Chemikalienschutzhandschuh
Chemikalienschutzhandschuhe sollen den Anwender vor dem direkten Hautkontakt mit Gefahrstoffen schützen und sind als persönliche Schutzausrüstung in die höchste Kategorie III (zum Schutz vor irreversiblen Schäden) eingeordnet (vgl. 89/686/EWG[1]). Dadurch bedingt unterliegen sie strengeren Prüfkriterien als bspw. mechanische Schutzhandschuhe. Neben den mechanischen Eigenschaften, die ein Chemikalienschutzhandschuh erfüllen muss, steht die Auswahl des richtigen Handschuhmaterials an erster Stelle.
Auswahl des richtigen Handschuhmaterials
Jede Chemikalie verhält sich gegenüber einem Schutzhandschuh anders. Der Hersteller einer Chemikalie ist verpflichtet, dem Anwender ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung zu stellen. Unter Punkt 8 in einem solchen Dokument muss er geeignete Schutzausrüstung aufführen. Sollte sich dort nur der allgemeine Hinweis „geeignete Schutzhandschuhe verwenden“ befinden, helfen Lieferanten und Hersteller für persönliche Schutzausrüstung oder aber Prüflabore bei der Materialauswahl.
Materialien und Ausführungen
Die Anzahl der verwendeten Materialien zur Herstellung eines Chemikalienschutzhandschuhs ist überschaubar (in Klammern werden die traditionell verwendeten Farben aufgezeigt):
- Nitril (grün, blau)
- Latex / Naturlatex (gelb, orange, rot, weiß)
- Chloropren / umgangssprachlich „Neopren“ (schwarz, dunkelgrün)
- Polyvinylchlorid / PVC (braun, grün)
- Butyl (schwarz)
- Fluorelastomer / umgangssprachlich „Viton“ (schwarz)
- Laminat (Silber)
- Polyvinylalkohol / PVA (rot)
In einigen wenigen Fällen werden Materialmixe aus den oben genannten Materialien verwendet (bspw. Butyl-Viton oder Nitril-Neopren). Dabei kann ein Handschuh innen entweder unbeschichtet, baumwollbeflockt („velourisiert“) oder mit einem kompletten Strickhandschuh (aus Baumwolle oder einem synthetischen Material) ausgerüstet sein. Unbeschichtete Handschuhe bieten am meisten Tastgefühl, ein Innenvelours erleichtert das An-/Ausziehen und nimmt bedingt Schweiß auf, ein komplettes Innentrikot sorgt für eine mechanische bessere Belastbarkeit, der Schweißaufnahme und der Wärmeisolation. So genannte Einmalhandschuhe können auch – wenn sie die Anforderungen der Zertifizierung nach den Europäischen Normen EN 420, EN 388 und EN 374 erfüllen – als Chemikalienschutzhandschuhe bezeichnet und als solche eingesetzt werden.
Notwendige Zertifizierungen
Schutzhandschuhe der PSA-Kategorie III müssen gemäß der EU-Richtlinie 89/686/EWG[1] herstellerseitig folgende drei Leistungsdokumentationen aufweisen. Diese muss der Hersteller eines Chemikalienschutzhandschuhs auf Nachfrage vorzeigen können:
- Die EU-Konformitätserklärung. Auf dieser erklärt der Hersteller zusammenfassend die Leistungsmerkmale seines Produktes und bestätigt, dass der Handschuh den geltenden europäischen Richtlinien entspricht.
- Die Baumusterprüfbescheinigung. Mit dieser bestätigt ein unabhängiges akkreditiertes Prüfinstitut die Leistungsmerkmale des Handschuhs. Es werden die Europäischen Normen EN 420 (Grundanforderungen an einen Schutzhandschuh), EN 388 (mechanische Leistungsmerkmale) und EN 374 (chemische Leistungsmerkmale) abgeprüft.
- Eine maximal ein Jahr alte Bestätigung eines akkreditierten unabhängigen Prüfinstitutes, dass der Handschuh nach wie vor seinen ursprünglichen Eigenschaften entspricht. Hier kann der Hersteller des Handschuhs entweder 1× jährlich eine Stichprobenprüfung durchführen lassen (vgl. 89/686/EWG Artikel 11A[1]) oder ein eigenes Qualitätssicherungssystem einführen, welches jährlich überprüft wird (vgl. 89/686/EWG Artikel 11B[1]).
Erst durch diese drei Dokumente ist ein Handschuh im rechtlichen Sinne als Chemikalienschutzhandschuh anerkannt, was im Falle eines Betriebsunfalls von Relevanz sein kann.
Kennzeichnung
Die korrekte Kennzeichnung[2] richtet sich nach der EN 420 und der PSA-Herstellerrichtlinie 89/686/EWG[1]:
- Herstellername oder dessen eingetragenes Markenzeichen
- Eindeutige Produktbezeichnung
- Numerische Größenangabe (keine Buchstaben S, M, L, XL!)
- Andrucken des Piktogramms „Buch“ (stellvertretend für die EN 420, Bedeutung: Gebrauchsanweisung lesen)
- Andrucken des Piktogramms „Hammer“ und der 4 Leistungsziffern (stellvertretend für die EN 388 und den mechanischen Leistungswerten)
- Andrucken des Piktogramms „Erlenmeyerkolben“ und der 3 Leistungsbuchstaben („vollwertiger Chemikalienschutzhandschuh“) oder des Piktogramms „Becherglas mit Fragezeichen“ („einfacher Chemikalienschutzhandschuh“) (stellvertretend für die EN 374 und den chemischen Permeationswerten)
- Andrucken des Piktogramms „Bio Hazard“ (stellvertretend für die EN 374 und den chemischen Penetrationswerten)
- Andrucken des CE-Zeichens
- Andrucken der 4-stelligen Nummer des Prüfinstitutes, welches derzeit die Chargenprüfung (11A) durchführt oder das implementierte Qualitätssicherungssystem (11B) überwacht. Die ursprüngliche Baumusterprüfung bzw. das Institut, welches diese anfangs durchgeführt hatte, hat hier keine Relevanz.
- Beifügen einer Gebrauchsanweisung, dessen Inhalt ebenfalls in der EN 420 genau festgelegt ist. Zwei wichtige Kriterien sind die Lesbarkeit (Schriftgröße) und die Sprache. Diese muss der Sprache des Landes, in dem der Chemikalienschutzhandschuh eingesetzt wird, entsprechen.
Die Idee hinter dem Andrucken der 4-stelligen Nummer des Prüfinstitutes ist es, dass sich jeder bei Beschwerden über den Schutzhandschuh (bspw. das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft) über das Internet die Adresse des Prüfinstitutes besorgen kann[3] und dort seinen Zweifel vortragen kann. Der Anwender muss sich somit nicht an den Hersteller des Handschuhs wenden, sondern kann sofort eine neutrale Stelle einschalten. Die gesamte Kennzeichnung hat auf dem Produkt zu erfolgen. Ist dies aus technischen Gründen nicht möglich, darf sie auf der Umverpackung erfolgen (vgl. EN 420 Abschnitt „Kennzeichnung“).
Das zusätzliche Andrucken des so genannten GS-Zeichens ist nicht erlaubt. Dadurch soll vermieden werden, dass das CE-Zeichen als Europäisches Qualitätsmerkmal in Frage gestellt wird (vgl. ProdSG, Abschnitt 5 GS-Zeichen, § 20 Zuerkennung des GS-Zeichens[4]).
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Richtlinie 89/686/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen, abgerufen am 6. März 2013
- ↑ EN 420 definiert die korrekte Kennzeichnung auf Schutzhandschuhen Abgerufen am 6. März 2013
- ↑ Seite der EU mit der Auflistung aller akkreditierten Prüfinstitute (Memento des vom 8. März 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 6. März 2013
- ↑ Produktsicherheitsgesetz, Abschnitt 5 GS-Zeichen, § 20 Zuerkennung des GS-Zeichens Abgerufen am 6. März 2013
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Work-psa, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Beispielhafte Kennzeichnung eines Schutzhandschuhs der PSA-Kategorie III mit allen notwendigen Pflichtangaben Typ "vollwertiger Chemikalienschutz"
Autor/Urheber: Work-psa, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Chemikalienschutzhandschuhe von links oben (mit gelb beginnend) im Uhrzeigersinn: Latex, Chloropren, Nitril, Neopren, Nitril, Nitril, Latex, Butyl, Laminat, PVA, Latex, PVC
Autor/Urheber: Work-psa, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Beispielhafte Kennzeichnung eines Schutzhandschuhs der PSA-Kategorie III mit allen notwendigen Pflichtangaben Typ "einfacher Chemikalienschutz"