorsitzender ist; abgerufen am 4. Juli 2017.
  3. derStandard.at: Gemeinwohlbank ist gescheitert, zwei Drittel des Kapitals weg. Artikel vom 15. Juni 2018, abgerufen am 17. Juni 2018.
  4. Das teure Scheitern der Bank für Gemeinwohl. In: addendum.org. 30. Oktober 2019, abgerufen am 5. November 2019.
  5. ecogood.org Abgerufen am 28. Dezember 2014.
  6. Gründungsmitglieder. (Nicht mehr online verfügbar.) Bürgerbewegung Finanzwende, archiviert vom Original am 6. Juli 2020; abgerufen am 6. Juli 2020.
  7. Organization. In: Economy for the common good. Abgerufen am 15. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
  8. Bücher - Christian Felber - Internationale Bestseller. In: Christian Felber. Abgerufen am 15. Mai 2021 (deutsch).
  9. Vorlesungen zum Thema: Gesellschaftlicher Kontext wirtschaftlichen HandelnsGlobalisierungskritik in Theorie und Praxis, Vorlesungsverzeichnis 2010, vvz.wu-wien.ac.at/
  10. Süddeutsche Zeitung: Für bessere grüne Bilanzen. Abgerufen am 19. März 2023.
  11. Michael Scheifele: HfWU-Gastreferent kritisiert ökonomisches System und fordert Gemeinwohl ein: „Wir ordnen die eigentlichen Werte unter“. In: Südwest Presse. 2. Mai 2023, abgerufen am 4. Mai 2023.
  12. Von Fischen und Pfeilen - Christian Felber - Poesie zum Anfassen. In: Christian Felber. Abgerufen am 6. Mai 2021 (deutsch).
  13. christian-felber.at (Memento des Originals vom 18. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.christian-felber.at
  14. Felber über Corona-Aussöhnung - Initiative will "Schieflage korrigieren". Abgerufen am 12. November 2021 (deutsch).
  15. franz.schellhorn: Franz Schellhorn: Mit ein bisschen Yoga gegen Corona. 17. Juli 2021, abgerufen am 12. November 2021.
  16. Alternativen zu Lockdown und Impfzwang. 9. Juni 2021, abgerufen am 12. November 2021.
  17. „30 Gründe, warum ich mich derzeit nicht impfen lasse“, Nachdenkseiten, 11. November 2021 [1]
  18. Corona-Impfung: Wir haben Christian Felbers Artikel gelesen, damit du es nicht musst. Abgerufen am 16. November 2021.
  19. Süddeutsche Zeitung: Gewinn ist nicht alles. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  20. Gerhard Schwarz: Hohle Kritik an liberaler Marktwirtschaft: Das Gemeinwohl-Argument ist eine Mogelpackung. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  21. Gemeinwohl-Ökonomie - Wie viel Nachhaltigkeit lässt die Marktwirtschaft zu? Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  22. Jonas Voss: Die Fehler des Systems. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  23. Abschied vom Homo oeconomicus? Abgerufen am 6. Dezember 2021.
  24. Makronom: Ein Bärendienst für die Plurale Ökonomik. In: Makronom. 18. November 2021, abgerufen am 20. November 2021 (deutsch).
  25. Christian Felber: "This is not Economy" - Der beleidigte Wirtschaftsrevolutionär. Abgerufen am 20. November 2021.
  26. Dieses Buch verkauft esoterische Gemeinplätze als revolutionäre Ideen. In: Der Tagesspiegel Online. 11. Januar 2020, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 20. November 2021]).
  27. Der beleidigte Wirtschaftsrevolutionär. In: Deutschlandfunk Kultur. 14. Dezember 2019, abgerufen am 9. Dezember 2021.
  28. Christian Felber als Wirtschaftstheoretiker im Schulbuch: ein offener Brief – Kritisch gedacht. Abgerufen am 22. Januar 2017.
  29. Lukas Sustala: Ökonomen laufen gegen Felber im Schulbuch Sturm. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Neue Zürcher Zeitung. 7. April 2016, archiviert vom Original am 4. März 2020; abgerufen am 4. März 2020.
  30. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H.: Ökonomen wollen Ex-Attac-Aktivist Felber aus Lehrbuch streichen. In: derStandard.at. (derstandard.at [abgerufen am 22. Januar 2017]).
  31. Vom betrieblichen Umweltschutz zur Großen Transformation. Abgerufen am 31. Juli 2022.
  32. Felber gegen Felbermayr: „Trump ist ein Weckruf“. Abgerufen am 28. Februar 2023.
  33. Archivierte Kopie (Memento vom 13. März 2016 im Internet Archive)
  34. uvirtual.net: Premio Nueva Civilización 2014 (Memento vom 28. Dezember 2014 im Internet Archive)
  35. getAbstract getabstract.com: International Book Award 2014
  36. fundacionjosenavarro.org
  37. zeit-verlagsgruppe.de
  38. nw.de
  39. catalunyapress.cat
  40. JBZ-Team kürte die Top Ten der Zukunftsliteratur 2017. In: Die Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen (JBZ). 29. November 2017 (jungk-bibliothek.org [abgerufen am 10. Januar 2018]).

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