Bruggwaldtunnel

Bruggwaldtunnel
Bruggwaldtunnel
Bruggwaldtunnel
Südportal des Bruggwaldtunnels mit Thurbo-GTW als S8.
Rechts das 1910 in Betrieb genommene Streckengleis.
NutzungEisenbahntunnel
VerkehrsverbindungRomanshorn–St. Gallen
OrtWittenbach, St. Gallen
Länge1731 m
ab 2018: 1741 m[1]dep1
Anzahl der Röhren1
Gleise1
Grösste Überdeckung70 m
Bau
Baukosten1,3 Millionen Fr.
Baubeginn22. Dezember 1907
Fertigstellung3. Oktober 1910
Betrieb
BetreiberSOB
Lagekarte
Bruggwaldtunnel (Stadt Wittenbach)
Bruggwaldtunnel (Stadt Wittenbach)
Koordinaten
Nordportal Wittenbach747738 / 256783
Südportal Galgentobel747144 / 258410

Der Bruggwaldtunnel ist ein 1,7 km langer einspuriger schweizerischer Eisenbahntunnel an der Bahnstrecke Romanshorn–St. Gallen zwischen Wittenbach und St. Gallen St. Fiden unterhalb des Bruggwalds. Der Tunnel wurde 1910 von der Bodensee-Toggenburg-Bahn (BT) in Betrieb genommen und gehört seit 2001 der Schweizerischen Südostbahn (SOB). Er hat ein konstantes Gefälle von 12 Promille gegen das Nordportal.

Bau

Südportal des Brugg­waldtunnels, vorne die Galgen­tobel­brücke über die Bahnlinie St. Gallen–Rorschach
Voreinschnitt am Nordportal mit Wagen zum Schuttabtransport

Der Bau des 1731 Meter langen Bruggwaldtunnels erfolgte auf Geheiss des St. Galler Regierungsrats. Die BT bevorzugte eine mehrheitlich offene Linienführung durch das Galgentobel als kostengünstigere Lösung.

Der Bruggwaldtunnel war beim Bau der BT das grösste und schwierigste Objekt des Teilstücks RomanshornSt. Fiden. Vom 22. Dezember 1907 bis zum 3. Juni 1908 wurde der Bau von der BT in Regie betrieben. Im Juni 1908 wurden die Arbeiten an die Bauunternehmung AG Albert Süss & Cie. aus Basel vergeben. Auf der Nordseite konnte wegen langwieriger Arbeiten am Voreinschnitt erst Ende August 1908 mit dem Bau des eigentlichen Tunnelstollens begonnen werden.[2]

Der Tunnel weist in der Mitte auf einer Länge von 62 Metern eine kleine Kurve von 5000 Metern Radius auf. Sie wurde wegen eines Vermessung­sfehlers notwendig.

Der Bruggwaldtunnel ist nur wenig überlagert. Im südlichen Abschnitt ist sie mit 70 Metern am grössten. Das Ausbruchmaterial bestand aus Mergel und Sandstein. Der Mergel wurde bei der Berührung mit Luft und Wasser unstabil. Diesen geologischen Widrigkeiten versuchte man mit dem Einbau von Streben zu begegnen. Am 21. Mai 1909 erfolgte der Durchschlag des Sohle­stollens.

Einsturz des Tunnels

Am 22. Juni 1909 stürzte ein 30 Meter langer, 170 bis 200 Meter vom Wittenbacher Tunnelportal entfernter Abschnitt des im Bau befindlichen Tunnels ein. Der Einsturz erweiterte sich unter Einwirkung strömenden Regens nach kurzer Zeit zum offenen Tagesbruch. Zwölf Arbeiter wurden verschüttet, sieben von ihnen fanden den Tod. Zwei Arbeiter wurden mit erheblichen Verletzungen geborgen, zwei bleiben unverletzt und konnten rasch gerettet werden.

Elf Tage nach der Katastrophe konnte der junge Italiener Giovanni Pedersoli lebend aus dem Schutt befreit werden. Sechs Tage nach dem Einsturz vernahmen Arbeiter die Stimme des verschütteten Kollegen. Zur Rettung des Eingeschlossenen wurde ein kleiner Rettungsstollen gebaut. Nach mehrmonatigem Spitalaufenthalt kehrte Pedersoli in seine Heimat zurück.[3]

Eine amtliche Untersuchung ergab, dass das Bauunternehmen nicht ausreichend für die Stützung des bereits fertiggestellten Gewölbes gesorgt hatte.[4] Die Bauleitung führte den Einsturz auf Unvorsichtigkeit der Arbeiter zurück.[5] Das Bauunternehmen wollte zudem die Rettungsarbeiten vorzeitig abbrechen und liess die Bauarbeiten fortsetzen, als die Toten noch nicht alle geborgen waren. Die Folge war ein Streik der Bauarbeiter.[4]

Betrieb und Umbauten

Die nach Wittenbach verkehrenden Züge fahren vom doppelspurigen Stre­ckengleis St. Fiden–Mörschwil über die «Spange» zum Südportal des Brugg­wald­tunnels

Am 3. Oktober 1910 wurde die Strecke Romanshorn–St. Fiden mit dem Bruggwaldtunnel eröffnet. Seit dem 24. Januar 1932 wird die Linie elektrisch betrieben.[6]

2008 verbesserte die Schweizerische Südostbahn (SOB) die Sicherheit des Tunnels und installierte einen Handlauf mit Notbeleuchtung.[7] 2009 wurde der Tunnel auf den letzten 68 Metern beim Südportal erweitert, um eine Weiche einzubauen.[8] Die sogenannte Spange verbindet seither die SOB-Linie mit der Doppelspur Mörschwil–St. Fiden der SBB, damit sich die Züge der SOB zwischen dem Bruggwaldtunnel und dem Bahnhof St. Fiden fliegend kreuzen können.[9]

2018 blieb die Bahnstrecke für eine Erneuerung des Tunnels während 9 Wochen vom 9. Juli bis zum 9. September gesperrt.[1] Neben einer Sanierung des Gewölbes und der Entwässerung wurde das bisherige Gleis durch eine feste Fahrbahn und die Fahrleitung durch eine Deckenstromschiene ersetzt. Durch den Tunnel können seit der Sanierung auch Doppelstockwagen verkehren.[10] Damit der Studerswilerbach beim Portal Seite Wittenbach eingedolt werden konnte, wurde der Tunnel um 10 Meter verlängert.[1]

Quellen

  • Vom Bau der Bodensee-Toggenburgbahn. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 60, 1912, Heft 12 (archiviert in E-Periodica der ETH-Bibliothek; PDF; 5,4 MB).
  • Josef Osterwalder: Drama im Bruggwaldtunnel. In: St. Galler Tagblatt. 22. Juni 2009, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 15. Januar 2016.
  • Gerhard Oswald: Die Bodensee-Toggenburg-Bahn. Appenzeller Verlag, Herisau 2004, ISBN 978-3-85882-361-8.
Commons: Bruggwaldtunnel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c SOB (Hrsg.): Drei auf einen Streich / Tunnelinstandstellungen im grossen Stil. 7. Dezember 2017 (online [abgerufen am 23. Juli 2018] Medienmitteilung).
  2. Die Bodensee-Toggenburgbahn In: Schweizerische Bauzeitung. Band 52 (1908), Heft 12, S. 156 (archiviert in E-Periodica der ETH-Bibliothek, PDF; 3,5 MB).
  3. Nach der Heimat. In: Liechtensteiner Volksblatt. 17. Dezember 1909, abgerufen am 1. Januar 2016.
  4. a b Peter Müller: Italiani, tuemmer streigge! In: Saiten. Schienen, Schotter, Schweiss. 100 Jahre Romanshorn–Wattwil. Ostschweizer Kulturmagazin, Nr. 194, Oktober 2010, abgerufen am 1. Januar 2016.
  5. Der Einsturz im Bruggwaldtunnel der Bodensee-Toggenburgbahn In: Schweizerische Bauzeitung. Band 54, 1909, Heft 1, S. 13 (archiviert in E-Periodica der ETH-Bibliothek, PDF; 1,9 MB).
  6. Hans G. Wägli: Schienennetz Schweiz und Bahnprofil Schweiz CH+. AS Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-909111-74-9.
  7. Odilia Hiller: Leuchten gegen Tunnel-Dramen. In: St. Galler Tagblatt. 8. Dezember 2008, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 1. Januar 2016 (online).
  8. Stefanie Schnelli: Ein Tunnel geht in die Breite. In: St. Galler Tagblatt. 5. August 2009, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 1. Januar 2016 (online).
  9. Fredi Kurth: Langsam wird’s schneller. In: St. Galler Tagblatt. 16. September 2011, abgerufen am 1. Januar 2016 (online).
  10. Wittenbach – St. Gallen St. Fiden: Einstellungen des Bahnbetriebs. In: Bahnonline.ch. 6. Juli 2018 (online [abgerufen am 23. Juli 2018]).

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Bruggwaldtunnel, Gruppenporträt
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Bei Tunnelarbeiten verunglückter Arbeiter Giovanni Pedersoli (geb. 14.06.1888) im Spital St. Gallen
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Die nach Wittenbach verkehrenden Züge fahren vom doppelspurigen Streckengleis St. Fiden–Mörschwil über die „Spange“ zum Südportal des Bruggwaldtunnels.
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Einsturzstelle des Bruggwaldtunnels
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Bruggwaldtunnel; Blick auf das Gleisbett und Waggons zum Schuttabtransport
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Die mit zwei Schuhen markierte Stelle zeigt den Fundort des im Bruggwaldtunnel vom 22. Juni bis 2. Juli 1909 verschütteten Giovanni Pedersoli.
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Stadt Wittenbach
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Bruggwaldtunnel; Blick in einen Schacht mit Arbeitern
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Nach Wittenbach fahrende S8 bei der Einfahrt in den Bruggwaldtunnel.
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Eingang des Bruggwaldtunnels von Wittenbach her; Arbeiter im Porträt
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Bruggwaldtunnel; Blick auf den Tunnelschacht mit Holzkonstruktion der Schachtabstützung, von Wittenbach her.
Bruggwaldtunnel Südportal im Bau.jpg
Bruggwaldtunnel, Blick auf das Südportal