Bundesverwaltungsgericht (Österreich)

OsterreichÖsterreichBundesverwaltungsgericht
— BVwG —p1
Staatliche EbeneBund
StellungVerwaltungsgericht
Aufsichts­organ(e)Bundesministerium für Justiz
(in Angelegenheiten der Justizverwaltung)
Bestehenseit 1. Jänner 2014
HauptsitzWien 3, Erdbergstraße 192–196
Präsidentdzt. unbesetzt[1]
Mitarbeiter220 Richter und rund 370 nichtrichterliche Mitarbeiter[2]
Websitebvwg.gv.at
Sitz des Bundesverwaltungsgerichts im Bundesamtsgebäude Erdberg

Das Bundesverwaltungsgericht ist das überwiegend für den Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung zuständige Verwaltungsgericht in Österreich. Seinen Hauptsitz hat es in Wien, im Bundesamtsgebäude Erdberg, Außenstellen befinden sich in Graz, Innsbruck und Linz.[3]

Als Verwaltungsgericht erster Instanz steht es auf derselben Stufe wie die Landesverwaltungsgerichte und das Bundesfinanzgericht. Es ersetzte den Asylgerichtshof, das Bundesvergabeamt und eine Reihe anderer unabhängiger Bundesbehörden, die im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 mit 1. Jänner 2014 aufgelöst wurden.

Bei der Bildung des Bundesverwaltungsgerichts hatten der Asylgerichtshof und das Bundesvergabeamt eine herausragende Stellung, da die hauptberuflichen Mitglieder des Bundesvergabeamtes und die Richter des Asylgerichtshofes das Recht auf Übernahme in das Verwaltungsgericht haben. Auch bei der Besetzung der Leitungsfunktionen kamen bisherige Spitzenfunktionäre zum Zug. Harald Perl, bis 31. Dezember 2013 Präsident des Asylgerichtshofes, wurde zum Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes bestellt. Er ist am 30. November 2022 wegen Erreichen der Altersgrenze aus dem Bundesverwaltungsgericht ausgeschieden. Derzeit läuft das Verfahren zur Bestellung eines neuen Präsidenten. Vizepräsident ist Michael Sachs, bis 31. Dezember 2013 Vorsitzender des Bundesvergabeamtes.[4] Von einer Kommission wurde „dem Vernehmen nach“[5] Sabine Matejka als Präsidentin des BVwG ausgewählt.[6][7] „Der Bestellung steht jedoch die Besetzung eines anderen Spitzenjobs im Weg, nämlich jene des ebenfalls vakanten Chefpostens in der Bundeswettbewerbsbehörde.“[8]

Gerichtsbarkeit in Österreich seit 1. Jänner 2014

Rechtsgrundlagen und äußere Organisation

Die verfassungsrechtliche Grundlage des Bundesverwaltungsgerichts bilden die Art. 129 bis 136 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG). Nähere Details seiner Organisation sind im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) geregelt. Auf das Verfahren vor dem BVwG sind das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) und das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) anwendbar.

Die Grundsätze der äußeren Organisation der Verwaltungsgerichte sind in Art. 134 B-VG enthalten. Demnach besteht das Bundesverwaltungsgericht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und aus weiteren Richtern. Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Richter werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt. Hinsichtlich der Richter (nicht jedoch des Präsidenten und Vizepräsidenten) hat die Bundesregierung einen Dreiervorschlag des von der Vollversammlung zu bildenden Personalsenats einzuholen. Durch diese Selbstergänzung soll die richterliche Unabhängigkeit gestärkt werden. Für die Bestellung des Präsidenten und des Vizepräsidenten sieht § 2 Abs. 3 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes die Beurteilung der Bewerbungen durch eine Kommission vor.

Die Rechtsprechungstätigkeit nimmt das Bundesverwaltungsgericht im Regelfall (Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG) durch Einzelrichter wahr. Die Materiengesetze können Entscheidungen durch Senate aus Berufsrichtern oder mit Laienbeteiligung vorsehen. Diese fachkundigen Laien werden vom Bundeskanzler nach § 12 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes für eine Funktionsperiode von sechs Jahren bestellt und üben ihr Amt nebenberuflich aus. Sie haben im jeweiligen Verfahren dieselbe Stellung wie die Berufsrichter.

Zuständigkeiten und Instanzenzug

Die Verwaltungsgerichte entscheiden gemäß Art. 130 B-VG insbesondere über

  • Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde (Bescheidbeschwerde) und wegen Verletzung der Entscheidungspflicht einer Verwaltungsbehörde, also wenn die Verwaltungsbehörde einen Bescheid nicht in der gesetzlichen Frist erlassen hat (Säumnisbeschwerde) und
  • Beschwerden wegen rechtswidriger Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahmenbeschwerde).

Mit der Schaffung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde der administrative Instanzenzug, also das Recht, gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde Berufung bei der jeweils übergeordneten Behörde einzulegen, grundsätzlich abgeschafft. Nur in einigen Bundesländern bestehen für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden Ausnahmen.

Neben den oben angesprochenen Zuständigkeiten kann den Verwaltungsgerichten durch Gesetz die Entscheidung

übertragen werden.

Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und den anderen Verwaltungsgerichten trifft Art. 131 B-VG. Das Bundesverwaltungsgericht ist grundsätzlich zuständig für alle Aufgaben der Bundesverwaltung, die unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden und nicht die öffentlichen Abgaben betreffen. Somit fallen die Geschäfte der mittelbaren Bundesverwaltung und der Sicherheitsverwaltung nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesverwaltungsgerichts. Die Zuständigkeit der Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch durch die Bundesverfassung nicht abschließend geregelt, da die Zuständigkeiten gemäß Art. 131 Abs. 4 B-VG durch Gesetz auch abweichend geregelt werden können. Solche Gesetze können vom Bund nur mit Zustimmung der Länder und von den Ländern nur mit Zustimmung der Bundesregierung erlassen werden.

Gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Erkenntnisse und Beschlüsse) stehen die Rechtsmittel der ordentlichen bzw. außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof offen. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil

  • das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,
  • eine solche Rechtsprechung fehlt oder
  • die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Spricht das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision zulässig ist, so kann ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Spricht das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision nicht zulässig ist, so kann außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. In dieser außerordentlichen Revision muss der Revisionswerber zuerst dartun, warum seiner Meinung nach die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG (im Gegensatz zur Meinung des Verwaltungsgerichts) tatsächlich vorliegen.

Durch Art. 133 Abs. 4 B-VG wird klargestellt, dass dem Verwaltungsgerichtshof hauptsächlich die Aufgabe der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zukommt.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde nach Art. 144 B-VG wegen Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte oder wegen Rechtsverletzung durch die Anwendung gesetz- bzw. verfassungswidriger genereller Normen zu erheben.

Weblinks

Commons: Bundesverwaltungsgericht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Übertritt in den Ruhestand von Präsident Perl, Bundesverwaltungsgericht, abgerufen am 17. Jänner 2023.
  2. Bundesverwaltungsgericht: [1], abgerufen am 11. April 2017
  3. § 1 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG (BGBl. I Nr. 10/2013)
  4. Bundeskanzleramt Österreich; Bestellung von Spitzenfunktionen im Rahmen der novellierten Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgt@1@2Vorlage:Toter Link/www.bka.gv.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Presseaussendung vom 20. Juli 2012)
  5. ORF at/Agenturen jkla: BVwG-Spitze: Kogler verweist auf Koalitionspartner. 13. Juli 2023, abgerufen am 14. Juli 2023.
  6. Raffaela Lindorfer: Verwaltungsgericht wartet seit 165 Tagen auf neue Leitung. In: Kurier.at. 15. Mai 2023, abgerufen am 16. Mai 2023.
  7. jkla, ORF.at: BVwG-Spitze: Bewerber seit Februar informiert. In: news.orf.at. Österreichischer Rundfunk, Stiftung öffentlichen Rechts, 7. Juni 2023, abgerufen am 7. Juni 2023.
  8. ORF at/Agenturen red: BVwG: Matejka mit Kritik an Bundesregierung. 11. August 2023, abgerufen am 11. August 2023.

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2012 Wien 0126
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Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
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