Carlfried Mutschler

Carlfried Mutschler (* 18. Februar 1926 in Mannheim; † 22. Februar 1999 ebenda) war ein deutscher Architekt. Mutschler realisierte komplexe Großbauten für den privaten und öffentlichen Bereich. Ab 1978 lehrte er als Honorarprofessor an der Städelschule in Frankfurt am Main.[1]

Leben

Mutschler wurde 1944 nach Ablegung des Abiturs am Goethe-Realgymnasium in Mannheim in den Krieg eingezogen. 1947 aus französischer Kriegsgefangenschaft[2] entlassen, studierte er an der Technischen Hochschule Karlsruhe unter anderem bei Otto Haupt und Otto Ernst Schweizer und legte seine Diplomprüfung 1951 bei Egon Eiermann[3] ab. Zunächst tätig im Architekturbüro Alfred Au in Ludwigshafen, war er ab 1952 Mitarbeiter im Mannheimer Architekturbüro von Albrecht Lange und Hans Mitzlaff (1910–1997)[4]. Sein eigenes Büro gründete er 1953 mit Büorsitz in Mannheim und bis 1959 auch in Frankfurt/Main.

Ab Mitte der 1950er-Jahre widmete sich Mutschler parallel zu seiner Planungstätigkeit intensiv der Arbeit in verschiedenen fachberuflichen Verbänden wie dem Deutschen Werkbund, dort ab 1963 zunächst als Vorstandsmitglied der Landesgruppe Baden-Württemberg und schließlich ab 1975 als deren Erster Vorsitzender. In ähnlicher Weise geschah dies nach seiner Berufung in den Bund Deutscher Architekten e. V. (BDA) 1956, zunächst ab 1959 als Vorstandsmitglied der BDA-Kreisgruppe Mannheim und später als Landesvorsitzender des BDA Baden-Württemberg von 1967 bis 1970. Neben Mitgliedschaften im Institut für Städtebau und Wohnungswesen Nürnberg (1964) und in der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (1965) wurde er aufgrund seiner breitgefächerten künstlerischen wie baukünstlerischen Interessen 1970 Mitglied der Akademie der Künste Berlin[5].

Bei einem seiner frühen Privatbauten, dem großzügigen Wohnhaus mit Büroflügel Dr. Lothar Oechsner[6] (abgerissen 1974) in Mannheim kam Mutschler 1958 in Kontakt mit dem jungen Maler und Plastiker Otto Herbert Hajek, was nicht nur Grundlage einer zeitlebens währenden Freundschaft und wiederholter Zusammenarbeiten wurde, sondern darüber hinaus weitreichende Auswirkungen auf Carl Mutschlers schöpferische Auseinandersetzung mit dem Thema Kunst am Bau und zeitgenössischen Strömungen der Avantgarden hatte. Betrachtet man die Bauten seines Frühwerks wie das Altenheim und Mutterhaus für Evangelische Kinderschwestern in Mannheim-Lindenhof von 1961, sind diese Gebäude zunächst vom strengen Stilismus der Nachkriegsmoderne seines Lehrers Egon Eiermann geprägt.

Einen Wendepunkt in der Entwicklung von Mutschlers Architekturverständnis nehmen die Darmstädter Gespräche von 1951 über Mensch und Raum ein. Dort lernte er Hans Scharoun und dessen expressionistische Bauten kennen und schätzen. Kurz darauf kamen Hugo Häring und sein Werk hinzu.[7]

Mutschler gewann im Jahr 1964 den ersten Preis beim Wettbewerb für die Erweiterung des Reiß-Museums in B 4, der jedoch nicht zur Ausführung kam.[8] Nachdem Mutschler mit seinem Büropartner Joachim Langner und dem Künstler Erwin Bechtold einen zweiten Wettbewewerb 1979 gewonnen hatte, errichteten sie von 1984 bis 1988[9] das Museum Weltkulturen für die Reiss-Engelhorn-Museen in D 5. Weitere Werke in Mannheim sind das Hotel-, Wohn- und Geschäftshaus in N 6 (Holiday Inn), das Internationale Institut für Berufsbildung, das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, die Wohnanlage Herzogenried-Siedlung, die Wilhelm-Busch-Schule, die Friedrich-Ebert-Schule, die Geschwister-Scholl-Schule, die Lukaskirche, die Pfingstbergkirche und das evangelische Gemeindezentrum Vogelstang[10] und die Kapelle am Universitätsklinikum Mannheim.[1] Fünf Mutschlerbauten stehen inzwischen unter Denkmalschutz.

Grab von Familie Mutschler mit Hajek-Plastik

In Zusammenarbeit mit Frei Otto plante er die Multihalle anlässlich der Bundesgartenschau 1975 im Mannheimer Herzogenriedpark. Beim Bau der Multihalle setzte er statt auf eckige, harte Betonkanten auf ein Gitterwerk mit sanften Rundungen und lichtdurchlässiger PVC-Folie, sodass es die Halle wie einen riesigen Walfisch aussehen lässt.[11]

Mit dem Mannheimer Stadthaus fand Mutschler, wie es 1991 in einem Artikel zu seinem 65. Geburtstag hieß,[12] aus den „Eiermannschen Eierschalungen“ heraus. Damit reagierte Mutschler auf den ästhetischen Paradigmenwechsel im Architekturdiskurs der 1980er-Jahre, weg von seinen subtilen, neoplastischen Interpretationen des Brutalismus hin zur postmodernen Reinterpretation des Stilzitats.

Ab 1971 waren die langjährigen Mitarbeiter Joachim Langner und Dieter Wessa Büropartner von Carlfried Mutschler, ab 1987 zusätzlich noch Christine Mäurer und Ludwig Schwöbel, die ab 1993 das Architekturbüro in eigener Verantwortung weiterführten.

Trotz seiner Lehrtätigkeit an der Städelschule in Frankfurt blieb sein Lebensmittelpunkt in Mannheim.[1]

Auszeichnungen

vgl. Architekturpreise in: [13]

Werkschau

Schriften

  • Carlfried Mutschler und Partner. Bauten und Entwürfe. Krämer, Stuttgart 1984, ISBN 3-7828-1437-1.
  • Joachim Langner (Red.): Carlfried Mutschler und Partner. Bauten und Entwürfe 2. Krämer, Stuttgart 1995, ISBN 3-7828-1610-2.

Literatur

  • Georg Vrachliotis: Frei Otto, Carlfried Mutschler, Multihalle. Spectormag, Leipzig 2017, 255 S., 192 Illustrationen, ISBN 978-3-95905-192-7, (deutsch / englisch).
  • Kennen Sie ihn? Carlfried Mutschler (1926–1999). Vom Beton zur Leichtigkeit. In: Denkmalstiftung Baden-Württemberg, 2009, Nr. 1, S. 8.
  • Otto Maier: Meine Begegnung mit Carlfried Mutschler. In: Deutsches Architektenblatt, Ausgabe Baden-Württemberg, 1991, Nr. 3
  • Otto Maier: Carlfried Mutschler zum 65. Geburtstag am 18.2.1991. In: der architekt, ISSN 0003-875X, 1991, Nr. 2.
  • Alexander Bartscher: Carlfried Mutschler, Architekt 1926–1999. In: Deutsches Architektenblatt, Ausgabe Nordrhein-Westfalen, ISSN 0720-0269, 2014, Bd. 4., S. 26, online-Text.

Weblinks

Commons: Carlfried Mutschler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Bestand: Carlfried Mutschler (1926-1999). In: Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai), aufgerufen am 8. Juli 2017.
  2. Carlfried Mutschler, deutscher Architekt; Prof. In: Munzinger-Archiv, 27. Januar 1986, nur Artikelanfang.
  3. Carlfried Mutschler. In: archINFORM.
  4. Annika Wind: "Das Museum war die Krönung seines Lebens" - Ein Gespräch zum 100. Geburtstag des Architekten Hans Mitzlaff mit seinem Sohn Stefan Mitzlaff. Hrsg.: Mannheimer Morgen. Mannheim 22. Juli 2010.
  5. Carlfried Mutschler: Carlfried Mutschler + Partner - Bauten und Entwürfe. Karl Krämer Verlag, Stuttgart 1976, ISBN 3-7828-1437-1, S. ca.180 (unpaginiert).
  6. Andreas Schenk, Sandra Wagner: Eine neue Stadt muß her! - Architektur und Städtebau der 50er Jahre in Mannheim. Hrsg.: Stadtarchiv Mannheim (Sonderveröffentlichung Nr. 25), Mannheimer Architektur- und Bauarchiv e.V. 1. Auflage. Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte, Berlin 1999, ISBN 978-3-931836-28-3, S. 120.
  7. Alexander Bartscher: Carlfried Mutschler, Architekt 1926–1999. (Memento desOriginals vom 29. September 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stiftung-deutscher-architekten.de In: Stiftung Deutscher Architekten, 1. April 2014, aufgerufen am 5. Juli 2017.
  8. Andreas Schenk, Architekturführer Mannheim, Reimer, Berlin 1999, ISBN 978-3-496-01201-6, S. 27.
  9. Schenk, Architekturführer Mannheim, 1999.
  10. Gemeindezentrum Vogelstang. In: Evangelische Kirche in Mannheim, aufgerufen am 8. Juli 2017.
  11. Manfred Sack: Das Wunder von Mannheim. Für die Bundesgartenschau konstruiert: das komplizierteste einfache Dach der Welt. (Memento vom 6. Juni 2013 im Internet Archive). In: Die Zeit, 16. Mai 1975, Nr. 21, Artikelanfang.
  12. Otto Maier: Carlfried Mutschler zum 65. Geburtstag am 18.2.1991. In: der architekt, ISSN 0003-875X, 1991, Nr. 2.
  13. Architekturbüro Schwöbel + Partner, siehe Abschnitt: Architekturpreise, aufgerufen am 12. Juli 2017.

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Grab des Architekten Carlfried Mutschler und seiner Familie in Mannheim, abstrakte Skulptur von Bildhauer Otto Herbert Hajek
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