Boeing X-37

Boeing X-37

X-37B bei Rolltests
TypExperimenteller Raumgleiter
Entwurfsland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

HerstellerBoeing
Erstflug7. April 2006 (X-37A)
IndienststellungIn der Flugerprobung
Stückzahl2

X-37 ist die Bezeichnung eines experimentellen, unbemannten, wiederverwendbaren Raumgleitertyps der United States Space Force, der ursprünglich im Auftrag der NASA von Boeing Phantom Works, einem Tochterunternehmen von Boeing, entwickelt wurde.[1][2] Der Aufbau leitet sich vom vorhergehenden Versuchsgleiter X-40 ab.

Entwicklungsgeschichte

Ursprüngliches Konzept der X-37 in der Ladebucht eines Space Shuttle

Das X-37-Programm wurde von der NASA im Jahr 1999 gestartet.[3] Mit Hilfe der X-37 sollen sowohl Techniken als auch Manöver wie der Start und der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre erprobt werden. Da sich der Raumgleiter jedoch auch längere Zeit in einer Erdumlaufbahn aufhalten kann,[4] dienen zur Energieversorgung im Weltraum Gallium-Arsenid-Solarzellen.[5]

X-37B OTV-1 beim Einbau in die Nutzlastverkleidung
X-37B OTV-1 Nach der ersten Landung 2010 auf der Vandenberg AFB
X-37B OTV-5 Nach der Landung 2019, Kennedy Space Center Shuttle Landing Facility

Ursprünglich war die X-37 so konstruiert, dass sie in der Ladebucht eines Space Shuttle in den Orbit transportiert werden konnte. Als Folge des Absturzes der Columbia im Februar 2003 wurde der Gleiter so umgebaut, dass er unverkleidet auf einer Delta II-Rakete gestartet werden kann. Später wurde die Atlas V (501) als Trägerrakete ausgewählt, da diese es ermöglichte, zur Vermeidung aerodynamischer Probleme beim Start die X-37 unter einer Nutzlastverkleidung unterzubringen.

Im September 2004 übernahm die US-Militärbehörde DARPA das Projekt zur Weiterentwicklung von der NASA.[6] Ab Sommer 2005 fanden Testflüge des X-37A-Prototyps mit dem privat entwickelten Trägerflugzeug Scaled Composites White Knight statt.[7] Derzeit leitet das Rapid Capabilities Office der USAF das X-37B-Programm.[8]

Die X-37B sollte die Erde in einer Höhe von bis zu 900 km über ein Jahr lang umkreisen können und 15 Tage nach ihrer Rückkehr wieder einsatzbereit sein. Im Orbit kann die Bahnhöhe mit Hilfe eines Triebwerks verändert werden. Ursprünglich war das 29,3 kN starke und mit Kerosin und Wasserstoffperoxid betriebene Rocketdyne AR2-3-Triebwerk vorgesehen,[9] jedoch wurde dieses im Laufe der Entwicklung gegen ein konventionelles Hydrazin-Antriebssystem mit 14,7 kN ausgetauscht.[10] In der 2,13 Meter × 1,22 Meter großen Nutzlastbucht können maximal 250 kg Fracht transportiert werden.

Ein erster Test der weltraumtauglichen Variante X-37B (OTV-1: Orbital Test Vehicle 1) in der Erdumlaufbahn war ursprünglich für den Sommer 2006 vorgesehen; der Start erfolgte allerdings erst am 22. April 2010 um 23:52 Uhr UTC.[11][12] Als Startrakete diente eine Atlas V (501), die den Raumgleiter von Cape Canaveral ins All brachte. Dieser erste Flug endete nach 224 Tagen, 8 Stunden und 24 Minuten im Orbit mit einer völlig autonomen Landung auf der US-Luftwaffenbasis Vandenberg am 3. Dezember 2010.[13] Über die Ziele der Mission und den Einsatzzweck des Fluggerätes wurden keine Details bekanntgegeben.

Das zweite Exemplar (OTV-2) wurde am 5. März 2011 erfolgreich ebenfalls mit einer Atlas V (501) von Cape Canaveral gestartet.[14] Die X-37B blieb mehr als ein Jahr lang im Orbit, um Systemtests und militärische Experimente durchzuführen.[15][16][17][18] Am 16. Juni 2012 beendete OTV-2 seine Mission und landete nach 469 Tagen im All auf der US-Luftwaffenbasis Vandenberg.[19][20][21]

Am 11. Dezember 2012 startete der erste Orbiter zu seinem zweiten Flug an Bord einer Atlas V (501) zur dritten X-37B-Mission (OTV-3) ins All und überschritt im März 2014 die Dauer des vorherigen Flugs.[22][23] Nach 674 Tagen im All landete er am 17. Oktober 2014 auf der US-Luftwaffenbasis Vandenberg, Kalifornien.[24] Am 20. Mai 2015 startete die vierte Mission einer X-37B – als „Orbital Test Vehicle 4“, (OTV-4), bezeichnet – ins All. Es wurde nicht bekannt, welcher der beiden Orbiter zum Einsatz kam. Er setzte vier Kleinstsatelliten aus und testete ein 32 Quadratmeter großes Solarsegel sowie einen Hallantrieb. Am 25. März 2017 überbot er die Dauer des vorigen Fluges,[25] am 7. Mai 2017 wurde die Landung nach insgesamt 718 Tagen im All erstmals auf der Shuttle Landing Facility in Florida durchgeführt.[26]

Die fünfte X-37B-Mission (OTV-5) begann am 7. September 2017 mit dem Transport durch eine Falcon 9-Rakete des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX ins All.[27] Am 26. August 2019 übertraf die X-37B erneut die Aufenthaltsdauer im All des vorhergehenden Fluges.[3] Die Landung am Kennedy Space Center in Florida erfolgte am 27. Oktober 2019 nach 780 Tagen im Weltraum.

Missionen

MissionStartdatum (UTC)Trägerrakete
Flug
Landedatum (UTC)Dauer der MissionOrbiterNutzlast
OTV-122. Apr. 2010 23:52[28]Atlas V (501)3. Dez. 2010 09:16[29]224d 9h 24min1. Orbiter,
1. Flug
unbekannt
OTV-25. März 2011 22:46[28]Atlas V (501)16. Juni 2012 12:48[30]468d 14h 2min2. Orbiter,
1. Flug
unbekannt
OTV-311. Dez. 2012 18:03[28]Atlas V (501)17. Okt. 2014 16:24[31]674d 22h 21min1. Orbiter,
2. Flug
unbekannt
OTV-420. Mai 2015 15:05Atlas V (501)7. Mai 2017 11:47[26]717d 20h 42minunbekanntExperimente, u. a. Erprobung eines Hallantriebs[32]
OTV-57. Sep. 2017 14:00Falcon 927. Okt. 2019 07:51[33]779d 17h 51minunbekanntu. a. ASETS-II[34]
OTV-617. Mai 2020 13:14Atlas V (501)
USSF-7
12. Nov. 2022 10:22[35]908d 21h 8minunbekanntExperimente, Satellit FalconSat-8[36]
OTV-729. Dez. 2023 01:07Falcon Heavy
USSF-52

Technische Daten

Erster Start des X-37B OTV-1 auf einer Atlas-V(501)-Rakete.
X-37 unmittelbar nach der Landung (Flug OTV-4, 2017).
KenngrößeWert[5][4]
Spannweite4,5 m
Länge8,9 m
Höhe2,9 m
Startmasse4990 kg
Nutzlastmax. Höhe 2,13 m
max. Durchmesser 1,22 m
max. Masse 250 kg

Siehe auch

Weblinks

Commons: Boeing X-37 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Neues amerikanisches Raumschiff gibt Rätsel auf. Neue Zürcher Zeitung, 7. April 2010, abgerufen am 9. April 2010.
  2. Boeing Phantom Works boeing.com
  3. a b Hans-Christian Dirscherl: X-37B: Geheimes US-Raumfahrzeug stellt Langzeit-Rekord im All auf. In: PC-Welt. 27. August 2019, abgerufen am 30. August 2019.
  4. a b Der Shuttle ist tot, es lebe der Shuttle? - US Air Force testet Mini-Raumfähre. In: astronomie-heute.de. Spektrum der Wissenschaft Verlag, 23. März 2010, abgerufen am 5. Dezember 2010.
  5. a b Factsheet: X-37 Orbital Test Vehicle. United States Air Force, 21. Mai 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Juli 2012; abgerufen am 5. November 2010 (englisch).
  6. Gero Schmidt: DARPA übernimmt X-37-Programm. raumfahrer.net, 15. September 2004, abgerufen am 9. April 2010.
  7. Leonard David: White Knight carries X-37 aloft. CNN, 23. Juni 2005, abgerufen am 22. April 2010 (englisch).
  8. Rapid Capabilities Office (Memento vom 11. Juli 2013 im Internet Archive) af.mil, abgerufen am 9. März 2011
  9. Bartt Hebert: Peroxide (H2O2) Test Programs, AR2-3 Flight Certification (Memento vom 21. Juli 2011 im Internet Archive), SDC Operations, NASA Engineering and Test Directorate, 24 July 2009
  10. Gary Payton: Under Secretary of the Air Force for Space Programs. (PDF; 181 kB; 2:40–3:30 p.m.; 20 April 2010) Media Teleconference (Pentagon) X-37B Launch 2:40–3:30 p.m., 20 April 2010. 20. April 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Oktober 2012; abgerufen am 5. Januar 2019.
  11. Atlas Launch Report – Mission Status Center. Spaceflight Now, 22. April 2010, abgerufen am 23. April 2010 (englisch).
  12. Teststart in Cape Canaveral. ORF, 22. April 2010, abgerufen am 5. Dezember 2010.
  13. X-37B Orbital Test Vehicle lands at Vandenberg AFB. Vandenberg Air Force Base, 12. März 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Dezember 2010; abgerufen am 5. Dezember 2010 (englisch).
  14. Zweite X-37B gestartet. Raumfahrer.net, 6. März 2011, abgerufen am 6. März 2011.
  15. Secret Space Plane Heading Back Into Orbit. Wired.com, 3. März 2011, abgerufen am 3. Juni 2012.
  16. US-Luftwaffe bringt geheimes Mini-Shuttle ins Weltall. DiePresse.com, 6. März 2011, abgerufen am 3. Juni 2012.
  17. Officials anticipate more flights of X-37 space plane. spaceflightnow.com, 7. März 2011, abgerufen am 3. Juni 2012.
  18. Secret space plane has solar stowaway. newscientist.com, 7. März 2011, abgerufen am 9. März 2011.
  19. Preparations underway for X-37B landing. Vandenberg Air Force Base, 30. Mai 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juni 2012; abgerufen am 1. Juni 2012.
  20. Air Force’s Secretive X-37B Space Plane Will Land Soon. Space.com, 30. Mai 2012, abgerufen am 2. Juni 2012.
  21. Geheimraumschiff der US-Luftwaffe in Kalifornien gelandet. orf.at, 16. Juni 2012, abgerufen am 18. Juni 2012.
  22. USAF launches X-37B into orbit. In: FlightGlobal. Abgerufen am 12. Dezember 2012.
  23. Air Force’s X-37B Breaks Orbit Record – Defensetech.org, 1. April 2014
  24. Geheimprojekt X-37B: Mini-Space-Shuttle landet nach zwei Jahren im All. In: Spiegel Online. 17. Oktober 2014, abgerufen am 17. Oktober 2014.
  25. Mike Wall: Air Force’s Mysterious X-37B Space Plane Breaks Orbital Record. space.com, 25. März 2017, abgerufen am 28. März 2017 (englisch).
  26. a b Justin Ray: X-37B spaceplane returns to Earth and makes autopilot landing in Florida. Spaceflight Now, 7. Mai 2017, abgerufen am 27. Dezember 2018 (englisch).
  27. Hans-Christian Dirscherl: Falcon 9 fliegt geheimen Raumgleiter der US-Luftwaffe ins All. In: PC-Welt. 7. September 2017, abgerufen am 30. August 2019.
  28. a b c Launch Log. In: Spaceflight Now. Abgerufen am 1. November 2019.
  29. Chris Bergin und William Graham: X-37B lands successfully following 220 days in space. In: Nasaspaceflight.com. 3. Dezember 2010, abgerufen am 1. November 2019.
  30. Mike Wall: Air Force Video Recounts 'Thrilling' Landing of Mystery X-37B Space Plane. In: Space.com. 21. Juni 2012, abgerufen am 1. November 2019.
  31. Stephen Clark: U.S. military’s X-37B space plane lands in California. In: Spaceflight Now. 17. Oktober 2014, abgerufen am 1. November 2019.
  32. Ralf Nestler: Geheimnisvoller Raumgleiter X-37B ist erneut gestartet. Der Tagesspiegel, 20. Mai 2015, abgerufen am 7. März 2023.
  33. Air Force X-37B secret spaceplane lands after 780 days in orbit. Spacenews, 27. Oktober 2019, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  34. ASETS-II. (PDF) 10. August 2017, abgerufen am 27. Oktober 2019.
  35. X-37B orbital test vehicle concludes sixth successful mission. 12. November 2022, abgerufen am 12. November 2022.
  36. Stephen Clark: Payloads revealed for next flight of X-37B military spaceplane. Spaceflight Now, 6. Mai 2020.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Boeing X-37B after landing at Vandenberg AFB, 3 December 2010.jpg
The X-37B sits on the Vandenberg Air Force Base runway during post-landing operations Dec. 3. The X-37B, named Orbital Test Vehicle 1 (OTV-1), conducted on-orbit experiments for more than 220 days during its maiden voyage. It fired its orbital maneuver engine in low-earth orbit to perform an autonomous reentry before landing.
Boeing X-37B inside payload fairing before launch.jpg
The X-37B Orbital Test Vehicle in the encapsulation cell at the Astrotech facility April 13, 2010, in Titusville, Florida. Air Force officials are scheduled to launch the X-37B April 21, 2010, at Cape Canaveral Air Station in Florida. The X-37B is the U.S.'s newest and most advanced unmanned re-entry spacecraft.
Boeing X-37B after ground tests at Vandenberg AFB, October 2007.jpg
X-37B bei Rolltests auf der Vandenberg Air Force Base im Oktober 2007
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The X-37B Orbital Test Vehicle makes its first space flight aboard an Atlas V rocket April 22, 2010, from Complex 41 at Cape Canaveral Air Force Station, Fla.
NASA X37 EC99-45145-1.jpg
This artist's conception shows the X-37 Advanced Technology Demonstrator in the Shuttle Payload Bay. The X-37 lies on a pallet, with the Earth in the background and the Sun rising on the right. Rounded on the top and flat on the bottom, the X-37 design incorporates double-delta wings and two horizontal stabilizers, forming a V-shape.
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