Bruno H. Bürgel

Bruno H. Bürgel

Bruno Hans Bürgel (* 14. November 1875 in Berlin; † 8. Juli 1948 in Potsdam-Babelsberg) war ein bekannter deutscher Schriftsteller und Wissenschaftspublizist, dessen Verdienste vor allem in der Verbreitung astronomischer Kenntnisse liegen.

Leben

Die Mutter Bruno H. Bürgels, die Näherin Luise Emilie Sommer, verstarb bereits 1884. Da sich sein Vater, der Archäologe Adolf Trendelenburg, nicht zu seinem Sohn bekennen wollte, wurde das Kind von dem Schuhmacher Gustav Bürgel und dessen Frau adoptiert. Ab 1886 lebten die Bürgels in Weißensee bei Berlin. 1889 begann Bürgel eine Schuhmacherlehre in der Werkstatt seines Adoptiv-Vaters. Er wurde dann aber Steindrucker und später Fabrikarbeiter. 1895 verlor er seinen Arbeitsplatz.

Trotz wirtschaftlicher Not erarbeitete sich Bürgel ein umfangreiches naturwissenschaftliches Wissen. Sein besonderes Interesse galt der Astronomie. So gelang es ihm, eine Stelle als Beobachter an der Urania-Sternwarte zu erhalten, deren Direktor damals der bekannte Astronom Max Wilhelm Meyer war. Auch hier vervollständigte Bürgel seine Kenntnisse.[1]

Ein erster Artikel in einer russischen Zeitschrift, ein weiterer im Vorwärts, wo Wilhelm Liebknecht Redakteur war, zeigten bald das schriftstellerische Talent Bruno H. Bürgels. 1899 wurde Bürgel freiberuflicher Schriftsteller. In den Jahren 1903 und 1904 konnte Bürgel auf Empfehlung Wilhelm Foersters Vorlesungen an der Berliner Universität besuchen. Gleichzeitig war er Mitarbeiter verschiedener Verlage. Sein erstes Buch: Aus fernen Welten erschien 1910 und wurde ein großer Erfolg.

Den Ersten Weltkrieg verbrachte Bürgel als Melder an der Westfront. Im Jahr 1919 erschien sein zweites wichtiges Buch: Vom Arbeiter zum Astronomen. Bürgel war als Sozialist gegen den von der Oktoberrevolution in Russland ausgehenden Terror und befürchtete dessen Übergreifen auf Deutschland.

In den folgenden Jahren erreichte die Popularität Bürgels ihren Höhepunkt. Dabei dehnte er seinen Arbeitsbereich von der Astronomie auf andere Naturwissenschaften, aber auch auf Philosophie, Geschichte und Pädagogik aus. Sein Märchen vom Doktor Ulebuhle, einem kauzigen alten Gelehrten, dessen Haus mit geheimnisvollen Gegenständen eingerichtet ist, war in den 1920er Jahren ein großer Erfolg. Neben vielen Büchern verfasste er Artikel für verschiedene Zeitschriften, hielt Vorträge und sprach im damals aufkommenden Rundfunk. Seine Arbeit fiel auf fruchtbaren Boden. Wie andere Wissenschaftler dieser Zeit sprach er auf Veranstaltungen der damals beliebten Arbeiterbildungsvereine, wo er sich als Sozialdemokrat zuhause fühlte. Er war mit vielen bedeutenden Persönlichkeiten bekannt. Eng befreundet war er zum Beispiel mit dem Schriftsteller Ehm Welk, der ihm zu einigen seiner Bücher Anregungen gab.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden einige seiner Publikationen Opfer der Zensur. Mit dem Einmarsch der Roten Armee 1945 befürchtete Bürgel wie viele Deutsche die Rache der Sieger. Der von der sowjetischen Militäradministration umgehend angeordnete Schutz seiner Person und seines Eigentums vermittelten ihm die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Er setzte nach dem Zweiten Weltkrieg seine Tätigkeit als Wissenschaftspublizist fort und war Mitbegründer des Kulturbundes. Eine Professur an der Humboldt-Universität zu Berlin, die ihm angeboten wurde, lehnte er ab. Er war bis zu seinem Tode im Jahr 1948 publizistisch aktiv.

Gedenkstätte und Nachlass

Zum URANIA-Planetarium Potsdam gehört seit 1970 die Bruno-H.-Bürgel-Gedenkstätte.[2][3][4] Sie entstand 1955 in Potsdam-Babelsberg, kam 1970 zum Astronomischen Zentrum „Bruno H. Bürgel“ im Neuen Garten, das sich seit der Übernahme durch den URANIA-Verein „Wilhelm Foerster“ Potsdam e. V. 2001 URANIA-Planetarium mit Bruno-H.-Bürgel-Gedenkstätte nennt und seit 2007 im Holländischen Viertel Potsdam, Gutenbergstraße 71/72 zu finden ist. Zur Gedenkstätte gehören Ausstellung und Archiv.

Der frühere Leiter des Planetariums (1973–1988) Arnold Zenkert machte sich als Bürgel-Spezialist um die Erhaltung und Aufarbeitung des Nachlasses verdient. Zum Nachlass gehören das Arbeitszimmer Bürgels mit der Bibliothek (1820 Bände), darunter Ausgaben seiner Werke in Englisch, Niederländisch, Spanisch, Tschechisch, Russisch und Bulgarisch, weiterhin Dokumente, Manuskripte, Fotos, Illustrationen, Zeichnungen, Karikaturen, Urkunden, über 3300 Schreiben und 200 Fotos, 2425 Beiträge für Zeitschriften und Zeitungen, astronomische Beobachtungsinstrumente Bürgels und anderes. Eine Schenkung im Januar 1988 durch Charlotte Rüfers, geb. Endemann, aus Singen vergrößerte den Bestand beträchtlich.

Der Nachlass wird in mehreren Veröffentlichungen beschrieben.[5][6][7][8]

Des Weiteren ist die Sternwarte „Bruno H. Bürgel“ des Georgius-Agricola-Gymnasium Chemnitz nach ihm benannt.[9]

Gedenktafel in Berlin-Zehlendorf, Beerenstraße 39

Werke

Verkaufsanzeige für Schriften von Bruno H. Bürgel in der Berliner Morgenpost vom 14. Sep. 1930
  • Himmelskunde. Bibliothek des allgemeinen und praktischen Wissens, Berlin 1907
  • Der Komet Halley. Berlin 1910
  • Aus fernen Welten – Eine volkstümliche Himmelskunde. Berlin 1910
  • Vom Arbeiter zum Astronomen – Die Lebensgeschichte eines Arbeiters. Berlin 1919
  • Die seltsamen Geschichten des Doktor Ulebuhle – Ein Jugend- und Volksbuch. Berlin 1920
  • Doktor Ulebuhles Abenteuerbuch – Erzählungen für Jugend und Volk. Berlin 1928
  • Der Stern von Afrika – Ein Roman aus dem Jahr 3000. Berlin 1921
  • Gespenster – Ein spiritistischer Roman. Berlin 1921
  • Menschen untereinander – Ein Führer auf der Pilgerreise des Lebens. Berlin 1922
  • Die Zeit ohne Seele – Ethik im Alltag. Leipzig 1922
  • Du und das Weltall. Berlin 1923
  • Im Garten Gottes – Wandertage und Plauderstunden eines Naturfreundes. Berlin 1924
  • Weltall und Weltgefühl. Berlin 1925
  • Die Weltanschauung des modernen Menschen. Berlin 1932, spätere Auflagen unter dem Titel: Das Weltbild des modernen Menschen
  • Die kleinen Freuden – Ein besinnliches Buch vom Glück im Alltag. Berlin 1934
  • Sterne über den Gassen – Roman. Berlin 1936
  • Das Weltbild des modernen Menschen – Das All, Die Erde, Der Mensch, Der Sinn des Lebens. Berlin 1937
  • Hundert Tage Sonnenschein – Ein Buch vom Sonntag und Alltag des Lebens. Berlin 1940
  • Vom täglichen Ärger – Ein Lesebuch für Zornige, Eilige, Huschelpeter und lachende Philosophen. Leipzig 1941
  • Saat und Ernte – Betrachtungen über Leben und Tod. Berlin 1942, spätere Auflagen unter dem Titel: Anfang und Ende – Das Buch vom Leben und vom Tode. Aufbau-Verlag Berlin 1947
  • Der Weg der Menschheit. Halle 1946
  • Der Mensch und die Sterne. Berlin 1946
  • Die Fackelträger. Ein der jungen Generation gewidmetes Buch vom Aufstieg und Fortschritt der Menschheit. Der Neue Geist-Verlag, Berlin 1947
  • Pilgerreise durch das liebe Leben. Berlin 1948

Ehrungen

Zitate

„Das Genie ist ja seiner Zeit immer weit voraus, wird daher niemals von der Masse seiner Mitlebenden verstanden werden. Später, nach hundert Jahren werden dann den Gekreuzigten, Verbrannten und Verbannten Standbilder errichtet und kümmerliche Bierbäuche halten davor an Jubiläumstagen Festreden.“

Bruno H. Bürgel: [10]

„Die Leidenschaft des Reisens ist das weiseste Laster, welches die Erde kennt.“

Bruno H. Bürgel: [11]

„Es kommt nicht auf die Zahl der Tage an, die man auf Erden wandelt, sondern auf deren Inhalt. Leben heißt eigentlich erleben.“

Bruno H. Bürgel: [10]

„Lernt kosmisch denken, erfüllt von der Größe des Alls, und die fernen Sterne werden euch nahe sein!“

Bruno H. Bürgel: [10]

„Und wäre der Mensch im praktischen Denken noch so weit vorgeschritten, er wäre seiner Kultur unwürdig, wenn er nichts über die Rätsel zu sagen wüsste, die ihm allabendlich das gestirnte Firmament aufgibt. Wer nie seine Augen zum Sternhimmel richtete, sei es aus Bewunderung oder aus Wissbegier, dem fehlt ein wichtiges Glied in der Kette, die ihn mit seiner Umwelt verbindet.“

Bruno H. Bürgel: [10][12]

„Wer die Abenteuerlichkeit des Reisens ins Blut bekommt, wird diese Abenteuerlichkeit nicht wieder los.“

Bruno H. Bürgel: [11]

„Drei Dinge waren es vor allem, die mir auffielen, die mir immer wieder Anlass zum Nachdenken gaben:
Die Menschen waren in ihren Erkenntnissen viel weiter voran als in der Auswirkung dieser Erkenntnisse in der Praxis des täglichen Lebens!
Nicht der Klügste regierte, sondern der Reichste!
Zwischen Wissen und Herzensbildung bestand selten ein Zusammenhang. Gelehrte Leute waren oft unvornehme Leute! Man kann von ungebildeten Gelehrten sprechen!“[13]

„Die Herren in Salon haben seit jeher unterschätzt, was die Diener in der Gesindestube denken.“[14]

Literatur

  • Arnold Zenkert: Ich habe sie mit Rührung gelesen … Der Briefwechsel zwischen Bruno H. Bürgel und Kasimir Romuald Graff. In: Die Sterne 72 (1996) 1, 1–13.
  • Arnold Zenkert: Seid nicht „gerecht“ sondern gütig! – Beiträge von und über Bruno H. Bürgel. Schibri-Vlg, Taschenbuch, ISBN 3-928878-45-X.
  • Karl Richter: Bürgel, Bruno Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 743 f. (Digitalisat).
  • Arnold Zenkert: Zwei Ehrungen für Bruno H. Bürgel. In: Beiträge zur Astronomiegeschichte, Bd. 4. Hrsg. v. Wolfgang R. Dick u. Jürgen Hamel. (Acta Historica Astronomiae; 13). Frankfurt am Main 2001, S. 186–199.
  • Bibliografie zu Bruno H. Bürgel. (PDF 192 kB) „Zusammengestellt von Arnold Zenkert. Stand: 1. Februar 2012 Bürgel-Gedenkstätte im Urania-Planetarium Potsdam“
  • Andreas W. Daum: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert. Bürgerliche Kultur, naturwissenschaftliche Bildung und die deutsche Öffentlichkeit, 1848–1914. 2., erg. Aufl., Oldenbourg, München 2002, ISBN 978-3-486-56551-5.
  • Arnold Zenkert: Die beste volkstümliche Himmelskunde. Zum 50. Todestag Bruno H. Bürgels am 8. Juli 1998. In: SuW 37 (1998) 7, 670–671.
  • Herausgeber: Luise Wörner, Peter Nell, Johannes Deutsch, Wolfgang Tripmacker: Bruno H. Bürgel zum Gedenken, Potsdam 1957

Weblinks

Commons: Bruno H. Bürgel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Andreas W. Daum: Wissenschaftspopularisierung im 19. Jahrhundert. Bürgerliche Kultur, naturwissenschaftliche Bildung und die deutsche Öffentlichkeit, 1848–1914. Oldenbourg, München 2002, S. 182, 479.
  2. Bruno-H.-Bürgel-Gedenkstätte bei Literaturport
  3. Arnold Zenkert: Die Bruno-H.-Bürgel-Gedenkstätte im Astronomischen Zentrum Potsdam und ihre Aufgaben. In: Neue Museumskunde 20 (1977), S. 57–64.
  4. Astronomisches Zentrum „Bruno H. Bürgel“. In: Literarische Museen und Gedenkstätten in der Deutschen Demokratischen Republik. Berlin 1981, S. 32.
  5. URANIA-Planetarium Potsdam. Die Bruno-H.-Bürgel-Gedenkstätte.
  6. Arnold Zenkert: Die Bürgel-Gedenkstätte Potsdam. In: EMA 57 (Memento vom 6. März 2021 im Internet Archive). ELEKTRONISCHE MITTEILUNGEN ZUR ASTRONOMIEGESCHICHTE. Arbeitskreis Astronomiegeschichte in der Astronomischen Gesellschaft (Hrsg.), Nr. 57 vom 22. Juni 2001, Redaktion: Wolfgang R. Dick, Item 1.
  7. Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner. Hrsg. von Bernhard Fabian. Olms Neue Medien, Hildesheim 2003.
  8. Erhart Hohenstein: Potsdam Bürgel wird wieder gedacht, Gedenkstätte für den Volksastronomen und Menschenfreund gestern neu eröffnet. In: Potsdamer Neueste Nachrichten vom 21. Juni 2007.
  9. Schulgeschichte – Georgius-Agricola-Gymnasium Chemnitz. Abgerufen am 12. Januar 2022 (deutsch).
  10. a b c d Der Tagesspiegel: Zitate von BRUNO H. BÜRGEL. (* 14. November 1875 – † 8. Juli 1948). In: zitate.tagesspiegel.de. Verlag Der Tagesspiegel, S. 2, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 24. Oktober 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/zitate.tagesspiegel.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  11. a b Christoph Schulz: 80 Reise Zitate – Die besten Sprüche über den Urlaub. Du suchst die besten Reise Zitate? In: careelite.de. Christoph Schulz, S. 25, abgerufen am 24. Oktober 2020.
  12. Arnold Zenkert: Bruno Hans Bürgel. Leben und Werk. 1982, S. 30.
  13. Bruno H. Bürgel: Vom Arbeiter zum Astronomen. Deutscher Verlag Berlin, Auflage 1939, S. 86.
  14. Bruno H. Bürgel: Vom Arbeiter zum Astronomen. Deutscher Verlag Berlin, Auflage 1939, S. 114.

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Autor/Urheber: Axel Mauruszat, Lizenz: CC BY 2.0 de
Berliner Gedenktafel für Bruno H. Bürgel. Beerenstraße 39, Berlin-Zehlendorf
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Ganzseitige Verkaufswerbung zu Schriften von Bruno H. Bürgel in der Tageszeitung "Berliner Morgenpost" - Sonntagsausgabe vom 14. September 1930