Carry-over-Effekt

Der Carry-over-Effekt gehört zur Gruppe der Ausstrahlungseffekte.

Carry-Over-Effekte sind in der Landwirtschaft bedeutend. Dort beschreiben sie langfristige Stoffwechselveränderungen von Nutzpflanzen bzw. Dauerkulturen, die aufgrund veränderter Umweltbedingungen (Klimaeinwirkungen, Atomare Belastungen etc.) noch über Jahre hinweg Ertragsverluste sowie Qualitätsminderungen nach sich ziehen oder die problematische Weiterverfrachtung gentechnisch veränderter Organismen (Pollen, Samen) oder wenn Nutztiere mit Schadstoffen verseuchtes Futter fressen und diese sich dann im Fleisch anreichern.[1][2]

Dieser Effekt wird auch in der Absatz-, Marketing- und Werbewirtschaft genutzt. Es handelt sich auch um eine Nachwirkung von Marketing- und Werbemaßnahmen auf nachfolgende zeitliche Abschnitte. Seine zusätzliche Bedeutung gewinnt er in der Prognose von Wiederholungskäufen, Imitations- und Sättigungseffekten, was Teil der Werbewirkungsforschung ist.

In Beobachtungsstudien konnte belegt werden, dass dieser Effekt zu 90 % nach acht bis neun Monaten erlischt.[Beleg?]

Aus der Unternehmensorganisation ist das Problem bekannt, dass Mitarbeiter nach einem Veränderungsprozess in alte Verhaltensweisen zurückfallen. Ursache dafür liegt in alten unverändert gebliebenen Strukturen nach Reorganisation. Diese Nachwirkung wird als Carry-over-Problem bezeichnet.

Bei Textilwaschmaschinen, Geschirrspülmaschinen und anderen Spülmaschinen, bei denen Wasser im Kreislauf gepumpt und nach einem Spülgang abgepumpt wird, verbleibt im Pumpensumpf üblicherweise eine Restwassermenge, deren Inhaltsstoffe (Verunreinigungen, zugesetzte Chemikalien) beim chargen­weisen Betrieb in den nächsten Spülzyklus übertreten. Dieser schlecht vermeidbare Carry-Over-Effekt, der bei Textilwaschmaschinen nicht erwünscht ist (wegen der Verschleppung unerwünschter gelöster Verbindungen), ist bei Geschirrspülmaschinen notwendig, um die bereits im Hauptwaschgang zugesetzten in den Spülmitteln enthaltenen Chemikalien (wie beispielsweise Enthärter) in den nächsten Spülgang „hinüberzuretten“ und dort aktiv werden zu lassen. Damit verbunden ist allerdings eine hohe an sich unnötige Umweltbelastung, denn die übertragenen Mittel müssen in einer für den Folgespülgang geeignet hohen Menge und Konzentration im geringen Flüssigkeitsvolumen des Pumpensumpfs vorliegen, werden aber am Ende des vorangegangenen Spülgangs in derselben Konzentration zum Großteil abgepumpt, ohne zur Wirkung gelangt zu sein (mehr darüber bei Waschmaschine#Keime und Verunreinigungen und Maschinengeschirrspülmittel).

Bei Zubereitungen von Lebensmitteln oder beim Abpacken können trotz Reinigung der Maschinen Lebensmittelreste in die nächste Charge verschleppt werden. Wegen solcher schlecht vermeidbarer Carry-over-Effekte enthalten Lebensmittelkennzeichnungen oft den Warnhinweis für Allergiker Dieses Produkt kann Spuren von ... enthalten.

Weitere Carry-over-Effekte werden in der Medizin, Pharmaforschung, Landwirtschaft und Psychologie beobachtet.

Literatur

  • Heribert Meffert: Marketing. Gabler, Wiesbaden 2000, ISBN 3409690174, S. 568.
  • Anton Meyer, J. Hugh Davidson: Offensives Marketing. Gewinnen mit POISE: Märkte gestalten, Potenziale nutzen. Freiburg i. Br., Haufe Mediengruppe, 2001, ISBN 9783448040937

Einzelnachweise

  1. K.-H. Schwind, H. Hecht: Dioxin in Futter und Lebensmitteln — Ein Paradebeispiel für Carry-over-Effekte und ihre Folgen (Memento vom 22. März 2014 im Internet Archive) (PDF; 1,3 MB), Mitteilungsblatt der Fleischforschung Kulmbach 43, Nr. 164, Seiten 169–174. Abgerufen am 5. April 2024.
  2. Bericht der Vereinten Nationen über Carry-over-Effekt der Verstrahlung durch Tschernobyl (PDF; 3,9 MB)