Borscht Belt

Koordinaten: 41° 41′ 11″ N, 74° 40′ 57″ W Borscht Belt (deutsch: Borschtsch-Gürtel) ist ein umgangssprachlicher Begriff für die Feriengebiete von New Yorker Juden in den Catskill Mountains (Upstate New York) während der 1940er bis 1960er Jahre. Alternative Namen für diese Gegend waren Jüdische Alpen und Solomon County als Verballhornung von Sullivan County.

Geschichte

Karte des Bundesstaats New York mit hervorgehobenem Borscht Belt

Ab dem frühen 20. Jahrhundert entwickelte sich im Sullivan County sowie Teilen des benachbarten Ulster County der Borscht Belt als Touristenziel für jüdische New Yorker.[1] Weil im New Yorker Umland viele Hotels jüdische Gäste ablehnten (diese Diskriminierung wurde erst durch die Bürgerrechtsreformen Mitte der 60er Jahre korrigiert) entwickelte sich in den südlichen Catskill Mountains ein Angebot speziell für dieses Klientel inkl. koscheren Essens.[2] Der Begriff Borscht Belt wurde vom Variety-Herausgeber Abel Green geprägt.[3]

Die Borscht-Belt-Hotels, Bungalow-Siedlungen und Kuchaleyns (jiddisch für ‚Koch-allein‘, Zimmer mit Selbstversorgung in Gemeinschaftsküchen)[4] wurden von jüdischen Emigranten aus Osteuropa sowie deren Kindern und Enkeln genutzt, die sich in New York City niedergelassen hatten und im heißen Hochsommer in den kühleren Bergen den Sommerurlaub verbrachten. Das von New York City ca. 150 km entfernte Feriengebiet wurde anfangs per Eisenbahn erreicht, später mit Bussen und per Auto - dann ca. 2 h Fahrt. Oft blieben Frauen mit ihren Kindern den ganzen Sommer und die Männer pendelten am Wochenende.[4]

Einige der Hotels waren ursprünglich Farmen immigrierter Juden vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die sich zu Pensionen wandelten und dann zu Hotelkomplexen anwuchsen. Typisch war etwa das Overlook, das bis in die 1960er Jahre von der Familie Schrier betrieben wurde und während der Sommermonate Unterhaltung und Unterkunft in 50 Bungalows, einem Hauptgebäude und fünf Landhäusern bot. Bekannte Hotelanlagen waren Brickman’s, Brown’s, Concord Resort Hotel, Grossinger’s, Granit, Kutsher’s Hotel and Country Club, Nevele Grand Hotel, Friar Tuck Inn, The Pines Resort, Raleigh Hotel, Windsor und Shawanga Lodge. Zu Hochzeiten bestanden über 500 Hotels und 50.000 Bungalows in der Region.[5]

Trotz des Straßenausbaus der New York State Route 17 zum Interstate Highway verlor die Gegend als Reiseziel ab den 1970ern an Bedeutung. Aufgrund des günstigen Luftverkehrs ist heute ein Aufenthalt in den Catskills für New Yorker genauso teuer wie eine Reise nach Hawaii oder in die Karibik. Zurück blieben verlassene oder zerfallende Touristikziele aus der Blütezeit des Borscht Belt.[5]

Unter dem Titel Rise and Fall of the Borscht Belt wurde 1986 ein Dokumentarfilm von Peter Davis veröffentlicht.[6]

Trivia

Der Borscht-Belt wurde in Deutschland durch den Tanzfilm Dirty Dancing bekannt. In Maus – Die Geschichte eines Überlebenden verbringt Wladek, der Vater von Art Spiegelman, den Sommer in einer Bungalowsiedlung in den Catskills.

Die Tradition der Borscht-Belt-Unterhaltung führte zur Etablierung jüdisch-amerikanischen Humors im Mainstream.[7] Im Laufe der Zeit wurden viele Komiker und Schauspieler hier erstmals bekannt, beispielsweise

Das bekannteste Kulturereignis der Gegend war, wenngleich auch ohne Bezug zum Borscht-Belt, 1969 das Woodstock-Festival auf dem Gelände des jüdischen Farmers Max Yasgur in Bethel.

Heute

Die Region ist heute Aufenthaltsort vieler orthodoxer New Yorker Stadt-Juden in ihren Ferienhäusern und Bungalowsiedlungen (darunter viele historische) während des Sommers sowie auch als Dauercamper. Wegen ihres Alters existiert sogar ein ganzjähriger Ableger des jüdisch-orthodoxen Ärztlichen Notdienstes Hatzalah.

Siehe auch

  • Belt-Regionen

Literatur

  • Irwin Richman: Borscht Belt Bungalows: Memoirs Of Catskill Summers. Temple University Press, Philadelphia 1998, ISBN 1-56639-585-2.
  • Stephen J. Whitfield: Borscht Belt. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 1: A–Cl. Metzler, Stuttgart/Weimar 2011, ISBN 978-3-476-02501-2, S. 390–392.
  • Tova gd Sabin: Borscht Belt . In: St. James Encyclopedia of Pop Culture online
  • Schlock und Wunder im Borscht Belt. In: Aufbau. Das jüdische Monatsmagazin, 7. Jahrgang Nr. 7. vom 1. Juli 2007

Einzelnachweise

  1. Marilyn Shapiro: Revisiting the Catskills from the staffs' perspective. In: Heritage Florida Jewish News. Heritage Florida Jewish News, 22. Februar 2019, abgerufen am 15. April 2024: „Map of Hotels and Bungalow colonies in The Borscht Belt“
  2. The Museum. Borscht Belt Museum, abgerufen am 15. April 2024: „The Borscht Belt was born out of bigotry. At the turn of the 20th century, hotel advertisements in the region often used phrases like “No Hebrews Allowed” and “Gentiles Only” to keep out Jewish patrons.“
  3. Stanley Karnow: Goodbye to the Borscht Belt. In: Washington Post. 18. Januar 1990, abgerufen am 15. April 2024: „But Abel Green, the editor of Variety, reputedly coined the term Borscht Belt -- and so it remains.“
  4. a b Susanne Kippenberger: Catskill Mountains: Alles Bingo! In: Gesellschaft. Der Tagesspiegel, 17. August 2007, abgerufen am 16. April 2024: „Die Catskills konnte sich fast jeder leisten, der Ferienbetrieb beruhte auf einem Dreiklassensystem. Auf der untersten Stufe standen die kuchaleyns, schlichte Unterkünfte, in denen die Gäste, wie der Name schon sagt, selber in einer großen Gemeinschaftsküche kochten. Dann kamen die Feriensiedlungen mit kleinen Bungalows; und schließlich die Hotels, die oft als bescheidene Pensionen begonnen hatten und dann zu riesigen Ferienanlagen anschwollen.“
  5. a b Marisa Scheinfeld, Stefan Kanfer, Jenna Weissman Joselit: The Borscht Belt: Revisiting the Remains of America’s Jewish Vacationland. Cornell University Press, Ithaca 2016, ISBN 978-1-5017-0059-0 (The Borscht Belt, which features essays by Stefan Kanfer and Jenna Weissman Joselit, presents Marisa Scheinfeld’s photographs of abandoned sites where resorts, hotels, and bungalow colonies once boomed in the Catskill Mountain region of upstate New York.).
  6. Rise and Fall of the Borscht Belt - Dokumentation über den Borscht Belt, Regie und Produktion von Peter Davis, 1986
  7. Michele Herrmann: The Borscht Belt Was a Haven for Generations of Jewish Americans. In: Smithsonian Magazine. Smithsonian Institution, 18. September 2023, abgerufen am 16. April 2024: „“This became a really important proving ground for them,” says Jacobs, adding that comedians were able to do multiple shows a night. [..] Crowds could be tough, so that helped comics improve their sets; if they were doing well, the audience’s reaction showed it.“

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