Bockenrod (Reichelsheim)

Bockenrod
Koordinaten: 49° 42′ 32″ N, 8° 51′ 46″ O
Höhe: 198 m ü. NHN
Fläche:2,06 km²[1]
Einwohner:114 (2016)[2]
Bevölkerungsdichte:55 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Februar 1971
Eingemeindet nach:Beerfurth
Postleitzahl:64385
Vorwahl:06164

Bockenrod ist ein Ortsteil der Gemeinde Reichelsheim (Odenwald) im südhessischen Odenwaldkreis.

Geographie

Bockenrod liegt im Odenwald im südlichen Teil im Tal der Gersprenz. Am Ortsrand verlaufen die Bundesstraße 38 und die Landesstraße 3105. Für den Bergbaubetrieb dieser Gegend war Bockenrod die Verladestation an der Reinheim-Reichelsheimer-Eisenbahn für abgebautes Erz.

Geschichte

Historische Ortsnamen

In den historischen Dokumenten ist der Ort unter folgenden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[3]

  • Bockerode (1324)
  • Buckenrode (1357)
  • Bockenrade (1431)
  • Buckerode (1438)
  • Bockenrode (1443)

Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Bockenrod erfolgte unter dem Namen Bockerode im Jahr 1324.[3]

Bockenrod gehörte zum Amt Reichenberg der Grafschaft Erbach, die 1806 zum Großherzogtum Hessen kam. Ab 1822 gehörte Bockenrod zum Landratsbezirk Erbach, ab 1852 zum Kreis Lindenfels, ab 1874 zum Kreis Erbach (ab 1939: „Landkreis Erbach“), der – mit leichten Grenzberichtigungen – seit 1972 Odenwaldkreis heißt. Nach Auflösung des Amtes Erbach 1822 nahm die erstinstanzliche Rechtsprechung für Bockenrod das Landgericht Michelstadt wahr, ab 1853 das Landgericht Fürth und ab 1879 das Amtsgericht Fürth.

1884 wurde in Bockenrod ein Schulhaus gebaut, das 8.864,24 Mark kostete. Am Montag, dem 4. Mai 1885, begann der Unterricht mit 51 Schülern. Zuvor waren die Schüler zur Schule in Reichelsheim geschickt worden. Der aus Worms stammende Lehrer Heinrich Hallein hielt in Bockenrod fast 40 Jahre den Schulunterricht und wohnte in dem Schulgebäude. Am 1. Juni 1924 wurde der Lehrer Heinrich Hallein pensioniert und starb am 7. Januar 1929. Am 20. März 1940 wurde der letzte Schulunterricht in Bockenrod von dem Lehrer Leonhard Giegerich gehalten und die Schule für immer geschlossen.

Am 1. Dezember 1900 fand in ganz Deutschland ein Volkszählung statt. In Bockenrod wurden 165 Einwohner (80 männliche und 85 weibliche) gezählt. Bei der Volkszählung im Dezember 1910 zählte Bockenrod 145 Einwohner.

Anfang Mai 1909 wurde der Bau einer Wasserleitung beschlossen, die im Oktober 1909 fertiggestellt war und 55.000 Mark kostete.

Bekanntmachung aus dem „Centralanzeiger für den Odenwald“ (Erbacher Kreisblatt):

„Mit den Posthilfstellen in Bockenrod, Unter-Ostern und Rohrbach (Kr. Erbach i.O.) sind Telegraphenanstalten nebst öffentlicher Sprechstelle und Unfallmeldestelle vereinigt worden. Darmstadt, 28. Mai 1907. Kaiserliche Ober-Postdirektion. J. P. Dingeldey.“

Bis zum 31. Dezember 1918 wurden 18 Männer aus Bockenrod zum Kriegsdienst eingezogen. Sechs Soldaten aus Bockenrod sind im Ersten Weltkrieg gefallen oder an den Kriegsfolgen gestorben: Sebastian Arras, Adam Bräunig, Georg Adam Götz, Johannes Gräber II, Johannes Hoffarth und Adam Steiger (Quelle: Evangelischer Heimat Bote Reichelsheim). Ab April 1916 waren sechs gefangene Russen bei den Bauern in Bockenrod als Arbeiter tätig, die von einem Landsturmmann bewacht wurden.

Im November und Dezember 1919 wurden in Bockenrod die Leitungen für elektrisches Licht verlegt. Am Donnerstag, dem 18. Dezember 1919, abends 5 Uhr, brannten zum ersten Mal die elektrischen Lampen in Bockenrod.

Gebietsreform

Zum 1. Februar 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Bockenrod im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis in die Gemeinde Beerfurth eingegliedert,[4] die am 1. August 1972 kraft Landesgesetz zur Gemeinde Reichelsheim i. Odw. kam.[5][6] Für Bockenrod sowie für die meisten im Zuge der Gebietsreform nach Reichelsheim eingegliederten Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Bockenrod lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[3][8][9]

Erzabbau

Georg Steiger, ein Lattenschnitter aus Bockenrod, entdeckte 1880 im Kohlwald bei Bockenrod ein reichhaltiges Erzlager, für das die Firma de Wendel aus Fohrbach in Lothringen die Abbaurechte erwarb. Von der Haltestelle Bockenrod aus ging eine Drahtseilbahn, die allein mit der Schwerkraft betrieben wurde, wobei sie eine volle Hängelore nach unten zog und zwei leere nach oben, zum heutigen Schießstand Vierstöck. In der Darmstädter Zeitung vom 28. April 1886 ist darüber folgendes zu lesen:

„Seit einigen Tagen befindet sich die von der Fa. Adolf Bleichert und Komp., Leipzig-Gohlis, nach ganz neuem System erbaute Drahtseilbahn in Betrieb, welche die Manganerze von den de Wendelschen Gruben an die Staatsstraße nach Bockenrod bringen soll. Die Länge der Bahn, an welcher beinah 3/4 Jahr mit zahlreichen Arbeitern gearbeitet wurde, beträgt 2200 Meter und sie besitzt eine Leistungsfähigkeit pro Tag von zirka 25 befrachteten Doppelwaggons (Eisenbahnwagen).“

Der Lehrer Heinrich Hallein aus Bockenrod schrieb in seiner Schulchronik:

„Mit dem 1. Oktober 1900 wurde das hiesige Manganerzbergwerk geschlossen, nachdem es 17 Jahre bestanden hatte. Die Ursache war die geringe Ausbeute an Mangan. Von der Gesellschaft de Wendel in Saarbrücken wurden die Einrichtungen und Maschinen nach Wald-Michelbach geschafft und die dortigen Manganerzlager in Angriff genommen.“

Von dieser Drahtseilbahn ist heute nichts mehr zu sehen. Was übrig geblieben ist, ist nur noch ein Name. Dort, auf halber Strecke zwischen Bockenrod und dem Schießstand, liegt ein landwirtschaftliches Gehöft, das im Volksmund "Droohtsaals", sprich Drahtseilbahn, genannt wird, da die Seilbahn direkt an diesem Hause vorbeiführte.

Die Haltestelle Bockenrod am Streckenkilometer 16,2 der Reinheim-Reichelsheimer-Eisenbahn war mit einer Wellblechhalle ausgestattet, die als Schalter- und Warteraum diente. Neben dem Bahnsteig war ein zusätzliches Ladegleis vorhanden.

Einwohnerentwicklung

Einwohnerzahlen

Bockenrod: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2011
Jahr  Einwohner
1829
  
105
1834
  
120
1840
  
126
1846
  
142
1852
  
142
1858
  
128
1864
  
140
1871
  
164
1875
  
169
1885
  
201
1895
  
201
1905
  
171
1910
  
145
1925
  
146
1939
  
132
1946
  
172
1950
  
167
1956
  
147
1961
  
142
1967
  
148
1970
  
140
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
135
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[3]; Zensus 2011[10]

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Bockenrod 135 Einwohner. Darunter waren 12 (8,9 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 18 Einwohner unter 18 Jahren, 57 zwischen 18 und 49, 36 zwischen 50 und 64 und 24 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 87 Haushalten. Davon waren 18 Singlehaushalte, 12 Paare ohne Kinder und 21 Paare mit Kindern, sowie 6 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 6 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 42 Haushaltungen lebten keine Senioren.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Daten/ Fakten. In: Internetauftritt. Gemeinde Reichelsheim, archiviert vom Original; abgerufen im Januar 2016.
  2. Ortsteil Bockenrod. In: Webauftritt der Gemeinde Reichelsheim, abgerufen im Juli 2018.
  3. a b c d e Bockenrod, Odenwaldkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Abs. 20 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
  5. Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Erbach (GVBl. II 330–16) vom 11. Juli 1972. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1972 Nr. 17, S. 224, § 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 357 und 359.
  7. Hauptsatzung § 6. (PDF; 281 kB) Gemeinde Reichelsheim, abgerufen im Oktober 2020.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Online bei google books).
  10. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 38 und 92;.

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