Aquincum

Koordinaten: 47° 33′ 49,86″ N, 19° 2′ 57,89″ O

Karte: Ungarn
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Aquincum
Die Lage von Aquincum am pannonischen Donaulimes
Die Ruinen der Zivilstadt (Luftaufnahme)
Die Ruinen der Zivilstadt, von der Hauptstraße aus betrachtet

Aquincum ist der Name der antiken römischen Stadt, die an der Stelle des heutigen Budapests lag. Es handelte sich schon in der Antike um eine bedeutende Stadt, wie schriftliche und archäologische Quellen belegen. Sie ist für eine modern überbaute antike Stadt sehr gut erforscht. Aquincum bestand aus zwei Siedlungskernen und bildete eine Art Doppelstadt. Es gab ein Legionslager mit einer Siedlung und eine unabhängige Zivilstadt im Norden davon. Die Stadt lag am rechten (westlichen) Ufer des Danuvius (Donau), der damals die Grenze des Römischen Reiches in dieser Region darstellte. Dadurch kam der Stadt auch eine besondere strategische Bedeutung zu, insbesondere bei der Kontrolle der nicht eroberten Stämme der Ungarischen Tiefebene. Die Archäologie und Geschichte der Stadt wird im Aquincum Museum präsentiert, zu dem auch ein Freiluftmuseum mit konservierten Gebäuden und Straßenzügen gehört.

Geschichte

Wandmalerei aus dem Statthalterpalast, 4. Jahrhundert

Um Christi Geburt wurde das Gebiet des heutigen Ungarn von den Römern erobert. Das Gebiet des späteren Budapest wurde damals von dem keltischen Stamm der Eravisker beherrscht. Diese hatten hier ihren Hauptort und prägten unter römischem Einfluss sogar eigene Münzen. Ab 40 n. Chr. wurde das Gebiet dann aber vollständig unter römische Kontrolle gebracht und entwickelte sich zum Zentrum des römischen Straßennetzes in der Region. Im Laufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. entstanden mindestens sechs Militärlager auf dem Areal des heutigen Budapest, wobei eine dieser Anlagen durch die erhaltene Bauinschrift als ein Werk der Ala I Tungrorum Frontoniana aus dem Jahr 73 n. Chr. identifiziert werden kann.[1] Die Bauinschrift ihres Lagers ist zum Teil erhalten. Im Jahr 89 wurde eine Legion hierher versetzt und ein entsprechendes Lager errichtet. Um dieses Lager herum entstand in der folgenden Zeit eine bedeutende Stadtanlage, die sogenannte „Militärsiedlung“ oder „Militärstadt“ (lateinisch canabae). Zusätzlich dazu bestand aber weiter nördlich, an der Stelle eines der kurzlebigen Militärlager aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., bereits eine weitere Siedlung, die als „Zivilstadt“ bezeichnet wird und sich parallel zur Militärstadt rasch entwickelte. Bereits im Jahr 124 n. Chr. erhielt die Zivilstadt das römische Stadtrecht und wurde in den Rang eines Municipiums erhoben, 194 folgte die weitere Rangerhöhung zur Colonia.

Verantwortlich für diesen Aufschwung war unter anderem auch die Teilung der Provinz Pannonia in Nieder- und Oberpannonien (Pannonia inferior und Pannonia superior) im frühen 2. Jahrhundert n. Chr. Dabei wurde Aquincum Hauptstadt der Provinz Pannonia inferior und östlich der Militärsiedlung entstand auf einer Donauinsel ein repräsentativer Statthalterpalast. Erster Statthalter wurde der spätere Kaiser Hadrian. Die Zivilstadt wurde währenddessen mit einer Mauer, einem Forum, einem öffentlichen Bad und anderen öffentlichen Gebäuden ausgestattet. In den folgenden Jahren wurden auch zwei Amphitheater errichtet, eines für die Zivilstadt und ein weiteres für das Militärlager.

Im Jahr 296 wurde die Provinz Pannonia inferior ihrerseits aufgeteilt. In der neu gegründeten Provinz Valeria verlor Aquincum wahrscheinlich den Status einer Provinzhauptstadt, blieb aber Sitz des obersten Militärkommandanten von Valeria, des Dux Valeriae ripensis. Die Zivilstadt wurde in dieser Zeit jedoch verlassen.[2] Um 332 wurde ein neues Legionslager errichtet. Etwa 30 Jahre später kam es zum Bau einer christlichen Doppelbasilika in der Zivilstadt. Ab dem Ende des vierten Jahrhunderts kam es vermehrt zum Eindringen von germanischen sowie hunnisch-alanischen Einwanderern, die sich auch im Gebiet der Stadt niederließen. Kurz nach 430 wurde Pannonien offiziell von den Römern aufgegeben und den Hunnen überlassen. Eine römische oder romanisierte Restbevölkerung ist aber auch noch in der Folgezeit nachweisbar.

Die Stadtanlagen

Die Reste des Amphitheaters in der Zivilstadt

Die Reste von Aquincum befinden sich heute in den nördlichen Vororten von Budapest und sind wegen der dort dünneren Bebauung teilweise gut erhalten und gut erforscht. Reste römischer Aktivitäten fanden sich fast im ganzen Stadtgebiet, aber vor allem rechts der Donau.

Legionslager

Das Legionslager nahm eine Fläche von etwa 400 × 500 m ein. Ab dem frühen 2. Jahrhundert diente es für mehrere Jahrhunderte als Hauptquartier der Legio II Adiutrix. Bei Ausgrabungen konnten fast alle wichtigen Gebäude solch eines Lagers archäologisch nachgewiesen werden. In der Mitte stand das Stabsgebäude (Principia). Es gab ein großzügig angelegtes Militärbad (Balineum), ein Lazarett (Valetudinarium), Werkstätten, Getreidespeicher (Horreum) und natürlich die Mannschaftsbaracken.

Militärsiedlung

Vor allem östlich schloss sich ein Lagerdorf (Vicus) an, das sich an der Donau entlangzog und mit einer Nordsüdausdehnung von mehr als einem Kilometer durchaus städtischen Charakter hatte. Es gab öffentliche Bäder, Tempel und einen Marktplatz. Auf einer Insel, gegenüber der Stadt lag der Statthalterpalast. Im Süden befand sich ein Amphitheater. Im Westen fanden sich vor allem Handwerksbetriebe. Im Norden einige reich mit Malereien und Mosaiken ausgestattete Stadtvillen.

Zivilstadt

Nördlich dieses städtischen Zentrums lag eine weitere, etwas kleinere, von einer Mauer umgebene zivile Stadtanlage mit einem eigenen Amphitheater, Tempeln und Bädern. Diese Stadt hatte den Status eines Municipiums und später den einer Kolonie inne.

Weitere Militäranlagen

Orgel

Die rekonstruierte Orgel

An Einzelfunden aus Aquincum sind vor allem Reste einer tragbaren Orgel zu nennen. Es handelt sich um eine der wenigen erhaltenen Exemplare aus dem Römischen Reich. Sie wurden 1931 in den Ruinen des Vereinsgebäudes der Feuerwehrkörperschaft gefunden. Erhalten waren nur noch die Metallteile, also Pfeifen, Registerrutschen, Kessel und eine Inschrifttafel, die berichtet, dass die Orgel von Gaius Iulius Viatorinus der Feuerwehrkörperschaft geschenkt wurde.[3][4]

Literatur

  • Paula Zsidi: Vom spätantiken Aquincum zum mittelalterlichen Vetus Buda (Altofen). In: Michaela Konrad, Christian Witschel (Hrsg.): Römische Legionslager in den Rhein- und Donauprovinzen – Nuclei spätantik-frühmittelalterlichen Lebens? (= Bayerische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse. Abhandlungen. Neue Folge, Heft 138). Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 2011, ISBN 978-3-7696-0126-8, S. 549–569.
  • Melinda Kaba: Thermae maiores. Das Grosse Bad des Legionslagers von Aquincum. Budapest III, Bez. Flórián-Platz. Budapesti Történeti Múzeum, Budapest 1987, ISBN 963-7096-01-9.
  • János Szilágyi: Aquincum. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband XI, Stuttgart 1968, Sp. 61–129 (Digitalisat).
  • Aqvincvm. Budapest a római korban. = Das römische Budapest. (Készült a Budapesti Történeti Múzeumban az Aquincumi Muzéum fennállásának 100. éfvordulója alkalmából). s. n., Budapest ohne Jahr (um 1989), ISBN 963-7096-19-1.
  • Bálint Kuzsinszky: Aquincum. Führer durch die Ausgrabungen und das Museum. Erschienen zur 50. Jahresfeier der Vereinigung der Kgl. Städte Pest und Ofen. Neue deutsche, umgearbeitete und vermehrte Auflage. Verlag der Haupt- und Residenzstadt Budapest, Budapest 1924.
  • Margit Nemeth: Denkmäler des Legionslagers von Aquincum. Budapesti Történeti Múzeum, Budapest 1986.
  • Klára Póczy: Aquincum. Das römische Budapest. Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3473-7.

Weblinks

Commons: Aquincum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. AE 1939, 263
  2. Orsolya Láng: Is that really the end or what happened in the Civil Town of Aquincum in the fourth century AD? In: Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae. Band 9, Nummer 1, 2018, S. 134–168 online
  3. Hydraulis – Orgelfunde hydraulis.de
  4. Bilder der rekonstruierten Orgel, Aquincum Museum, abgerufen am 8. Dezember 2018.

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AquincM6.jpg
Aquincum Museum, Budapest. The new permanent exhibition.
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Karte des Limes in Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien und Serbien (Pannonischer Limes). Die Karte wurde zunächst für das „Projekt Römischer Limes“ in der deutschen Wikipedia angelegt und später in andere Sprachen übersetzt.
Aquincum2.jpg
(c) Ian Pitchford aus der englischsprachigen Wikipedia, CC BY-SA 3.0
Aquincum was situated on the North-Eastern borders of Pannonia Province within the Roman Empire. The ruins of the city can be found today in Budapest, capital city of Hungary.
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Aquincum - Óbuda - Hungary - Europe
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Civil Town amphitheater, Aquincum - bridge - Óbuda - Hungary - Europe
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Aquincum (Budapest), Ungarn: Spätantikes Wandfresko aus dem Statthalterpalast der römischen Provinzhauptstadt, um 300 n. Chr. Heute im Aquincum Museum (Aquincumi Múzeum).