Chemisch Nickel

Chemisch Nickel ist eine chemische Beschichtung. Sie wird als Verschleiß- oder Korrosionsschutz in der Regel auf metallische Werkstoffe abgeschieden.[1] Dabei entstehen Chemisch-Nickel-Schichten.

Unterschied zum galvanisch Nickel

Der Unterschied zum galvanisch Nickel liegt unter anderem darin, dass zur Abscheidung kein äußerer elektrischer Strom, etwa aus einem Gleichrichter, verwendet wird, sondern die zur Abscheidung (Reduktion) der Nickelionen notwendigen Elektronen mittels Redoxreaktion im Bad selbst erzeugt werden. Dadurch erhält man beim chemischen Vernickeln konturentreue Beschichtungen, deren Maße bei einer Toleranz von ± 2 µm bis ± 3 µm im Bereich von 8 µm bis 80 µm liegen können. Jedoch muss ab 50 µm mit Spannungen in der Schicht gerechnet werden.

Nicht leitfähige Grundkörper

Aufgrund der außenstromlosen Abscheidung ist es möglich, auch elektrisch nicht leitfähige Körper, z. B. aus Kunststoffen wie Polyamid, zu beschichten. Am leichtesten lässt sich ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) gut haftend beschichten: Nach Ätzen des ABS mit einer Chromschwefelsäure-Beize scheidet sich das Nickel nach einer Bekeimung mit einem Edelmetall (Palladium) auch in den feinen Löchern ab, die die Chromsäure durch Herauslösen von Butadien bildet. Die Beschichtung verzahnt sich im Kunststoff. Eine Bekeimung ist bei nichtleitendem Grundkörper notwendig, da der Elektrolyt eine Abscheidung (fast) nur an blanken Metalloberflächen beginnt. Sonst würde sich der Elektrolyt selbst zersetzen.

Schichteigenschaften

Es handelt sich bei dieser Beschichtung um eine Nickel-Phosphor-Legierung, die vor allem in funktionellen Bereichen verwendet wird. Über den in der Schicht abgeschiedenen Phosphor kann man die Schichteigenschaften steuern. Hierbei unterscheidet man zwischen einem hohen (10–14 %), mittleren (9–12 %) und niedrigen (3–7 %) Phosphorgehalt.

Der Korrosionsschutz der Schicht gründet vor allem auf einem hohen Phosphorgehalt und dem Abscheiden einer porenfreien Schicht, die auch immer vom Grundwerkstoff und dessen Bearbeitung abhängig ist z. B.: Polieren, Schleifen, Drehen, Fräsen. Die Vorbearbeitung des Werkstoffes beeinflusst wiederum die Haftfestigkeit der Beschichtung. Die Stärke einer Korrosionsschutzschicht liegt je nach Grundwerkstoff und dessen Bearbeitung in der Regel bei mindestens 30–50 µm.

Die Abscheidungshärte steigt mit abnehmendem Phosphorgehalt und kann durch eine Wärmebehandlung der Schicht bei maximal 400 °C und einer Stunde Haltezeit auf Werte von 800 bis 1100 HV 0,1 angehoben werden. Die Schichtdicken liegen hier je nach Anwendung zwischen 10 µm und 50 µm.

Die Haftfestigkeit der Schicht hängt im Wesentlichen von dem Grundwerkstoff und der Vorbehandlung des Werkstoffes ab. Auch die Haftfestigkeit kann durch eine Wärmebehandlung verbessert werden, hierzu verwendet man geringere Temperaturen mit etwas höheren Haltezeiten.

Das Aussehen der Schicht ist von der Vorbearbeitung des Grundmaterials, auf dem die Schicht abgeschieden wird, abhängig: gestrahlte Oberflächen bleiben matt, polierte Oberflächen bleiben glänzend. Im Gegensatz zu galvanischen Überzügen lässt sich das Aussehen der Schicht nur begrenzt über Zusätze im Elektrolyt (z. B.: Glanzbildner) einstellen. Mit ausgewählten Komponenten können bestimmte Schichteigenschaften wie Korngrenzendichte variiert und in gewissem Maße Einfluss auf die Optik genommen werden.

Aufgrund der hohen Kosten dieser Beschichtung werden selten stärkere Schichten als 50 µm abgeschieden. Die Abscheidung von 10 µm chemisch Nickel dauert ca. 1 h.[2]

Chemische Reaktionen

Als Reduktionsmittel, für die Abscheidung von Nickel-Phosphor-Schichten, wird in der Regel Hypophosphit (H2PO2-) eingesetzt. Als Nickel-Elektrolyt kann beispielsweise Nickel-Sulfat eingesetzt werden.

Zunächst wird die RedOx-Reaktion zur Abscheidung des Nickels gezeigt:

Anhand der Reaktionsgleichungen wird ersichtlich, wieso der pH-Wert einen Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit hat. Je saurer der Elektrolyt, desto langsamer findet die Abscheidung statt. Gleichzeitig darf man trotzdem nicht in den basischen Bereich gelangen, da dort schwerlösliches Nickel-Hydroxid ausfallen würde.

Neben den gezeigten Reaktionen findet auch noch eine Disproportionierung des Hypophosphits statt, woraus der hohe Gehalt an Phosphor in der Schicht herrührt.

Im Gegensatz zur Abscheidung des Nickels führt ein saurerer Elektrolyt zu einer schnelleren Phosphorabscheidung und damit zu einem erhöhten Phosphorgehalt. Dies ist ein Grund dafür, dass der Phosphorgehalt in einer Schicht von wenigen µm variieren kann, wenn der pH-Wert nicht während der gesamten Abscheidung überwacht und eingestellt wird.[3]

Anlagen zur Oberflächenbeschichtung

Um eine Mitbeschichtung der Anlagenteile wie Behälter, Pumpen usw. sicher zu verhindern, werden diese Anlagenteile häufig aus Edelstahl hergestellt und künstlich passiviert sowie mit einer geringen positiven Spannung beaufschlagt (Wannenschutz), so dass sich eventuell abgeschiedenes Nickel gleich wieder löst. Als Gegenelektrode dient meist eine passivierte Edelstahlkathode, auf der sich dann wie in einem rein galvanischen Verfahren Nickel abscheidet. Bei falschem Ansatz, eingeschleppten Fremdstoffen oder einer Zerstörung der Passivierungsschicht der Anlage etwa durch mechanische Beschädigung kann der Elektrolyt sich trotzdem spontan unter starker Metallabscheidung zersetzen.

Die Anlagen und Bäder zur Beschichtung mit „Chemisch Nickel“ sind aufwendiger als bei galvanischen Verfahren. Da die Nickelionen im Badansatz enthalten sind, „blutet“ der Elektrolyt aus. Die Stabilisatoren, die Temperatur und der pH-Wert im Bad müssen innerhalb gewisser Toleranzen konstant gehalten werden; dies realisiert man über Nachdosierpumpen und eine regelmäßige Kontrolle der Werte. Nach ca. 1–2 Wochen ist das Nickel im Bad verbraucht und es muss ein neues Bad angesetzt werden. Das Badalter wird in sogenannten MTOs (Metall Turn Over) ausgedrückt. Die kostenaufwendige Badführung und die geringe Abscheidegeschwindigkeit führen zu deutlich höheren Kosten als bei galvanischer Beschichtung.[4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. chrom-mueller.de: Chemisch Nickel (Memento des Originals vom 20. April 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.chrom-mueller.de
  2. Günter Dobberschütz: Chemisch Nickel – Verfahren im Überblick
  3. Kanani, Nasser.: Galvanotechnik : Grundlagen, Verfahren, Praxis. 2., überarb. u, erw. Auflage. Hanser, München 2009, ISBN 978-3-446-41738-0, S. 174–176.
  4. Metrohm-NFORMAT ION | 1 | 2010: Überwachung von Nickelbädern der Oberflächentechnik (PDF; 921 kB)