Björn Clemens

Björn Clemens (* 12. April 1967 in Düsseldorf) ist ein deutscher Rechtsanwalt und Publizist, der vor allem als Strafverteidiger von Rechtsextremisten Bekanntheit erlangte. Viele Jahre war er darüber hinaus in der Politik aktiv.

Beruflicher Werdegang

Björn Clemens studierte Rechtswissenschaften in Marburg und Gießen. Während seines Studiums wurde er Mitglied ber Marburger Burschenschaft Rheinfranken. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen fungierte er zunächst in Stuttgart als parlamentarischer Berater der dortigen Republikaner-Landtagsfraktion. Seit 2000 ist Clemens als selbstständiger Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in Düsseldorf tätig. 2003 wurde er zum Fachanwalt für Verwaltungsrecht ernannt.

2005 wurde Clemens bei Georg Freund mit seiner Arbeit „Der Begriff des Angriffskrieges und die Funktion seiner Strafbarkeit“ an der Philipps-Universität Marburg zum Doktor der Rechte promoviert. Die Arbeit erschien als Heft 166 in der Reihe Schriften zum Strafrecht des Berliner Wissenschaftsverlages Duncker & Humblot. Christian Hillgruber bewertete die Schrift als „weniger rechtswissenschaftliche Dissertation als vielmehr polemische Streitschrift“. Dennoch komme der Schrift ein Verdienst zu: „nochmals auf die Schwierigkeiten einer rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen genügenden Angriffsdefinition und die damit verbundene Fragwürdigkeit des Versuchs einer Pönalisierung des (welchen?) Krieges aufmerksam gemacht zu haben.“[1] So plädiert Clemens unter anderem dafür, den Begriff des Angriffskrieges im Grundgesetz „entweder anzupassen oder abzuschaffen“, der Begriff kodifiziere die „geschichtspolitische Auffassung von Deutschland als einer kriegerischen Störernation“.[2]

Im April 2023 gab er der juristischen Fachzeitschrift „Berliner Anwaltsblatt“ ein Interview zum Thema Strafverteidigung von Mandanten, die das deutsche Rechtssystem ablehnen. Nach medialer Kritik distanzierte sich die Redaktion der Zeitschrift im Nachhinein von der Veröffentlichung.[3]

Bekannte Mandate

2010 verteidigte er den NPD-Funktionär Udo Pastörs.[4][5][6][7]

Im Sommer 2012 vertrat er Norbert Weidner bei dessen Bemühen, ein Unterlassungsurteil gegen ein anderes Mitglied seiner Burschenschaft zu erwirken.[8]

Seit 2012 verteidigte er vor der Staatsschutzkammer des LG Koblenz im Aktionsbüro-Mittelrhein-Prozess, der sich zu einem der umfangreichsten Prozesse in der bundesdeutschen Justizgeschichte entwickelt hatte und nach drei Hauptverfahren 2019 eingestellt wurde. Clemens erhielt Aufmerksamkeit, weil er dort einen Antrag in Gedichtform vortrug.[9]

Im Streit um das Demonstrationsrecht vertrat er 2015 die Neonazi-Aktivistin Melanie Dittmer,[10][11] Veranstalterin von Dügida, des Düsseldorfer Ablegers von Pegida, im Streit gegen die Stadtverwaltung.[12] Clemens zog bis vor das Bundesverwaltungsgericht und erreichte, dass der Aufruf des damaligen Oberbürgermeisters Thomas Geisel, sich an Gegendemonstrationen zu beteiligen und die Beleuchtung an städtischen Gebäuden auszuschalten, nachträglich für rechtswidrig erklärt wurde.[13]

Anfang 2018 war er kurzzeitig Wahlverteidiger des im NSU-Prozess angeklagten Thüringer Neonazis André Eminger.[14]

Er war neben Nicole Schneiders einer der beiden Anwälte des wegen Beihilfe angeklagten Markus H. im medial vielbeachteten Prozess um den Mordfall Walter Lübcke vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main und erreichte schließlich einen Freispruch für seinen Mandanten.[15]

2022/23 vertrat Clemens den Bürgermeister der thüringischen Stadt Bad Lobenstein Thomas Weigelt, der durch das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises vorläufig von seinem Amt suspendiert worden war.[16]

Politischer Werdegang

1993 bis 2007: Mitgliedschaft in der Partei Die Republikaner

Schon während seines Studiums trat Clemens in die Partei Die Republikaner (REP) ein. Er gründete 1993 die REP-Jugend des hessischen Landesverbandes und vertrat die Partei Anfang der 1990er Jahre im Kreistag von Gießen. In Düsseldorf kandidierte er im September 1999 auf Platz 2 der Düsseldorfer REP-Liste zum Stadtrat, verfehlte jedoch den Einzug in den Rat, da nur ein Platz besetzt werden konnte. 2002 wurde Clemens zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der REP gewählt. In dieser Funktion avancierte er zu einem der profiliertesten Kritiker des amtierenden REP-Bundesvorsitzenden Rolf Schlierer. Schlierer wollte die REP zu einer bürgerlich-rechtskonservativen Partei umgestalten und sie als potentiellen Koalitionspartner der Unionsparteien etablieren. Clemens kritisierte, dieser Kurs habe die REP in die politische Bedeutungslosigkeit geführt. Im Gegensatz zu Schlierer trat er, nach eigener Darstellung, für eine Rückbesinnung der Partei auf das Werk des Parteigründers Franz Schönhuber ein. Insbesondere galt Clemens als der wichtigste Befürworter einer Annäherung der Partei an die NPD.[17] So forderte Clemens Wahlabsprachen mit dem Deutschlandpakt von NPD und DVU. Mit dieser Forderung kandidierte er auf dem REP-Bundesparteitag im November 2006 gegen Schlierer, fand jedoch keine Mehrheit und verließ darauf hin die Partei, die er als „Totenschiff“ bezeichnete.

Ab 2007: Parteiloser Aktivist und Publizist

Nach seinem Ausscheiden bei den REP engagiert sich Björn Clemens als parteiloser Aktivist und Publizist. So tritt er als Redner bei Saalveranstaltungen und Demonstrationen des gesamten rechtspopulistischen bis rechtsextremen Spektrums der Bundesrepublik auf, etwa bei der „Bürgerbewegung pro Köln“, der NPD, der DVU, der revisionistischen „Gesellschaft für freie Publizistik“, für deren Publikationen er zudem wirbt,[17] und der „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ (JLO). Im Februar 2008 war Clemens einer der Hauptredner auf dem jährlichen JLO-Trauermarsch anlässlich des Jahrestages der Luftangriffe auf Dresden im Zweiten Weltkrieg. Vor über 6000 Teilnehmern sprach er unter dem Motto „Unsere Mauern konntet Ihr brechen, unsere Herzen nicht“. Durch seine Auftritte bei den verschiedensten Parteien und Organisationen gilt Clemens mittlerweile als eine der wenigen Integrationsfiguren innerhalb der ansonsten zerstrittenen rechten Szene der Bundesrepublik.

Auch nahm Clemens im September 2007 auf Einladung der Fraktion „Identität, Tradition, Souveränität“ an einem Treffen deutscher Rechtspopulisten und Rechtsextremisten im Europäischen Parlament in Straßburg teil. Bei der von dem österreichischen Europaabgeordneten Andreas Mölzer (FPÖ) organisierten Zusammenkunft waren unter anderen auch der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt, der DVU-Bundesvorsitzende Gerhard Frey sowie Clemens’ früherer Rivale, REP-Chef Rolf Schlierer, anwesend.

Bereits zu seiner REP-Zeit veröffentlichte Clemens sporadisch Aufsätze, etwa in den Burschenschaftlichen Blättern, der Wochenzeitung Junge Freiheit sowie dem rechtsextremistischen Monatsheft Nation und Europa.[17] Ab 2008 verstärkte Clemens seine publizistische Tätigkeit. Im März 2008 gab er die Gedichtsammlung Schwarze Fackel heraus; nach eigenen Worten ist sie eine „zynische Abrechnung mit den Entartungen des Gegenwartsliberalismus“. Daneben erschienen verschiedene Beiträge von ihm in Sammelbänden, unter anderem „Gesinnungsjustiz, Begriff und Erscheinung“ in dem Jahrbuch 2007 der rechtsextremistischen Gesellschaft für freie Publizistik sowie „Preußen im Lichte des Staats- und Völkerrechts“ in den von der JLO herausgegebenen Preußischen Signalen.

2010 veröffentlichte Clemens einen politisch-philosophischen Essay unter dem Titel „Abendbläue – Die Typologie der Stunde Null“. Dem Buch ist ein Geleitwort von Hans-Dietrich Sander vorangestellt. In seinem bisherigen Hauptwerk stellt Clemens die Entwicklung Deutschlands seit 1945 als politischen und kulturellen Niedergang dar. Ursache sei das vom Liberalismus und dem „Geist der Stunde Null“ geprägte System der Bundesrepublik, welches deshalb auf den Prüfstand gestellt gehöre. Joachim Paul verfasste in den Burschenschaftlichen Blättern eine Rezension.[18]

Privates

Nach Bekanntwerden seiner Mitgliedschaft und darauffolgenden Protesten ist Clemens Anfang 2020 aus dem Düsseldorfer Karnevalsverein „Narrencollegium“ ausgetreten.[19]

Neben seiner seit Studientagen bestehenden Mitgliedschaft in der Marburger Burschenschaft Rheinfranken wurde Clemens zusätzlich Alter Herr der Alten Halleschen Burschenschaft Rhenania-Saliniga zu Düsseldorf.[20]

Schriften

Monografien

  • Der Begriff des Angriffskrieges und die Funktion seiner Strafbarkeit. Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11815-4.
  • Schwarze Fackel. Aula-Verlag, Graz 2008, ISBN 978-3-900968-08-3.
  • Abendbläue – Die Typologie der Stunde Null. Kyffhäuser-Faksimile-Verlag, Mengerskirchen 2010, ISBN 978-3-941348-73-8.
  • Pascal Ormunait – Ein deutscher Justizroman. Telesma-Verlag, Treuenbrietzen 2013, ISBN 978-3-941094-07-9.
  • Triage – Licht aus Schatten. Metapol-Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-949653-00-1
  • April, April – Wahre Geschichten aus einem falschen Land, Metapol-Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-949653-03-2.

Aufsätze

  • Der auflösende Imperativ. Multikulturelle Zustände als Sprengsatz jeglicher Rechtsordnung. In: Heiko Luge (Hrsg.): Grenzgänge. Liber amicorum für den nationalen Dissidenten Hans-Dietrich Sander zum 80. Geburtstag. Ares-Verlag, Graz 2008, ISBN 978-3-902475-60-2, S. 257–274

Einzelnachweise

  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.10.2005, Nr. 234 / Seite 6: Symbolisch. In: FAZ.net. 8. Oktober 2005, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  2. Fabian Virchow: Gegen den Zivilismus: internationale Beziehungen und Militär in den politischen Konzeptionen der extremen Rechten. VS Verlag, 2005, S. 272.
  3. Julius Geiler: „Veröffentlichung war ein Fehler“: „Berliner Anwaltsblatt“ löscht Interview mit Anwalt der rechten Szene. In: Der Tagesspiegel Online. 11. Mai 2023, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 1. November 2023]).
  4. publikative.org:Urteil gegen NPD-Funktionär Pastörs bestätigt (Memento vom 14. Mai 2013 im Internet Archive)
  5. sr-online.de:Urteil gegen Pastörs bestätigt (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive)
  6. sr-online.de:Bewährungsstrafe für Pastörs (Memento vom 26. September 2013 im Internet Archive)
  7. ndr.de:Es bleibt dabei: NPD-Mann Pastörs muss zahlen (Memento vom 31. Juli 2012 im Internet Archive)
  8. Unbekannte Überschrift. In: wdr.de. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 13. März 2024.@1@2Vorlage:Toter Link/www.wdr.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  9. dpa/il: Unmut: Koblenzer Neonazi-Prozess schleppt sich dahin. In: welt.de. 13. November 2014, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  10. https://www.belltower.news/lexikon/dittmer-melanie/
  11. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 21. September 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bnr.de
  12. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 26. September 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.express.de
  13. BVerwG: Düsseldorfer "Licht-aus!"-Appell gegen Dügida-Versammlung war rechtswidrig. Abgerufen am 1. November 2023.
  14. Wiebke Ramm: NSU-Prozess: Neuer Verteidiger fordert Unterbrechung. In: Süddeutsche Zeitung, 9. April 2018.
  15. BGH: Urteil im Mordfall Lübcke bestätigt. 25. August 2022, abgerufen am 1. November 2023.
  16. Lorenzo Gavarini: Thüringen: Bürgermeister vorläufig aus Dienst enthoben. Abgerufen am 1. November 2023.
  17. a b c Stephan Braun, Alexander Geisler, Martin Gerster: Strategien der extremen Rechten: Hintergründe-Analysen-Antworten. VS Verlag, 2009, S. 391–392.
  18. Joachim Paul: Typologie der Stunde Null. In: Burschenschaftliche Blätter. 125. Jahrgang, Heft 3, 2010, S. 137–138.
  19. Rechtsextremismus: Anwalt tritt aus Narrencollegium aus. 14. Januar 2020, abgerufen am 6. Juli 2020 (deutsch).
  20. BBl_03_2022_Digital. Abgerufen am 23. Januar 2024.