Brownout (Luftfahrt)

Eine MV-22 Osprey verschwindet in ihrer Staubwolke (El Centro, Kalifornien)

Als Brownout bezeichnet man in der Luftfahrt eine Einschränkung der Sichtverhältnisse durch Staub oder Sand, der durch die nach unten gerichtete Luftströmung (Downwash) von Luftfahrzeugen aufgewirbelt wird.[1] Die Sichtweite und dadurch die Möglichkeit zur Orientierung nach Sicht kann derart gemindert werden, dass die sichere Führung des Luftfahrzeuges alleine durch die Sicht nach außen nicht mehr möglich ist.[2]

Beschreibung

Die maßgeblichen Faktoren für die Entstehung und Intensität eines Brownouts sind das Gewicht des Luftfahrzeuges, Antriebs- und Rotorauslegung/-design, die Bodenbeschaffenheit der Landezone, Wind, Anfluggeschwindigkeit und -winkel.[1][3] Klassische Hubschrauber mit Einrotorauslegung sind stärker betroffen als Tandemauslegungen. Je kleiner die aufgewirbelten Teilchen, desto stärker ist der Effekt. Dies trifft insbesondere für den puderartigen Staub zu, der häufig die Erde Südwestasiens bedeckt.[1][3] Während eines Brownouts kann der Pilot keine Objekte in der Nähe wahrnehmen, die er als Referenzpunkte für die Kontrolle über den bodennahen Flug benötigt. Bei einer Landung unter Sichtflug entstehen durch Brownouts erhebliche Gefahren für das Luftfahrzeug. Ohne Orientierung über seine Fluglage und -höhe läuft der Pilot Gefahr, durch eine scheinbare Schräglage oder ein tatsächliches Abkippen des Luftfahrzeuges falsch zu reagieren und somit einen Unfall herbeizuführen. Intensiv blendende Staubwolken, die durch den Rotorabwind eines Hubschraubers verursacht werden, bergen durch die Gefahr von Kollisionen aufgrund mangelnder Sicht auch Risiken für Bodenpersonal und Bodenstationen.

Verstärkung des Brownout-Effekts

Der Kopp-Etchells-Effekt an einer Boeing CH-47 Chinook

Bei Nachtlandungen können Flugzeug- und Flugplatzbeleuchtungen den visuellen Eindruck des Brownouts verstärken.

Kopp-Etchells-Effekt

Nachts kann es zu einem seit 2009 als „Kopp-Etchells-Effekt“ bezeichneten Lichteffekt kommen. Er entsteht an Landeplätzen mit niedriger Luftfeuchtigkeit und ungebundenem feinem Gesteinsstaub. Kleine mineralische Partikel schlagen dabei auf die Vorderkanten der Rotorblätter und erzeugen kleine Funken. Beobachter vermuten des Weiteren gelegentliche statische Entladungen im Funkenflug. Dadurch entsteht ein scheibenförmig funkelndes Glühen in der Rotorebene. Durch diesen Vorgang kann der Rotor mechanisch beschädigt werden (abrasiver Verschleiß).[4][3]

Der Begriff wurde vom US-amerikanischen Reporter und Fotografen Michel Yon geprägt. Er wollte damit den US-Soldaten Benjamin Stephen Kopp (1988–2009) der United States Army und Corporal Joseph Etchells (1987–2009) der British Army ehren,[5][6][4] die beide in der Provinz Helmand in Afghanistan starben.

Zwischenfälle durch Brownouts

Bei US-Militäroperationen zwischen 2001 und 2007 kam es zu mehr als 50 Brownout-Zwischenfällen.[7] Nach Angaben von Militärexperten führte Brownout zu mehr Hubschrauberabstürzen als alle anderen Absturzursachen zusammengefasst.[3]

Insgesamt entstanden dem US-Militär während des Irak- und Afghanistan-Kriegs jährlich Kosten von etwa 100 Millionen US-Dollar allein durch Brownouts.[8]

Da die meisten Brownout-Zwischenfälle in Bodennähe und bei niedriger Geschwindigkeit stattfinden, gibt es im Vergleich zu anderen Flugunfällen eine überdurchschnittlich hohe Überlebenschance. Trotzdem zeigt zum Beispiel der Absturz einer in Afghanistan verunglückten Bell CH-146 Griffon der kanadischen Luftstreitkräfte, bei dem drei der sechs Insassen ums Leben kamen, die Gefahr von Brownouts.[9]

Technische Hilfsmittel und Gegenmaßnahmen

Erfolgversprechende Maßnahmen gegen die Risiken von Brownout sind nach Expertenmeinung eine Kombination von fortschrittlicher technischer Ausrüstung, Planungstechnik und Pilotenausbildung.[7]

Bei neueren Hubschraubermodellen wie etwa der AgustaWestland AW101 führt die verbesserte Aerodynamik der Rotorblätter durch schaufelförmige Enden zu einer Reduzierung der Gefahr eines Brownouts.[10] Die Sensorgestützte Landehilfe (kurz SeLa) führt ebenfalls zu einer technischen Verbesserung für Landungen bei Brownout-Bedingungen. Das von ESG mit Unterstützung von EADS und der Fraunhofer-Gesellschaft entwickelte System besteht aus zwei Kameras unter dem Rumpf, zwei Radarhöhenmessern, einem GPS-Empfänger, einer Erdmagnetfeldsonde und einem Kreiselsystem zur Erfassung der Lageabweichung des Hubschraubers. Das System ermöglicht es dem Piloten, unabhängig von den Außenbedingungen bis zum Aufsetzen sicher zu steuern. Auch unter Whiteout-Bedingungen funktioniert das System in gleichem Maße.[2][11][12] SeLa wurde primär für den Einsatz in den CH53 der deutschen Luftwaffe entwickelt.[12]

Durch entsprechende Präparation der Landezone können die Gefahren eines Brownouts reduziert werden. Auch kann bei größeren Maschinen wie z. B. der CH53 der Pilot bei der Landung durch den Bordwart unterstützt werden. Dieser liegt dabei auf der geöffneten Heckrampe und sagt dem Piloten via Bordfunk die letzten Meter vor dem Aufsetzen an. Es kann jedoch zu Situationen kommen, in denen auch der Bordwart die Landezone nicht ausreichend beurteilen kann. Dies führt im günstigsten Fall zu einem Landeabbruchmanöver.[13]

Die Ausbildung der Piloten wird unter anderem durch Trainingsflüge unter simulierten Brownout-Bedingungen absolviert. Dies kann beispielsweise bei Nachtlandungen mit Nachtsichtgerät erfolgen, wobei der Fluglehrer die Stromversorgung der Nachtsichtbrille des auszubildenden Piloten kurz vor dem Aufsetzen unterbricht.[7]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Brownout (aeronautics) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Photogrammetric Characterization of a Brownout Cloud. (PDF; 3,1 MB) In: in http://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/20110011703_2011011946.pdf. Abgerufen am 29. November 2012.
  2. a b Patent EP1650534B1: Verfahren zur Pilotenunterstützung bei Landungen von Helikoptern im Sichtflug unter Brown-Out oder White-Out Bedingungen. Angemeldet am 7. September 2005, veröffentlicht am 2. November 2011, Anmelder: EADS Deutschland GmbH, Erfinder: Stefan Scherbarth.
  3. a b c d The Military Spin. In: Rotor & Wing Magazin. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. September 2007; abgerufen am 9. Januar 2013. abgerufen am 18. Mai 2023
  4. a b The Kopp-Etchells Effect. In: michaelyon-online.com. Archiviert vom Original am 20. August 2009; abgerufen am 20. Januar 2023 (englisch).
  5. Corporal Joseph Etchells killed in Afghanistan. In: gov.uk
  6. Benjamin Stephen Kopp, Corporal, United States Army. In: arlingtoncemetery.net
  7. a b c Owning the Aviation Edge. NVGPID: A Simple Device to Train Crucial Skills. (PDF; 244 kB) In: quad-a.org. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 9. Januar 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.quad-a.org (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  8. Flying Blind in Iraq: U.S. Helicopters Navigate Real Desert Storms. In: popularmechanics.com. Abgerufen am 28. November 2012.
  9. Brownout Caused Afghan Griffon Crash. In: aviationweek.com. Archiviert vom Original am 17. Januar 2013; abgerufen am 20. Januar 2023 (englisch).
  10. AW101 Multi-Role Maritime Helicopter. (PDF) In: agustawestland.com. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 4. Januar 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.agustawestland.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  11. Manfred Hägelen: Sensorgestützte Landehilfe für Hubschrauber. (PDF) In: Jahresbericht 2009. Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR, Mai 2010, S. 46–47, abgerufen am 10. Januar 2018: „Zuverlässige Landehilfe bis zum Bodenkontakt“
  12. a b Sensorgestützte Landehilfe für die CH-53GS/GE bestellt. In: flugrevue.de. Abgerufen am 29. November 2012.
  13. Neue Westfälische: Michael Pössel bildet Hubschrauber-Besatzungen aus. In: nw-news.de. Archiviert vom Original am 25. Mai 2014; abgerufen am 20. Januar 2023.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Kopp-Etchells effect visible in a CH47 Chinook helicopter in Afghanistan - 2012.jpg
Dust lights up the rotors of a CH-47 Chinook helicopter as paratroopers with 3rd Squadron, 73rd Cavalry Regiment load for an air assault mission near Combat Outpost Ab Band May 23, 2012, Ghazni Province, Afghanistan. The unit is part of the 82nd Airborne Division’s 1st Brigade Combat Team, which deployed to the area in March to help bring security to the areas along the country’s main road between Kabul and Kandahar. (U.S. Army photo by Sgt. Michael J. MacLeod)
Eurocopter EC135 D-HZSG Brownout II Brüggemann.jpg
Autor/Urheber: Jan Brüggemann, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Eurocopter EC135 D-HZSG Brownout
Flickr - DVIDSHUB - Osprey Takes on 'Brown-Out' in Afghanistan.jpg
Autor/Urheber: DVIDSHUB, Lizenz: CC BY 2.0

An MV-22B Osprey with Marine Medium Tiltrotor Squadron 365 lands in "brown out" conditions during routine missions, July 15. Osprey and other helicopter pilots face these types of landings every day as they support ANSF and NATO forces across the Helmand and Nimroz provinces in southern Afghanistan. It takes all of the pilots and crew chiefs to successfully land in these conditions as they have to determine how close the ground is and ensure there are no obstacles through the billowing dust. These aircraft provide a vital service to the ANSF and NATO forces serving here, delivering supplies, cargo, troops and VIPs every day. 3rd Marine Aircraft Wing (Fwd) Public Affairs Photo by Gunnery Sgt. Steven Williams Date: 07.15.2010 Location: HELMAND PROVINCE, AF

Related Photos: dvidshub.net/r/j3cx2t
Is there an Osprey in there.JPG
Dust picked up from the ground by the landing of a V-22 Tiltrotor aircraft. Marine Medium Tiltrotor Squadron 263 - Deployment for Training - NAF El Centro, CA
USAF HC-130 Hercules aircraft gets a brownout from the rotor wash of an HH-60 Pave Hawk helicopter.jpg
A U.S. Air Force HC-130 Hercules aircraft gets a brownout from the rotor wash of an HH-60 Pave Hawk helicopter on a dirt airstrip in the desert surrounding Davis-Monthan Air Force Base in Tucson, Ariz., April 16, 2010, during Angel Thunder 2010. The Hercules crew is assigned to the 39th Rescue Squadron on Patrick Air Force Base, Cocoa Beach, Fla.