Braunstieliger Streifenfarn

Braunstieliger Streifenfarn

Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes)

Systematik
Farne
Klasse:Echte Farne (Polypodiopsida)
Ordnung:Tüpfelfarnartige (Polypodiales)
Familie:Streifenfarngewächse (Aspleniaceae)
Gattung:Streifenfarne (Asplenium)
Art:Braunstieliger Streifenfarn
Wissenschaftlicher Name
Asplenium trichomanes
L.

Der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes), auch Brauner Streifenfarn genannt, ist eine Art aus der Gattung der Streifenfarne (Asplenium) in der Familie der Streifenfarngewächse (Aspleniaceae).

Beschreibung

Wedelunterseite

Der Braunstielige Streifenfarn ist eine ausdauernde Pflanze, die Wuchshöhen von 5 bis 30 Zentimeter erreicht. Sie bildet ein Rhizom aus. Die Blätter sind einfach gefiedert. Der Blattstiel ist kürzer als die Spreite. Sowohl Blattstiel als auch Blattspindel sind schmal geflügelt und bis fast zur Spitze glänzend rotbraun bis schwarzbraun gefärbt. Die Fiedern sind 2–12 mm lang, rundlich oder oval, etwas ungleichseitig, am Rand stumpf gezähnt und stehen in einer Ebene. Jedes Blatt hat 15 bis 40 Fiedern; sie stehen abwechselnd oder paarweise genähert und sind kurz gestielt.

Die Sporen reifen im Juli und August.

Asplenium trichomanes subsp. inexpectans auf Mallorca
Asplenium trichomanes subsp. quadrivalens auf Mallorca

Vorkommen

Der Braunstielige Streifenfarn kommt im warmen bis kühlen Europa und Nordamerika, in Südafrika, im Himalaya, in Neuguinea, in Südost-Australien und in Neuseeland auf Felsen und Mauern vor. Er ist eine Klassencharakterart der Asplenietea trichomanis.[1]

Systematik

Vom Braunstieligen Streifenfarn existieren mehrere Unterarten. Diese werden von M. Hassler teilweise als Arten geführt[2]:

  • Asplenium trichomanes subsp. coriaceifoliumRasbach & al. (Syn.: Asplenium azomanesRosselló, Cubas & Rebassa): Sie kommt nur im südlichen Spanien und auf Mallorca vor.[3]
  • Asplenium trichomanes subsp. hastatum(H. Christ) S. Jess.( Syn.: Asplenium jesseniiHong M.Liu & H.Schneid.)[4]: Sie ist eine Charakterart der Ordnung Potentilletalia caulescentis. Die Chromosomenzahl ist 2n = 144.[1] Sie kommt vor in Frankreich, Italien, in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, Tschechien, Polen, in der Slowakei, in Ungarn, Kroatien, Bulgarien, Griechenland und in Rumänien.[3]
  • Asplenium trichomanes subsp. inexpectansLovis (Syn.: Asplenium inexpectans(Lovis) Landolt): Die Chromosomenzahl ist 2n = 72.[1] Sie kommt in Spanien, auf den Balearen, in Frankreich, Italien, Sardinien, Sizilien, Österreich, Kroatien, Tschechien, in der Slowakei, Ukraine, Moldawien, im europäischen Russland, auf der Krim, in Griechenland, Kreta, in der Ägäis und in Schweden vor.[3] Außerhalb Europas kommt sie vor in Afghanistan und Pakistan.[2]
  • Asplenium trichomanes subsp. maderenseGibby & Lovis: Sie kommt nur auf Madeira und auf La Palma vor.[3]
  • Asplenium trichomanes subsp. pachyrachis(H. Christ) Lovis & Reichst. (Syn.: Asplenium csikiiKümmerle & András.): Sie ist eine Charakterart der Ordnung Potentilletalia caulescentis. Die Chromosomenzahl ist 2n = 144.[1] Sie kommt vor in Spanien, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Luxemburg, Deutschland, in der Schweiz, Österreich, Italien, Sizilien, Korsika, Slowenien, Serbien, Tschechien, Kroatien, Albanien, Griechenland und Kreta vor.[3]
  • Asplenium trichomanes subsp. quadrivalensD.E.Mey. (Syn.: Asplenium quadrivalens(D.E.Mey.) Landolt): Dies ist die in Europa die häufigste Unterart. Sie kommt aber auch in Afrika, auf der Arabischen Halbinsel, in Asien und Nordamerika vor. In Neuseeland aber ist sie extrem selten. Nachdem man sie dort seit den 1950er-Jahren für verschollen gehalten hat, wurden 2008 in der Hawke’s Bay 9 Exemplare dieser Unterart wiederentdeckt.[5] Sie gedeiht auf den Unterlagen Silikat, Gneis, Serpentinit und Kalk und ist eine Asplenietea-Klassencharakterart.[1] In den Allgäuer Alpen steigt sie am Grünhorn in Vorarlberg bis zu 2000 m Meereshöhe auf.[6]
  • Asplenium trichomanes subsp. trichomanes: Diese Unterart kommt nur auf kalkfreier Unterlage vor. Sie ist eine Charakterart der Ordnung Androsacetalia vandellii. Die Chromosomenzahl ist 2n = 72.[1] Sie kommt in Europa, Asien, Afrika und Nordamerika vor.[2]

Nutzung

Der Braunstielige Streifenfarn wird selten als Zierpflanze in Steingärten genutzt. Es gibt von ihm wenige Sorten.

Trivialnamen

Im deutschsprachigen Raum werden oder wurden für diese (im Lateinischen früher auch politricum[7] und im Griechischen polytrichon[8] genannte) Pflanzenart, zum Teil nur regional, auch die folgenden weiteren Trivialnamen verwandt: Aberthon, Abthon (Erzgebirge), Federhar, Frauenhaar (Elsass), Jungfrauenhaar, Roter Steinbrech, Steinfarlin, Steinfarn, Steinfeder, Steinwurz, Stenvarn, Widerstoss, Widerthon, Schwarzer Widerthon (Schlesien) und Widertod.[9]

Geschichte, Analogiezauber

„Roter Steinbrech“ – Asplenium trichomanes. Hieronymus Bock 1546. Weitere historische Abbildungen: [10][11][12]

Dioskurides und Plinius (1. Jahrhundert) unterschieden ein helles und ein schwarzes adianton. Beide wurden polytrichon („Vielhaar“), kallitrichon („Schönhaar“), trichomanes („Feinhaar“) und capillus veneris („Venushaar“) genannt. Sie sollten giftwidrig wirken, Harn und Harnwegssteine treiben, den Haarwuchs befördern, Erkrankungen der Brust, Gelbsucht, Milzerkrankungen und Hauterkrankungen heilen.[13][14][15] Galen beurteilte das «adiantum» aus der Sicht der Säftelehre als ausgeglichen in Hitze und Kälte.[16]

Den nordeuropäischen Ärzten des 15. und 16. Jahrhunderts bereitete es Mühe, dem adianton, dessen Habitus von den Alten ungenügend und uneinheitlich beschrieben wurde, Pflanzen aus ihrer Umgebung zuzuordnen. So deutete z. B. Hieronymus Brunschwig in seinem Kleinen Destillierbuch (1500) das adianton als muer rute (Asplenium ruta-muraria), aber auch als wider tod krut (Asplenium trichomanes). Dem wider tod krut schrieb er die von Dioskurides und Plinius für das adianton angegebenen Indikationen zu.[17][18]

Den Namen wider tod krut leitete Brunschwig aus dem Analogiezauber der Volksmedizin ab: „Gegloubt würt von einfeltigen menſchen das ſie verzoubert werden ſo bald ſie das gehenck an dem halß tragen ſind in wyder bracht gethon vnd geholffen werd […] ouch das ſie das […] an dem hals tragen ſind […] dz ſie nit wund werden vnd ir find überwynden ſint.“ Das Polytrichum commune nannte er güldin wyddon.[19][20][21][22][23][24]

Auch Hieronymus Bock beschrieb in seinem Kräuterbuch die Verwendung dieser Pflanzen im Analogiezauber:

„Es haben die alten weiber vil fantaſei mit diſen kreüttern / vnd ſprechen alſo / das rot ſteynbrechlin[25] mit den lynſen bletlin ſol man nennen abthon / vnd das nacket Jungfraw hor[26] / ſol man nennen widdertthon / dann mit diſen kreüttern können ſie beide ſachen / nemlich abthon vnd widderthon jrs gefallen / wer geſicht aber nit täglich der gleichen werck vnd Philtra[27] / darbei wöllen wirs auch laſſen vnd fürter ſchreiben.“

Hieronymus Bock: Kräuterbuch 1539, I / 182.[28][29][30][31]

Quellen

Literatur

  • Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001. ISBN 3-8001-3131-5
  2. a b c Michael Hassler: Taxon in Suchmaske eintragen bei World Ferns. - Synonymic Checklist and Distribution of Ferns and Lycophytes of the World. Version 12.10 vom Februar 2022.
  3. a b c d e Christenhusz, M. & Raab-Straube, E. von (2013): Polypodiopsida. – In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Berlin 2013.
  4. Marcus Lubienski, Stefan Jessen: Asplenium trichomanes und nothosubsp. lovisianum (Aspleniaceae) in Hagen (Nordrhein-Westfalen). In: Jahrbuch des Bochumer Botanischen Vereins. Band 6, S. 54–62 (PDF-Datei; 4 MB).
  5. Rare Native Fern Rediscovered In Hawke’s Bay
  6. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6.
  7. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 255.
  8. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 152.
  9. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 49 (online).
  10. «Adianton» - Asplenium trichomanes. Wiener Dioskurides 6. Jh. Blatt 41v (Bildlink)
  11. Saxifraga Steinbrech - Asplenium trichomanes. Gart der Gesundheit 1485 (Bildlink)
  12. Leonhart Fuchs 1543. Widertodt - Asplenium trichomanes (Bildlink)
  13. Julius Berendes: Des Pedanius Dioskurides Arzneimittellehre in 5 Büchern. Enke, Stuttgart 1902, Buch IV, Cap. 134, Adianton (Digitalisat)
  14. Plinius. Naturalis historia. Buch XXII, § 62-65 (Kapitel XXX): Adianton (Digitalisat Latein) (Digitalisat Ausgabe Külb 1840-1864 Deutsch)
  15. Plinius. Naturalis historia. Buch XXVII, § 138 (Kapitel CXI) (Digitalisat Latein) (Digitalisat Ausgabe Külb 1840-1864 Deutsch)
  16. Galen. De simplicium medicamentorum temperamentis ac facultatibus, lib. VI, Cap. I/7 (Ausgabe Kühn, Bd. XI, S. 814) (Digitalisat)
  17. Hieronymus Brunschwig. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 78r, Muer ruten (Digitalisat)
  18. Hieronymus Brunschwig. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 120r, Wider tod krut (Digitalisat)
  19. Hieronymus Brunschwig. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 120r, Wider tod krut (Digitalisat)
  20. Paul Sartori. Abdontag. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. I / 21.
  21. Hanns Bächtold-Stäubli. Abtun. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. I / 123.
  22. Heinrich Marzell. Moos. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. VI /565.
  23. Heinrich Marzell. Widerton. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. IX / 559.
  24. Philipp Lorenz Geiger: Handbuch der Pharmacie zum Gebrauche bei Vorlesungen & zum Selbstunterrichte für Ärzte, Apotheker & Droguisten. Wolters, Stuttgart, 2. Band, 2. Hälfte 1830, S. 1622–1623: Asplenium trichomanes (Digitalisat)
  25. Asplenium trichomanes
  26. Goldenes Frauenhaarmoos
  27. Liebeszauber
  28. Hieronymus Bock. New Kreütter Buch. Straßburg 1539, Buch I, Cap. 181, Harnkraut Widdertod und Jungfraw haar (Digitalisat)
  29. Gart der Gesundheit. (Mainz 1485). Ausgabe Augsburg (Schönsperger) 1485, Cap. 88, Capillus veneris muerruten (Digitalisat)
  30. Gart der Gesundheit. (Mainz 1485). Ausgabe Augsburg (Schönsperger) 1485, Cap. 354, Saxifraga stein brech (Digitalisat)
  31. Leonhart Fuchs. New Kreütterbuch. Straßburg 1543, Cap. 310, Widertodt (Digitalisat)

Weblinks

Commons: Asplenium trichomanes – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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Aspelnium trichomanes, Choceň, Czech Republic