Boris Lasarewitsch Kljusner

Boris Lasarewitsch Kljusner (russisch Борис Лазаревич Клюзнер, wiss. Transliteration Boris Lazarevič Kljuzner, Schreibweise auch Kliuzner, Klyuzner, Kljuzner, Kluesner oder Klusner; * 19. Maijul. / 1. Juni 1909greg. in Astrachan; † 21. Mai 1975[1][A 1] in Komarowo) war ein russischer Komponist.

Leben

Kljusner studierte von 1937 bis 1941 bei Michail Gnessin am Leningrader Konservatorium, wo er sich unter anderem mit jüdischer Musik­kultur beschäftigte. Nach dem Abschluss diente er 1941 bis 1945 in der Roten Armee an der Front und gelangte so am Kriegsende nach Wien. Dank der Fürsprache von Dunajewski, Schostakowitsch und Gnessin[2] durfte er die Armee verlassen und nach Leningrad zurückkehren, wo er in den Vorstand des dortigen Komponistenverbands gewählt wurde. 1948 weigerte er sich, an der verordneten Kampagne gegen die als Formalisten angeprangerten Kollegen um Schostakowitsch teilzunehmen. Dieser Konflikt mit der offiziellen Linie begleitete ihn weitere Jahre, 1952 drohte ihm die Inhaftierung.[3] 1961 trat er aus dem Komponistenverband aus, ein selbst in der Tauwetter-Periode unter Chruschtschow außergewöhnlicher Vorgang. Später zog er nach Moskau. Er blieb ein streitbarer Geist. In seinem Werk finden sich trotz alledem auch Widmungen an Lenin – wie seine vierte, letzte Sinfonie, die aber gleichzeitig anklagende Elemente enthält. Musikhistoriker rechnen ihn zu den Vergessenen und „am Rande Gebliebenen“ in der Sowjetzeit.[4] Er starb an seinem Rückzugsort, dem Stranddorf Komarowo, nordwestlich vom heutigen Sankt Petersburg.

Kljusner hinterließ Sinfonien, Konzerte, Kammermusik, Sonaten und Filmmusik. Stilistisch stand er zwischen der späten Romantik in Mahlers Tradition und einer expressiven, dissonanzreichen Moderne. In seinen Sinfonien erprobte er freie Zwölftontechniken, Cluster und genreunübliche Instrumentierungen wie Schlagzeug, Orgel und E-Gitarre. Aufführungen seiner Werke sind äußerst selten geblieben.[5] Mit dem Tod Kljusners beschäftigt sich das Widmungswerk In Memoriam Boris Kliuzner (1977) von Alexander Wustin nach Worten des in der Stalinzeit verbotenen Dichters Juri Olescha.[6][7]

Literatur

Weblinks

Anmerkungen

  1. Für das Sterbedatum gibt es in nichtrussischen Quellen vereinzelt abweichende Angaben.

Einzelnachweise

  1. Eintrag bei biografija.ru (russisch)
  2. Dokument (russisch)
  3. Biographie Kljusners von Jelena Tschegurowa
  4. Boris Yoffe: Im Fluss des Symphonischen. Wolke, Hofheim 2014, ISBN 978-3-95593-059-2, S. 234 f.
  5. Konzert in Karlsruhe 2000
  6. Valeria Tsenova: The Battlefield is the Soul. In: Valeria Tsenova (Hrsg.): Underground Music from the Former USSR. Harwood Academic Publishers, Amsterdam 1997, ISBN 3-7186-5821-6, S. 210 f.
  7. Angaben zu Wustins Werk bei Sikorski