Birdy (Fahrrad)

Riese und Müller Birdy – gut erkennbar die Elastomerblöcke zwischen Sattelrohr und hinterer Schwinge (rot) sowie innerhalb einer Schraubenfeder an der vorderen Schwinge
Birdy Rohloff mit Schutzblechen und Lowrider vorn sowie faltbarem Gepäckträger hinten in einem Mehrzweckabteil
… und an gleicher Stelle zusammengefaltet als Paket

Das Birdy ist ein Faltrad des deutschen Fahrradherstellers Riese und Müller, das er Anfang der 1990er Jahre im Verlauf von drei Jahren entwickelte und 1995 als erstes vollgefedertes Faltrad auf den Markt brachte. Bis zum Jahr 2010 wurde es weltweit über 100.000 mal verkauft. Gebaut werden die Räder von Pacific Cycles in Taoyuan, Taiwan. Das Rad hat einen gelenkfreien Aluminiumhauptrahmen, 18-Zoll-Felgen und wurde mit dem iF product design award 2006 ausgezeichnet.[1]

Geschichte und Merkmale

Das Birdy war das erste Fahrrad, das Riese und Müller als junge Ingenieure entwickelten, und für die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft in Wiesbaden der Anlass für den Verleih des Hessischen Innovationspreises im Jahr 1993 an die Hersteller. Es entwickelte sich schnell zum Verkaufsschlager, der heute weltweit in mehr als zwanzig Ländern vertrieben wird und letztlich die Grundlage zur Entwicklung einer ganzen Palette von acht weiteren vollgefederten Aluminiumfahrrädern legte.

Der Rahmen wurde in den ersten Jahren traditionell aus Aluminium-Rohren zusammengefügt, dessen Hauptbestandteil, das Oberrohr, auffallend oval geformt war. Das Unterrohr bildete zusammen mit dem Sattelrohr ein kleines Rahmendreieck, das für Stabilität sorgte, aber im Unterschied zum Diamantrahmen nicht am Steuerrohr, sondern im Oberrohr mündete. Seit Einführung einer neuen Rahmengeneration Mitte der 2000er-Jahre wird eine etwa gleiche Form nicht mehr allein aus Rohren zusammengefügt, sondern anstelle von Ober- und Unterrohr ein aufwendig geformtes, mit Längsnaht aus zwei Schalen geschweißtes Rahmenstück eingesetzt. Dieses Rad erhielt 2006 den iF Award.

Mit seiner Rahmenkonstruktion war das Birdy unverkennbar dem 1979 patentierten britischen Brompton nachempfunden, das als erstes die unzureichende Stabilität und Fahrtauglichkeit eines herkömmlichen Klapprades verbesserte und damit in den 1980er Jahren ein Alleinstellungsmerkmal im Nischenmarkt der Falträder hatte. Auch Brompton verwendete schon ein kleines Rahmendreieck und die gefederte und als Faltscharnier dienende Hinterradschwinge sowie einen überlangen, faltbaren Vorbau. Alle drei Merkmale wurden von Riese und Müller für des Birdy übernommen.

Wesentlicher Unterschied gegenüber dem Vorbild ist der Verzicht auf ein Rahmenscharnier sowie die Verwendung einer aus dem Motorradbau bekannten geschobenen Schwinge statt einer herkömmlichen Fahrradgabel. Der scharnierlose Rahmen verbessert Stabilität und Fahreigenschaften und hat dafür den Nachteil eines größeren Packmaßes beim gefalteten Fahrrad. Durch die Verwendung der vorderen Schwinge als Faltscharnier, analog zur hinteren Schwinge, bleibt das Paket im Wesentlichen auf die Länge des Hauptrahmens begrenzt und damit immer noch recht klein. Vor allem entsteht durch die Schwinge eine komfortable Vollfederung, die bisher kein anderes Faltrad bietet.

Im Unterschied zu weiteren Konkurrenzmodellen kann das Birdy auch fast so schnell gefaltet werden wie das Brompton und ist damit und mit seinem relativ geringen Packmaß sehr geeignet zur Mitnahme als Gepäck im ÖPNV, selbst wenn eine Fahrradmitnahme eigentlich nicht vorgesehen ist.

Die seltene Laufradgröße von 18 Zoll ist ein Kompromiss zwischen den kompakten 16 Zoll des Brompton und den fahrstabilen 20 Zoll vieler anderer Falträder, senkt aber, insbesondere gegenüber den verhältnismäßig gebräuchlichen 20 Zoll, die Auswahl an Reifen und Felgen.

Daher ist es mit einem vierstelligen Preis selbst bei Ausstattung mit einfachsten Komponenten vergleichsweise teuer.[2] Dieses Faltrad richtet sich ebenso wie Riese und Müllers übrige Modellpalette an überdurchschnittlich anspruchsvolle Kaufinteressenten.

Technische Details

Das Birdy hat Standard-Ausfallenden mit üblichen Einbauweiten von 100 mm vorn und 135 mm hinten, was die Verwendung einer Vielzahl von Naben und Gangschaltungen erlaubt. Daher war es von Beginn an in drei Grundversionen mit einer Kettenschaltung, einer Nabenschaltung oder einer Kombination aus beiden erhältlich, die mit einem Fahrraddynamo als Seitenläufer oder einem höherwertigen Nabendynamo ausgestattet werden können.

Die Laufradgröße wird mit 18 Zoll angegeben, dabei ist der Reifeninnendurchmesser nach ETRTO (Innendurchmesser des Reifenmantels) mit 355 mm nur sechs Millimeter größer als bei Brompton-Laufrädern, die mit 16 Zoll angegeben werden und einen Reifeninnendurchmesser von 349 mm aufweisen.

Die einfachste Ausstattungsvariante ist eine Kettenschaltung Shimano, anfangs mit sieben Gängen und inzwischen mit acht Gängen. Auch die pflegeleichten Nabenschaltungen stammen von Shimano. Als Kombinationsschaltungen hingegen werden Produkte von SRAM eingesetzt. Diese hatten anfangs drei mal sieben Gänge und wurden inzwischen von der DualDrive des gleichen Herstellers mit zwei mal acht Gängen abgelöst. Als höchste Ausstattungsvariante gibt es seit deren Markteintritt 1999 die fast wartungsfreie 14-Gang-Nabenschaltung Speedhub 500/14 des deutschen Herstellers Rohloff. Ab Oktober 2009 wurde darüber hinaus für einige Jahre eine Pedelec-Variante Birdy hybrid vertrieben.[3]

Ausführungen mit Scheibenbremsen wurden erst seit 2008 angeboten, allerdings musste man beim Vorderrad einige Anpassungen vornehmen. Die Vorderradbremse liegt auf der rechten Seite und die Bremsscheibe weiter innen. Die Vorderradnaben mit Bremsscheibenaufnahme sind daher nicht freizügig tauschbar, das Nachrüsten von Scheibenbremsen schloss der Hersteller aus. Beim Vorderrad war sie durch den Tausch von Laufrad und Gabel trotzdem möglich.

2016 wurde das Fahrzeug erneut überarbeitet, dabei wurde der Durchmesser des Steuerrohres und des Gabelschaftes vergrößert.

Je nach Ausstattung wiegt ein Birdy ab etwa 10 kg aufwärts und ist bis zu einer Gesamtmasse von 120 kg zugelassen. Spezielle Gepäckträger sind bis 10 (vorn) bzw. 15 kg (hinten) beladbar. Zusammengefaltet misst ein Birdy 68×57×35 cm. Die Größe dieses Paketes ist dann mit den meisten 20-Zoll-Falträdern von Dahon vergleichbar, etwas größer als das eines Brompton und deutlich kleiner als das des Bike Friday.

Durch das Verwenden verschieden harter Elastomere an den beiden Schwingen kann die Dämpfung an das Fahrergewicht und den bevorzugten Fahrkomfort angepasst werden.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Birdy bicycles – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. if online exhibition: Birdy Faltfahrrad
  2. Anmerkung: Die Preisuntergrenze lag zur Markteinführung 1995 bei etwa 1200 Deutsche Mark und zwanzig Jahre später 2015 bei etwa 1200 Euro.
  3. Birdy Hybrid: Akkutasche muss überprüft werden. fahrradtest.de, 17. März 2010, archiviert vom Original am 26. Juli 2012; abgerufen am 15. August 2012.

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