Brandau (Modautal)
Brandau Gemeinde Modautal Koordinaten: 49° 44′ 9″ N, 8° 44′ 16″ O | |
---|---|
Höhe: | 320 (319–375) m ü. NHN |
Fläche: | 6,89 km²[1] |
Einwohner: | 1281 (30. Jun. 2020)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 186 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1977 |
Postleitzahl: | 64397 |
Vorwahl: | 06254 |
Brandau (im lokalen Dialekt: Branne)[3] ist der größte Ortsteil der Gemeinde Modautal im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg und Sitz der Gemeindeverwaltung.
Geographie
Brandau liegt im vorderen Odenwald. Im Ort treffen sich die Landesstraßen 3099 und 3102. Westlich von Brandau befindet sich ein Ehrenfriedhof für Kriegstote vieler Nationen.
Geschichte
Ortsgeschichte
Das Dorf wird im Jahre 1346 erstmals urkundlich erwähnt, als Heinrich von Rodenstein seinen Besitz in Brandau wiedereinlöslich an Graf Wilhelm von Katzenelnbogen verkauft. Weitere Erwähnungen erfolgenden unten den Ortsnamen (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Branda (1346), Branda (1403), Brandau (1405), Brandaw (1423), Brandauwe (1424), Brandauwe (1457) und Brandau (1750).
1392 wird Brandau unter den Katzenelbogischen Lehnsgütern geführt. 1480 wird Brandau als hessisches Lehen an die Vettern Erkinger und Hans von Rodenstein ausgegeben. 1565 fallen nach dem Tode des Philipp Kalb von Reinheim die Kalbschen Lehen an Hessen heim. Ende des 16. Jahrhunderts steht das Dorf den Herren von Rodenstein Mosbach und Kalb zu, wogegen der Landgraf von Hessen die hohe Landes- und centbare Obrigkeit innehat.[1] Brandau lag im Gerichtsbezirk der Zent Oberramstadt. Die Zent war in sogenannte „Reiswagen“ eingeteilt, denen jeweils ein Oberschultheiß vorstand, die dem Zentgrafen unterstellt waren. Dieser Bezirk hatte einen Frachtwagen (Reiswagen) einschließlich Zugtiere und Knechten für Feldzüge bereitzustellen. Brandau gehörte zum „Brandauer Reiswagen“, dem auch noch die Orte Neunkirchen, Allertshofen, Hoxhohl, Herchenrod, Lützelbach, Ernsthofen, Neutsch, Klein-Bieberau und Webern angehörten. Die gesamte Zent Oberramstadt war dem Amt Lichtenberg zugeteilt. Diese Einteilung bestand noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.[4]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Brandau:
»Brandau (L. Bez. Reinheim) luth. Filialdorf; liegt 3 1⁄4 St. von Reinheim, auf zwei Seiten eines Wiesengrundes an dem Modaubach, hat 86 Häuser und 573 Einw., die bis auf 3 Reform. alle lutherisch sind. Unter denselben sind 20 Bauern, 36 Handwerker und 23 Taglöhner. Man findet 2 Mahlmühlen und 2 Ziegelhütten. – In den Jahren 1346 und 1347 verpfändeten Heinrich und Erkinger von Rodenstein ihr ganzes Eigenthum an diesem Orte an Wilhelm II., Grafen von Katzenellenbogen. Diese Pfandschaft ist indessen nie abgelößt worden. Die Rodensteiner, die Kalben von Reinheim und die Mosbach von Lindenfels, waren zugleich Gerichtsherrn. Das Dorf hatte 1440 über 20 Hubenleute; hier war eine eigene Kapelle, welche später verfallen war, und 1824 verkauft wurde.«[5]
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden am 31. Dezember 1971 die Gemeinden Lützelbach und Neunkirchen auf freiwilliger Basis in die Gemeinde Brandau eingegliedert. Am 1. Januar 1977 erfolgte kraft Landesgesetz der Zusammenschluss mit der am 1. April 1971 gebildeten Gemeinde Modautal und weiteren Gemeinden zur neuen Gemeinde Modautal.[6] Für Brandau wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Brandau.
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten bzw. Herrschaftsgebiete und deren untergeordnete Verwaltungseinheiten, in denen Brandau lag:[1][8][9]
- 1457: Heiliges Römisches Reich, Rodensteiner Mark
- vor 1479: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Katzenelnbogen, Obergrafschaft Katzenelnbogen
- ab 1479: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Obergrafschaft Katzenelnbogen
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Obergrafschaft Katzenelnbogen, (1787): Amt Lichtenberg, Zent Oberramstadt, Brandauer Reiswagen
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1806: Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1815: Großherzogtum Hessen[Anm. 1], Provinz Starkenburg, Amt Lichtenberg
- ab 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Reinheim[Anm. 2]
- ab 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
- ab 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Darmstadt[10][Anm. 3]
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt
- ab 1946: Amerikanische Besatzungszone, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Gemeinde Modautal[Anm. 4]
Gerichte
Brandau gehörte zur Zentgericht Oberramstadt. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das „Hofgericht Darmstadt“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen. Damit war für Brandau das Amt Lichtenberg zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Zentgerichte hatten damit ihre Funktion verloren.
Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lichtenberg das Gericht erster Instanz, zweite Instanz war das Hofgericht Darmstadt. Es folgten:[1]
- ab 1848: Landgericht Reinheim (Verlegung nach Reinheim), zweite Instanz: Hofgericht Darmstadt
- ab 1879: Amtsgericht Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
- ab 1968: Amtsgericht Darmstadt mit der Auflösung des Amtsgerichts Reinheim, zweite Instanz: Landgericht Darmstadt
Bevölkerung
Einwohnerentwicklung
• 1440: | über 20 Hubenleute[1] |
• 1629: | Hausgesesse[1] | 55
• 1806: | 479 Einwohner, 70 Häuser[11] |
• 1829: | 573 Einwohner, 86 Häuser[5] |
• 1867: | 698 Einwohner, 103 Häuser[12] |
Brandau: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2020 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1791 | 395 | |||
1800 | 405 | |||
1806 | 479 | |||
1829 | 573 | |||
1834 | 569 | |||
1840 | 610 | |||
1846 | 651 | |||
1852 | 639 | |||
1858 | 614 | |||
1864 | 684 | |||
1871 | 720 | |||
1875 | 775 | |||
1885 | 771 | |||
1895 | 750 | |||
1905 | 687 | |||
1910 | 701 | |||
1925 | 698 | |||
1939 | 693 | |||
1946 | 1.119 | |||
1950 | 1.045 | |||
1956 | 929 | |||
1961 | 950 | |||
1967 | 1.035 | |||
1970 | 1.037 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2007 | 1.326 | |||
2010 | 1.358 | |||
2011 | 1.374 | |||
2015 | 1.324 | |||
2020 | 1.281 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; 1791[13]; 1800[14], Gemeinde Modautal:[15]; Zensus 2011[16] |
Historische Religionszugehörigkeit
• 1829: | 570 lutheranische (= 99,48 %), 3 reformierte (= 0,52 %) Einwohner[5] |
• 1961: | 766 evangelische (= 80,63 %), 171 katholische (= 18,00 %) Einwohner[1] |
Politik
Für Brandau besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Brandau) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus neun Mitgliedern. Seit den Kommunalwahlen in Hessen 2021 ist Michael Bormuth Ortsvorsteher.[17]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
- Die Neumühle, eine wasserbetriebene Mühle mit dem größten Mühlrad im vorderen Odenwald
- Die Turmuhr mit nur einem Zeiger (auf dem alten Rathaus)
- Der mit Kupferblech verkleidete Turm der Kriegsgräberstätte mit Opfern der beiden Weltkriege auf dem Geisberg
Regelmäßige Veranstaltungen
Literatur
- Literatur über Brandau nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Brandau (Odenwald). In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Brandau. In: Webauftritt der Gemeinde Moduatal.
- Brandau, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Anmerkungen und Einzelnachweise
Anmerkungen
- ↑ Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als gescheiterter Versuch einer erneuten Reichsgründung.
- ↑ Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lichtenberg) und Verwaltung.
- ↑ Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
- ↑ Am 1. Januar 1977 als Ortsbezirk zur Gemeinde Modautal.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i Brandau, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 23. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 28. Mai 2018.
- ↑ Zahlen und Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im November 2020.
- ↑ Darmstädter Echo, Donnerstag, 10. September 2015, S. 21
- ↑ Ferdinand Dieffenbach: Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart. Literarische Anstalt, Darmstadt 1877, S. 254 (online bei Google Books).
- ↑ a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 23 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Darmstadt und Dieburg und der Stadt Darmstadt (GVBl. II 330–334) vom 26. Juli 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 318, § 9 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
- ↑ a b Hauptsatzung. (PDF; 36 kB) §; 6. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im Februar 2019.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC 894925483, S. 43 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
- ↑ Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
- ↑ Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 16 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 122 (Online in der HathiTrust digital library).
- ↑ Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 124 (Online in der HathiTrust digital library).
- ↑ Haushaltspläne 2017 bis 2019 (Vorbericht: Einwohner – Statistik). (PDF) In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, S. 30 ff, abgerufen im Juli 2019.
- ↑ Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original am 11. Juli 2021 .
- ↑ Ortsvorsteher. In: Webauftritt. Gemeinde Modautal, abgerufen im Januar 2022.
- ↑ Darmstädter Echo, Donnerstag, 10. September 2015, S. 21
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Kriegsgräberstätte auf dem Geisberg westlich von Brandau