Chinas Entwicklungsfinanzierung für Afrika

Chinas Entwicklungsfinanzierung für Afrika erfolgt nach einer eigenständigen Entwicklungsstrategie, die sich zum Teil deutlich von der Entwicklungszusammenarbeit der "Westlichen Welt" unterscheidet. Auf der einen Seite handelt es sich um klassische Entwicklungshilfe in Form von verbilligten Krediten und kostenlosen Leistungen. Auf der anderen Seite geht es typischerweise um Tauschgeschäfte,[1] über die afrikanische Rohstoffe billig gegen von chinesischen Firmen erstellte Infrastruktur-Projekte getauscht werden. Als dritte Komponente der Zusammenarbeit kommt der gegenseitige Handel hinzu, der in Richtung China durch die Abschaffung von Zöllen auf mehr als 400 Produkte gefördert werden soll, jedoch überwiegend aus in der Gegenrichtung gelieferten chinesischen Artikeln geringer Qualität besteht.

Das chinesische Engagement steht im Verdacht, einseitig zur Sicherung der Rohstoff-Versorgung und unter dem Stichwort Land-Grabbing zur Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungsmittel-Versorgung der chinesischen Bevölkerung zu dienen.[2]

Von Anfang an wurde Kritik an der politischen Neutralität und der damit einhergehenden Unterstützung fragwürdiger Regime durch China geäußert. Parallel zu dieser Kritik, die einen Neokolonialismus zu erkennen glaubt, gibt es mittlerweile vor dem Hintergrund der bescheidenen Effektivität westlicher Entwicklungshilfe einen großen Respekt für den chinesischen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Infrastruktur-Aufbau in Afrika. Deshalb wird der chinesische Ansatz in einem erweiterten Sinn der Entwicklungszusammenarbeit zugerechnet[3][4] und steht als Gegenmodell zur westlichen Entwicklungspolitik.

Afrikas Entwicklungsbedarf

Afrika wurde vielfach als der „vergessene“ Kontinent zitiert, den die "westlichen" Länder seit Jahren chronisch vernachlässigt,[5] wenn nicht gar aufgegeben hatten.[6] Wenn Afrika sein Dasein als Armutskontinent hinter sich lassen will, müsse es sich aus der Position des Lieferanten von Rohstoffen und unverarbeiteten Lebensmitteln lösen, die Wertschöpfung ausweiten, eine industrielle Basis aufbauen und für ausländische wie inländische Investitionen interessant werden, so die Meinung vieler Fachleute.[7][8][9]

Leider wären Investitionen in den Infrastrukturbereich lange vernachlässigt worden, da sich die „traditionellen“ Geber[Anm. 1] in den vergangenen Jahren auf die soziale Infrastruktur konzentriert hätten.[10][1][11][12]

Trotz der Verbesserung des Geschäftsklimas und der sinkenden Handelskosten sind die Wachstums-Chancen für Industrieunternehmen begrenzt wegen Korruption, staatlicher Regulierung, Sicherheitsproblemen und der Gefahr von politischen Krisen und Bürgerkriegen.[13][7]

Westlicher Entwicklungsansatz

Westliche Regierungen sind stolz darauf, dass sie Entwicklungszusammenarbeit und Förderung der eigenen Unternehmens-Interessen weitgehend trennen. Möglicherweise ist dies jedoch mit ein Grund dafür, dass die Landwirtschaft und die verarbeitende Industrie Afrikas über mehrere Jahrzehnte kaum Fortschritte gemacht haben.[14]

Dem langfristigen Erfolg der westlichen Entwicklungspolitik steht außerdem entgegen, dass die Geber-Staaten heute oft kurzfristige Resultate einfordern.[15] Es ist auch noch nicht gelungen, eine einheitliche europäische Afrika-Politik zu entwickeln und die Arbeitsteilung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten zu klären.[16]

Afrikanische Stimmen urteilen, dass die westliche Entwicklungshilfe in den vergangenen Jahrzehnten wenig erfolgreich gewesen sei und Länder in ein langfristiges Abhängigkeitsverhältnis gebracht hätte. Der Vergleich mit den Erfolgen des chinesischen Afrika-Engagements habe geholfen, „das ganze Fiasko der westlichen Entwicklungshilfe“ offenzulegen.[11][1]

So ist von 1965 bis 2004 die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara von 17,1 % des Welt-Durchschnitts auf 9,7 % gefallen, „trotz oder vielleicht sogar wegen Entwicklungshilfe-Zahlungen von fast $ 600 Mrd. Dollar seit 1960“.[17]

Chinas Entwicklungsansatz

Obwohl selbst noch Entwicklungshilfe-Empfänger, verteilte China unter Mao Zedong bereits seit den 1950er Jahren Hilfeleistungen an Afrika.[18][19][6] Dabei sieht die chinesische Regierung seine Hilfe als Zusammenarbeit von Entwicklungsländern, von der beide Seiten profitieren. Es wird mehr auf Handel und Direktinvestitionen gesetzt als auf klassische Hilfsprojekte. Zugute kommen China seine Erfahrungen mit großen Infrastruktur-Projekten und seine eigene Entwicklung vom Entwicklungs- zum Schwellenland.[10] Man greift dabei auf diese Erfahrungen zurück, da China in den 1950er Jahren mit Japans Wirtschaftshilfe große Fortschritte erzielen konnte.[20]

Mit den Reformen unter Deng Xiaoping ab Ende der 1970er Jahre und vor allem mit der zunehmenden Liberalisierung ab 1995 rückte die chinesische Führung wirtschaftliche Überlegungen immer mehr in den Fokus der „Süd-Süd-Kooperation“.[18][21][10][22]

Maßgeblich für den seit dem Jahr 2000 rasch fortschreitenden Ausbau der Beziehungen zu Afrika war die „going global“-Strategie, mit der zu chinesischen Direktinvestitionen außerhalb Chinas aufgerufen wurde.[10][23] In der Folge hat sich das Volumen des Güteraustausches von 2000 bis 2015 von knapp zehn Milliarden Dollar auf über 200 Milliarden mehr als verzwanzigfacht.[24]

Während viele amerikanische und europäische Investoren nach Ausbruch der Finanzkrise ab 2007 Geld vom afrikanischen Kontinent abzogen bzw. ihren Investitionsversprechen nicht mehr nachkamen, nutzten chinesische Staats- wie auch Privatbetriebe die sinkenden Preise.[22]

Die Projekte werden häufig über das sogenannte „Angola-Modell“ abgewickelt. Dabei werden von chinesischen Unternehmen Krankenhäuser, Straßen, Häfen etc. erstellt und als Gegenleistung vergünstigt Rohstoffe geliefert bzw. Abbaulizenzen gewährt.[10] Die Vorhaben sind oft gekoppelt an die Kondition, dass die Arbeiten ganz oder größtenteils von chinesischen Firmen ausgeführt werden.[10]

Nach Ansicht der chinesischen Regierung lenkt man nicht nur Geld nach Afrika, sondern sorgt auch dafür, dass es dort nicht versickert.[6] Mittlerweile leben mehr als eine Million Chinesen in Afrika.[24][25]

Bei Infrastrukturprojekten und beim Ressourcenabbau kommen hauptsächlich große Staatsbetriebe zum Zuge. In der Folge kommen chinesische Privatunternehmer ins Land, die im Gegensatz zu den Staatsbetrieben auch einheimische Arbeitskräfte beschäftigen. Dadurch sind viele neue Arbeitsplätze in Afrika entstanden. In einigen Ländern wurden auch Joint Ventures gegründet. So werden beispielsweise in Kenia und in Mosambik Autos in chinesisch-afrikanischer Koproduktion hergestellt.[11] In Äthiopien produzieren Chinesen Schuhe und in Lesotho Kleider für den US-Markt.[5]

Dass sich China nicht in die "inneren Angelegenheiten" der unterstützten Länder einmischt, ist eine Leitlinie der staatlichen Entwicklungspolitik,[26] die es ermöglicht, dass chinesische Firmen in praktisch allen Ländern Afrikas präsent sind. Im Unterschied dazu konzentrieren sich westlichen Firmen auf die Gute Regierungsführung in den Regionen.[27][18]

Um den gegenseitigen Handel zu fördern, hat China seine Zollabgaben bei der Einfuhr von afrikanischen Lieferungen für 440 Produkte gestrichen.[28][29] Afrikanische Staaten bemängeln jedoch, dass trotzdem der größte Teil der afrikanischen Exporte nach China aus Rohstoffen und nicht aus Fertigwaren besteht.[30] Umgekehrt liefert China Artikel des täglichen Bedarfs nach Afrika, die wegen ihrer geringen Qualität nicht sehr geschätzt aber trotzdem gekauft werden.[11]

Im Jahr 2011 verdrängte die Volksrepublik China die USA als größten Handelspartner des afrikanischen Kontinents.[10][23] Insgesamt kauft die Gruppe der Schwellenländer mehr afrikanische Ausfuhren als die entwickelten Staaten.[31][32]

Ein-China-Politik

Neben dem Zugang zu Ressourcen ist die Nicht-Anerkennung Taiwans ein wesentliches Ziel der chinesischen Politik[33], und darauf legt China auch bei seinen Verträgen mit afrikanischen Staaten sehr großen Wert. Damit macht China eine „Ausnahme“ vom Prinzip der Nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten. Inzwischen gibt es nur noch drei Länder in Afrika, nämlich Burkina Faso, Eswatini und São Tomé und Príncipe, die Taiwan als eigenständiges Land anerkennen.[34]

Je enger die wirtschaftlichen Beziehungen über die Jahre werden, desto mehr drängt China darauf, das Investitionsklima zu verbessern. China wird damit, bei aller anderslautenden Rhetorik, zunehmend zu einem fördernden und fordernden Partner Afrikas.[35][36]

Forum für China-Afrika-Kooperation

Das wichtigste Gremium für Chinas Beziehungen zu Afrika ist das 2000 gegründete Forum für China-Afrika-Kooperation (FOCAC), das alle drei Jahre stattfindet.[23][36]

Über diese Konferenz versucht China die gefühlte Unterrepräsentation afrikanischer Staaten in UN-Gremien, die internationalen Handelsbedingungen und Reformen des internationalen Finanzsystems zum Thema der internationalen Politik zu machen.[10]

Wirtschaftliche Dimension

Schätzungen zufolge leistete China Entwicklungshilfe im engeren Sinne im Umfang von 75 Milliarden Dollar an Afrika (Stand: 2013).[37][11] Zum Vergleich beträgt der deutsche Etat für die Entwicklungszusammenarbeit 7,4 Milliarden Euro für das Jahr 2016.[38] Die EU hat im Jahr 2013 insgesamt 56 Milliarden Euro an Entwicklungshilfe geleistet,[39] davon stammen 15 Mrd. Euro aus dem Haushalt der EU.[40] Ca. 20 Mrd. Euro pro Jahr entfallen davon auf Afrika.[41] Die Kredite der Weltbank belaufen sich jährlich auf insgesamt ca. 4,5 Milliarden Dollar.[11]

In anderen Größenordnungen vergibt China – hauptsächlich über die staatliche Export-Import-Bank – mehrjährige Kredite, die über Ressourcen abgesichert werden. So haben sich Angola 14,5 Milliarden, Ghana 13 Milliarden, Nigeria 8,4 Milliarden, die Demokratische Republik Kongo 6,5 Milliarden und Äthiopien 3 Milliarden Dollar für Infrastruktur-Projekte geliehen, die von chinesischen Baufirmen ausgeführt werden.[11]

Gegenüber den von China eingesetzten finanziellen Mitteln, fehlen "dem Westen" die finanziellen Mittel für ein vergleichbares Engagement.[42][43]

Chinas Anteil am gesamt-afrikanischen Handel wuchs innerhalb von zehn Jahren von drei auf knapp 20 Prozent im Jahr 2014.[22] Mit einem Handelsvolumen von über 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr ist China zum größten Handelspartner Afrikas geworden.[21][44]

Auch die Auslands-Direktinvestitionen sind stark angestiegen, China hat den Westen beim Zufluss von Direktinvestitionen überholt.[21] Bis Mitte 2012 hatte China mehr als 45 Mrd. Dollar an Direktinvestitionen in Afrika platziert.[45]

Es gibt Stimmen, die angesichts des Volumens und der Wirkung der "westlichen Entwicklungszusammenarbeit" mehr von Almosen als von echter Hilfe sprechen.[6]

Infrastruktur-Projekte

  • Angola: Drei im Bürgerkrieg zerstörte Eisenbahnlinien wurden saniert.[24]
  • Äthiopien: Einige Eisenbahnstrecken wurden gebaut.[10]
  • Ghana: 2010 unterzeichneten die Regierungen von China und Ghana ein Abkommen zur Förderung von Energie-Infrastruktur, Bildung, Abwasserentsorgung und Entwicklung der Landwirtschaft für 6 Mrd. US-Dollar. Als Gegenleistung werden an China über 15 Jahre 13.000 Barrel Rohöl täglich geliefert. Darüber hinaus gibt es eine Vereinbarung über einen weiteren 4 Mrd. US-Dollar Kredit von China für den Bau einer Nord-Süd-Verkehrs-Verbindung[10]
  • Kenia: Ein Eisenbahnprojekt für 5 Mrd. US-Dollar soll Kenia, Ruanda, Uganda, Burundi und die Republik Südsudan miteinander verbinden.[10][24]
  • DR Kongo: Mitte des Jahres 2007 wurde ein 3 Mrd. US-Dollar Geschäft vereinbart. Chinesische Unternehmen sollen in großem Umfang Infrastrukturprojekte bauen. Geplant sind unter anderem:[46]
    • 3.200 Kilometer Eisenbahntrassen
    • 3.400 Kilometer Autobahnen
    • 3.500 Kilometer kleinere Straßen
    • 31 Krankenhäuser und 145 Gesundheitsstationen;
    • 2 Universitäten
    • 5.000 Sozialwohnungen
  • Kamerun: Ein Tiefseehafen wurde finanziert.[10]
  • Nigeria: Eine Eisenbahnlinie soll über mehr als 1 400 Kilometer an der nigerianischen Atlantikküste entlang von Lagos bis Calabar für 13 Milliarden Dollar gebaut werden.[24]
  • Sudan: Im Jahr 2007 vereinbarte die Volksrepublik China mit der Regierung Sudans Exportkredite in Höhe von 1 Mrd. US-Dollar für den zweispurigen Ausbau der Eisenbahnlinie von Khartum in die sudanesische Hafenstadt Port Sudan (787 km). Der Bau wurde 2012 fertiggestellt.[10]

Industrielle Kerne

Offiziellen Informationen zufolge sind rund 2.500 privatwirtschaftliche Unternehmen aus China in über 50 afrikanischen Staaten aktiv, der Großteil davon sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die tatsächliche Zahl dürfte laut Ansicht der chinesischen Regierung jedoch um ein Vielfaches größer ausfallen.[24]

Das Engagement von chinesischen KMU folgt meist einem dreistufigen Schema. Das Interesse, in Afrika zu investieren, wird durch Handelsbeziehungen geweckt, im zweiten Schritt werden Investitionen in die Produktion vor Ort getätigt und im dritten Schritt erfolgt der Bau eigener Industrieparks.

Die Wachstumseffekte aus Direktinvestitionen entstehen auch deshalb, weil China Engpässe in der Infrastruktur und Energieversorgung beseitigt.[31]

Nachdem erste Sonderwirtschaftszonen (SWZ) gescheitert waren, nahmen chinesische Firmen den Bau und Betrieb selbst in die Hand. In enger Zusammenarbeit mit anderen, oft chinesischen Firmen soll dort auf wenig Raum effektiv produziert werden und es sollen Wirtschaftscluster entstehen.

Bereits 2011 wurde angekündigt, 59 dieser Zonen in Afrika aufzubauen.[11] Im Kongo sollen bis 2020 voraussichtlich 21.000 Arbeitsplätze alleine in der Sonderwirtschaftszone von Brazzaville geschaffen werden.[47]

Maßgeblich für den Erfolg der SWZ aus afrikanischer Sicht wird es sein, lokale Unternehmen in die Wirtschaftstätigkeiten der SWZ einzugliedern um somit die gewünschten Übertragungseffekte (Spill-over) zu erreichen.

Standort für Niedriglohn-Industrien

Bis 2050 wird sich die Bevölkerung Afrikas auf 2 Mrd. Menschen verdoppeln. Afrika wird dann ein höheres Arbeitskräftepotenzial aufweisen als China im Jahr 2016.[48]

China selbst will seine arbeitsintensive Industrie in Staaten mit niedrigen Löhnen auslagern und damit Kosten reduzieren. In Afrika könnten dadurch Arbeitsplätze geschaffen und eine Transformation von Agrar- zu Industrienationen angestoßen werden.[10]

Der traditionelle Fokus Chinas auf Sicherung der Rohstoffquellen Afrikas weicht damit einer Erkundung des Potenzials Afrikas als Standort standardisierter Industriefertigung.[31]

Staatsgarantien

Zu den Gründen, die zum Erfolg privater Investitionen in Afrika führen, gehören die staatlichen Banken, die große Geldvolumen zu günstigen Konditionen organisieren, ohne die chinesische Investoren oft scheitern würden.[6]

Neben den Banken gibt es von staatlicher Seite Versicherungen gegen alle Risiken wie Währungsschwankungen, Währungsrestriktionen, Verstaatlichungen, Enteignungen und Krieg.[6] Dadurch haben chinesische Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber westlichen Firmen.[1]

Militärisches Engagement

Mit Tansania gibt es gemeinsame Marine-Manöver. Die nigerianische Marine wird beim Ausbau ihrer Flotte unterstützt.[49]

Der Aufbau einer militärischen Krisentruppe der Afrikanischen Union wird unterstützt.[50]

Seit 2000 war China der wichtigste Waffenlieferant Simbabwes, bis 2008 importierte die Regierung Rüstungsgüter im Wert von mindestens 300 Mio. US-Dollar.[51]

2017 wurde in Dschibuti die erste chinesische Militärbasis im Ausland eröffnet.[52][53]

Kritik am chinesischen Entwicklungsansatz

Zur Industrialisierung des afrikanischen Kontinents hat China bislang nichts beigetragen.[11] „China nimmt unsere Bodenschätze und verkauft uns fertige Produkte. Genau dasselbe haben einst die Kolonialisten getan.“, klagte der ehemalige nigerianische Zentralbankchef Lamido Sanusi im Jahr 2015.[24] Diese Beobachtung hat auch Bartholomäus Grill im Jahr 2020 bestätigt.[54] Zwar lebten inzwischen weit mehr als eine Million Chinesen in Afrika. Doch sie würden oft nur Import-Exportfirmen, Einzelhandelsgeschäfte oder Restaurants betreiben, die kaum Arbeitsplätze schaffen würden.[5]

Außerdem beliefert China den afrikanischen Markt mit Billigwaren aus eigener Produktion, was der Wirtschaft vor Ort schadet.[50][10] China importiert ein relativ kleines Spektrum an unverarbeiteten Rohstoffen und bringt im Gegenzug eine große Bandbreite an fertig verarbeiteten Produkten auf die afrikanischen Märkte und verdrängt lokale Produzenten von den heimischen Märkten, beispielsweise in der Textilindustrie in Kenia, Südafrika und Sambia.[10] Dabei hat sie die afrikanische Textilindustrie weitgehend zerstört.[24] Die chinesische Billigkonkurrenz führte in einigen Staaten bereits zu massiven Arbeitsplatzverlusten, beispielsweise in der Textilindustrie in Südafrika, Lesotho und Nigeria oder in der Lederindustrie in Äthiopien und im Senegal.[10]

International ist China vor allem in die Kritik geraten, weil es sich weigert, die Richtlinien des OECD Development Assistance Committee (DAC) zu erfüllen.[20] Chinesische Entwicklungshilfe für Afrika fließt überdurchschnittlich oft in die Heimatregionen führender afrikanischer Politiker.[26] Auch liefert China dabei Waffen in umstrittene Länder.[55]

Der Abbau von afrikanischen Rohstoffen läuft nicht konfliktfrei. Der Vorwurf, China beute die Rohstoffe Afrikas aus und verletze dabei grundlegende Arbeitsrechte, trifft zunehmend auf Gehör. Mehrfach gab es in chinesisch geführten Kupferminen in Sambia Aufstände der Minenarbeiter. Sie protestierten gegen schlechte Arbeitsbedingungen, unzureichende Schutzkleidung und extrem niedrige Löhne. Dabei kam es bei den Protesten teilweise zu gewaltsamen Ausschreitungen. 2010 eröffneten chinesische Sicherheitsbeamte bei Protesten das Feuer auf demonstrierende Arbeiter, es kam zu mehreren Verletzten. 2012 wurde bei Protesten ein chinesischer Aufseher getötet.[10]

Die Handelsbilanz Chinas mit dem afrikanischen Kontinent, bis 2012 noch ungefähr ausgeglichen, liegt bedingt durch niedrige Rohstoffpreise bei jährlich rund 40 Milliarden Dollar Überschuss für China.[56][57] Durch die umfangreichen Rohstoff-Lieferungen nach China sind viele Länder stark abhängig von China und von den Rohstoff-Preisen.[21]

Neueinschätzung des chinesischen Entwicklungsansatzes

Seit die OECD im Jahr 2007 gezeigt hat, dass es für eine Neuverschuldung wegen chinesischer Krediten kaum einen Beleg gibt, sind frühere Beschwerden von Seiten der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht mehr zu hören. Mittlerweile hat sich eine nüchternere Einschätzung chinesischen Agierens in Afrika durchgesetzt.[14]

Für die westlichen Geber-Länder könne in Punkten wie Marktbeobachtung, Markteinführung, Finanzierung und Risikoabsicherung ein Seitenblick auf die chinesische Vorgehensweise durchaus nützlich sein.[14] Westliche Geber könnten in Bezug auf die Stärken der chinesischen Entwicklungszusammenarbeit – schnell, preiswert, gut sichtbar – von China lernen.[14]

15 Jahre chinesisches Engagement in Afrika hätten wesentlich deutlichere Spuren hinterlassen, als ein halbes Jahrhundert westlicher Entwicklungshilfe.[24]

Die europäische Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bezeichnet die intensivierte Kooperation zwischen China und Afrika als einen der zentralen Motoren für den zu beobachtenden Wachstumsschub. Nach Ansicht der aus Sambia stammenden US-Ökonomin Dambisa Moyo haben Chinas Ressourcen-Aufkäufe in Afrika Handel, Investitionen und schnelles Wachstum vorangebracht.[1][11]

China unterstreicht seit Jahrzehnten den gegenseitigen Nutzen als Grundprinzip seiner Hilfe. Das wird als aufrichtiger als die Beteuerungen vieler westlicher Geber eingeschätzt, die für humanitäre und entwicklungsorientierte Ziele als alleinige Vergabekriterien plädieren und dennoch ihre wirtschaftlichen und politischen Eigeninteressen verfolgten.[18]

Peking würde maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufstieg Afrika beitragen. Ohne China würde der Kontinent nicht seit mehr als zehn Jahren Wachstumsraten von durchschnittlich rund fünf Prozent produzieren.[24]

Die chinesische Art wirtschaftlich mit afrikanischen Staaten zu kooperieren wäre erfolgreicher als die über viele Jahrzehnte praktizierte westliche Machart.[6]

Während die Auflagen westlicher Länder in Entwicklungsländern nur in wenigen Fällen zu nachhaltigem Wachstum geführt hätten, würde China zeigen, dass seine Politik zu Erfolgen führen kann.[58]

China setze auf schrittweise Reform. Dieses Konzept hätte sich als wesentlich erfolgreicher, als die von westlichen Beratern empfohlene Therapie erwiesen.[59]

Die Projekte, an denen die chinesische Regierung als Kreditgeber oder chinesische Unternehmen als Auftragnehmer beteiligt sind, würden sich zumeist gut in die Strategien der afrikanischen Staaten einfügen.[46]

Die chinesische Ankunft könne für Afrika nur als positiver Impuls gewertet werden.[45]

Eine Umfrage des Ethikinstitut von Südafrika unter afrikanischen Managern hat ergeben, dass Afrikaner glücklich mit chinesischen Investitionen sind. Die Chinesen sollten jedoch mehr ihrer ökonomischen, sozialen und ökologischen Verantwortlichkeit bewusst sein.[60]

In einer Studie hat das Berner Centre for Development and Environment (CDE) der Universität Bern untersucht, ob westliche oder östliche Entwicklungshilfe in Afrika besser ankommt: Der chinesische Ansatz sei bei Afrikanern klarer Favorit.[15]

Für eine abschließende Bewertung, ob sich Chinas verstärktes Engagement positiv auf die Wirtschaft und vor allem auf die Lebensbedingungen der Afrikaner auswirkt, sei es noch zu früh. Festzuhalten bliebe jedoch, dass es – anders als zu Maos Zeiten – keine einheitliche Afrikapolitik mehr gäbe, die zentral von der chinesischen Führung koordiniert wird. Es würde sich vielmehr zeigen, dass chinesische Präsenz und Investitionen in Afrika durch teilweise konkurrierende Akteure aus Partei, Regierung und Militär, Provinzen, Staats- und Privatunternehmen sowie durch Einzelakteure bestimmt werde, die ihre eigenen, meist kommerziellen Interessen verfolgten. Es wäre dementsprechend falsch, Chinas Politik in Afrika weiterhin als die eines monolithischen Akteurs zu verstehen, dessen Rolle sich eindeutig bewerten lasse.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Irene Yuan Sun: The Next Factory of the World: How Chinese Investment Is Reshaping Africa. Harvard Business Review Press, Boston 2017, ISBN 978-1-63369-281-7.

Anmerkung

  1. Die traditionellen Geberländer sind im Development Assistance Committee (DAC) organisiert und bestehen im Wesentlichen aus der EU, den USA und Japan.

Einzelnachweise

  1. Afrikapolitische Leitlinien der Bundesregierung, Die Bundesregierung, 21. Mai 2014
  2. Die Kritik an Chinas Entwicklungshilfe ist übertrieben, von Axel Berger, Die Zeit, 16. August 2011
  3. Chinas Engagement in Afrika, von Helmut Asche (Universität Leipzig) und Margot Schüller (GIGA-Institut), Hrsg.: GTZ, September 2008
  4. a b c Afrika will chinesische Investoren, Von Johannes Dieterich, Frankfurter Rundschau, 5. Dezember 2015
  5. a b c d e f g Afrika – Gewinner oder Verlierer?, von J. Taylor, Der Freitag, 16. Juni 2014
  6. a b Weiter so, Afrika!, Es gibt Hoffnung für Afrikas Wirtschaft, von Robert Kappel, Internationale Politik und Gesellschaft (IPG), 28. Juli 2014
  7. „Auf dem Nullpunkt“, Deutschland braucht eine neue Afrikapolitik. Fünf Vorschläge für eine koordinierte Strategie, von Robert Kappel, Internationale Politik und Gesellschaft (IPG), 18. September 2015
  8. Investitionen in Afrika, Was ausländische Unternehmen nach Afrika lockt (Memento vom 8. August 2016 im Internet Archive), 3Sat, 25. September 2015
  9. a b c d e f g h i j k l m n o p q r Partnerschaft auf Augenhöhe? Die Rolle Chinas in Afrika (Memento vom 14. Juni 2016 im Internet Archive), von Friedel Hütz-Adams, David Hummel und Irene Knoke, Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene, November 2014
  10. a b c d e f g h i j k China und der Wachstumskontinent Afrika, von Sergio Grassi, Friedrich-Ebert Stiftung (FES), 6/2013
  11. BRICS als neue Akteure der Entwicklungspolitik (Memento vom 13. Juni 2016 im Internet Archive), von Pedro Morazán und Franziska Müller, Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene, Mai 2014, S. 17
  12. Hürden für die Industrialisierung in Afrika, von Melike Döver, Robert Kappel, Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA), November 2015
  13. a b c d Was kann uns die Chinesische Zusammenarbeit mit Afrika lehren?, Helmut Asche, Universität Leipzig, 9. Juni 2008
  14. a b Warum uns die afrikanischen Wachstumsbeschwerden wehtun, von Jürg Steiner, Berner Zeitung, 20. Oktober 2013
  15. Die EU-Afrika-Partnerschaft: überdiversifiziert und unpolitisch?, von Erik Lundsgaarde, Svea Koch und Julia Leininger, Kolumne des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), euractiv.de, 1. April 2014
  16. Chinas Investitionen im Rohstoffsektor – Segen oder Fluch für Afrika?, von Heribert Dieter, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Dezember 2008, S. 6
  17. a b c d Unbegründete Furcht vor Chinas Entwicklungshilfe, von A. Dreher und A. Fuchs, NZZ, 23. Dezember 2011
  18. BRICS als neue Akteure der Entwicklungspolitik (Memento vom 13. Juni 2016 im Internet Archive), von Pedro Morazán und Franziska Müller, Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene, Mai 2014, S. 22
  19. a b Chinas Entwicklungshilfe – eine Herausforderung für den Westen? (Memento vom 14. Juni 2016 im Internet Archive), von Marina Rudyak, Konfuzius-Institut, Universität Heidelberg, 2. Juli 2014
  20. a b c d Neue Weichenstellung in Chinas Afrika-Politik, von Hans Spross und Cui Mu, Deutsche Welle, 4. Dezember, 2015
  21. a b c Changing the Narrative, Chinas mediale Offensive in Afrika, Sergio Grassi, Friedrich-Ebert Stiftung (FES), Februar 2014
  22. a b c Sabine Balk: Chinas Rolle in Afrika. In: E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit, 6. Januar 2015, Heft 1/2015, S. 4.
  23. a b c d e f g h i j Afrikas gierige Helfer, von Johannes Dieterich, Frankfurter Rundschau, 4. Januar 2015
  24. Handel zwischen China und den Ländern Afrikas blüht, Bonner Generalanzeiger, 5. August 2012
  25. a b Internationale Studie: Chinesische Entwicklungshilfe in Afrika, Entwicklungspolitik online (EPO), 19. Dezember 2014
  26. Warum China in Afrika investiert, von Tobias Straumann, Der Tagesanzeiger, 2. Dezember 2015
  27. China in Afrika, Neu e Alternative oder alte Fehler?, Diplomarbeit von Martin H. Englert, Universität Wien, 2013, S. 73
  28. Chinas Investitionen im Rohstoffsektor – Segen oder Fluch für Afrika?, von Heribert Dieter, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Dezember 2008, S. 14
  29. China in Afrika, Neu e Alternative oder alte Fehler?, Diplomarbeit von Martin H. Englert, Universität Wien, 2013, S. 67
  30. a b c Wie Chinas Neuausrichtung Afrikas Wachstum beeinflussen wird, von Robert Kappel, Birte Pfeiffer und Helmut Reisen, Oekonomenstimme.org, 23. Mai 2016
  31. Wie Chinas Neuausrichtung Afrikas Wachstum beeinflussen wird, von Helmut Reisen, 23. Mai 2016
  32. Die Strategien der Entwicklungszusammenarbeit im Vergleich, China und die Schweiz auf dem afrikanischen Kontinent, von Rahel Sara Habegger, IFF Working Paper Online No 10, September 2015,
  33. China in Afrika, Neu e Alternative oder alte Fehler?, Diplomarbeit von Martin H. Englert, Universität Wien, 2013, S. 42
  34. China und Afrika: Die neue Normalität, von Sven Grimm und Christine Hackenesch sind Politikwissenschaftler am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), euractiv.de, 30. November 2015
  35. a b China und Afrika: Die neue Normalität, von Grimm, Sven und Christine Hackenesch, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), 30. November 2015
  36. Chinesische Entwicklungsfinanzierung in Afrika ist fast so hoch wie die der USA, Universität Heidelberg, 15. Mai 2013
  37. Bundesregierung beschließt Rekorderhöhung, euractiv.de, 18. März 2015
  38. Entwicklung und Zusammenarbeit, Europäische Union
  39. Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, Europäische Kommission, November 2014
  40. Mehr Entwicklungshilfe beruhigt nur das Gewissen, Uschi Eid im Gespräch mit Jochen Spengler, Deutschlandfunk, 12. November 2015
  41. Interview: Mit der Politik das eigene Angebot an Afrika klar formulieren, von Stefan Enders, IHK, 30. Juni 2014
  42. Niebel für Zusammenarbeit mit China in Afrika, Die Zeit, 4. Februar 2013
  43. China plant, Afrika durch 60 Milliarden Dollar zu unterstützen, Der Wächter 28. Dezember 2015
  44. a b Chinas Drache über Afrika – Hilfe unter Freuden? (Memento vom 14. Juni 2016 im Internet Archive), explizit.net, Das katholische Portal für den deutschen Sprachraum, 8. März 2013
  45. a b Infrastrukturprojekte in der SADC-Region: die Rolle Chinas, von Scholvin, Sören und Strüver, Georg, GIGA Focus Afrika, Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA), 2013
  46. 2016, Jahr der Sonderwirtschaftszonen, Der Welt-Leuchter, 17. Januar 2016
  47. Afrika-Politik, Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, 15. März 2016
  48. Die Militarisierung der chinesischen Afrikapolitik, von Peter Dörrie, Offiziere.ch, 4. Februar 2015
  49. a b Bekenntnis zur Entwicklungshilfe, Neue Strategie – Peking will nicht bloß Rohstoffe aus Afrika importieren und Produkte dorthin exportieren, von Wolfgang Kaufmann, Preußische Allgemeine Zeitung, 22. Dezember 2015
  50. Diamanten für Waffen und Neubauten (Memento vom 14. Juni 2016 im Internet Archive), von Itai Mushekwe, Südafrika Süd, 5/2015
  51. China eröffnet erste Militärbasis im Ausland. In: Hannoversche Allgemeine. 21. Juli 2017, abgerufen am 28. Dezember 2018.
  52. Vanessa Steinmetz: Erste Militärbasis im Ausland: Was China in Dschibuti vorhat. In: Spiegel Online. 21. Juli 2017 (spiegel.de [abgerufen am 28. Dezember 2018]).
  53. Bartholomäus Grill, DER SPIEGEL: SPIEGEL-Korrespondent blickt zurück auf 40 Jahre: Adieu, mein Afrika - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 7. Juni 2020.
  54. Chinas Einfluss in Afrika, Infrastruktur gegen Rohstoffe, 3Sat, 22. September 2015
  55. Roter Stern über Afrika, von Dominic Johnson, taz, 6. Dezember 2015
  56. Ein Kontinent wird schanghait: Warum man in so vielen afrikanischen Ländern Chinesen trifft, fluter, 15. Juni 2016
  57. Chinas Investitionen im Rohstoffsektor – Segen oder Fluch für Afrika?, von Heribert Dieter, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Dezember 2008, S. 7
  58. Chinas Investitionen im Rohstoffsektor – Segen oder Fluch für Afrika?, von Heribert Dieter, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Dezember 2008, S. 8
  59. Pragmatismus prägt Umfrage: Trotz großer Vorbehalte finden afrikanische Manager Investitionen aus dem Reich der Mitte vorteilhaft, von Georges HallermayerAG Friedensforschung, 7. April 2014