Bräuteschule

Die Schutzstaffel (SS) im Deutschen Reich schrieb für alle SS-Angehörigen eine Heiratsgenehmigung vom Rasse- und Siedlungshauptamt zwingend vor. Voraussetzung dieser Genehmigung war für Frauen die Teilnahme an Kursen, Bräuteschule genannt. In ihrer politischen Zielsetzung war diese Schulung auf eine Funktionalisierung der Frau als Teil der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik gerichtet, im Endeffekt sollte der gewünschte „arische“ Nachwuchs gefördert werden. Obwohl nur für SS-Angehörige vorgeschrieben, erlangte der Begriff „Bräuteschule“ durchaus Popularität. Lothar-Günther Buchheim zitiert 1973 in seinem Roman „Das Boot“ einen derben Soldatenwitz über die „Abschlussprüfung in der Reichsbräuteschule“. Ebenfalls literarisch verarbeitet wurde das Thema von Anna Seghers in ihrem Roman „Das siebte Kreuz“, in dem eine junge Frau mit einem SS-Mann verlobt ist.

Die erste Reichsbräuteschule entstand in Tübingen. Sie wurde dort 1936 im Korporationshaus der Normannia (die gezwungen wurde, ihr Haus zu verkaufen) eröffnet.

Insel Schwanenwerder

Das „Deutsche Frauenwerk e. V.“, unter Reichsfrauenführerin Gertrud Scholtz-Klink, bezog im Sommer 1937 die Villa Inselstraße 38 auf der Insel Schwanenwerder in Berlin-Nikolassee, und richtete eine so genannte „Reichsbräuteschule“ ein. In mehrwöchigen Lehrgängen wurde hier jungen Mädchen und Frauen das Nähen, Putzen, Kochen, die Haushaltsführung und die Säuglingspflege gelehrt.

Husbäke

Eine weitere „Bräuteschule“ existierte von 1937 bis 1945 im niedersächsischen Husbäke (Gemeinde Edewecht). Diese ging aus dem seit 1923 wirkenden „Volkshochschulheim Edewecht“ hervor, in der junge Frauen hauswirtschaftlich und schulähnlich ausgebildet wurden. Geleitet wurde die Einrichtung von der Oldenburger Studienrätin Bertha Ramsauer (1884–1947), deren Pädagogik jungen Frauen die selbstbestimmte Wahl ihrer Möglichkeiten vermitteln wollte.

Dieser aufgeklärte Ansatz widersprach jedoch dem aufkommenden Nationalsozialismus mit seiner individuumsfeindlichen Mutterdoktrin. So erfolgte seit Beginn des III. Reiches auch an dieser Bildungseinrichtung die ideologische Gleichschaltung. Das Lehrangebot wurde vollständig umgestaltet. Ideologisch einschlägige Fächer wie „Rassekunde“ oder Vererbungslehre wurden eingeführt und handwerkliche Arbeiten verstärkt gelehrt, während geistige Arbeit aus den Lehrplänen des Volkshochschulheims entfernt wurde. Innerhalb der Kurse versuchte Bertha Ramsauer aber weiterhin, ihre Vorstellungen von Frauenbildung zu vermitteln.

Diese Gratwanderung endete am 15. September 1935, als dieses Volkshochschulheim in die Hände des Deutschen Frauenwerks, Abteilung Mütterdienst (Berlin) überging und 1937 zur „Reichsbräute- und Heimmütterschule Husbäke“ umgewandelt wurde, eine mehrerer „Reichsbräuteschulen“ des III. Reiches. Mit der Übergabe des Volkshochschulheims an das Deutsche Frauenwerk endete 1935 auch die Bildungsarbeit von Bertha Ramsauer.

Erwähnt wurde die Mütter- und Bräuteschule in Heft 7 des X.Jahrgangs (März 1939) der Zeitschrift " die neue linie": Auf S. 5 zu einem Bild der Reichsfrauenführerin Gertrud Scholtz-Klink heißt es, dass "auf deren Veranlassung der "Hof der Mütter", den wir auf S. 36/37 zeigen, als vorbildliche Anlage des Deutschen Frauenwerks geschaffen wird". Dort findet sich dann eine Zeichnung des "Hof der Mütter - EINE MUSTERANLAGE DER REICHSFRAUENFÜHRUNG" von Heinz Ludwig, Berlin. Die Anlage solle in einigen Wochen ihrer Bestimmung übergeben werden: Im Wechsel sollten 4-wöchige Kurse fürMütter und 6-wöchige Kurse für Bräute stattfinden. Dem eigentlichen Schulkomplex wurde eine Mustersiedlung angeschlossen, in der Absicht zusammen mit Siedlern und Bauern aus der Umgebung "die weitere Erschließung der Moorlandschaft zu betreiben"

Überregionale Erwähnung fand die Reichsbräuteschule in Husbäke u. a. in einem am 18. Juni 1944 erschienen mehrspaltigen Artikel im „Völkischen Beobachter/Berliner Beobachter“ unter dem Titel „In einer Reichsbräuteschule. Die Frau als Kameradin“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude als Flüchtlingslager, Krankenhaus, Altersheim, Haus für den Zivilbevölkerungsschutz und Gastarbeiterwohnheim genutzt. Seit Juli 2017 wurden auf dem Gelände umfangreiche Sanierungs- und Renovierungsarbeiten vorgenommen. Diese sind bis auf die Außenanlagen mittlerweile (November 2017) abgeschlossen und die Gebäude werden von dem Eigentümer und Mietern bewohnt.

Nach 1945

Nach dem Krieg wurde der Begriff umgangssprachlich für eine Bildungseinrichtung mit hauswirtschaftlichem Schwerpunkt verwendet, die eine Mischung aus Mädchengymnasium und Hauswirtschafts-Internat darstellte. Hier ging es darum, wie man richtig kocht und näht, wie man Tische deckt und Betten bezieht und zur perfekten Hausfrau wird.

Siehe auch

Literatur

  • Dorothee Schmitz-Köster: „Deutsche Mutter, bist Du bereit...“. Alltag im Lebensborn. Aufbau-Taschenbuch Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-7466-8094-8.
  • Nico Goldhahn: Erziehung und Bildung der Frau im Nationalsozialismus. Grin-Verlag 2003, ISBN 978-3-640-38976-6.
  • Die Welt, 12. August 2013

Auf dieser Seite verwendete Medien

NS-Bräuteschule Tübingen (AK 541R1 Gebr. Metz 1939).jpg
(c) Gebrüder Metz, CC BY-SA 3.0
Tübingen. Bräuteschule der NS-Frauenschaft im ehemaligen Korporationshaus der Normannen auf dem Österberg. Ansichtskarte des Verlags Gebrüder Metz.