Burgstall Waldau

Burgstall Waldau

Lageplan und Standort der Burgteile der Wasserburg aufgrund der Ausgrabungen

StaatDeutschland
OrtGrasellenbach- Wahlen
Entstehungszeit2. Hälfte 12. oder 1. Hälfte 13. Jahrhundert,
urkundlich 1255
BurgentypNiederungsburg (Motte)
ErhaltungszustandBurgstall
Geographische Lage49° 37′ N, 8° 51′ O
Höhenlage350 m ü. NN
Burgstall Waldau (Hessen)
(c) Karte/Map: NordNordWest/Lencer, Lizenz/Licence: Creative Commons by-sa-3.0 de

Der Burgstall Waldau ist eine abgegangene Wasserburg am Ulfenbach südlich des Ortsteils Wahlen der Gemeinde Grasellenbach im Odenwald im heutigen Kreis Bergstraße in Hessen.

Geografische Lage

Die Niederungsburg in Form einer Motte südlich des Ortes lag am rechten Ufer des Nord-Süd verlaufenden Ulfenbachtales im Odenwald in einem Schwemmbereich. Der Bach diente wohl zum Füllen der beiden nachgewiesenen Ringgräben. Sein Verlauf deutet an, das er für die Wasserburg umgeleitet wurde oder eine natürliche Verzweigung des Baches für den Burgenbau benutzt wurde.

Geschichte

Infotafel und Blick auf das überbaute Gelände des Burgstalles
Der neben der Burgstelle vorbeifließende Ulfenbach

Die Anfänge der Burg werden in die zweite Hälfte des 12. oder das beginnende 13. Jahrhundert gelegt.[1] Die Burg wurde indirekt 1255 erstmals urkundlich mit Berthold von Waldow (Waldau, Wahlen) erwähnt. Da davor und danach keine urkundlichen Belegungen zur Burgstelle und zum Namen des vermutlichen Niederadels bekannt sind, geht Steinmetz davon aus, dass der Besitzer sich nur nach der neuen Burg benannte. Die Urkunde verweist auf Streit zwischen ihm, seiner Frau Gertrud und deren Güter zu Bensheim und Heppenheim über fehlende Gefälle zugunsten des Klosters Lorsch. Als Ausgleich wurden 10 Morgen Äcker bei Heppenheim und jährlich 5 Malter Korn aus Bensheim dem Kloster übertragen. Berthold und der Probst J. Ulrich von Steinach siegelten.[2] Das Siegel weist Berthold als Mann von gehobenen Stand aus und die verzeichneten Abgaben an das schon 1232 an Mainz unterstellte Kloster zeugen von einigem Besitz Bertholds an der Bergstraße. Die Zuordnung Waldow als Waldau zu Wahlen ergibt sich aus der Tatsache, dass der Ort bis ins 15. Jahrhundert als Waldau beurkundet ist und ein Ort gleichen Namens im weiten Umfeld nicht vorkommt.[3]

Weiter folgen unterschiedliche vermutete Besitzabfolgen: Knappe sieht die (wohl spätestens Ende des 13. Jahrhunderts ausgestorbene) Adelsfamilie von Waldau als Lehensbesitzer des Klosters Lorsch an, deren Waldauische Lehen nach Auflösung des Klosterbesitzes 1232 an die Pfalzgrafen gekommen sei. 1359 ist der durch Pfalzgraf Ruprecht bewilligte Verkauf von Waldau durch Hartmut VI. von Cronberg (Mainzer Burggraf auf der Starkenburg) an Rudolf von Beckingen den Jungen beurkundet.[4] 1423 wurde die Burg letztmals erwähnt.

Steinmetz, der die Lage Wahlens zum Zeitpunkt des Machtverlustes des Klosters und beginnender Streitigkeiten von Kurmainz und Kurpfalz um das Lohrscher Erbe am Südrand des Gebietes der Schenken von Erbach (Besitzrechte des benachbarten Affolterbach mit Dorfherrschaft und niederer Gerichtsbarkeit) aufzeigt vermutet dagegen die Burg später im Besitz der Schenken von Erbach, die aber in den Auseinandersetzungen um das Erbe des ehemaligen Reichsklosters Lorsch nicht gehalten werden konnte und gewaltsam zerstört wurde. Als direkter Nachfolger ist für ihn die Burg Güttersbach im benachbarten Güttersbach anzusehen. Beide Burgen sind in der bevölkerungsschwachen Gegend schwierig zu erklären. Zwei Möglichkeiten blieben, späte Rodungsburgen oder Burgen zum Schutz eines sich dort entwickelnden Erzbergbaus und -verhüttung. Erzvorkommen wurden schon in der Grenzbeschreibung der Mark Heppenheim 773 erwähnt.[5] Wie wichtig das damals kaum besiedelte Gebiet sein musste, zeigt der Schiedsspruch von Hemsbach 1264 zwischen dem Erzbischof von Mainz Werner von Eppstein und Pfalzgraf Ludwig II., indem in Artikel 12 dem Pfalzgraf erlaubt wird, obwohl Michelenbach eine curia (Herrenhof) Lorschs war, ein oppidum als unbefestigte Stadt zu errichten.[6] Die Waldauer Motte als vermutlich Erbachsche Burg zu sehen, wird mit dem Nichtbeurkunden der Burg in den Auseinandersetzungen Mainz gegen Kurpfalz begründet, das ansonsten als Lorscher Burgbesitz urkundlich erwähnt worden wäre.[6] Ein weiterer geschichtlicher Bezug zeigt sich durch die namentliche Verbindung mit der Erbachschen Burg Freienstein, deren Burglehen teilweise als Waldauer Lehen bezeichnet werden.[7]

Um 1890 durch die Burggräben und die Erhöhung des Innenbereichs noch gut zu erkennen gewesen, wurde 1930 das Gelände durch Planierungsarbeiten stark beeinträchtigt, nach 1945 infolge Industrieansiedlung nahezu eingeebnet. Nur glücklichen Umständen ist der Burgstall einer kompletten Überbauung entgangen.[2]

Beschreibung

Nach Ausgrabungen vom Sommer 1890 und Herbst 1893 auf dem Burgstall unter Bezirksfeldwebel Heinrich Giess (1841–1918), beauftragt vom Historischen Verein für das Großherzogtum Hessen und dem Odenwaldklub,[8] zeigte sich eine kreisrunde Wasserburg mit über 50 Metern Durchmesser und mit zwei umlaufenden Wassergräben, diese mit einem Gesamtdurchmesser von etwa 100 Metern. Im Inneren der Burganlage wurde als einziges Gebäude der Rest einer freistehenden Kapelle ergraben. Die rechteckige Kapelle mit Maßen von 7,50 auf 6,30 m und mit einer halbrunden nach Osten 2,50 m ausgreifenden halbrunden Apsis hatte eine Mauerstärke zwischen 85 und 95 cm. Die Kapelle stand auf „festen Gussmassen, die ein Eindringen von Grundwassers verhinderte“.[8] Giess fand Mauerreste im Graben, die auf eine Ringmauer hinweisen, ergraben. Der rechteckige Teil der Kapelle lässt aber auch eine Deutung als Bergfried zu. Von der Ringmauer wurden nur einzelne mit Randschlag versehene Steinquader gefunden.[8]

Innerhalb des Areals, welches von dem inneren Graben umfasst ist, wurden mit Ausnahme der Kapelle, keine Gebäudefundamente aufgefunden. Dies stützt die Annahme, dass die Gebäude wohl im Wesentlichen aus Holz gefertigt waren.

Der Zugang zur Burg erfolgte wahrscheinlich über eine aus Eichenstämmen erbaute Bockbrücke in nordöstlicher Richtung. Die Funde aus den Jahren 1890 und 1893 waren zwei Gewölbeschlusssteine, Fragmente irdener Gefäße, Hufeisen, eiserne Nägel, zahlreiche Holzgegenstände und 16 Kugeln aus Sandstein mit einem Durchmesser von 12 bis 16 cm.

In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde die Burg wohl systematisch zerstört. Die hölzernen Funde wiesen Brandspuren auf, so dass eine Zerstörung der Burg durch Brand vermutet werden kann.

1937 fanden unpublizierte Ausgrabungen durch Karl Nahrgang statt und 1993 ein unpublizierter Suchschnitt durch das Hessische Landesamt für Denkmalpflege. Von Knappe als Buckelquader der Burg identifizierte Steine sollen sich in alten Bauernhäusern des Ortes wiederfinden lassen.[9]

Heutige Nutzung

Panorama des Burgstallgeländes; ansatzweise ist im Gras noch ein Burggraben zu erkennen

Heute weist nur noch eine Informationstafel des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald auf die Burgstelle hin. Die Burgstelle selbst ist heute aufgrund einer Industrieansiedlung kaum mehr erkennbar.

Sage

Eine Odenwälder Sage behauptet, dass ein Ritter Eberhard von Erbach um die Tochter des Waldauer Burgherren geworben und da er vom Burgherren abgewiesen, die Burg belagert und verbrannt habe. Seine Geliebte aus der niederbrennenden Burg rettend, soll er für beider Wohnsitz die Burg Freienstein erbaut haben. Sein Besitztum aber führte er weiterhin als Waldauer Lehen.[7]

Literatur

  • Heinrich Giess: Ausgrabungen auf der Stätte der ehemaligen Burg Waldau bei Wahlen im Odenwald. In: Quartalblätter des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen. NF Bd. 1, 1891/1895, ZDB-ID 517940-3, S. 427–433.
  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 2. Auflage. Wartberg, Gudensberg-Gleichen 1995, ISBN 3-86134-228-6, S. 575.
  • Thomas Steinmetz: Burg Waldau – Vorposten der Herrschaft Waldau im Ulfenbachtal. In: Gelurt. Odenwälder Jahrbuch für Kultur und Geschichte 2010. Kreisarchiv des Odenwaldkreises, 2009, ISBN 978-3-9805891-7-2 (formal falsch), ISSN 0947-4870, S. 78–84 (Inhaltsverzeichnis [PDF; 207 kB; abgerufen am 22. April 2021]). Abrufbar unter Kreisarchiv.
  • Thomas Steinmetz: Kleinburgen im Odenwald: Die Wasserburg Waldau. In: Odenwald-Heimat. Monatliche Beilage der Odenwälder Heimatzeitung (Amtliches Verkündigungsblatt des Landratsamtes Erbach im Odenwald), 55. Jahrgang, Erbach 7/1980, S. 25 ff.

Weblinks

Commons: Burgstall Waldau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Burgstall Waldau in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts
  2. a b Thomas Steinmetz: Burg Waldau – Vorposten der Herrschaft Waldau im Ulfenbachtal. S. 78.
  3. Thomas Steinmetz: Burg Waldau – Vorposten der Herrschaft Waldau im Ulfenbachtal. S. 79.
  4. Heidelberger historische Bestände - digital: Adolf Koch; Eduard Winkelmann (Hrsg.) Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 1214–1508, Band 1: 1214–1400, Innsbruck, 1894, S. 187.
  5. Thomas Steinmetz: Burg Waldau – Vorposten der Herrschaft Waldau im Ulfenbachtal. S. 83.
  6. a b Thomas Steinmetz: Burg Waldau – Vorposten der Herrschaft Waldau im Ulfenbachtal. S. 81.
  7. a b Thomas Steinmetz: Burg Waldau – Vorposten der Herrschaft Waldau im Ulfenbachtal. S. 82.
  8. a b c 125. Burg Waldau im Odenwald. In: Korrespondenzblatt der Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst. Trier 1892, S. 201 f.
  9. Burg Waldau, Landkreis Bergstraße. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 28. Mai 2014). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 13. Februar 2021.

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Das Wambolt'sche Schloss in Groß-Umstadt, Aufnahme Richtung Nordwesten; über dem Aufgang des Südbaues ist die Wappentafel, an der Südostecke des Nordbaues die Infotafel erkennbar; die östlichen Fenster des Nordbaues zeigen die schönen Schmiedearbeiten
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Informationstafel des Geo-Naturparks Bergstaße-Odenwald mit Blick auf das Gelände des Burgstalles
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Der Ulfenbach direkt an der Brücke zum Burgstalls Waldau in Grasellenbach OT Wahlen
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(Schlechtes zusammengestztes Panorama) Gelände des Burgstalls Waldau in Grasellenbach OT Wahlen. Am unterschiedlichen Grasbewuchs ist der Verlauf eines Burggrabens andeutungsweise noch zu erkennen.
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Burg Rodenstein, Teile der Ringmauer und in der Mitte den sog. Mühlturm
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Das Wamboldt´sche Schloss in Birkenau/Hessen. Schloss Birkenau ist ein spätbarockes Schloss im gleichnamigen Ort Birkenau im Tal der Weschnitz nahe Weinheim. Es handelt sich um einen recht einfach strukturierten, aber dennoch beeindruckenden zweigeschossigen Bau mit einem angegliederten Schlosspark. Mit der Errichtung wurde 1765 im Auftrag des Freiherrn Wambolt von Umstadt durch den Speyrer Hofbaumeister Johann Leonhard Stahl in unmittelbarer Nähe eines Vorgängerbaus begonnen, bis 1779 (n.a.A. schon 1771 bzw. 1772) wurde das Schloss schließlich durch den kurpfälzischen Hofbaumeister Franz Wilhelm Rabaliatti fertiggestellt. Umbauten erfolgten im 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts
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