Chamaver
Die Chamaver (auch Chamaven, lateinisch: Chamavi, griechisch: οἱ Καμαυοί) waren ein westgermanischer Stamm, der schließlich in den Franken aufging.
Ursprünglich scheinen sie nördlich der Lippe im rechtsrheinischen Raum gesiedelt zu haben, doch verlagerte sich ihr Stammsitz im 1. Jahrhundert v. Chr. offenbar. Ihr neues Siedlungsgebiet am Niederrhein, in dem einst die Brukterer gesiedelt hatten, grenzte Tacitus zufolge im 1. Jahrhundert n. Chr. an die germanischen Stämme der Angrivarier und Dulgubnier.[1]
In spätantiken Quellen tauchen die Chamaver dann wieder auf. Die römischen Kaiser Constantius I. und Konstantin schlugen die Chamaver, die Mitte des 4. Jahrhunderts nach Westen auf römisches Territorium vorstießen. Sie wurden von Julian geschlagen und schlossen Frieden. Ende des 4. Jahrhunderts flammten die Kämpfe aber wieder auf, nachdem fränkische Stämme die Römer überfallen hatten. Darüber berichtet der Geschichtsschreiber Sulpicius Alexander in einem heute verlorenen Geschichtswerk, dessen Schilderungen aber von Gregor von Tours im 6. Jahrhundert verarbeitet wurden. 392 kam es demnach zu einer römischen Strafexpedition unter dem Kommando Arbogasts, der selbst Franke war, aber als römischer magister militum fungierte. Die Römer verwüsteten dabei das Gebiet der Chamaver.
In den spätantiken Quellen wurden die Chamaver neben ihrer Eigenbezeichnung auch als Franken bezeichnet. Sie scheinen aber eine gewisse Eigenidentität bewahrt zu haben, bevor sie in späteren Quellen, so bei Gregor von Tours, allgemein zu den Franken gerechnet wurden. Im Frühmittelalter lebte ihr Name in der Bezeichnung Hamaland in der Region um Deventer fort.[2]
Eine auf das Recht eines fränkischen Stammes bezogene Rechtsaufzeichnung aus der Karolingerzeit ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Lex Francorum Chamavorum bekannt.[3] Datiert wird sie auf 802/803 und umfasst, den fränkischen Vorbildern der leges Ripuaria und Salica folgend, unter anderem Straf- und Sanktionsrecht zum Zwecke der Einführung in der Region Hamaland.[4] Der Name Chamaver wird in dem Text, der auch bekannt ist als Ewa (oder Euua) ad Amorem, selbst jedoch nicht erwähnt. Veranlasst wurde sie von Karl dem Großen.
Literatur
- Günter Neumann, Harald von Petrikovits: Chamaver. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 4, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1981, ISBN 3-11-006513-4, S. 368–370.
- Ulrich Nonn: Die Franken. Kohlhammer, Stuttgart 2010, S. 19f.
- Erich Zöllner: Geschichte der Franken bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. C. H. Beck, München 1970, S. 271 (Index, siehe Chamaven).
- Alexander Sitzmann, Friedrich E. Grünzweig: Altgermanische Ethnonyme. Ein Handbuch zu ihrer Etymologie unter Benutzung einer Bibliographie von Robert Nedoma. Herausgegeben von Hermann Reichert. (= Philologica Germanica. Band 29). Fassbaender, Wien 2008, ISBN 978-3-902575-07-4, S. 86–89.
- Ruth Schmidt-Wiegand: Lex Francorum Chamavorum. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 18, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-016950-9, S. 317 f. (zahlungspflichtiger Onlineartikel).
Weblinks
- Lex Francorum Chamavorum im LegIT-Projekt (Digitale Erfassung und Erschließung des volkssprachigen Wortschatzes der kontinentalwestgermanischen Leges barbarorum in einer Datenbank)
Anmerkungen
- ↑ Tacitus, Germania 33f.
- ↑ Ulrich Nonn: Die Franken. Stuttgart 2010, S. 20.
- ↑ Ausgabe im Rahmen der Monumenta Germaniae Historica, übersetzt in Karl August Eckhardt: Gesetze des Karolingerreiches 714-911 Germanenrechte 2,VII Recht der chamavischen Franken. Weimar 1934.
- ↑ Ruth Schmidt-Wiegand: Lex Francorum Chamavorum. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 18, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-016950-9, S. 317 f., hier S. 318 (zahlungspflichtiger Onlineartikel).
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Die Rheingrenze des Römischen Reichs um das Jahr 70. n. Chr. (Beginn der Regierung des Vespasian).