Die Cassinische Kurve (benannt nach Giovanni Domenico Cassini) ist der Ort aller Punkte in der Ebene, für die das Produkt ihrer (meistens unterschiedlich großen) Abstände von zwei gegebenen Punkten und , auch Brennpunkte genannt, festgelegt ist auf . Von Giovanni Domenico Cassini wurden diese Kurven auch nach Entdeckung der keplerschen Gesetze als Planetenbahnen vorgeschlagen.
Bei auftretender Symmetrie beträgt die Länge beider Abstände nach Definition jeweils . Einen Spezialfall der Cassinischen Kurve bildet die Lemniskate von Bernoulli mit , wobei den Abstand der Punkte und bezeichnet.
Im Unterschied zur Definition einer Cassinischen Kurve bleibt bei einer Ellipse die Summe der Abstände von den Brennpunkten konstant.
Die Kurve lässt sich in kartesischen Koordinaten durch die Gleichung
beschreiben, wobei und gesetzt wurde. In Polarkoordinaten lautet die Gleichung
Herleitung aus der Definition
Das Problem werde in einem rechtwinkligen kartesischen Koordinatensystem der Ebene behandelt, sodass und , mit gilt. Dann gilt für einen Punkt auf der Kurve laut Definition:
Für den Übergang in Polarkoordinaten ist die Transformation nötig. Es ergibt sich mit dem „trigonometrischen Pythagoras“:
Die Form der Cassinischen Kurve lässt sich in fünf Fälle unterscheiden:
1. Fall
Für ist die Kurve ein ungefähr ellipsenförmiges Oval. Ihre Schnittpunkte mit der x-Achse liegen in diesem Fall bei , die Schnittpunkte mit der y-Achse bei . Bei nähert sich die Kurve asymptotisch einem Kreis mit Radius um den Ursprung.
2. Fall
Für ergibt sie wieder ein ungefähr ellipsenförmiges Oval. Die Schnittpunkte mit der x-Achse liegen nun bei . An den Schnittpunkten mit der y-Achse bei ist die Krümmung der Kurve gleich 0.
3. Fall
Für ergibt sich ein eingedrücktes Oval mit den gleichen Achsenabschnitten wie im 1. Fall . Neben den beiden y-Achsenabschnitten befinden sich die weiteren Extrema der Kurve an den Punkten
, wo ein Kreis mit Radius a um den Ursprung die Kurve schneidet.
Für ergeben sich zwei Ovale um die Punkte und . Die Schnittpunkte mit der x-Achse haben die x-Koordinaten
Die Extrema sind an den Punkten
Die Ovale werden mit abnehmendem c kreisförmiger und nähern sich asymptotisch Kreisen um die Punkte und mit Radius .
Cassinische Kurven und Orthogonaltrajektorien
Orthogonaltrajektorien einer gegebenen Kurvenschar sind Kurven, die alle gegebenen Kurven orthogonal schneiden. So sind z. B. zu einer Schar konfokaler Ellipsen die zugehörigen konfokalen Hyperbeln Orthogonaltrajektorien. Für Cassinische Kurven gilt:
Die Orthogonaltrajektorien der Cassinischen Kurven zu zwei Punkten sind die gleichseitigen Hyperbeln durch mit dem Mittelpunkt von als Mittelpunkt (s. Bild).
Beweis: Um die Rechnung einfach zu gestalten, seien .
Die cassinischen Kurven genügen der Gleichung
.
Die gleichseitigen Hyperbeln (d. h. ihre Asymptoten stehen senkrecht aufeinander) durch und Mittelpunkt genügen der Gleichung
Die Hyperbeln schneiden die y-Achse nicht und die x-Achse nur in . Eine Hauptachsentransformation zeigt, dass es sich tatsächlich um gleichseitige Hyperbeln mit dem Ursprung als Mittelpunkt handelt. Mit Punktproben erkennt man: liegen auf den Hyperbeln. Um eine vom Parameter unabhängige Normale der Hyperbeln zu erhalten, benutzt man besser die folgende implizite Darstellung:
Für den Nachweis, dass sich die Hyperbeln und die cassinischen Kurven senkrecht schneiden, zeigt man, dass ist für alle Punkte . Dies ist rechnerisch leicht nachvollziehbar, da die beiden Scharparameter beim Differenzieren herausfallen.
Bemerkung: Das Bild der cassinischen Kurven und den dazu orthogonalen Hyperbeln ist den Feld- und Potentiallinien zweier gleicher Punktladungen ähnlich aber nicht gleich. Bei einer Äquipotentiallinie zweier Punktladungen ist die Summe der Kehrwerte der Abstände zu zwei festen Punkten konstant: . (Siehe implizite Kurven)
Cassinische Kurven auf Tori
Cassinische Kurven treten auch als ebene Schnitte von Tori auf. Allerdings nur dann, wenn die
schneidende Ebene parallel zur Torusachse und der Abstand von der Torusachse gleich dem Radius des erzeugenden Kreises ist (s. Bild).
Schneidet man den Torus mit der Gleichung
mit der Ebene so erhält man zunächst:
Nach dem teilweisen Auflösen der ersten Klammer ergibt sich
Die - und -Koordinaten der Schnittkurve erfüllen die Gleichung einer Cassinischen Kurve mit den Parametern .
Bei der Lemniskate von Bernoulli ist und somit gilt: .
Im Fall c < a wird das Argument des elliptischen Integrals so, dass seine numerische Berechnung einen Imaginärteil aufweist. Der Flächeninhalt der beiden (gleich großen) Ovale[1] ist dann gegeben als Realteil des Resultats für a < c wie folgt:
mit als vollständigem elliptischen Integral der ersten Art.
Umfang
Der Umfang der Cassinischen Kurven für den Fall c > a kann auf folgende Weise ermittelt werden:
Endresultat:
Für die Theta-Werte von 0 bis wird ein Viertel der gesamten Kurve parametrisiert.
Der Umfang lässt sich auch geschlossen mithilfe elliptischer Integrale erfassen:
Das numerisch equivalente Integral [2] kann online ausgewertet werden. Die Vereinfachung des erhaltenen Resultates ergibt für
,
, (Lemniscate von Bernoulli mit ) und
. Das asymptotische Limit für c gegen 0 beträgt mit hier , was der Summe des Umfangs zweier Kreise mit Radius entspricht.
Mathematische Kurven benachbart zu Ellipsen.svg Autor/Urheber:Visionimperator,
Lizenz:CC0 Zusammenhang (Generalisierung und Spezialisierung) mathematischer Kurven. Von oben nach unten werden die mathematischen Kurven immer spezieller. Hauptausgangspunkte sind Ellipsen und Ovale.