Erdzweige

Die Zwölf Erdzweige mit einer spiegelbildlich vertauschten Darstellung der Himmelsrichtungen für Betrachtung des Himmels (und der Sterne im Besonderen)

Die Zwölf Erdzweige (chinesisch 地支, Pinyin dìzhī; japanisch ちしchishi), auch Zwölf Zweige (十二支, shí’èrzhī; japanisch じゅうにしjūnishi) genannt, sind ein altes chinesisches Nummerierungssystem.

  • Im chinesischen Kalender wird jedem der zwölf Tiere eine Erdzweig-Nummer zugeordnet, sodass die Erdzweige dem Chinesischen Tierkreis 1:1 entsprechen und oft auch mit ihm verwechselt werden.
  • Zusammen mit den zehn Himmelsstämmen ergeben sie den Sechzigjahreszyklus des chinesischen Kalenders. Gleichzeitig stehen sie auch jeweils für eine (Doppel-)Stunde des Tages und die drei Monate der Jahreszeiten.
  • Die Zwölf Erdzweige stehen auch jeweils für eine Himmelsrichtung und dienen zudem als Basis für komplexere Systeme (siehe unten) mit 24 oder gar 48 Himmelsrichtungen. In der Tabelle wird von Norden als Nullpunkt beginnend im Uhrzeigersinn der entsprechende Winkel dargestellt.

Es wird vermutet, dass die Einteilung in zwölf Jahre auch mit der siderischen Periode des Jupiters zusammenhängt, die 11,86 Erdjahre beträgt.

Tabelle der Erdzweige

Die Zwölf Zweige sind im gesamten CJKV-Kulturkreis als Nummerierungssystem eingeführt. In der folgenden Tabelle wurde auf die Darstellung in Katakana und Hiragana verzichtet.

Erdzweig-
zeichen
ChinesischJapanischKoreanischVietna-
mesisch
KhmerTierkreis-
zeichen
RichtungJahreszeitMonat
(Mond)
Stunde
PinyinJyutpingTLPA[1]OnKunHangeulRevidiert
zi2chúshinejatý (Tí)ជូតRatte ( shǔ)
(Nord)
Winter110
chǒucau2thiúchūushichuksửuឆ្លូវBüffel ( niú)30°122
yínjan4înintoraindầnខាលTiger ( )60°Frühling14
mǎomaau5báuumyomão (mẹo)ថោះHase (VN: Katze) ( )90°
(Ost)
26
chénsan4sînshintatsujinthìnរោងDrache ( /  lóng)120°38
zi6shimisatỵម្សាញ់Schlange ( shé)150°Sommer410
ng5ngó͘goumaongọមមីPferd ( /  )180°
(Süd)
512
wèimei6bihitsujimimùiមមែSchaf ( yáng)210°614
shēnsan1sinshinsarusinthânវកAffe ( hóu)240°Herbst716
yǒujau5toriyudậuរការHahn ( /  )270°
(West)
818
seot1sutjutsuinusultuấtHund ( gǒu)300°920
hàihoi6hāigaiihaehợiកុរWildschwein/Schwein ( /  zhū)330°Winter1022

Himmelsrichtungen auf Basis der Erdzweige

Obwohl im Chinesischen mit (běi „Norden“), /  (dōng „Osten“), (nán „Süden“) und西 ( „Westen“) Wörter für die vier Haupthimmelsrichtungen existieren, wurden von chinesischen Seefahrern und Astronomen die zwölf Himmelsrichtungen der Erdzweige (siehe oben) bevorzugt. Entgegen den acht Himmelsrichtungen europäischer Prägung haben diese anstatt einer 45°- eine 30°-Einteilung. Für Seefahrer reichten diese zwölf Himmelsrichtungen jedoch nicht aus, weshalb man ihre Zahl verdoppelte und somit eine Staffelung in 15°-Abständen erreichte. Dabei wurden für die Himmelsrichtungen zwischen den Erdkreisen neue Bezeichnungen mit unterschiedlichem Ursprung eingeführt.

Für die vier Nebenhimmelsrichtungen wurden die entsprechenden Namen der Acht Trigramme aus dem Buch der Wandlungen (I Ging) mit dem ihnen entsprechenden Naturaspekt genutzt, namentlich:

TrigrammNameBedeutungNaturHimmelsrichtung
, gènBeständigkeit, shān „Berg“45° NO
, xùnSanftheit / , fēng „Wind“135° SO
, kūnWeiblichkeit, „Erde“225° SW
, qiánMännlichkeit, tiān „Himmel“315° NW

Die anderen vier entsprechen dabei wiederum den Haupthimmelsrichtungen:

TrigrammNameBedeutungNaturHimmelsrichtung
 / , Trennung, huǒ FeuerSüden
 / , duìWechsel / , SumpfWesten
, kănGefahr, shuǐ WasserNorden
, zhènErregung, léi DonnerOsten

Für den Rest nutzte man die Himmelsstämme.

Entsprechend der Fünf-Elemente-Lehre ordnete man Holz dem Osten, Feuer dem Süden, Metall dem Westen und Wasser dem Norden zu (die Erde im Zentrum spielt hier keine Rolle). Danach unterscheidet man zwischen Yīn und Yáng. Diese Kombination ergibt die fehlenden acht Himmelsrichtungen, die nun jeweils mit (Yīn) oder gegen (Yáng) den Uhrzeigersinn in je 15° Abstand von der jeweiligen Haupthimmelsrichtung eingetragen wurden. Von Norden als Nullpunkt beginnend ergibt sich daraus schließlich im Uhrzeigersinn:

Wind (巽 xùn 135° SO) (Zeichen auf dem Kopf stehend)震 zhèn Donner - Osten (Zeichen nach rechts gedreht)離 lí Feuer - Süden (Zeichen auf dem Kopf stehend)Erde (坤 kūn 225° SW) (Zeichen auf dem Kopf stehend)Berg (艮 gèn 45° NO)兌 duì Sumpf - Westen (Zeichen nach links gedreht)坎 kăn Wasser - NordenHimmel (乾 qián 315° NW)Rot: Feuer (火 huŏ) Yáng; Himmelsstamm: 丙 bǐng (Zeichen auf dem Kopf stehend)Rot: Feuer (火 huŏ) Yīn; Himmelsstamm: 丁 dīng (Zeichen auf dem Kopf stehend)Grau: Metall (金 jīn) Yáng; Himmelsstamm: 庚 gēng (Zeichen nach links gedreht)Grau: Metall (金 jīn) Yīn; Himmelsstamm: 辛 xīn (Zeichen nach links gedreht)Grün: Holz (木 mù) Yīn; Himmelsstamm: 乙 yǐ (Zeichen nach rechts gedreht)Grün: Holz (木 mù) Yáng ; Himmelsstamm: 甲 jiǎ (Zeichen nach rechts gedreht)Blau: Wasser (水 shuĭ) Yīn; Himmelsstamm: 癸 guǐBlau: Wasser (水 shuĭ) Yáng; Himmelsstamm: 壬 rénGelb: Erde (土 tŭ) Yáng/Yīn; Himmelsstämme: 戊 wù und 己 jǐ24 HimmelsrichtungenInnerer Kreis:12 Erdzweige = Tiere = HimmelsrichtungenÄußerer Kreis:24 Himmelsrichtungen
Graphik mit imagemap: Wenn man mit dem Mauszeiger auf die Symbole/Bereiche geht, werden Informationen dazu angezeigt
Innerer Kreis: Erdzweige
Äußerer Kreis: Die 24 Himmelsrichtungen
Norden ist unten, Süden ist oben, Westen ist rechts, Osten ist links
(traditionelle Orientierung - man lege sich mit dem Rücken auf die Erde (zur Betrachtung des Himmels/der Sterne), Kopf zeigt nach Süden, Füße nach Norden - dann liegt der Osten rechts und der Westen links)
 Schrift-
zeichen
PinyinJyutpingKun-LesungHimmelsrichtungCharakteristika
1zi2ne    0° (Nord)Ratte
2guǐgwai3mizunoto  15°Wasser und Yīn
3chǒucau2ushi  30°Büffel
4gèngan3ushitora  45° (Nordost)Berg
5yínjan4tora  60°Tiger
6jiǎgaap3kinoe  75°Holz und Yáng
7mǎomaau5u  90° (Ost)Hase
8jyut6kinoto105°Holz und Yīn
9chénsan4tatsu120°Drache
10xùnseon3tatsumi135° (Südost)Wind
11zi6mi150°Schlange
12bǐngbing2hinoe165°Feuer und Yáng
13ng5uma180° (Süd)Pferd
14dīngding1hinoto195°Feuer und Yīn
15wèimei6hitsuji210°Ziege
16kūnkwan1hitsujisaru225° (Südwest)Erde
17shēnsan1saru240°Affe
18gēnggang1kanoe255°Metall und Yáng
19yǒujau5tori270° (West)Hahn
20xīnsan1kanoto285°Metall und Yīn
21seot1inu300°Hund
22qiánkin4inui315° (Nordwest)Himmel
23hàihoi6i330°Schwein
24rénjam4mizunoe345°Wasser und Yáng

Erfahrene Seefahrer wie Zhèng Hé benutzten einen 48-gliedrigen Kompass. Bei der weiteren Halbierung des 24er-Systems nutzte man dessen zwei nächstliegende Windrichtungen und kombinierte diese. So liegt zum Beispiel der Mittelpunkt für die Richtung 172,5° zwischen (bǐng, 165°) und (wǔ, 180°), man erhält丙午 (bǐngwǔ).

Zur praktischen Anwendung kommen die Erdzweige und Himmelsstämme beispielsweise in der Akupunktur.[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. „Taiwanese Language Phonetic Alphabet“ aus dem Jahr 1998, siehe Henning Klöter: Language Policy in the KMT and DPP eras. (PDF; 193 KB) In: China Perspectives, Volume 56. 2004, abgerufen am 19. Oktober 2024 (englisch).
  2. Ute Engelhardt, Carl-Hermann Hempen: Akupunkturscheibe zur Errechnung der optimalen Wirkzeiten. Urban & Schwarzenberg, München, 1995, ISBN 3-541-16101-9
Commons: Erdzweige – Schriftzeichen der 12 Tiere

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