Bundespatentgericht (Deutschland)

DeutschlandBundespatentgericht
— BPatG —p1
Staatliche EbeneBund
StellungBundesgericht
Aufsichts­organ(e)Bundesministerium der Justiz
Bestehenseit 1. Juli 1961
HauptsitzMünchen, Bayern Bayern
LeitungRegina Hock,[1] Präsidentin des Bundespatentgerichts
Websitewww.bundespatentgericht.de
Dienstgebäude des Bundespatentgerichts

Das Bundespatentgericht (BPatG) ist das zweitgrößte deutsche Bundesgericht und hat seinen Sitz in München. Es wurde am 1. Juli 1961 gegründet. Aufgabe dieses Gerichts ist es, in bestimmten Rechtsstreitigkeiten über gewerbliche Schutzrechte (u. a. Patente und Marken) zu entscheiden.

Geschichte

Seit der Errichtung des Deutschen Patentamts im Jahre 1877 wurden dessen Entscheidungen in einem Beschwerdeverfahren durch besondere Stellen des Patentamts selbst überprüft. Diese Aufgabenteilung wurde auch nach 1949 unter der Geltung des Grundgesetzes (GG) zunächst beibehalten. Dadurch entstand das Problem, dass Art. 19 Abs. 4 GG bei jeder Verletzung von Rechten durch die öffentliche Gewalt den Rechtsweg zu unabhängigen Gerichten eröffnet. Den Streit, ob die Beschwerdeausschüsse des Patentamts solche unabhängigen Gerichte waren, entschied das Bundesverwaltungsgericht 1959 dahin, dass alle Entscheidungen des Patentamts der Kontrolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegen. Daraufhin wurde 1961 das Grundgesetz durch Einfügung von Art. 96 GG ergänzt, wonach der Bund für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes ein Bundesgericht errichten kann, und das Bundespatentgericht noch im selben Jahr unter Nutzung der jetzt im Grundgesetz geschaffenen Ermächtigung ins Leben gerufen.

Gerichtsbarkeit

Das Bundespatentgericht gehört formell als einziges bundesrechtlich bestimmtes besonderes Gericht zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, weil es gem. Art. 96 Abs. 3 GG im Rechtszug unter dem Bundesgerichtshof eingeordnet ist. Materiell nimmt das Bundespatentgericht verwaltungsgerichtliche Aufgaben der rechtlichen Kontrolle der Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts und des Bundessortenamts wahr. Darüber hinaus ist es zuständig für Nichtigkeitsklagen, mit denen Dritte die Gültigkeit eines nationalen Patentes oder eines europäischen Patents für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland oder eines dazu erteilten ergänzenden Schutzzertifikats (für Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel) angreifen. Ferner ist es für die (sehr selten vorkommende) Erteilung von Zwangslizenzen an diesen Patenten zuständig.

Für Rechtsstreitigkeiten, in denen die Verletzung eingetragener Schutzrechte geltend gemacht wird, ist nicht das Bundespatentgericht zuständig, sondern die ordentliche Gerichtsbarkeit der Länder, zumeist Spezialkammern bestimmter Landgerichte.

Gerichtsorganisation/Spruchkörper

Sitzungssaal mit IT-Ausstattung
Richterbank im Sitzungssaal mit IT-Ausstattung
Bibliothek
Sitzungssaal mit IT-Ausstattung

Das Bundespatentgericht entscheidet die einzelnen Streitigkeiten durch Senate, deren Besetzung von der Rechtsmaterie des einzelnen Falles abhängt (vgl. hierzu z. B. § 67 PatG und § 67 MarkenG).

Richter

Beim Bundespatentgericht wirken als Richter sowohl rechtskundige Mitglieder, die die Befähigung zum Richteramt haben müssen, als auch technische Mitglieder, die in einem Zweig der Technik sachverständig sein müssen (zumeist ehemalige Prüfer des Deutschen Patent- und Markenamts). Die Besetzung der Senate ist in § 67 PatG, § 67 Abs. 1 MarkenG, § 18 Abs. 3 GebrMG und § 34 Abs. 5 SortSchG geregelt. Demnach sind die technischen Beschwerdesenate mit drei technischen Richtern und einem Juristen, die Nichtigkeitssenate mit drei technischen Richtern und zwei Juristen, die Markensenate und der juristische Beschwerdesenat nur mit drei Juristen besetzt. Der Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat entscheidet über Beschwerden gegen die Zurückweisung der Anmeldung eines Gebrauchsmusters in der Besetzung mit zwei rechtskundigen Mitgliedern und einem technischen Mitglied, über Beschwerden gegen Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilungen über Löschungsanträge in der Besetzung mit einem rechtskundigen Mitglied und zwei technischen Mitgliedern. Zum 31. Dezember 2019 waren 97 Richter am BPatG beschäftigt, 28 Richterinnen und 69 Richter. Dabei waren die Senate mit 53 technischen Mitgliedern, d. h. solchen mit einer technisch-naturwissenschaftlichen Ausbildung, und 44 rechtskundigen Mitgliedern (Juristinnen und Juristen) besetzt.[2]

Seit 1. Mai 2021 bekleidet Regina Hock das Amt der Präsidentin.[3] Vizepräsident ist seit Juli 2010 Klaus Strößner.[4]

Verfahren

Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht ist durch die einzelnen Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere durch das Patentgesetz und das Markengesetz, sowie nachrangig durch die Zivilprozessordnung geregelt.

Das Gericht nimmt teil am elektronischen Rechtsverkehr, weshalb dort elektronische Dokumente eingereicht werden können. Seit September 2007 können beim Bundespatentgericht und beim Bundesgerichtshof elektronische Dokumente u. a. in Form des ISO-zertifizierten OpenDocument-Formats eingereicht werden.[5]

Geschäftsverteilung

Beim Bundespatentgericht bestehen (Stand 2020):[6]

  • 1 Beschwerdesenat für Sortenschutzsachen (36. Senat),
  • 1 Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat (35. Senat),
  • 1 Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat (7. Senat),
  • 4 Marken-Beschwerdesenate (25., 26. und 28.–29. Senat),
  • 1 Marken- und Design-Beschwerdesenat (30. Senat),
  • 6 Nichtigkeitssenate (1.–6. Senat),
  • 10 Technische Beschwerdesenate (8., 9., 11., 12., 14., 17.–20. und 23. Senat).

Personal

Am Bundespatentgericht arbeiten 97 Richter und 97 sonstige Bedienstete – davon 28 Richterinnen und 69 weibliche Bedienstete – (Stand 31. Dezember 2019).[2] Zum Stichtag 31. Dezember 2018 gab es drei Richter kraft Auftrags und keinen Richter auf Probe.[7]

Präsidenten und Vizepräsidenten

Präsidenten des Bundespatentgerichts
Nr.NameBeginn der AmtszeitEnde der Amtszeit
1Ulrich Weiss1. Juli 196130. Nov. 1966
2Werner Jungbluth19. Juni 196731. Mai 1971
3Rudolf Neumar18. Juli 197115. April 1972
4Ernst Karl Pakuscher18. Okt. 1972August 1986
5Elisabeth Steup1. Sept. 198631. Mai 1992
6Antje Sedemund-Treiber1. Juni 199231. März 2001
7Hans-Georg Landfermann1. Juli 200128. April 2006
8Raimund Lutz2. Mai 200631. Dez. 2010
9Beate Schmidt1. Mai 201130. April 2021
10Regina Hock1. Mai 2021
Vizepräsidenten des Bundespatentgerichts
Nr.NameBeginn der AmtszeitEnde der Amtszeit
1Karl Kaiser1. Juli 196130. Juni 1965
2Adolf Brösamle29. Juli 196631. Juli 1969
3Hermann KöttgenAugust 196931. Dezember 1974
4Erich GastJanuar 197530. April 1978
5Karl-Heinz LeiseMai 197831. Januar 1984
6Gerhard Bühler1. Februar 198430. April 1987
7Hans EngelhardtMai 198731. Mai 1991
8Norbert HauggJuni 199131. Juli 1995
9Hansjörg Schnegg22. Dezember 199530. Januar 2004
10Bernd Tödte5. Mai 200430. September 2009
11Klaus StrößnerJuli 201031. August 2022
12Gerald Rothe1. September 2022

Amtstracht

Robe am Bundespatentgericht

Die Amtstracht für die Richter und die Urkundsbeamten am Bundespatentgericht wurde mit der Anordnung des Bundespräsidenten über die Amtstracht bei dem Bundespatentgericht[8] festgelegt.

Die Amtstracht besteht aus einer Amtsrobe und einem Barett. Zur schwarzen Amtsrobe wird eine breite weiße Halsbinde mit herabhängenden Enden getragen, ausgenommen Urkundsbeamte, welche eine einfache weiße Halsbinde tragen. Der Besatz an der Amtsrobe und am Barett ist abhängig von der Funktion. Für Richter ist der Besatz aus stahlblauem Samt und für das Urkundspersonal ist der Besatz aus stahlblauem Wollstoff. Am Barett trägt der Präsident des Bundespatentgericht zwei Schnüre in Gold. Der Vizepräsident und die Senatspräsidenten tragen eine Schnur in Gold.

Abweichend von der Anordnung wird das Barett im Gerichtsalltag nicht verwendet. Zudem wird statt der weißen Halsbinde mit herabhängenden Enden häufig eine weiße Krawatte getragen.

Literatur

  • Achim Bender (Hrsg.), Klaus Schülke (Hrsg.), Volker Winterfeldt (Hrsg.): 50 Jahre Bundespatentgericht: Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Bundespatentgerichts am 1. Juli 2011. Heymanns, Köln 2011, ISBN 3-45-227526-4

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gerichtsleitung – Präsidentin des Bundespatentgerichts – Dr. Regina Hock, Bundespatentgericht
  2. a b Bundespatentgericht - Jahresbericht 2019. (PDF) Die Präsidentin des Bundespatentgerichts, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Informationsdienste, Juli 2020, abgerufen am 30. November 2020 (deutsch, englisch).
  3. Amtswechsel beim Bundespatentgericht. Dr. Regina Hock folgt Präsidentin Beate Schmidt. Bundespatentgericht, 30. April 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Mai 2021; abgerufen am 4. Mai 2021 (Pressemitteilung): „Im kleinen Kreis verabschiedeten Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Staatssekretärin Dr. Margaretha Sudhof die bisherige Präsidentin des Bundespatentgerichts Beate Schmidt in den Ruhestand. Zugleich führten sie Dr. Regina Hock als neue Präsidentin in ihr Amt ein.“  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundespatentgericht.de
  4. Dr. Klaus Strößner neuer Vizepräsident des Bundespatentgerichts. Bundespatentgericht, 29. September 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Juli 2014; abgerufen am 10. Juli 2014 (Pressemitteilung): „Der promovierte Physiker Klaus Strößner ist am 29. September 2010 in das Amt des Vizepräsidenten des Bundespatentgerichts eingeführt worden.“  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundespatentgericht.de
  5. Elektronische Poststelle. Bundespatentgericht, abgerufen am 10. Juli 2014.
  6. Geschäftsverteilung des Bundespatentgerichts für das Geschäftsjahr 2020. In: BAnz AT 10.02.2020 S2, S. 87. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, 10. Februar 2020, abgerufen am 30. November 2020.
  7. Richterstatistik 2018. (PDF) Bundesamt für Justiz, 15. November 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. März 2021; abgerufen am 8. September 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundesjustizamt.de
  8. Anordnung des Bundespräsidenten über die Amtstracht bei dem Bundespatentgericht. (pdf) In: Gesetze im Internet. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, juris GmbH, abgerufen am 10. Juli 2014.
Commons: Bundespatentgericht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 48° 5′ 30″ N, 11° 36′ 5″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of Bavaria (lozengy).svg
Die Rautenflagge des Freistaates Bayern seit 1971. Das Seitenverhältnis ist nicht vorgegeben, Abbildung 3:5.
2012-07-18-Bundespatentgericht-10.jpg
Autor/Urheber: Autorennennung bitte wie folgt: "Wikipedia / Tobias Klenze" (Link auf Benutzerseite ist optional). Die Lizenz muss ebenfalls genannt und verlinkt werden! Falls dieses Bild zum Beispiel unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 steht, lautet der Hinweis: Bild: Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 4.0. Die Lizenz muss verlinkt werden!, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Das Bundespatentgericht in München. Fotografiert im Rahmen des Landtagsprojektes Bayern 2012.
2012-07-18-Bundespatentgericht-1.jpg
Autor/Urheber: Autorennennung bitte wie folgt: "Wikipedia / Tobias Klenze" (Link auf Benutzerseite ist optional). Die Lizenz muss ebenfalls genannt und verlinkt werden! Falls dieses Bild zum Beispiel unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 steht, lautet der Hinweis: Bild: Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 4.0. Die Lizenz muss verlinkt werden!, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Das Bundespatentgericht in München. Fotografiert im Rahmen des Landtagsprojektes Bayern 2012.
Bundesadler Bundesorgane.svg
Emblem des Bundesadlers als Logo der deutschen Bundesorgane
Logo Bundespatentgericht.svg
Logo Bundespatentgericht 2022
2012-07-18-Bundespatentgericht-5.jpg
Autor/Urheber: Autorennennung bitte wie folgt: "Wikipedia / Tobias Klenze" (Link auf Benutzerseite ist optional). Die Lizenz muss ebenfalls genannt und verlinkt werden! Falls dieses Bild zum Beispiel unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 steht, lautet der Hinweis: Bild: Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 4.0. Die Lizenz muss verlinkt werden!, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Das Bundespatentgericht in München. Fotografiert im Rahmen des Landtagsprojektes Bayern 2012.
2012-07-18-Bundespatentgericht-12.jpg
Autor/Urheber: Autorennennung bitte wie folgt: "Wikipedia / Tobias Klenze" (Link auf Benutzerseite ist optional). Die Lizenz muss ebenfalls genannt und verlinkt werden! Falls dieses Bild zum Beispiel unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 steht, lautet der Hinweis: Bild: Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 4.0. Die Lizenz muss verlinkt werden!, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Das Bundespatentgericht in München. Fotografiert im Rahmen des Landtagsprojektes Bayern 2012.
2012-07-18-Bundespatentgericht-24.jpg
Autor/Urheber: Autorennennung bitte wie folgt: "Wikipedia / Tobias Klenze" (Link auf Benutzerseite ist optional). Die Lizenz muss ebenfalls genannt und verlinkt werden! Falls dieses Bild zum Beispiel unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 steht, lautet der Hinweis: Bild: Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 4.0. Die Lizenz muss verlinkt werden!, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Das Bundespatentgericht in München. Fotografiert im Rahmen des Landtagsprojektes Bayern 2012.
2012-07-18-Bundespatentgericht-22.jpg
Autor/Urheber: Autorennennung bitte wie folgt: "Wikipedia / Tobias Klenze" (Link auf Benutzerseite ist optional). Die Lizenz muss ebenfalls genannt und verlinkt werden! Falls dieses Bild zum Beispiel unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0 steht, lautet der Hinweis: Bild: Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 4.0. Die Lizenz muss verlinkt werden!, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Das Bundespatentgericht in München. Fotografiert im Rahmen des Landtagsprojektes Bayern 2012.