Brunogeierit
Brunogeierit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer | 1972-004[1] |
IMA-Symbol | Bng[2] |
Andere Namen |
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Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) | Silikate und Germanate (ehemals Oxide und Hydroxide) |
System-Nummer nach Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana | IV/B.04-050[5] 9.AC.15 (ehemals 4.BB.05[6]) 07.02.02.07 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | kubisch |
Kristallklasse; Symbol | hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[7] |
Raumgruppe | Fd3m (Nr. 227) |
Gitterparameter | a = 8,41 Å[3] |
Formeleinheiten | Z = 8[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 4,5[5] bis 5[8] |
Dichte (g/cm3) | berechnet: 5,51[8] |
Spaltbarkeit | fehlt[5] |
Farbe | grau bis grauschwarz mit bräunlichen, inneren Reflexionen im Auflicht |
Strichfarbe | nicht definiert |
Transparenz | undurchsichtig (opak) |
Glanz | schwacher Metallglanz |
Magnetismus | ferromagnetisch[9] |
Brunogeierit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ (ehemals Oxide und Hydroxide, siehe Klassifikation) mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Fe2+2Ge4+O4[1] und ist damit chemisch gesehen ein Eisen-Germanat. Strukturell zählt Brunogeierit allerdings zur Gruppe der Spinelle und wurde daher von seinen Erstbeschreibern auch als Germanium-Ferritspinell bezeichnet. Entsprechend der allgemeinen Schreibweise für Spinelle (AB2X4) kann die Formel für Brunogeierit mit GeFe2+2O4[9] angegeben werden.
Brunogeierit kristallisiert im kubischen Kristallsystem, entwickelt jedoch nur sehr selten mit bloßem Auge sichtbare Kristalle bis etwa 5 mm Größe.[8] Gewöhnlich findet er sich, umgeben von Stottit, in Form krustiger Überzüge von 40 bis 50 μm auf Tennantit, der wiederum Einschlüsse von Renierit enthält.[10] Ebenso kann Brunogeierit von Sphalerit und Magnetit eingeschlossen sein.[8]
Das Mineral ist im Allgemeinen undurchsichtig (opak) und von grauer bis grauschwarzer Farbe mit bräunlichen Innenreflexionen im Auflichtmikroskop. Die Oberflächen der Kristalle weisen einen schwachen metallischen Glanz auf.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Brunogeierit der weltberühmten Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte „Tsumeb Mine“[11] (auch Tsumcorp Mine) nahe der gleichnamigen Bergbaustadt in der Oshikoto-Region von Namibia. Die Erstbeschreibung erfolgte 1972 durch Joachim Ottemann und Bernhard Nuber, die das Mineral nach dem früheren Chef-Mineralogen der Tsumcorp Bruno H. Geier (1902–1987) benannten, um seine Verdienste um die Erforschung der Mineralparagenesen von Tsumeb zu ehren.[10]
Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial von Brunogeierit ist nicht definiert.[8]
Klassifikation
Die aktuelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Brunogeierit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Ahrensit, Filipstadit, Qandilit, Ringwoodit und Ulvöspinell die Ulvöspinell-Untergruppe innerhalb der Oxispinelle bildet.[12]
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist der Brunogeierit noch nicht verzeichnet.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/B.04-050. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 3 : 4 (Spinelltyp M3O4 und verwandte Verbindungen)“, wo Brunogeierit zusammen mit Coulsonit, Magnesiocoulsonit, Qandilit, Ulvöspinell und Vuorelainenit die Gruppe der „V/Ti/Ge-Spinelle“ mit der Systemnummer IV/B.04 bildet.[5]
Die der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[6] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnete den Brunogeierit zunächst ebenfalls in die Abteilung der Oxide mit Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 3 : 4 und vergleichbare“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden war, wo es zusammen mit Chromit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Filipstadit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Hercynit, Jakobsit, Magnesiochromit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Nichromit (N), Qandilit, Spinell, Trevorit, Ulvöspinell, Vuorelainenit und Zincochromit die „Spinellgruppe“ mit der System-Nr. 4.BB.05 bildete.
Seit 2011 wird Brunogeierit allerdings in die Klasse der „Silikate und Germanate“ eingeordnet[13] und ist dort zusammen mit Ringwoodit in der neu definierten „Ringwooditgruppe“ mit der Systemnummer 9.AC.15 innerhalb der Unterabteilung der „Inselsilikate ohne weitere Anionen; Kationen in oktaedrischer [6] Koordination“ zu finden.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Brunogeierit die System- und Mineralnummer 07.02.02.07. Dies entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Mehrfache Oxide“. Hier steht das Mineral zusammen mit Magnesioferrit, Jakobsit, Magnetit, Franklinit, Trevorit und Cuprospinell in der „Eisen-Untergruppe“ mit der Systemnummer 07.02.02 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“.
Chemismus
Die idealisierte, theoretische Verbindung Fe2+2Ge4+O4 besteht aus 44,98 % Eisen (Fe), 29,25 % Germanium (Ge) und 25,77 % Sauerstoff (O).[14] Bei der Elektronenstrahlmikroanalyse des Typmaterials aus Tsumeb stellte sich allerdings heraus, dass ein geringer Teil des Germaniums von 0,05 bis 0,13 % durch Eisen ersetzt (substituiert) ist. Die entsprechend angepasste empirische Formel wird mit (GexFe1-x)Fe2O4 mit einem Wert für x = 0,87 bis 0,95.[4]
Kristallstruktur
Brunogeierit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227) mit dem Gitterparametern a = 8,41 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Bildung und Fundorte
An seiner Typlokalität, der „Tsumeb Mine“ in Namibia bildete sich Brunogeierit im polymetallischen Erzkörper der unteren Oxidationszone in einer Tiefe von etwa 930 Metern, genauer unterhalb der 29. Sohle, die in einer Tiefe von 922,6 m liegt. Als Begleitminerale traten hier Galenit, Tennantit, Renierit, Smithsonit und Stottit sowie untergeordnet Cerussit auf.[10]
Brunogeierit gehört zu den sehr selten Mineralbildungen und ist daher bisher nur in wenigen Proben aus zwei Ländern bekannt geworden. Neben der „Tsumeb Mine“, die auch der bisher einzige Fundort in Namibia ist, trat das Mineral noch an einigen Orten in Frankreich, genauer in der Region Okzitanien, auf.[15]
In einer Blei-Zink-Lagerstätte bei Carboire im Département Ariège findet sich neben Brunogeierit unter anderem noch das dort erstmals entdeckte Mineral Carboirit, die ebenfalls seltenen Germaniumminerale Argutit und Briartit sowie als weiteren Spinell den Magnetit. Des Weiteren fand sich Brunogeierit noch in den nahe gelegenen Ortschaften Saubé (Gemeinde Cauflens) und Sentein-Bentaillou (Gemeinde Saint-Girons).
Im Département Haute-Garonne wurde Brunogeierit zusammen mit Argutit, Kassiterit und Sphalerit in den Lagerstätten Plan d'Argut und Rimbatz bei Argut-Dessous, an mehreren Fundpunkten in der Gemeinde Bagnères-de-Luchon sowie bei Pal Bidao und Pale de Raze (Gemeinde Saint-Béat) gefunden.
Im Département Hautes-Pyrénées trat Brunogeierit ebenfalls zusammen mit Argutit, Kassiterit und Sphalerit bei Lèches nahe der Stadt Lourdes auf.
Brunogeierit kann zudem synthetisch hergestellt werden, indem man Eisen (Fe), Magnetit (Fe3O4) und Germanium(IV)-oxid (GeO2) im Verhältnis 1 : 1 : 2 mischt und bei 1000 °C sechs Tage lang erhitzt, wobei gut entwickelte, oktaedrische Kristalle entstehen.[10]
Siehe auch
Literatur
- Monographien
- Joachim Ottemann, Bernhard Nuber: Brunogeierit, ein Germanium-Ferritspinell von Tsumeb. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1972, S. 263–267.
- Jan Cempírek, Lee A. Groat: Note on the formula of brunogeierite and the first bond-valence parameters for Ge2+. In: Journal of Geosciences. Band 58, 2013, S. 71–74, doi:10.3190/jgeosci.130 (englisch, cuni.cz [PDF; 462 kB; abgerufen am 9. September 2018]).
- Mark David Welch, M. A. Cooper, Frank C. Hawthorne: The crystal structure of brunogeierite, Fe2GeO4 spinel. In: Mineralogical Magazine. Band 65, Nr. 3, 2001, S. 441–444 (englisch, rruff.info [PDF; 76 kB; abgerufen am 9. September 2018]).
- Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 58, 1973, S. 347–349 (englisch, rruff.info [PDF; 354 kB; abgerufen am 9. September 2018]).
- Kompendien
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 388.
Weblinks
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Brunogeierite. In: rruff.geo.arizona.edu. (englisch).
- Brunogeierite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy (englisch).
- Brunogeierite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) (englisch).
- IMA Database of Mineral Properties – Brunogeierite. In: rruff.info. RRUFF Project (englisch).
- Brunogeierit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
Einzelnachweise
- ↑ a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2024. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2024, abgerufen am 1. Januar 2024 (englisch).
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 1. Januar 2024]).
- ↑ a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 189 (englisch).
- ↑ a b Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 58, 1973, S. 347–349 (englisch, rruff.info [PDF; 363 kB; abgerufen am 1. Januar 2024]).
- ↑ a b c d Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ a b Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 1. Januar 2024 (englisch).
- ↑ David Barthelmy: Brunogeierite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 1. Januar 2024 (englisch).
- ↑ a b c d e Brunogeierite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 56 kB; abgerufen am 1. Januar 2024]).
- ↑ a b Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 507 (Erstausgabe: 1891).
- ↑ a b c d Joachim Ottemann, Bernhard Nuber: Brunogeierit, ein Germanium-Ferritspinell von Tsumeb. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1972, S. 263–267.
- ↑ Typlokalität Tsumeb Mine, Oshikoto, Namibia. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 1. Januar 2024.
- ↑ Cristian Biagioni, Marco Pasero: The systematics of the spinel-type minerals: An overview. In: American Mineralogist. Band 99, Nr. 7, 2014, S. 1254–1264, doi:10.2138/am.2014.4816 (englisch, Vorabversion online [PDF]).
- ↑ P. A. Williams, F. Hatert, M. Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) – Newsletter 9. In: Mineralogical Magazine. Band 75, Nr. 4, August 2011, S. 2540 (englisch, rruff.info [PDF; 123 kB; abgerufen am 10. September 2018] IMA 11-A).
- ↑ Brunogeierit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 1. Januar 2024.
- ↑ Fundortliste für Brunogeierit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 1. Januar 2024.