Carl Hesse (Orgelbauer)

Johann Carl August Hesse (* 6. August 1808 in Paplitz, Königreich Preußen; † 18. Juli 1882 in Pest, Österreich-Ungarn) war ein deutscher Orgelbauer in Triest und Wien. Er gilt als einer der bedeutendsten und produktivsten Orgelbauer in der österreichisch-ungarischen Monarchie im 19. Jahrhundert.

Leben

Carl Hesse wurde als Sohn des Zimmergesellen Johann Friedrich Hesse und von Johanna Regina geborene Koch im brandenburgischen Paplitz geboren. Ob er dort eine Orgelbauerlehre begann, ist unbekannt, sein Werk zeigte aber später Einflüsse des deutschen Orgelbaus.

Um 1833 kam er nach Triest, wo er die Werkstatt von Pietro Antonio Bossi übernahm.[1] Carl Hesse studierte den italienischen Orgelbau und war zeitlebens von diesem maßgebend beeinflusst. In den folgenden Jahren baute er einige neue Werke im Adriaraum, dem heutigen Slowenien und Kroatien.

1848 baute er eine Orgel in Gumpendorf, damals noch bei Wien, und ließ sich dort in der Millergasse 19 nieder. Der Ort wurde 1850 nach Wien eingemeindet. Von dort baute er zahlreiche Orgeln, vor allem in den verschiedenen Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie, aber auch einige im Russischen und im Osmanischemn Reich.

1880 übersiedelte er zu seinem Sohn nach Pest (heute Budapest), wo er 1882 nach reichem Schaffen starb und auf dem dortigen evangelischen Friedhof beigesetzt wurde.[2]

Ehe und Familie

Carl Hesse war mit Maria Barbara Josefa Witek verheiratet. Der Sohn Carl Hesse jun. (ungarisch Károly Hesse, 1854–1935) gründete zunächst eine Harmoniumfabrik in Wien und wechselte um 1900 nach Ödenburg (Sopron), wo er Harmonien baute und Orgeln reparierte. Der Sohn Johann Baptist Hesse war als Instrumentenbauer in Wien tätig, der Sohn Franz Hesse (Ferenc Hesse) war in Pest Klavierstimmer und -reparateur.

Werke (Auswahl)

Orgelneubauten

Ein Werkverzeichnis führt 108 Orgelneubauten von Carl Hesse bis 1873 auf, darunter 60 in Ungarn, 15 in Siebenbürgen, mindestens 9 im adriatischen Raum, 8 in Wien, 6 in Niederösterreich, weitere in den heutigen Ländern Slowenien, Kroatien, Ukraine, Türkei, Ägypten und weiteren Ländern. Danach folgten weitere, vor allem in Niederösterreich. Einige sind erhalten. Nicht mehr vorhandene Orgeln sind kursiv gesetzt.

JahrOpusOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
18361TriestAnglikanische Kirche1922 abgetragen
18435Ragusa, heute Dubrovnik, Dalmatien, KroatienKathedraleIn Gehäuse von 1690, nicht erhalten
18478Corta d'Isonzo, heute Korte, SlowenienKirche St. AugustinI/P12Nicht erhalten
184810Gumpendorf bei WienZwölf-Apostel-Kirche, heute Gustav-Adolf-KircheII/P29Erste Orgel in Wien, erhalten[3][2]
185311Wien-MauerPfarrkircheI/P17Gehäuse erhalten
185212Dekani, heute SlowenienKirche Mariä HimmelfahrtI/P13Um 1965 ersetzt[4]
185415Deutsch Jahrndorf, BurgenlandEvangelische KircheI/P10Erhalten[5]
185512Veliki Bukovec, Dalmatien, KroatienKirche des heiligen Franz von AssisiI/P~ 10Gilt als eine der bedeutendsten erhaltenen Orgeln des 19. Jahrhunderts in Kroatien[6]
185619Perjamosch Haulik, heute Periam, BanatPfarrkircheI/P11Erhalten[7]
185620Raggendorf, NiederösterreichPfarrkircheI/P14Erhalten
185725Kamjanez-Podilskyj, heute UkraineKathedrale St. Peter und PaulII/P20Erhalten[8]
186032Hermannstadt, heute Sibiu, SiebenbürgenRömisch-katholische Pfarrkirche Heilige Dreifaltigkeit, ehemalige JesuitenkircheII/P24Erhalten
1861Lechnitz, SiebenbürgenKircheI/p81908 nach Paßbusch, 1986 eingelagert, 2007 in Brașov (Kronstadt) in der Schwarzen Kirche wieder aufgebaut und restauriert, dort Chororgel[9]
1862Mettersdorf, heute Dumitru, SiebenbürgenEvangelische Kirche1945 schwer beschädigt, 1975 abgetragen[10]
1862Neunkirchen, NiederösterreichEvangelische Pfarrkirche
I/P12Erhalten
186246Oberschützen, BurgenlandEvangelische Pfarrkirche
Erhalten
186558Zalaegerszeg, UngarnPfarrkircheII/P261948 abgetragen
186662Pottendorf, NiederösterreichPfarrkircheI/PJahreszahl im Spieltisch
1867Kelling, heute Câlnic, SiebenbürgenEvangelische KircheI/P10Reparaturen, trotzdem in schlechtem Zustand[11]
1868Donnersmarkt, heute Mănărade, SiebenbürgenEvangelische KircheI/P13Schwer beschädigt, nicht spielbar[12]
1869Birthälm, heute Biertan, SiebenbürgenEvangelische Kirche von BirthälmII/P28Erhalten
1870Rannersdorf, NiederösterreichPfarrkirche
1870Wien AltlerchenfeldPfarrkirche Zu den sieben ZufluchtenI5[13]
1871Dunapentele (heute Dunaújváros in Ungarn)Dreifaltigkeitskirche in Altstadt
1873100Meschen, heute Moșna, SiebenbürgenEvangelische Kirche
II/P291873 auf der Weltausstellung in Wien, 2014 restauriert[14][15]
1873107Margarethen am Moos, NiederösterreichPfarrkirche Margarethen am MoosI/P8Erhalten
1874WienMechitaristenkirche Maria SchutzI/P14Erhalten[16][17]
1875118Mödling, NiederösterreichEvangelische PfarrkircheI/P61975 an das Missionshaus Schmiedrait gegeben
1875Altenwörth, NiederösterreichPfarrkircheI10Erhalten[18]
1875Rabenstein an der Pielach, NiederösterreichPfarrkircheI/P10Erhalten
1875St. PöltenLehrerseminarI4
1877Wopfing, NiederösterreichPfarrkirche WopfingI/P7Erhalten
1877Niedersulz, NiederösterreichPfarrkircheErhalten[19]
1878Hohenau an der March, NiederösterreichPfarrkirche Hohenau an der MarchI/P101933 nach Unzmarkt versetzt, erhalten

Weitere Arbeiten

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1851WienMariahilfer KircheII/p32Umbau[20]

Literatur

  • Zdenko Kuščer: Johann Carl Hesse (Paplitz 1808 – Budapest 1882). In: Christoph Bossert, Michael Gerhard Kaufmann, Zdenko Kuscer (Hrsg.): Die Orgel als europäisches Kulturgut. Kongreßbericht Varazdin, 10. bis 17. September 2000. Organum Buch, Öhringen 2006/2007, ISBN 3-9809232-3-1 S. 79–85 (deutsch), S. 171–177 (kroatisch)
  • Hesse, Carl. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, ISBN 3-7001-3044-9.

Einzelnachweise

  1. Bossi, Pietro Antonio Dizonario biografico dei Friulani (italienisch)
  2. a b Alois Forer: Die restaurierte Carl-Hesse-Orgel in der ev. Pfarrkirche Wien-Gumpendorf. In: Ev. Pfarrgemeinde A.B. Wien-Gumpendorf (Hg.):Orgelweihe der restaurierten Carl-Hesse-Orgel in Wien-Gumpendorf. (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive) (PDF; 488 kB). Wien 1979. Aufgerufen am 19. April 2013
  3. Orgel in Wien, Gustav-Adolf-Kirche Orgeldatabase
  4. Orgel in Dekani Orgeldatabase
  5. Orgel in Deutsch Jahndorf Orgeldatabase
  6. Organs in Croatia mit Beschreibung (englisch)
  7. Orgel in Perjamosch Edition Musik Südost
  8. Orgel in Kamjanez-Podilskyj Orgeldatabase
  9. Orgel in Kronstadt Orgeldatei der Evangelischen Kirche A. .B. in Rumänien (deutsch)
  10. Orgel in Mettersdorf Orgeldatei der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien
  11. Orgel in Kelling Orgeldatei der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (deutsch)
  12. Orgel in Donnersmarkt Orgeldatei der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (deutsch)
  13. Orgel in Wien Altlerchenfeld Orgeldatabase
  14. Neueinweihung der Carl-Hesse-Orgel Siebenbürgen.de 2014, mit ausführlicher Beschreibung und Foto (deutsch)
  15. Orgel in Meschen Orgeldatei der Evangelischen Kirche A. B. mit Geschichte, Stand 2012
  16. Günter Lade: Orgeln in Wien. Wien 1990, ISBN 3-9500017-0-0, S. 174
  17. Orgel in Wien Mechitaristenkirche Orgeldatabase
  18. Altenwörth (Memento vom 15. Januar 2014 im Internet Archive) Österreichische Orgeldatenbank Karl Schütz, abgerufen am 1. Oktober 2019
  19. DEHIO-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs: Niederösterreich. Nördlich der Donau. Niedersulz. Pfarrkirche hl. Johannes der Täufer. Bundesdenkmalamt (Hrsg.) Verlag Anton Schroll, Wien 1990, ISBN 3-7031-0585-2, S. 797.
  20. Die Mariahilfer Zeittafel. In: Internetpräsenz Mariahilf und Sankt Josef ob der Laimgrube. Abgerufen am 1. Oktober 2019.

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