Binger Loch
Das Binger Loch ist eine Engstelle am Anfang des Rhein-Durchbruchstales durch das Rheinische Schiefergebirge. Es stellte bis ins 19. Jahrhundert ein bedeutendes Hindernis für die Schifffahrt im Oberen Mittelrheintal dar.
Das Binger Loch liegt bei Rheinkilometer 530,8, am rechten Ufer, wenige Meter stromabwärts des Binger Mäuseturms und der Burg Ehrenfels. An dieser Stelle überquerte der Rhein ein quer zum Fluss verlaufendes Quarzit-Riff. Die Passage dieses Riffs war gefährlich und nicht allen Lastschiffen möglich. Für die Schifffahrt allgemein passierbar wurde die Stelle erst, nachdem es im 17. Jahrhundert erstmals gelungen war, in die Felsbarriere eine Scharte zu sprengen – das heutige Binger Loch. Heute sind von dem Riff noch drei Felsen im Strom geblieben, die Lochsteine.
Strömungsverhältnisse am Mittelrhein
Das Riff bildete ein natürliches Wehr, das den Rhein oberhalb aufstaute und die Unterschiede im Gefälle ausglich.
Das Gefälle des Rheins unterhalb des Binger Lochs ist erheblich stärker als oberhalb. Bis Rüdesheim fällt der Rhein etwa 10 Zentimeter je Stromkilometer ab, unterhalb des Binger Lochs steigt das Gefälle auf bis zu 65 Zentimeter je Kilometer. Bei Mittelwasser wird der Wasserspiegel direkt oberhalb der Lochsteine mit 77,4 m ü. NN angegeben; drei Kilometer stromabwärts, direkt vor der Kiesbank des Klemensgrundes, erreicht das Mittelwasser nur noch ein Niveau von 75,4 m ü. NN. Bei Niedrigwasser war der Wasserstand unmittelbar unterhalb des Binger Lochs 80 Zentimeter niedriger als oberhalb.
Auch die Breite des Stromes ändert sich stark. Im Oberen Rheingau liegen das linke und das rechte Rheinufer bis zu 1000 Meter auseinander und lassen dem Strom Platz für große Inseln. Rheinabwärts verengt sich das Flussbett deutlich, bis auf etwa 160 Meter an der schmalsten Stelle unter dem Loreleyfelsen.
Das wirkt sich auf die Strömungsgeschwindigkeit aus. Oberhalb des Binger Lochs entspricht die Strömung bei Mittelwasser etwa dem Tempo eines Spaziergängers am Ufer, während unterhalb die Strömung so stark wird, dass die Markierungstonnen am Rand des Fahrwassers gischtende Bugwellen erzeugen.
Schiffbarmachung
Obwohl schon die Römer versucht hatten, das Binger Riff zu durchbrechen, gelang es erst im 17. Jahrhundert, eine vier Meter breite Durchfahrt zu schaffen.
Darauf verstärkte sich der Abfluss des Rheins deutlich, der mittlere Wasserspiegel oberhalb des Riffs sank. Das führte dazu, dass die Wasserburgen im Rheingau verlandeten. Von den ehemals 32 Inseln sind heute nur noch sechs übrig. Drei Inseln wurden weggeschwemmt, der Rest ist verlandet. Des Weiteren sank in Mainz der Grundwasserspiegel unter dem Dom, was die 20.000 Eichenpfähle, auf denen das mächtige Bauwerk ruhte, der Fäulnis aussetzte. Sie wurden von 1909 bis 1928 durch ein tieferes, steinernes Fundament ersetzt, um das Bauwerk zu sichern.
Die preußischen Sprengungen von 1830 bis 1841 verbesserten die Situation für die Schifffahrt deutlich, indem sie das Binger Loch auf 14 Meter verbreiterten. Als eine Breite von neun Metern erreicht war, errichtete man auf der Bingerbrücker Seite ein Denkmal aus den Bruchsteinen.
1860 wurde mit dem Bau eines zweiten Fahrwassers auf der linken Rheinseite begonnen und eine 90 Meter breite Öffnung in das Quarzitriff gesprengt. Das neue Fahrwasser wurde 1867 durch ein 1 km langes Parallelwerk vom Hauptstrom abgetrennt. Zwischen 1925 und 1932 wurde die Breite dieser Öffnung auf 60 Meter verringert. Dabei wurden sieben Grundwehre eingebaut, um die erforderliche Wassertiefe zu erreichen.
1893–94 wurde das Binger Loch auf 30 Meter verbreitert und 1966–74 auf 120 Meter ausgebaut. Vor diesem Ausbau war das Binger Loch nur rheinaufwärts befahrbar, der Talverkehr benutzte das „neue Fahrwasser“. Nach der letzten Maßnahme in den 1990er-Jahren und dem neu erbauten Leitwerk stellt das Binger Loch kein wesentliches Hindernis mehr dar, das linke Fahrwasser wurde geschlossen.
Denkmal
Das 1832 auf der Gemarkung von Weiler bei Bingen errichtete Denkmal für die Verbreiterung des Binger Lochs trägt die Inschrift:
„An dieser Stelle des Rheins verengte ein Felsenriff die Durchfahrt. Vielen Schiffen ward es verderblich. Unter der Regierung Friedrich Wilhelms des III. Königs von Preussen ist die Durchfahrt nach dreijähriger Arbeit auf 210 Fuss, das Zehnfache der früheren, verbreitet. Auf gesprengtem Gestein ist dieses Denkmal errichtet. 1832.“
Siehe auch
Literatur
- Ferdinand van den Bergh: Die Felsen-Sprengungen im Rhein bei Bingen zur Erweiterung des Thalweges im Binger-Loche. Karl Bädeker, Koblenz, 1834 Online bei Google Books
Weblinks
- Anschlüsse an Bingen um 1880. In: rheinschifffahrtsgeschichte.de.
- Jens Stenglein: Unterhaltungskonzept für den freifließenden Rhein. (pdf, 4,3 MB) In: Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau. Nr. 84, 2002, S. 187–204, vor allem S. 195 (Gebirgsstrecke) (deutsch, russisch, mit Luftbild).
- Florian Krekel: Vor 40 Jahren: Ausbau des Binger Lochs. (pdf; 393 kB) In: wsv.de. 26. August 2014, archiviert vom am 8. November 2016 .
Koordinaten: 49° 58′ 28,2″ N, 7° 52′ 21″ O
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Rhein zwischen Nahemündung und Burg Ehrenfels, Blick vom Aussichtspunkt Rossel
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Denkmal zur Öffnung des Binger Lochs
Lochsteine im Rhein bei Bingen. Pegel Bingen bei 135 cm.
Markierungstonne im Binger Loch mit Mäuseturm