Carsten Nicolai

Nicolai während einer Performance als Alva Noto (2009)

Carsten Nicolai (* 18. September 1965 in Karl-Marx-Stadt) ist ein deutscher Künstler, Musiker und Labelbetreiber. Als Musiker ist er unter dem Pseudonym Alva Noto bekannt.

Leben

Carsten Nicolai wurde 1965 in Karl-Marx-Stadt geboren und wuchs dort auch auf. Sein älterer Bruder ist der Künstler Olaf Nicolai.

Bereits während seines Studiums der Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität Dresden, das er 1990 mit dem Diplom abschloss, hatte Nicolai als autodidaktischer bildender Künstler erste Ausstellungen in inoffiziellen Ausstellungsräumen wie der Galerie Hermannstrasse Chemnitz, der Galerie Eigen + Art Leipzig oder der Wohnungsgalerie „deLOCH“ Berlin. Gemeinsam mit anderen Kulturschaffenden war Carsten Nicolai Gründer und langjähriger Betreiber des Chemnitzer Kunst- und Kulturzentrums VOXXX auf dem Kaßberg, eine der ersten freien Kulturinitiativen der Stadt in der Nachwendezeit.

Nach der Teilnahme an der documenta X (1997) und der 49. und 50. Biennale di Venezia (2001 und 2003) fanden seine Arbeiten Eingang in private und öffentliche Sammlungen und wurden in nationalen und internationalen Ausstellungen renommierter Museen und Galerien präsentiert. Darunter umfangreiche Einzelausstellungen in der Schirn Kunsthalle Frankfurt (anti reflex, 2005), der Neuen Nationalgalerie Berlin (syn chron, 2005), der Berlinischen Galerie (tele, 2018), den Kunstsammlungen Nordrhein-Westfalen (parallax symmetry, 2019) und dem Haus der Kunst München (transmitter / receiver – the machine and the gardener, 2022).

Im Jahr 2007 wurde ihm anlässlich seiner Einzelausstellung im Zürcher Haus Konstruktiv erstmalig der Zurich Art Prize verliehen.[1] Im gleichen Jahr wurde ihm ein Stipendium in der Villa Massimo in Rom zuerkannt.[2] 2019 zeigte Nicolai im Rahmen der 58. Biennale di Venezia eine interaktive Soundperformance im mongolischen Pavillon.[3]

Carsten Nicolais künstlerisches Schaffen zeichnet sich durch ein ausgeprägtes Bekenntnis zum Minimalismus aus. Dieser manifestiert sich in seinen raumgreifenden Medieninstallationen und Klangexperimenten, in denen er eigene Codes aus akustischen und visuellen Zeichen und Symbolen kreiert.[4] Künstlerische Inspiration findet Nicolai unter anderem in wissenschaftlichen Referenzsystemen, die ihn zu einer intensiven Auseinandersetzung mit mathematischen Mustern wie Grids und Codes, Fehler- und Zufallsstrukturen sowie dem Phänomen der Selbstorganisation führen.[5]

Unter dem Pseudonym Alva Noto zählt Nicolai zu den bekanntesten Vertretern zeitgenössischer elektronischer Musik. Konzerte führten ihn u. a. an das Solomon R. Guggenheim Museum in New York, das San Francisco Museum of Modern Art, das Centre Pompidou in Paris und die Tate Modern in London.[6] Zu seinen verschiedenen musikalischen Projekten zählen Kollaborationen mit Ryōji Ikeda, Mika Vainio, Iggy Pop, Blixa Bargeld und Ryūichi Sakamoto. Mit letzterem komponierte Nicolai die Musik für Alejandro González Iñárritus Oscar-prämierten Film The Revenant, der in der Kategorie Beste Filmmusik für den Golden Globe, den BAFTA und den Grammy nominiert wurde. 2018 schuf er das Sounddesign für Iñárritus VR-Projekt Carne y arena.[7]

1994/95 gründete Nicolai das Label noton.archiv für ton und nichtton, das 1999 aufgrund der sehr ähnlichen inhaltlichen Ausrichtung mit dem Chemnitzer Label raster music unter dem Namen Raster-Noton fusionierte. Innerhalb weniger Jahre avancierte es zu einem der renommiertesten Labels weltweit und galt neben A-Musik und Mille Plateaux als eines der führenden Labels für experimentelle elektronische Musik in Deutschland. 2017 wurde bekannt, dass sich Raster-Noton wieder in die Vorgängerlabels aufspaltet. Vertrieben werden das musikalische Werk und die Kollaborationen Nicolais von nun an über sein eigenes Label Noton.

Seit 2015 hat Nicolai eine Professur für Kunst mit Schwerpunkt auf digitale und zeitbasierte Medien an der Hochschule für Bildende Künste Dresden inne.[8]

Er lebt und arbeitet in Berlin.

Einzelausstellungen (Auswahl)

Gruppenausstellungen (Auswahl)

Diskographie

2023

  • Alva Noto: This Stolen Country of Mine (Original Motion Picture Soundtrack), Noton
  • Alva Noto: Kinder der Sonne (From „Komplizen“), Noton

2022

2021

  • Alva Noto: HYbr:ID I, Noton

2020

  • Alva Noto: Xerrox Vol. 4, Noton
  • Alva Noto: A Forest, Noton

2019

  • Alva Noto + Anne-James Chaton: Alphabet, Noton
  • Alva Noto + Ryūichi Sakamoto: TWO (Livealbum), Noton

2018

2015

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

  • noto: ∞ (endless loop edition), raster music
  • noto: , noton / raster music
  • Ø + noto: mikro makro, noton / raster music

1996

  • noto: spin, noton / raster music

Hörspiele

Literatur

  • Eva Huttenlauch u. a.: Carsten Nicolai, Unidisplay. Die Gestalten Verlag, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-89955-486-1.
  • Stefan Goldmann: Gespräch mit Carsten Nicolai, in: Berghain 10 – Kunst im Klub. Hatje Cantz, Berlin 2015. ISBN 978-3-7757-3981-8

Einzelnachweise

  1. Carsten Nicolai - Announcements - e-flux. Abgerufen am 27. Juli 2023 (englisch).
  2. Villa Massimo | Carsten Nicolai. Abgerufen am 27. Juli 2023.
  3. 10 Tipps für Venedig. 8. Mai 2019, abgerufen am 28. Juli 2023.
  4. Carsten Nicolai | ZKM. Abgerufen am 27. Juli 2023.
  5. eigen+art - Texte. Abgerufen am 27. Juli 2023.
  6. Carsten Nicolai. Abgerufen am 27. Juli 2023.
  7. CARNE y ARENA (Virtually present, Physically invisible) | On Tour. Abgerufen am 28. Juli 2023 (englisch).
  8. Webseite des Webauftritts der HfBK Dresden, abgerufen am 2. Juli 2017
  9. eigen+art - Carsten Nicolai + Albert Oehlen Kopie. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  10. Carsten Nicolai. transmitter / receiver – the machine and the gardener. 3. Juni 2022, abgerufen am 19. Juni 2023.
  11. Ausstellung (Memento desOriginals vom 16. Oktober 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kunstsammlung.de vom 28. September 2019 — 19. Januar 2020 in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
  12. eigen+art - Carsten Nicolai formula. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  13. IBA Thüringen. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  14. Åsmund Sollihøgda: Carsten Nicolai. 18. November 2019, abgerufen am 19. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  15. eigen+art - Carsten Nicolai. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  16. Anton Spice: Carsten Nicolai & The Vinyl Factory present unicolor - an immersive installation at Brewer Street Car Park (24 June - 2 August). In: The Vinyl Factory. 2. Juni 2015, abgerufen am 19. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  17. Daily Sabah: German artist moves from art to the world of science. 12. Mai 2015, abgerufen am 19. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  18. Carsten Nicolai: Ur-Geräusch - Kunstverein Braunschweig. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  19. Stuttgart: Sound in Motion. Abgerufen am 19. Juni 2023 (deutsch).
  20. Carsten Nicolai. Abgerufen am 19. Juni 2023 (deutsch).
  21. Carsten Nicolai to light up Hong Kong’s skyline with new audio-visual installation - Announcements - e-flux. Abgerufen am 19. Juni 2023 (englisch).
  22. Michael Hierholzer, Frankfurt: Carsten Nicolai im Museum für Moderne Kunst: Wie das Gehirn die Wirklichkeit schafft. In: FAZ.NET. 26. Januar 2013, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 19. Juni 2023]).
  23. Carsten Nicolai at the MAC. Abgerufen am 19. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  24. Carsten Nicolai | Pace Gallery. Abgerufen am 19. Juni 2023 (englisch).
  25. Carsten Nicolai: rota – Schering Stiftung. Abgerufen am 19. Juni 2023 (deutsch).
  26. Carsten Nicolai | Hamburger Kunsthalle. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  27. eigen+art - Berlin_CN_2008. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  28. Glitch. Die Kunst der Störung | DIE PINAKOTHEKEN. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  29. Staatliche Museen zu Berlin: Broken Music Vol. 2. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  30. Ulsan Art Museum (English) > Exhibitions > Exhibitions | 상세보기. Abgerufen am 21. Juni 2023.
  31. Homosphäre - Kunsthalle Mainz. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  32. Ti Zero | Palazzo delle Esposizioni. Abgerufen am 19. Juni 2023 (englisch).
  33. Orchestral Manoeuvres: See Sound. Feel Sound. Be Sound - Announcements - e-flux. Abgerufen am 19. Juni 2023 (englisch).
  34. Sound and Silence. In: Kunstmuseum Bonn. Abgerufen am 19. Juni 2023 (deutsch).
  35. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen: Technology Transformation. Fotografie und Video in der Kunstsammlung. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  36. Veröffentlicht von ARTinWORDS de Redaktion: Bundeskunsthalle Bonn: Ausstellungen 2020 | ARTinWORDS. In: Kunst, Künstler, Ausstellungen, Kunstgeschichte auf ARTinWORDS. 13. Juli 2020, abgerufen am 19. Juni 2023 (deutsch).
  37. Sweet Harmony - Exhibition - Saatchi Gallery. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  38. Doppelleben. Abgerufen am 19. Juni 2023.
  39. Soundings: A Contemporary Score | MoMA. Abgerufen am 21. Juni 2023.
  40. Vom Klang der Kunst. TONSPUR_expanded. Abgerufen am 21. Juni 2023.
  41. Konstellationen II – Neue Schenkungen im Kontext der Sammlung, Von Gerhard Richter bis Carsten Nicolai. 26. April 2007 bis 7. Oktober 2007 Ausstellungsarchiv 2007
  42. Katalog erschienen bei Nicolai'Sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 2003, ISBN 3-89479-060-1.
  43. Volume: Bed of Sound | MoMA. Abgerufen am 21. Juni 2023.
  44. Künstlerliste der Ausstellung. documenta 10, 1997. Abgerufen am 21. Juni 2023 (deutsch).
  45. LINE_026. In: LINE. 15. Juni 2006, abgerufen am 21. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Carsten-nicolai-2009-wuschanski.jpg
Autor/Urheber: Dieter Wuschanski, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Carsten Nicolai (2009)