Canvas (Gewebe)

(c) Auckland Museum, CC BY 4.0
Eimer aus Canvas (Detail), hergestellt in London zur Zeit des Ersten Weltkriegs

Canvas (auch Canevas) ist die Bezeichnung für einen leicht durchbrochenen, steif gestärkten Handarbeitsstoff oder die Handelsbezeichnung für ein strapazierfähiges Baumwollgewebe in Leinwandbindung oder in zwei- oder mehrfädiger Panamabindung. Canvas ist sehr ähnlich zu Duck, weshalb die Bezeichnungen manchmal wechselweise genutzt werden[1][2][3][4]

Canvas war im 16. Jahrhundert ein grobes, festes Gewebe aus Hanf[5] und/oder Leinen in Leinwandbindung, das für Segeltuch, Zelte und Leinwände verwendet wurde. Seit dem 19. Jahrhundert wird Canvas meist aus dickem Baumwollgarn und anderen Fasern hergestellt und gerne für Hosen, Jacken, Stoffschuhe und Rucksäcke eingesetzt.[6]

Etymologie

Der Begriff Canvas geht auf das angelsächsische canevaz des 14. Jahrhunderts und das altfranzösische chanevaz zurück, die sich wiederum aus dem lateinischen cannapaceus „aus Hanf“ und dem griechischen κάνναβις (Kannabis) ableiten.[7][8] Zum weltweiten Begriff wurde Canvas durch die Vormachtstellung des Britischen Weltreichs sowie nach dem Zweiten Weltkrieg durch die weltweite Amerikanisierung.

Die englische Bezeichnung Duck[9] stammt vom Holländischen (zeildoek: Segeltuch; doek: Tuch) und geht darauf zurück, dass früher Segeltuche in England aus Holland importiert wurden.[10] Duck ist eine Canvas-Variante in Halbpanamabindung.[11]

Geschichte

Damenhemd aus Canvas, Polen, frühes 20. Jahrhundert

Canvas fand im 16. Jahrhundert als grobes, haltbares Gewebe aus Hanf, Leinen oder als Mischgewebe in Leinwandbindung Verbreitung in Europa.[12] Es zeichnete sich durch sein dickes Garn und seine feste Webweise aus. Über Jahrhunderte wurde es als Segeltuch eingesetzt.[13] In gehobener Qualität konnte Canvas mit Seiden- und Metallfäden durchzogen sein und für Halskrausen, Manschetten und Hemden verwendet werden.[14]

Ab dem 19. Jahrhundert, mit Aufkommen der Webmaschine, wurde Canvas auch aus Baumwolle, Jute, Werg und Mischungen davon produziert.[15][13] In den 1870er Jahren verwendete Levi Strauss zunächst Baumwollcanvas für seine Hosen, ehe er die Denim-Jeans erfand.[16] Auch der erste Schuh mit Gummisohle (Plimsoll) in den 1890er Jahren hatte einen Schaft aus Canvas, gewissermaßen der erste Sneaker, aus dem Keds entstand.[11] Frühere Feuerwehrschläuche wurden auch aus Canvas gefertigt und die ersten Luftreifen wurden mit Canvas ummantelt.

Material und Verwendung

Canvas wird heute aus Naturfasern wie Baumwolle, Hanf, Leinen, aber auch gemischt mit verschiedenen Kunstfasern wie Polyester, Copolymer (Polyacryl) hergestellt. Canvas wird je nach Anwendungsbereich gewoben, ausgerüstet, imprägniert oder auch beschichtet und sanforisiert.

Für spezielle Anwendungen, sowie in öffentlichen Bereichen und Gebäuden, stehen Stoffe zur Verfügung, die die gesetzlich geforderte Sicherheit im Bereich des Brandschutzes erfüllen. Derartige Stoffe sind gemäß der Norm DIN 4102 B1 schwer entflammbar imprägniert oder sind aus permanent schwer entflammbaren Materialien gefertigt.

Auch wird Canvas in unterschiedlichen Webarten produziert, in ursprünglicher Leinwandbindung (1 × 1), sowie auch in Halbpanama- (2 × 1), Panamabindung (2 × 2), sowie Ripstop.

Canvas wird wegen seiner Eigenschaften für sehr viele textile Anwendungen verwendet, teils stark appretiert. Als Verwendungszwecke gelten Zelte, Bekleidung, Persennings, Taschen bzw. Rucksäcke, Hüte, Falteimer etc. Als Segeltuch dient Canvas nicht nur für Schiffs-, Bootssegel,[17] auch als Hauptwerkstoff für Boote in Leichtbauweise („Wood and Canvas“). Ferner dient Canvas als Lichtsegel (für Segelleuchten) und als Leinwand in der Malerei. Das weniger fest gewebte Textil für Stickereien wird im Deutschen hingegen Kanevas und Stramin genannt.

Canvas steht in unterschiedlichen Garnstärken zur Verfügung, die Garnstärke wird in Denier angegeben. Die Scheuerbeständigkeit wird in Martindale angegeben.

Canvas wird in einem breiten Bereich der Flächenmasse entsprechend dem Einsatzzweck zwischen 200 bis 2000 g/m² hergestellt.[18] Ist das Gewicht tiefer, ist es eigentlich kein „Canvas“ im klassischen Sinn mehr, sondern Nesselstoff (hier ist nicht „echter Nesselstoff“ gemeint), Leinwand[19], Flugzeugstoff oder Ballonstoff.[20][21]

Das Materialgewicht wird durch verschiedene Maße definiert:

Gramm pro Quadratmeter – GSM, Unzen pro QuadratyardGB oz. =  33,91 g/m2, sowie „Segelmacher-Unzen“ (Sailmakers Ounces – Sm. oz; US oz.)

→ Unzen pro „Segelmacher-Yard“ (= 36 Zoll × 28,5 Zoll = 914,4 mm × 723,9 mm) = 42,83 g/m2, dies entspricht 1,263 mal GB oz.

Dabei gilt: 1 Unze = 28,35 Gramm; 1 Zoll = 2,54 cm; 1 Yard = 91,44 cm.[22][23]

In Amerika werden die Stoffe nach einem alten System unterschieden, welches weiterhin in Verwendung ist. Es bezieht sich auf nicht vorbehandelte Baumwollstoffe[24][25]
  • Ounce Duck: in „Segelmacher-Unzen“; 6–15 Sm.oz.; 257–642 g/m2
    • Single filled: ungezwirnt, (2 × 1) gewoben, Schuss dicker als Kett.
    • Double filled: ungezwirnte Kette, gezwirnter Schuss, (2 × 1), Schuss dicker als Kett.
    • Army: gezwirnt, (2 × 2), (2 × 1) gewoben, feinere Fäden, leichter, dichter.
  • Number Duck: in Unzen pro („Linear Yard“; 22 Zoll); 7–18 oz.; 389–1000 g/m2, (wenn der Stoff noch schwerer ist, spricht man von Naught Duck; 19–24 oz.; 1055–1333 g/m2), gezwirnt, (2 × 2) gewoben.[26][27]

Anmerkung: Ein „Linear Yard“ bezieht sich auf eine ein Yard lange Stoffbahn von bestimmter Breite.

Commons: Canvas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Canvas – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Alfons Hofer: Textil- und Modelexikon, Band 1, A–K, 7., vollständige überarbeitete und erweiterte Auflage, Deutscher Fachverlag 1997, ISBN 3-87150-518-8, S. 128.
  2. Fabia Denninger, Elke Giese: Textil- und Modelexikon. 8., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Deutscher Fachverlag GmbH, Frankfurt am Main 2006, Bd. A–K, S. 107, ISBN 3-87150-848-9.
  3. Janet Wilson: Classic and Modern Fabrics – The Complete Illustrated Sourcebook. Thames & Hudson, 2010, ISBN 978-0-500-51507-5, S. 49
  4. Bekleidung – Das Wissensbuch, 3. Auflage, 2014, Deutscher Fachverlag, S. 173.
  5. Canvas. In: Le vocabulaire du CIETA. Abgerufen am 3. Februar 2025 (englisch, französisch, spanisch, deutsch).
  6. Canvas. In: basteln-de.buttinette.com. Abgerufen am 3. Februar 2025.
  7. The Online Etymology Dictionary. Etymonline.com, abgerufen am 5. Mai 2012 (englisch).
  8. Oxford Dictionaries. Oxford University Press, archiviert vom Original am 13. März 2013; abgerufen am 20. März 2024 (britisches Englisch).
  9. Segeltuch. Dict.cc. Abgerufen am 7. April 2016.
  10. Charles Pope: A practical abridgement of the custom and excise law. Second Edition, Robert Baldwin, London 1814, S. 455.
  11. a b Understand The Canvas Fabric. In: The P*. 20. Mai 2018, abgerufen am 3. Februar 2025 (englisch).
  12. Valerie Cumming, C. W. Cunnington, P. E. Cunnington: Canvas. In: The Dictionary of Fashion History: Second Edition. Bloomsbury, 2000, ISBN 978-1-4742-6972-8, doi:10.5040/9781474269728.
  13. a b Jenny Bennett: Sailing into the Past: Learning from Replica Ships. Seaforth Publishing, 2009, ISBN 978-1-84832-013-0, S. 184.
  14. Ingrid Loschek, Gundula Wolter: Reclams Mode- und Kostümlexikon. 6. Auflage. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010818-5, S. 463.
  15. Canvas. In: britannica.com. 11. Dezember 2024, abgerufen am 3. Februar 2025 (englisch).
  16. Levi's Brown Duck Trousers. In: americanhistory.si.edu. Abgerufen am 3. Februar 2025.
  17. Was ist Segeltuch? Abgerufen am 10. Februar 2015.
  18. Janet Wilson: Classic and Modern Fabrics – The Complete Illustrated Sourcebook. Thames & Hudson, 2010, ISBN 978-0-500-51507-5, S49.
  19. Leinenstoff (PDF; 154 kB). Die-Leinenweber.de. Abgerufen am 8. April 2016.
  20. Géza Austerweil: Die Angewandte Chemie in der Luftfahrt. BoD – Books on Demand, 2013, ISBN 978-3-95580-168-7.
  21. George Bartholomew Haven: Industrial Fabrics: A Handbook for Engineers, Purchasing Agents and Salesmen. Wellington Sears Company, 1949.
  22. Umrechner für Segeltuchgewichte. In: Hansa Segel. Abgerufen am 3. Februar 2025.
  23. Segeltuchgewicht verständlich. Sailingace.com. Abgerufen am 5. April 2016.
  24. Product Profiles: Canvas Weave Terminology (Memento vom 10. April 2016 im Internet Archive). (PDF; 258 kB). Utrechtart.com. Abgerufen am 3. Februar 2025.
  25. Farmers' Bulletin. Ausgaben 251–260, 1921, Ausgaben 1151–1175, 1947, Ausgaben 2170–2173, 1978, U. S. Government Printing Office.
  26. Duck Sizes, Sizes.com. Abgerufen am 7. April 2016.
  27. Canvas Qualitäten. Humphrys.biz. Abgerufen am 8. April 2016.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Bucket, canvas (AM 2014.77.1-3).jpg
(c) Auckland Museum, CC BY 4.0
WW1 army-issue canvas bucket of type used by NZ Mounted Rifles (NZMR) canvas bucket; rope carrying handle attached to two heavy canvas loops machined to each side of the bucket; rope threaded through stitched sleeve on top edge of bucket reinforces edge and steadies bucket when full of water; reinforced seam on base of bucket. materials- canvas, rope handle dimensions- 230mm deep not including handles; 390mm wide at top maker- Thomas Briggs (London) Ltd markings- maker ID and date ink-stamped on inside of bucket - “THOMAS BRIGGS - (LONDON) LTD - MAKERS - 191(6)”; broad arrow ink-stamped on inside of bucket
Henry P. Glass. Folding Chair, Designed 1961..jpg
Autor/Urheber: Henry P. Glass, Lizenz: No restrictions
Henry (Heintz) P. Glass (American, born Austria, 1911-2003). Folding Chair, Designed 1961. Aluminum, canvas, synthetic webbing, 28 7/8 x 23 1/2 x 31 7/8 in. (73.3 x 59.7 x 81 cm). Brooklyn Museum, Modernism Benefit Fund, 2000.101.2
Sjömanssäck - 1991.jpg
(c) Foto: Jonn Leffmann, CC BY 3.0
Sjömanssäck av Kanvas/Segelduk med diverse knopar.
ARVN Rucksack 1.JPG
Autor/Urheber: Ironmonger, Lizenz: CC BY-SA 3.0
ARVN Rucksack Front
Ladies' canvas shirt, Podhale, early XXth century.jpg
Autor/Urheber: Marta Malina Moraczewska, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Ladies' canvas shirt, Podhale, early XXth century
Strainer bar corner 051907.jpg
Backside view of the corner construction of a strainer bar for stretching canvas.