Choral-Synagoge

(c) Alex 'Florstein' Fedorov, CC BY-SA 4.0
Große Choral-Synagogue (St. Petersburg 2014)
Innenraum der Choral-Synagoge in Kaunas

Choral-Synagogen sind Synagogen im Russischen Kaiserreich, die circa ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg gebaut wurden. Der Name bezieht sich darauf, dass in diesen Synagogen Knabenchöre den Gottesdienst begleiteten.[1]

Geschichte

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erreichten Ideen der jüdischen Aufklärung (Haskala) Russland. In Odessa im Süden Russlands eröffneten Juden aus dem galizischen Brody bereits 1820 ein eigenes Gebetshaus, wo man anders als bisher, den Gottesdienst beging.

Die erste Synagoge, die dann als Choral-Synagoge errichtet wurde, war, ebenfalls in Odessa, die Or-Sameach-Synagoge (auch als Hauptsynagoge bekannt). Sie wurde 1847 geplant und 1860 eingeweiht. Die Brodsky-Synagoge (1868) und eine Dritte Choral-Synagoge (1887) folgten in der Stadt.

In anderen Städten wurden zunächst Gebetshäuser als Choral-Synagogen angemietet. Außerhalb Odessas wurde die Choral-Synagoge in Berdytschiw als erste diesen Typs 1868 eröffnet.

In den Folgejahren wurden in größeren Städten Choral-Synagogen errichtet. Dabei wurden sie ab 1880 bevorzugt im Neomaurischen Stil, der jetzt als jüdischer Stil angesehen wurde, gebaut.

Sie entwickelten sich im Laufe der Zeit unabhängig von ihrer religiösen Bedeutung zu den Synagogen des wohlhabenden jüdischen Bürgertums.

Nach der russischen Oktoberrevolution wurden sie, wie die meisten anderen Synagogen auch, in Lagerhäuser, Klubs und Ähnliches umgewandelt.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden viele an die jüdischen Gemeinden zurückgegeben. Jedoch war im Laufe der Jahre die ursprüngliche Bedeutung sehr häufig verloren gegangen, so dass heute oft der Begriff Choral-Synagoge als Synonym für eine Große Synagoge verwendet wird.

Da die Rückgabe in vielen Fällen an orthodoxe Gemeinden erfolgte, wurden bei den Renovierungen die Stilelemente, die für Choral-Synagogen bestimmend waren, zurückgebaut, so das Versetzen der Bima zurück in die Raummitte.

Räumliche Ausbreitung

Der Name Choral-Synagoge ist bis auf wenige Ausnahmen auf das russische Zarenreich mit Ausnahme Kongresspolens begrenzt. Der Begriff wird lediglich noch für vier weitere Synagogen (zwei in Rumänien und je eine in Ostgalizien und der Bukowina) verwendet. Eine Aufstellung befindet sich in der Liste von Choral-Synagogen.

Kennzeichen von Choral-Synagogen

Im Inneren

Die aufgeführten wesentlichen Merkmale müssen nicht alle in jeder Synagoge so vorhanden sein, zeichnen in ihrer Mehrzahl aber eine Choral-Synagoge aus.

  • Teilnahme eines Chores mit ausgebildetem Kantor und einheitlicher Kleidung
  • Raum für Kantor und Chor in der Nähe von Toraschrein und Bima
  • Installation von Harmonium oder Orgel
  • Regelmäßige Gottesdienste in der Landessprache
  • Versetzen der Bima von der Raummitte zum Toraschrein hin
  • Frauenemporen entlang den Seiten, ohne dass die Sicht durch eine Blende (Mechiza) behindert ist
  • Kirchenbänke bzw. Stuhlreihen mit Blickrichtung zu Toraschrein und Bima

Darüber hinaus wurde auf angemessenes Verhalten und angemessene Kleidung Wert gelegt.

Äußeres

Waren bisher die Synagogen in den jüdischen Wohnbezirken versteckt und im lokalen Stil gebaut worden, so wurden die neuen Choral-Synagogen an prominenter Stelle zur Straße hin gerichtet erbaut, ab 1880 bevorzugt im Neomaurischen Stil.

An der Vorderseite, meist am Giebel, befanden sich die steinernen Gesetzestafeln und (oft auf einer großen Kuppel, aber auch in den Fenstern) Davidsterne. Besonders die Davidsterne auf den Kuppeln wurden aber innerhalb der jüdischen Gemeinden vielfach kritisiert, da sie zu sehr an die Kreuze auf christlichen Kirchen erinnerten.

Quellenangaben

  1. [1] Vladimir Levin: Reform or Consensus? Choral Synagogues in the Russian Empire Mai 2020. Alle Informationen zu Choral-Synagogen. Abgerufen am 2. Oktober 2020.

Weblinks

Commons: Choral-Synagogen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Grand Choral Synagogue in Saint Petersburg
Synagogue Kaunas inside view 6.jpg
Autor/Urheber: Katy AM, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Synagoga Kaunas inside view altar