Bruntál

Bruntál
Wappen von Bruntál
Bruntál (Tschechien)
Basisdaten
Staat:Tschechien Tschechien
Region:Moravskoslezský kraj
Bezirk:Bruntál
Fläche:3016 ha
Geographische Lage:49° 59′ N, 17° 28′ O
Höhe:409 m n.m.
Einwohner:15.415 (1. Jan. 2023)[1]
Postleitzahl:792 01
Verkehr
Straße:I/11
I/45
Bahnanschluss:Olomouc–Opava východ
Bruntál–Malá Morávka
Struktur
Status:Stadt
Ortsteile:3
Verwaltung
Bürgermeister:František Struška (Stand: 2010)
Adresse:Nádražní 20
792 01 Bruntál
Gemeindenummer:597180
Website:www.mubruntal.cz

Bruntál (deutsch Freudenthal, lateinisch Vallis Gaudiorum) ist die Bezirksstadt des tschechischen Verwaltungsbezirks Bruntál (Freudenthal) im Mährisch-Schlesischen Kreis.

Geographie

Lage

Die Stadt liegt in den Sudeten östlich des Altvatergebirges im Niederen Gesenke (Nízký Jeseník) im Tal des zur Mohra fließenden Schwarzbaches (Černý potok) umgeben von den Gipfeln des Köhlerbergs (672 m), dem basaltische Kegelrest eines erloschenen Vulkans, im Südwesten, Vodárenský vrch 599 m, Zadní Zelený vrch 563 m und dem Ziegenberg (Kozinec, 639 m). Weitere Erhebungen in der Umgebung sind Venušina sopka (655 m), Velký Roudný (780 m) und Malý Roudný (770 m). Die Bergbäche Bukový potok, Kobylí potok und der Mühlbach (Vodárenský potok) verlaufen durch das Stadtgebiet.

Freudenthal südwestlich von Leobschütz und nordwestlich von Troppau auf einer Landkarte von 1909
Marktplatz
Rathaus
Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt
Schloss Freudenthal
Stausee Schlesisch Hartau

Stadtgliederung

Ortsteile

  • Bruntál (Freudenthal)
  • Karlovec (Karlsberg)
  • Kunov (Kunau)

Katastralgemeinden

  • Bruntál-město (Freudenthal-Stadt)
  • Karlovec (Karlsberg)

Geschichte

Freudenthal wurde im Jahre 1213 gegründet und ist eine der ältesten böhmischen Königsstädte.

Bis zur Teilung von 1377 gehörte Freudenthal zum Herzogtum Troppau. Danach war die Stadt zeitweise im Besitz der Herzöge von Jägerndorf und der Herzöge von Ratibor und schließlich ab 1473 der Herren von Würben auf Freudenthal. Die Herrschaft wurde aus dem Herzogtum Jägerndorf ausgegliedert, wieder dem Herzogtum Troppau zugeschlagen und zu einer Minderherrschaft erhoben.

1474 wurde die Burg vom ungarischen König Matthias Corvinus belagert, eingenommen und zerstört.

Nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 wurde die Herrschaft vom Kaiser konfisziert und an den Deutschen Orden verkauft. Von 1682 bis 1684 bestand das Herzogtum Freudenthal mit dem Hochmeister des Deutschen Ordens Johann Caspar von Ampringen als Landeshauptmann von Schlesien.

Über Jahrhunderte war der Bergbau, vor allem der Abbau von Edelmetallen, sehr bedeutend für Stadt und Region – der Bergmann im Stadtwappen weist auf diese Zeit hin.

Im 19. Jahrhundert kam es zur Industrialisierung. Wobei hauptsächlich die Textilindustrie mit Lederfabriken, Bleichereien, Spinnereien und Webereien von Bedeutung war. Bekannt war der Ort für die Produktion der begehrten schlesischen Hausleinwanden. Ebenfalls entstanden in dieser Zeit die Olmützer Vorstadt, die Jägerndorfer Vorstadt und die Neusser Vorstadt.

Bis 1918 war die Stadt der Sitz der Bezirkshauptmannschaft Freudenthal des Kronlandes Schlesien.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam Freudenthal aufgrund der Bestimmungen des am 10. September 1919 unterfertigten Vertrags von Saint-Germain zur neu geschaffenen Tschechoslowakei. Durch das Münchner Abkommen wurde Freudenthal 1938 zusammen mit dem Sudetenland dem Deutschen Reich zugesprochen und gehörte bis 1945 zum Landkreis Freudenthal im Regierungsbezirk Troppau im Reichsgau Sudetenland.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Freudenthal zusammen mit dem Sudetenland wieder an die Tschechoslowakei zurück. Die überwiegende deutsche Bevölkerungsgruppe wurde vertrieben. Ihr Vermögen wurde konfisziert; auch die katholische Kirche wurde enteignet.

Von 1960 bis 2002 war die Stadt der Sitz des Okres Bruntál.

Ortsname

  • tschechisch Bruntál, deutsch Freudenthal (1325 Vreudenthal, 1397 Frewdenthal, 1405 Fraydintal, 1560–1945 Freudenthal, 1771 Freydenthal), polnisch Bruntal, schlesisch Brůntal, latein. Vallis Gaudiorum, Vrudental (1220 Freudenthal, 1238–1263 Vreudendal, 1263 Vrudental, 1290 Wreudenthal, Freudentala, Vreudenthal, Vrudenthal).
  • tschechisch Karlovec, deutsch Karlsberg, polnisch Karłowiec.
  • tschechisch Kunov, deutsch Kunau, polnisch Kunów.

Ursprünglich wurde die deutsche Bezeichnung Freudenthal verwendet, die bereits in alten Schriften als Vreudendal (1238), Vrudental (1263), Wrowdintal (1306) belegt ist. Die böhmische Bezeichnung Bruntál taucht erstmals im Jahr 1456 auf.

In manchen Sprachen existieren daher zwei Bezeichnungen:

  • Russisch: Брунталь, Фройденталь
  • Jiddisch: פרויידנטל (Frojdental, Froydental)
  • Griechisch: Μπρουντάλ (Bruntal)
  • Litauisch: Bruntalis
  • Arabisch: برونتال (Brūntāl), hebräisch: ברונטאל (Bruntal)

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung bis 1945

JahrEinwohnerAnmerkungen
18343.608deutsche Einwohner[2]
18543.700
18614.034Stadtgemeinde 5.519[3]
18807.595
19007.759deutsche Einwohner,[4] Stadtgemeinde 8.060
19108.066davon 7.725 Katholiken, 229 Evangelische und 97 Israeliten (16 Tschechen/Slowaken, zehn Polen)[5]
19218.077Stadtgemeinde 8.597
19309.547davon 396 Tschechen und Slowaken, 8.904 Deutsche, 10 Juden, elf Polen; Stadtgemeinde 9.905
19399.569davon 535 Evangelische, 8.876 Katholiken, 34 sonstige Christen und 14 Juden[6]

Bevölkerungsentwicklung nach Ende des Zweiten Weltkriegs[7]

(Stand: 31.12. des jeweiligen Jahres)

JahrEinwohner
194706.376
196008.725
197011.728
198017.318
199019.387
JahrEinwohner
200017.847
201017.156
202015.908
202215.415

Politik

Bürgermeister

  • 1809–1814: Franz Josef Thiel
  • 1817–1833: Cyrill Riedel (1766–1839), Fabrikant
  • 1833–1834: Karl Kurzweil
  • 1834–1840: Josef Fenz
  • 1840–1847: Florian Schneider
  • 1847–1859: Franz Rudolf Wohlfarth
  • 1864–1876: Anton Luft (1748–?), Fabrikant im Maschinenbau
  • 1876–1887: Gustav Gabriel
  • 1887–1888: Friedrich Kurzweil (1840–1912), Fabrikant
  • 1901–1919: Wenzel Franz Olbrich (1846–1930), Fabrikant
  • 1919–1922: Alois Plischke (1868–?)
  • 1923–1938: Rudolf Bayer (1885–1949), Rechtsanwalt
  • 1938–1945: Walter Kindermann (1894–1959), Baumeister

Bruntáls Bürgermeister seit Ende 2006 ist František Struška (ČSSD). Die Stellvertreter sind Václav Mores (SNK; Partei der freien Kandidaten) und Petr Rys (Bruntál 2006–2010).

Städtepartnerschaften

In Memmingen befindet sich das Freudenthal-Altvater-Heimatmuseum.

Sehenswürdigkeiten

Der historische Stadtkern einschließlich des Schlosses Freudenthal (Zámek Bruntál) wurde zur Denkmalzone erklärt. Zu den bekannten Denkmälern gehören die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, das Gabrielhaus, die Piaristenkirche der Maria Trösterin mit Kloster, das Gesellschaftshaus, die Kapelle St. Michael, die Mildner-Villa und die Evangelische Kirche am Stutenteich.

Zu der auf dem Köhlerberg gelegenen, weithin sichtbaren Wallfahrtskirche „Maria Hilf“ (Kostel Panny Marie Pomocné) führt eine fast zweihundert Jahre alte vierreihige Lindenallee.

Die hussitische Kirche (Kostel církve československo husitské), die Gebäude der Berufsschule und die Kommerzbank wurden in den 1990er Jahren rekonstruiert.

Wirtschaft

Industrie

Nach Februar 1948 kam es zu einer schrittweisen Stilllegung oder Enteignung von Betrieben mit örtlicher Bedeutung – Mühlen, Sägewerke, Schlachthöfe, Bierbrauereien, kleine Wasserkraftwerke, Kleingewerbe und die traditionelle Textilindustrie.

In den 1970er und 1980er Jahren entstanden ein Hydrometallurgiebetrieb, eine Kunststoffpresserei, Zentralwerkstätten, ČSAO, ČSAD und andere. Im Bezirk wurde eines der größten Staatsgüter in der Republik geschaffen.

Nach 1989 kam es zur Schließung zahlreicher Großbetriebe und zu einer Verlagerung auf den Dienstleistungssektor und das Kleingewerbe.

Fremdenverkehr

Trotz einer Reihe ökologischer Probleme, die die Folgen unüberlegter Eingriffe in die Natur sind, gehört die Region Bruntál mit ihren Naturschönheiten zu den touristischen Attraktionen der Mährisch-Schlesischen Region.

Verkehr

Bahnhof Bruntál

Der Bahnhof befindet sich an der Bahnstrecke Olomouc–Opava východ (Krnov). An Wochenenden fahren auch Züge auf der hier abzweigenden Nebenbahn nach Malá Morávka.

Von Jägerndorf führt ebenfalls eine Chaussee die heutige I/45 nach Olmütz, welche in der Stadt die Straße I/11 (Königgrätz-Jablunkau) kreuzt.

Söhne und Töchter der Stadt

  • Johann Riedel (1654–1736), Bildhauer und Ordensmitglied der Jesuiten
  • Joseph Krones (1797–1832), Schauspieler
  • Therese Krones (1801–1830), Schauspielerin
  • Franz von Neumann der Ältere (1815–1888), Architekt
  • Josef Englisch (1835–1915), österreichischer Urologe und Chirurg
  • Karl Quidenus (1839–1904), österreichischer Architekt und Stadtbaumeister
  • Ernst Ludwig (1842–1915), österreichischer Chemiker
  • Anton Müller (1848–1932), österreichischer Architekt
  • Ernst Berl (1877–1946), österreichischer Chemiker
  • Bruno Hanns Wittek (1895–1935), Lyriker, Erzähler und Dichter
  • Paul Proksch (1911–2008), Maler, Graphik- und Textildesigner
  • Irena Anders (1920–2010), polnische Bühnenschauspielerin und Sängerin
  • Friedrich Nather (1924–2009), Bauingenieur und Professor
  • Wolfgang Niesner (1925–1994), Graphiker
  • Adolf Kutschker (1929–2009), deutscher Dichter und Schriftsteller
  • Hertha Scholz-Peschke (* 1929), Kunstschaffende
  • Helmut Richter (1933–2019), deutscher Schriftsteller, vor allem bekannt als Textdichter des Liedes Über sieben Brücken mußt du gehn
  • Karl Schnith (1934–1999), Mittelalterhistoriker
  • Jörg K. Hoensch (1935–2001), deutscher Historiker
  • Wolfgang Peter Woseipka (* 1939), bildender Künstler
  • Sigfried Held (* 1942), Fußballspieler- und trainer
  • Wolfgang Michalka (* 1943), Zeithistoriker
  • Iva Bittová (* 1958), Musikerin und Schauspielerin
  • Oldřich Machala (* 1963), Fußballspieler- und trainer
  • Leo Gudas (* 1965), Eishockeyspieler und -trainer
  • Martin Lukeš (* 1978), Fußballspieler
  • Lubomír Petruš (* 1990), Cyclocross- und Straßenradrennfahrer
  • Diana Mezuliáníková (* 1992), Mittelstreckenläuferin

Literatur

  • Faustin Ens: Beschreibung des Oppalandes und seiner Bewohner im Allgemeinen. Wien 1836, S. 190–213.
  • Jan Šícha, Eva Habel, Peter Liebald, Gudrun Heissig: Odsun. Die Vertreibung der Sudetendeutschen. Dokumentation zu Ursachen, Planung und Realisierung einer „ethnischen Säuberung“ in der Mitte Europas 1945/46. Sudetendeutsches Archiv, München 1995, ISBN 3-930626-08-X.

Weblinks

Commons: Bruntál – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  2. Faustin Ens: Beschreibung des Oppalandes und seiner Bewohner im Allgemeinen. Wien 1836, S. 210.
  3. Karel Frantisek Eduard Kor̆istka: Die Markgrafschaft Mähren und das Herzogthum Schlesien in ihren geographischen Verhältnissen. E. Hölzel, 1861, S. 267. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  4. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 7, Leipzig/Wien 1907, S. 95.
  5. Ludwig Patryn (Hrsg.): Die Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910 in Schlesien, Troppau 1912, S. 36–37, Ziffer 8.
  6. Michael Rademacher: Landkreis Freudenthal (tschech. Bruntál). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Database of Demographic Indicators for Selected Towns of the Czech Republic. Tab. 13. In: www.czso.cz. Abgerufen am 4. November 2023.

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