Brigitte Kowanz
Brigitte Kowanz (* 13. April 1957 in Wien; † 28. Jänner 2022[1] ebenda) war eine österreichische Künstlerin. An der Universität für angewandte Kunst Wien lehrte sie von 1997 bis 2021 als Professorin für transmediale Kunst.
Leben und Werk
Brigitte Kowanz war die Tochter des Fußballspielers Karl Kowanz (1926–1997), ihre Mutter Edith arbeitete als Angestellte, ihr älterer Bruder Karl (* 1951) wurde grafischer Künstler. Brigitte Kowanz maturierte 1975 am Kunstgymnasium Wien, studierte dann – wie ihr Bruder vor ihr – an der Hochschule für angewandte Kunst und schloss 1980 mit Magister Artium ab.
Im Zentrum von Kowanz’ Werk stand seit den 1980er Jahren die Untersuchung von Raum und Licht. Am Beginn dieser Auseinandersetzung entstanden zwischen 1979 und 1984 in Zusammenarbeit mit Franz Graf Papier- und Leinwandbilder mit phosphoreszierenden und fluoreszierenden Pigmenten. Ab 1984 entwickelte Kowanz erste Lichtobjekte aus Flaschen, Leuchtstofflampen und Fluoreszenzfarbe. Mit einfachen Mitteln entstanden komplexe Raumbilder und Licht-Schatten-Projektionen.[2]
Licht war jedoch nicht nur das Material, sondern oft auch das Thema von Kowanz’ Arbeiten. So beschäftigte sie sich seit 1989 in einem eigenen Werkkomplex mit der Lichtgeschwindigkeit. Eine winzig kleine Dezimalzahl gibt dabei in Neonziffern die Zeit in Sekunden an, die das Licht braucht, um die Länge ebendieser Zahlenreihe zurückzulegen.[3]
Ein Themenkomplex, der Kowanz ebenfalls bereits seit den 1980er Jahren beschäftigte, war die Sprache bzw. die Schrift und deren Übersetzung in Codes. Sie untersuchte Licht als raumbildendes Medium ebenso wie als Informationsträger und Medium der Erkenntnis und der Sichtbarkeit.
Seit 1995 setzte Kowanz unter anderem – ausgehend von einfachen Strich-Punkt-Kombinationen – auch regelmäßig das Morsealphabet zur Codierung ein. Als binärer Code stellt es den Ursprung der Informationsübertragung mit Licht dar.[4] Kowanz verwendete insbesondere in ihren jüngeren Arbeiten (semi-)transparente Gläser und Spiegel. Dies führte in ihren dreidimensionalen Objekten zu einer vielfältigen Überlagerung von virtuellen und realen Ebenen. Durch die wechselseitige Bespiegelung von Licht, Sprache und Spiegel (Rainer Fuchs) entstanden hybride Räume, deren Grenzen in einem Moment klar definiert schienen, sich im nächsten aber auflösten. Realer Raum und virtuelles Spiegelbild durchdrangen einander, die Grenzen zwischen Kunstwerk und Betrachter wurden fließend. Die Beschäftigung mit der ungreifbaren Physik des Lichts, das – obgleich ein Sichtbarkeitsgarant – selbst leicht übersehen wird, dauerte in den Arbeiten Brigitte Kowanz an.[5]
Kowanz lebte und arbeitete in Wien, wo sie infolge einer langjährigen schweren Erkrankung starb.[6] Sie wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.[7]
Brigitte Kowanz’ Sohn, Adrian Kowanz (* 1995), ein ausgebildeter Kunsthistoriker und langjähriger enger Mitarbeiter,[8] verwaltet seither ihren Nachlass.
Auszeichnungen
- 1995/1999: Peter Merian Haus, Bahnhof Ost, Basel
- 1989: Otto-Mauer-Preis
- 1991: Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst
- 1996: Österreichischer Kunstpreis für Bildende Kunst
- 2009: Großer Österreichischer Staatspreis für Bildende Kunst
- 2015: Niederösterreichischer Kulturpreis – Würdigungspreis[9]
- 2018: Deutscher Lichtkunstpreis[10]
- 2019: Cairo Biennale Prize
Ausstellungen (Auswahl)
Einzelausstellungen
- 1993: Wiener Secession
- 2007: Kunsthalle Krems
- 2010: MUMOK, Museum Moderner Kunst, Wien
- 2011: Galerie im Taxispalais, Innsbruck
- 2012: Borusan | Contemporary, Istanbul
- 2013: Bryce Wolkowitz Gallery, New York (mit Mariano Sardón)
- 2020: Brigitte Kowanz – Lost under the Surface, Museum Haus Konstruktiv, Zürich[11]
- 2022: Schlossmuseum Linz[12]
Gruppenausstellungen
- 1984: Aperto, Biennale di Venezia
- 1987: Biennale von São Paulo
- 1989: Prospect, Frankfurter Kunstverein
- 1990: Biennial of Sydney
- 1995: Neuer Berliner Kunstverein (NBK), Berlin
- 2000: Farbe zu Licht, Fondation Beyeler, Basel
- 2001: Austrian Contemporary Art Exhibition, Kunstmuseum Shanghai
- 2004: Stadtlicht – Lichtkunst, Lehmbruck-Museum, Duisburg
- 2006: Lichtkunst aus Kunstlicht, ZKM, Karlsruhe
- 2012: Museo d’Arte Contemporanea di Roma (MACRO), Rom
- 2013: Lightshow, Hayward Gallery, Southbank Centre, London
- 2015: Lightshow, Museum of Contemporary Art, Sydney
- 2017: La Biennale di Venezia, Österreichischer Pavillon
- 2018: Contemporary Art, Albertina Wien
- 2019: Cairo Biennale, Kairo
- 2023: Österreich – Deutschland, Malerei von 1970 bis 2020.[13]
Kunst im öffentlichen Raum (Auswahl)
- 1999: Lünerseepark, Fachmarktzentrum Bürs
- 1999/2000: ARD-Hauptstadtstudio, Berlin
- 2001: BUWOG, Wien
- 2001/2004: Jacob Burckhardt Haus, Basel
- 2002/2004: LGT Liechtenstein, Vaduz
- 2003/2004: Landesmusikschule Windischgarsten
- 2003/2005: DKV, Köln
- 2006–2007: Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin, Münster
- 2007–2008: Museum Liaunig, Neuhaus
- 2009/2010: Volksbank AG, Wien
- 2011: Beyond Recall (Salzburg), Staatsbrücke, Salzburg (Walk of Modern Art)[14]
- 2010/2012: Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz (Kunst am Bau)
- 2014–201:9 Lichtband für die MQ Libelle im Wiener MuseumsQuartier, geplant
- 2016: Dorotheum, Wien
- 2017: Museum im Palais, Graz
- 2017: Norges musikkhøgskole, Oslo
- 2017: Post am Rochus, Wien
- 2018: Klimt-Foundation, Wien
- 2020: Lichtkreise, MQ Libelle im Wiener MuseumsQuartier
- 2021: Brigitte Kowanz. Submerged, Albertina, Wien (Red Carpet Showroom am Karlsplatz)[15]
- 2021: Zürich SBB, Zürich[16]
- 2022: Österreichisches Parlament, Wien[17]
Arbeiten in Museen und öffentlichen Sammlungen (Auswahl)
- Albertina, Wien
- Museum Niederösterreich, St. Pölten
- Jüdisches Museum Wien, Wien
- Lentos Kunstmuseum Linz
- Museum für angewandte Kunst, Wien
- Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
- Belvedere, Wien
- Sammlung Essl, Klosterneuburg
- Tiroler Landesmuseum, Innsbruck
- Borusan Art Collection, Istanbul
- Fundación ARCO (Madrid)
- Kunsthalle Weishaupt, Ulm
- Kunstmuseum Celle
- Museion (Bozen)
- Museo de Bellas Artes (Caracas)
- Museum Ritter (Waldenbuch)
- Sammlung Würth (Künzelsau)[18]
- Schauwerk Sindelfingen
Literatur (Auswahl)
- Beate Ermacora, Gregor Jansen: Brigitte Kowanz – in light of light. Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2012, ISBN 978-3-86984-283-7.
- Museum Ritter, Waldenbuch (Hrsg.): Brigitte Kowanz: Think outside the box. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-88423-388-7.
- Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (Hrsg.): Brigitte Kowanz. Now I See. Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2010, ISBN 978-3-86984-141-0.
- Agnes Husslein-Arco, Gerald Bast (Hrsg.): Brigitte Kowanz: ad infinitum. Belvedere, Wien 2008, ISBN 978-3-901508-42-4.
- Galleria Contemporaneo, Mestre (Hrsg.): Brigitte Kowanz. Dario De Bastiani Editore, 2007, ISBN 978-88-8466-105-0.
- Universität für angewandte Kunst, Wien (Hrsg.): more L978T. Wien 2006, ISBN 3-85211-131-5.
- Christian Reder: Forschende Denkweisen. Essays zu künstlerischem Arbeiten (zu Brigitte Kowanz u. a.), Edition Transfer bei Springer, Wien/New York 2004, ISBN 3-211-20523-3.
- Wolfgang Häusler (Hrsg.): Another time another place, Brigitte Kowanz. München 2002, ISBN 3-9808494-0-6.
- Wolfgang Häusler (Hrsg.): Zeitlicht-Lichtraum, Brigitte Kowanz. Hatje-Cantz, Ostfildern-Ruit 2001, ISBN 3-7757-9108-6.
- Hochschule für angewandte Kunst Wien (Hrsg.): Brigitte Kowanz. Die Zwischenzeit vom Schattensprung belichten. Wien 1998, ISBN 3-85211-064-5.
- Licht ist was man sieht. Brigitte Kowanz. Triton Verlag, Wien 1997, ISBN 3-901310-77-0.
- Wiener Secession (Hrsg.): Brigitte Kowanz. Wien 1993, ISBN 3-900803-63-3.
Weblinks
- Website von Brigitte Kowanz
- Brigitte Kowanz »What Next«, Video @ Häusler Contemporary München
- Brigitte Kowanz auf der Website der Bryce Wolkowitz Gallery, New York
- Trailer: Brigitte Kowanz bei der 57. Internationalen Kunstausstellung – la Biennale di Venezia auf YouTube
Einzelnachweise
- ↑ Munzinger Biographie: Brigitte Kowanz. Abgerufen am 28. Oktober 2023.
- ↑ Günter Rombold: Otto-Mauer-Preis an Brigitte Kowanz., In: Kunst und Kirche, Heft 1, 1990, Verlag DAS BEISPIEL; Darmstadt, Seite 47.
- ↑ Riccardo Caldura: Adhärenz, relationale Öffnung: Elemente zur Reflexion. In: Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (Hrsg.): Brigitte Kowanz. Now I See. Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2010, S. 218–232.
- ↑ Christian Reder: Licht = Maß = Form = Dasein – Zu Brigitte Kowanz und einem Arbeiten mit Codes. In: Reder, Christian: Forschende Denkweisen – Essays zu künstlerischem Arbeiten. Wien/New York, 2004, S. 25–34.
- ↑ Rainer Fuchs: Präzisierung des Grenzenlosen. In: Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (Hrsg.): Brigitte Kowanz. Now I See. Verlag für moderne Kunst, Nürnberg 2010, S. 32–38.
- ↑ Lichtkünstlerin Brigitte Kowanz gestorben. In: ORF.at. 30. Januar 2022, abgerufen am 31. Januar 2022.
- ↑ Brigitte Kowanz in der Verstorbenensuche bei friedhoefewien.at
- ↑ Les Nouveaux Riches Magazine – Interview mit Adrian Kowanz. In: Les Nouveaux Riches Magazin. 15. Juni 2020, abgerufen am 26. Juli 2022.
- ↑ 2015 – Kulturpreisträgerinnen & Kulturpreisträger des Landes Niederösterreich ( vom 7. November 2015 im Internet Archive).
- ↑ Brigitte Kowanz erhält den Deutschen Lichtkunstpreis., DPA Meldung vom 4. August 2017, abgerufen am 28. Oktober 2023.
- ↑ Brigitte Kowanz. In: Haus Konstruktiv. Abgerufen am 12. August 2024.
- ↑ ISTR.
- ↑ Österreich – Deutschland, Malerei von 1970 bis 2020. Albertina modern, abgerufen am 28. Oktober 2023.
- ↑ salzburg.info: Beyond Recall: Walk of Modern Art. Abgerufen am 11. Februar 2022.
- ↑ Brigitte Kowanz. Submerged. Albertina, abgerufen am 9. Januar 2022.
- ↑ ALWAYS A WAY ALWAYS AWAY.
- ↑ Die Ausrufung der Republik 12. November 1918.
- ↑ Brita Sachs: Marmorgurke, böse Blumen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 8. August 2021 (faz.net [abgerufen am 11. Februar 2022]).
Personendaten | |
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NAME | Kowanz, Brigitte |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Künstlerin |
GEBURTSDATUM | 13. April 1957 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 28. Januar 2022 |
STERBEORT | Wien |
Auf dieser Seite verwendete Medien
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"Die unendliche Falte ist das Charakteristikum des Barock" - Neonschrift von Brigitte Kowanz im Prunkstiegenhaus
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Die MQ Libelle auf dem Leopold Museum im MuseumsQuartier in Wien, Österreich.
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Das Kunstwerk "Beyond Recall" von Brigitte Kowanz aus dem Jahr 2011 besteht aus 4 halbtransparenten Glaskuben, die auf die vier Brückenkköpfe der Staatsbrücke im Zentrum der Stadt Salzburg aufgesetzt sind. Dieser befindet sich am Beginn der Griesgasse und zeigt den Schriftzug mit dem Titel des Kunstwerks.
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Vienna, Austria, March 2021
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aus dem DEHIO Vorarlberg 1983: Spinnerei und Weberei Lünersee der Textilwerke Getzner, Mutter & Cie, in der Bürser Allee. 1836 erbaut. Erweiterungen 1850, 1856/57. 20achsig, 6geschossig mit ausgebautem Dachgeschoss unter Sattel- und Pultdach. Bemerkenswerter, früher Industriehochbau. *** in Bürs bei Bludenz. Heute EKZ Einkaufszentrum Lünerseepark.
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Lichtpartitur, Brigitte Kowanz, 2000/2001, Oskar-von-Miller-Ring 18, München