Boris Pilato

Boris Pilato (* 6. Mai 1914 in Görz[1] oder Marburg an der Drau[2]; † 7. Juni 1997 in Essen[3]) war ein Tänzer, Choreograf, Ballettdirektor und Opernregisseur aus dem Friaul oder Slowenien.

Leben und Werk

Pilato war nach einer klassischen Ausbildung am Konservatorium in Laibach sowie in Belgrad zunächst als Solotänzer aktiv und wirkte als solcher u. a. in Belgrad[4], Graz, Paris[5], München, Danzig, Berlin, Baden bei Wien, Salzburg, Innsbruck. Nach Abschluss seiner aktiven Tänzerkarriere (in Biel)[6] wirkte er langjährig – überwiegend in Zusammenarbeit mit Anton Vujanic[7] – als Choreograph, Opern- und Operettenregisseur[8] sowie Ballettdirektor in Bonn[9], Lübeck, Gelsenkirchen, Essen (unter den Intendanten Erich Schumacher, Jürgen Dieter Waidelich und Ulrich Brecht) sowie Dortmund.

Pilato galt in den 1950er Jahren wie Tatjana Gsovsky, Wacław Orlikowski, Erich Walter und andere als Pionier der Moderne im klassischen Ballett. Er erarbeitete weit über 200 Choreographien (darunter mehr als vierzig in Essen), dies sowohl auf zeitgenössische Musik (darunter auch eine ganze Reihe von Musik-Uraufführungen) als auch neue Choreographien für die großen klassischen Handlungsballette.

Zu den wichtigsten Protagonistinnen seiner Truppe gehörten im Laufe der Jahre u. a. Vanja Bourgoudjieva, Yvette Chauvire, Renate Deppisch, Jeane Ingels, Ute Lichtenthäler, Vjera Markovic, Annemarie Nickisch, Christa Piroch, Michèle Poupon, Adele Zurhausen. Zu den wichtigsten männlichen Tänzern, mit denen er langjährig zusammenarbeitete, gehörten die Solotänzer Uwe Evers[10] , Eugeniusz Jakubiak[11], Rainer Köchermann[12], der nachmalige Berliner Ballettchef Gert Reinholm, Ulrich Röhm, Janez Samec und Henk van der Veen.

Zu der mit Ruhr-Bischof Franz Hengsbach erörterten Veröffentlichung seiner Memoiren unter dem Titel „Wir tanzten als der Himmel brannte“[13] ist es dann nicht mehr gekommen.

Choreographische Arbeiten (Auswahl)

Uraufführungen nach Konzertmusik
Neuchoreographierte Klassische Handlungsballette und sonstige Handlungsballette (Uraufführungen)

Auslands-Gastspiele der Pilato-Truppe

Fernsehaufzeichnungen

  • 11. März 1960: Orpheus, Ballett in drei Szenen mit Musik von Strawinsky (Klavierauszug von Leopold Spinner), Choreographie: Boris Pilato.[14]
  • 10. Oktober 1960: Paolo und Francesca nach Dante, Ballett mit Musik von Tschaikowski, Choreographie: Boris Pilato.[15]
  • 1981: Pilato-Matinée, in Hier und heute im WDR.

Privates

Verheiratet war Pilato mit der slowenischen Primaballerina Erna Mohar (* 13. Mai 1905 in Laibach; † 1972), die wiederum in erster Ehe mit Alois Vodischek verheiratet war.

Literatur

  • Helga Mohaupt, Rudolf Majer-Finkes: Das Grillo-Theater: Geschichte eines Essener Theaterbaus. 1892–1990; mit Dokumentation von Rudolf Majer-Finkes; Bonn: Bouvier, 1990, ISBN 3-416-80661-1
  • Franz Feldens: 75 Jahre Städtische Bühnen Essen Geschichte des Essener Theaters 1892–1967. Rheinisch-Westfälische Verlagsgesellschaft, 1967.
  • Boris Pilato und das Ballett in Essen ’67-’81 (mit einem Vorwort von Käthe Flamm), Essen 1981.
  • Jürgen Dieter Waidelich: Essen spielt Theater: 1000 und einhundert Jahre; zum 100. Geburtstag des Grillo-Theaters. Bd. 1 (1992) und Bd. 2 (1994), ECON-Verlag, ISBN 3-430-19454-7
  • Hans-Theodor Wohlfahrt: Ein Künstler aus Leidenschaft : Boris Pilato zum 80. Geburtstag. In: Ballett-Journal/Das Tanzarchiv. Jg. 42 (Juni 1994), Nr. 3, S. 60–63. Illustr., Porträt.
  • Felix Grützner: Tanzen wider die Resignation: zum Tod von Boris Pilato (1914 bis 1997). In: Ballett-Journal/Das Tanzarchiv. Jg. (Okt. 1997) 45, Nr. 4, S. 58–59. Porträt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Uwe Steffen, in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, Index (1997), S. 552.
  2. Deutsches Bühnen-Jahrbuch, 106, 1998, S. 844. So auch mehrfach die Angabe in Essener Zeitungen.
  3. Deutsches Bühnen-Jahrbuch, 106, 1998, S. 844.
  4. Hier trat er im Narodno pozorište u Beogradu auch noch vor dem jugoslawischen König Alexander (1888–1934) auf.
  5. Auftritte u. a. mit der Mistinguett und im Théâtre Mogador. Pilato verkehrte damals im Umkreis von Strawinsky, Serge Lifar und Colette, auch im frühen Tonfilm trat er auf, vgl. WAZ, 4. Mai 1994.
  6. Uraufführungsbeleg vom 17. Januar 1948: “Im Stadttheater […] wird das von Kapellmeister Richard Langer komponierte Ballett «Die spanische Rhapsodie» uraufgeführt. Es tanzen die Solisten Erna Mohar, Boris Pilato, Anton Vujanic, Edith Tolnay und Maria Schmid.” Vergl. Liselotte Lefert-Weibel: Bieler Chronik 1948 Nachtrag.
  7. Anton Vujanic (* 19. November 1905; † 7. Mai 1982 in Essen) u. a. Partner von Mia Slavenka, Solotänzer in Leipzig, (Auftritte mit der Gsovsky), eng befreundet mit Mary Wigman.
  8. Zuletzt 1978 in Essen Ero der Schelm seines Landsmannes Jakov Gotovac.
  9. Hier choreographierte er 1953 im Ersatztheatersaal des Bürgervereins die erste deutsche Nachkriegs-Giselle nach dem Original von Coralli und Perrot.
  10. Uwe Evers (* 26. März 1941, † 9. September 2010) erhielt 1962 den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen.
  11. Eugeniusz Jakubiak (1936–1990), zuvor an der Schlesischen Oper.
  12. Rainer Köchermann (* 1930; † 28. Oktober 2004).
  13. Vgl. WAZ, 4. Mai 1994.
  14. Fernsehen des NDR. Besetzung: Orpheus – Reinholm, Eurydike – Yvette Chauvire, Evers – Schwarzer Engel.
  15. Die Zeit, 7. Okt. 1960 Nr. 41.