Bordeaux-Klassifizierung

Die Hafenstadt Bordeaux ist seit der Römerzeit durch Handel geprägt. Die Qualitätsunterschiede der dort gehandelten Weine schlugen sich schon vor Jahrhunderten in ihrem Preis nieder. Zunächst gilt für die Bordeauxweine die Regel: Je kleiner und enger umgrenzt die Appellation ist, umso höher sind Qualitätsniveau der Weine und entsprechend ihr Preis.

Beispiel

Das Médoc ist ein größeres Gebiet (eine Halbinsel) im Bordelais (Bordeauxgebiet). Es erstreckt sich am linken Ufer (Rive gauche) der Gironde von Bordeaux bis Saint-Vivien-de-Médoc. Der gesamte dort erzeugte Wein darf unter der Appellation Médoc vermarktet werden. Dies sind jährlich ca. 300.000 Hektoliter Wein gehobener Qualität. Der südliche Teil des Médoc besitzt höherwertige Lagen. Daher werden diese Weine in der Regel unter der Appellation Haut-Médoc angeboten (rund 250.000 Hektoliter pro Jahr). Die Weine der berühmten Weinbaugemeinden Pauillac, Saint-Estèphe, Saint-Julien, Listrac, Moulis und Margaux innerhalb des Haut-Médoc besitzen aufgrund ihrer anerkannt höheren Qualität wiederum eine eigene (kommunale) Appellation.

Die Klassifikation der Médoc-Châteaux von 1855

Drei der fünf Ersten Gewächse des Médoc, der Premier Crus, gehören zum Gebiet der AOC Pauillac

Der Begriff Château bezeichnet ein Weingut. Im Jahre 1855 wurde zur Weltausstellung in Paris eine Klassifikation (Grand Cru Classé) für die damals bekannten, teureren Châteaux im Médoc vorgenommen. Dabei wurde als Maßstab im Wesentlichen der über die letzten 100 Jahre erzielte Marktpreis für den vom jeweiligen Weingut erzeugten Wein herangezogen.

Diese Klassifikation wurde seitdem nur ein einziges Mal geändert, als Château Mouton-Rothschild im Jahre 1973 vom Deuxième zum Premier Cru aufstieg. Das entsprechende Dekret wurde vom damaligen Landwirtschaftsminister Jacques Chirac unterzeichnet.

Ein Château im Médoc ist damit entweder der Gruppe Grand Cru Classé oder der Cru Bourgeois zugeordnet. Änderungen sind nur beim Verkauf eines Weingutes möglich. Da die Klassifizierung an den Besitz gekoppelt ist, kann eine Cru-Bourgeois-Rebfläche, von einem Cru-Classé-Weingut erworben, classé werden und umgekehrt.

Liste der Châteaux nach der Klassifikation von 1855

Der Klassifizierung gehören heute 61 Weingüter des Médoc- und 27 des Sauterngebietes an. In Klammern die Gemeinde und Appellation.

Premiers Crus

Deuxièmes Crus

Troisièmes Crus

Quatrièmes Crus

Cinquièmes Crus

Zweitweine

Die Zweitweine der großen Châteaux genießen keinen Cru-Classé-Status und sind wesentlich preiswerter. Beispiele:

Sauternes und Barsac

Ebenfalls 1855 erfolgte die Klassifizierung der edelsüßen Weißweine aus den Gemeinden Sauternes und Barsac.

Premier Cru Supérieur

Diese Klasse ist alleine dem Château d’Yquem (Sauternes) vorbehalten.

Premier Cru Classé

Deuxième Cru Classé

Graves

Für das Gebiet Graves wurde 1953 bzw. 1959 eine einstufige Klassifikation geschaffen, die nach Rot- und Weißweinen unterscheidet. Alle klassifizierten Châteaux liegen in der bis in die südlichen Vororte von Bordeaux reichenden Appellation Pessac-Léognan.

Klassifikation der Region Graves

Klassifiziert für Rot- und Weißwein:

Klassifiziert nur für Rotwein:

Klassifiziert nur für Weißwein:

  • Château Bouscaut
  • Château Carbonnieux
  • Domaine de Chevalier
  • Château Latour-Martillac
  • Château Malartic-Lagravière
  • Château Olivier
  • Château Smith Haut Lafitte
  • Château Haut-Bailly
  • Château de Fieuzal
  • Château La Mission Haut-Brion
  • Château Pape-Clément
  • Château La Tour Haut-Brion
  • Château Couhins-Lurton
  • Château Laville Haut-Brion

Saint-Émilion

Die Weine von Saint-Émilion wurden erstmals ab 1954 bewertet und 1955 klassifiziert. Alle klassifizierten Güter gehören der Appellation AOC Saint-Émilion Grand Cru an. Es gibt zwei Klassen: Premier Grand Cru Classé (mit den beiden Unterklassen A und B) und Grand Cru Classé.

Diese Klassifikation wird regelmäßig überprüft. Dies geschah bisher 1969, 1986, 1996, 2006, 2012 und 2022 und soll zukünftig alle zehn Jahre stattfinden. Dabei gilt, dass sich die Güter für die Klassifizierung bewerben müssen. Im Gegensatz zum Médoc ist sie auch an die Lagen selbst gebunden. So wurde dem Château Beau-Séjour Bécot der Premier-Status 1986 für zehn Jahre entzogen, nachdem das Weingut durch Zukauf von Parzellen seine Rebfläche ausgeweitet hatte.

Am 8. September 2022 veröffentlichte die INAO die neue Liste mit insgesamt 85 eingestuften Weingütern. 14 gehören der Stufe Premiers grands crus an. Die restlichen 71 Güter der Stufe Grands crus; die Einstufung ist voraussichtlich für die Jahrgänge 2022 bis 2031 gültig.[1] Aufgrund erheblicher Streitigkeiten um die Vorgehensweise bei der Bewertung kündigten die Verantwortlichen Pierre Lurton und Pierre-Olivier Clouet der Weingüter Château Ausone und Château Cheval Blanc an, dass sie sich diesmal nicht für eine Auszeichnung bewerben würden. Sie kritisierten insbesondere, dass den Aspekten Tourismus und sozialen Netzwerken zu breiten Raum in der Bewertung gegeben wurde[2]. Konsequenterweise hat die Familie Vauthier (Eigner von Ausone) ebenfalls beschlossen, Château La Clotte nicht mehr zur Wahl zu stellen. Am 5. Januar 2022 kündigte Château Angélus seinen Rückzug aus der bereits begonnenen Prozedur an.[3] Auch für Château Quinault L’Enclos, im Besitz von Bernard Arnault und der Familie Frère, wurde keine Bewerbung eingereicht. Im Juni 2022 zog schließlich Château La Gaffelière seine eingereichte Bewerbung zurück,[4]

Premier Grand Cru Classé 'A'  
Château Figeac – seit 2022Château Pavie
Premier Grand Cru Classé 'B'
Château Beauséjour (Duffau-Lagarrosse)Château Beau-Séjour BécotChâteau Bélair-Monange
Château CanonChâteau Canon-La GaffelièreClos Fourtet
Château Larcis DucasseLa MondotteChâteau Pavie-Macquin
Château Troplong MondotChâteau Trotte VieilleChâteau Valandraud
Grand Cru Classé
Château Badette – seit 2022Château Balestard la TonnelleChâteau Barde-Haut
Château Bellefont-BelcierChâteau BellevueChâteau Berliquet
Château Boutisse – seit 2022Château Cadet BonChâteau Cap de Mourlin
Château ChauvinChâteau Clos de SarpeChâteau Corbin
Château Corbin Michotte – seit 2022Château Côte de BaleauChâteau Croix de Labrie – seit 2022
Château DassaultChâteau DestieuxChâteau de Ferrand
Château de PressacChâteau FaugèresChâteau Fleur-Cardinale
Château FombraugeChâteau FonplégadeChâteau Fonroque
Château Franc MayneChâteau Grand Corbin-DespagneChâteau Grand Corbin
Château Grand MayneChâteau GuadetChâteau Haut Sarpe
Château Jean FaureChâteau LanioteChâteau Larmande
Château LaroqueChâteau LarozeChâteau la Commanderie
Château la ConfessionChâteau la CouspaudeChâteau la Croizille
Château La DominiqueChâteau la Fleur MorangeChâteau la Marzelle
Château la SerreChâteau La Tour-FigeacChâteau le Chatelet
Château le PrieuréChâteau MangotChâteau Monbousquet
Château Montlabert – seit 2022Château Montlisse – seit 2022Château Moulin du Cadet
Château Peby FaugèresChâteau Petit Faurie de SoutardChâteau Ripeau
Château RochebelleChâteau Rol Valentin – seit 2022Château Saint Georges (Côte Pavie)
Château SansonnetChâteau SoutardChâteau Tour Baladoz – seit 2022
Château Tour Saint Christophe – seit 2022Château VillemaurineChâteau Yon Figeac
Clos Badon Thunevin – seit 2022Clos de l'OratoireClos des Jacobins
Clos Dubreuil – seit 2022Clos Saint-Julien – seit 2022Clos Saint-Martin
Couvent des JacobinsLassegue – seit 2022

Weitere Details zur Entwicklung der Klassifizierung findet sich im Artikel Klassifizierung der Weine von Saint-Émilion.

Pomerol

Eine Klassifikation für Pomerol existiert bis heute nicht; formal sind also alle Weingüter in Pomerol „gleich gut“. Es gibt jedoch einige inoffiziell als Cru Classés angesehene Châteaux. Allgemein anerkannt ist die überragende Stellung von Château Pétrus und die nur wenig geringere Stellung von Chateau Lafleur. Mitglieder der Union des Grands Crus sind die Châteaux Beauregard, Clinet, Gazin, L’Évangile, La Cabanne, La Conseillante, La Croix de Gay, La Pointe, Petit Village, Vieux-Château Certan und Le Pin. Die Mitglieder der „Moueix-Familie“ Château Trotanoy, Latour à Pomerol, La Fleur-Petrus, Lafleur-Gazin und Hosanna gehören ihr trotz vergleichbarer Qualität allerdings nicht an.

Einzelnachweise

  1. Saint-Emilion grand cru : le nouveau classement pour la prochaine décennie. INAO, 8. September 2022, abgerufen am 10. Januar 2023 (französisch)..
  2. Linus Bauer: Saint-Émilion: Château Cheval Blanc und Château Ausone entziehen sich Klassifizierung. Vinum, 6. Januar 2022, abgerufen am 10. Januar 2023..
  3. Linus Bauer: Nächster Rückzieher: Château Angélus steigt aus. Vinum, 14. Juli 2021, abgerufen am 10. Januar 2023.
  4. Erneuter Knall in Saint-Émilion: La Gaffelière steigt von Klassifizierung aus. Vinum, 2. Juni 2022, abgerufen am 10. Januar 2023.

Weblinks

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Autor/Urheber: Anthony Baratier, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Vignoble depuis la RD 205 avec l'église Saint-Martin à l'arrière-plan