Bierpinsel

Turmrestaurant Steglitz
Bierpinsel
Turmrestaurant Steglitz
Bierpinsel (2017)
Basisdaten
Ort:Berlin-Steglitz
Bauzeit:1972–1976>[1]
Eröffnung:13. Oktober 1976
Status:Erbaut
Baustil:Futurismus
Architekten:Ralf Schüler
Ursulina Schüler-Witte
Koordinaten:52° 27′ 41″ N, 13° 19′ 28″ O
Nutzung/Rechtliches
Nutzung:Restaurant
Eigentümer:Schlossturm GmbH (Immoma-Gruppe)
Bauherr:Abschreibungs-KG, Bewoge
Technische Daten
Höhe:47 m
Etagen:4
Nutzungsfläche:ca. 1000 m²
Baukosten:10,8 Millionen Mark[2]
Anschrift
Stadt:Berlin
Land:Deutschland
Der Bierpinsel, 2008

Der sogenannte Bierpinsel (mit dem Turmrestaurant Steglitz) ist ein 47 Meter hohes Gebäude in futuristisch anmutender Poparchitektur der 1970er Jahre im Berliner Ortsteil Steglitz. Die volkstümliche Benennung entstammt dem Berliner Volksmund; die Assoziation der Architekten, die den Bau entwarfen, war ein Baum. Seit Januar 2017 steht der Bau unter Denkmalschutz.[3][4]

Das Gebäude

Architekturdetail

Das am 13. Oktober 1976 eröffnete Turmrestaurant Steglitz ist ein 47 Meter hoher Turm mit aufgesetztem Mehreckbau nebst Treppenturm. Das Gebäude wurde zwischen 1972 und 1976 nach Plänen der Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte erbaut, die auch das ICC Berlin entwarfen. Es ist in die Joachim-Tiburtius-Brücke integriert, die an dieser Stelle die Steglitzer Schloßstraße am Franz-Amrehn-Platz in Form einer Schnellstraße überspannt.

Ziel der Entwürfe von Schüler und Schüler-Witte war es, den dominanten Charakter der Hochstraße, die als südöstliche Verlängerung der Schildhornstraße angelegt wurde, zu mildern und diese in Kombination mit dem Turmbau in die gewachsene Stadtstruktur einzubinden. Einmalig ist hierbei die einheitliche Gestaltung vom Untergrund, in Form der beiden übereinanderliegenden Bahnsteige des U-Bahnhofs Schloßstraße, bis zum Turm über den Straßen der Stadt. Gestaltendes Mittel war beim gesamten Gebäudekomplex der Sichtbeton mit roten Kunststoffverkleidungen bzw. Anstrichen. Er ist Teil der Pop-Art-Strömung und eines von wenigen architektonischen Kunstprodukten, das aus den 1970er Jahren erhalten blieb.

Den volkstümlichen Namen Bierpinsel, ein klassischer Berolinismus, der auch als Beschriftung am Turmgebäude angebracht ist, gaben ihm die Berliner bereits während seiner Bauzeit, angeregt durch das rasierpinselähnliche Aussehen der in den Himmel ragenden Stahlträger des Tragwerks sowie der geplanten gastronomischen Verwendung. Der Bierpinsel zählt zu den Landmarken von Steglitz.

Nutzung

Der als „Pleitebau“[5] geltende Bierpinsel stand zunächst leer und es gestaltete sich schwierig, einen Pächter zu finden. Erst Mitte 1976 fand sich ein Berliner Geschäftsmann, der (zunächst mit zwei Partnern) bis 1980 erfolgreich im untersten Stockwerk ein Bier- und Weingewölbe, im zweiten Geschoss das Bierpinsel-Steakhaus mit einer der ersten Salatbars in Deutschland sowie im dritten Stock das große Turm-Café auf zwei Ebenen betrieb. In einem obersten vierten Stockwerk befanden sich Verwaltungs- und Lagerräume. Im Turm-Café wurde die wöchentliche Radiosendung Zweites Frühstück mit John Hendrik vom RIAS aufgezeichnet und eine Woche später gesendet.

Im Jahr 1980 erwarb die Wienerwald-Kette den Bierpinsel als Ergänzung zu ihrem Tourotel (heute: Best Western-Steglitz International) am Ende der Schloßstraße. Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Bierpinsel steht, ist das Land Berlin. Die jeweiligen Käufer des Gebäudes müssen mit dem Land Berlin einen Erbbauvertrag abschließen.[6]

In den darauffolgenden Jahren konnte sich kein Betrieb lange halten und die Besitzer des Gebäudes wechselten häufig. Außen und innen bestand an dem Gebäude mittlerweile erheblicher Instandhaltungs- und Modernisierungsbedarf; 2002 wurde der Bierpinsel deswegen vorübergehend geschlossen. Von Februar 2003 bis März 2006 befanden sich eine Diskothek und eine Sport-Bar in dem Gebäude.[7] Im Januar 2007 wurde die Schlossturm GmbH gegründet (HRB 105653 B), die den Betrieb von der Bierpinsel GmbH erwarb. Die neue Besitzerin beabsichtigte das Gebäude wieder gastronomisch zu bewirtschaften.[8] Während seiner Sanierung vermietete sie ihn an private Veranstalter.[9] Unter anderem eröffnete am 1. April 2010 im Bierpinsel vorübergehend ein Kunst-Café. Gleichzeitig wurde die Fassade des Bierpinsels von internationalen Streetart-Künstlern neu gestaltet.[10]

Generell sollte das Gebäude wieder für Gastronomie und Veranstaltungen genutzt werden.[11] Nachdem es im Winter 2010/2011 zu einem Wasserschaden nach einem durch Frost verursachten Rohrbruch gekommen war, verhinderte ein Streit zwischen der Versicherung und den Besitzern die Sanierung und verzögerte so eine neue Nutzung.[12] Auch im September 2015 war der Versicherungsstreit noch nicht abgeschlossen.[6]

In der im Dezember 2018 veröffentlichten Netflix-Serie Dogs of Berlin diente der Bierpinsel als Hauptquartier des LKA Berlin.

Im August 2017 wurde das Objekt auf der Website von Sotheby’s zum Erwerb für 3,2 Millionen Euro angeboten.[13] Nachdem dieser jedoch scheiterte, plante die Schlossturm GmbH eine Umnutzung der Immobilie: Schwerpunkt sollen nicht mehr die Gastronomie, sondern Büros sein. Zielgruppe sind dabei insbesondere Start-up-Unternehmen. Zu diesem Zweck ist auf drei Etagen die Einrichtung von Coworking-Spaces geplant. Die gastronomische Nutzung soll hingegen in den Hintergrund treten, lediglich ein einzelnes öffentliches Café ist vorgesehen.[14] Das Konzept wurde im September 2021 beim Verkauf an die Immoma-Gruppe bestätigt, die zwei Jahre später mit den Umbauarbeiten beginnen will.[15]

Literatur

  • Nikolai Roskamm, Ursula Flecken (Hrsg.): Fly over Bierpinsel: Post-Oil-City-Megastructure-Designing. Urban Design Workshop 2010. Universitätsverlag der Technischen Universität Berlin, ISR Graue Reihe Heft 29. Berlin 2010. ISBN 978-3-7983-2281-3 (Volltext).
  • Ursulina Schüler-Witte: Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte. Eine werkorientierte Biographie der Architekten des ICC. Berlin (Lukas Verlag), 2015. ISBN 978-3-86732-212-6.
  • Lukas Foljanty: Der Verkehrsknoten Steglitz – Bierpinsel • U-Bahnhof Schloßstraße • Joachim-Tiburtius-Brücke – Das Erstlingswerk von Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte. Universitätsverlag der Technischen Universität Berlin, ISR Graue Reihe Heft 30. Berlin 2011. ISBN 978-3-7983-2282-0 (Volltext).
  • Larissa Laternser (Hrsg.), JUST (Fotos): Turmkunst. Street Art XXL. Jaron Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-89773-633-7.

Weblinks

Commons: Bierpinsel – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Liste, Karte, Datenbank / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt - Berlin. (Nicht mehr online verfügbar.) 6. April 2017, archiviert vom Original am 6. April 2017; abgerufen am 8. Oktober 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtentwicklung.berlin.de
  2. Der Bierpinsel war der BER der 70er Jahre. In: Der Tagesspiegel, 10. Juli 2016
  3. Sabine Gundlach, Katrin Lange: Der Steglitzer Bierpinsel ist jetzt ein Denkmal. 27. Januar 2017, abgerufen am 29. August 2022 (deutsch).
  4. Liste, Karte, Datenbank / Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt - Berlin. 28. August 2017, archiviert vom Original am 28. August 2017; abgerufen am 29. August 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtentwicklung.berlin.de
  5. André Görke: Der Bierpinsel war der BER der 70er Jahre. In: Der Tagesspiegel Online. 10. Juli 2016 (tagesspiegel.de [abgerufen am 26. April 2018]).
  6. a b Katrin Lange: Warum der Steglitzer Bierpinsel dunkel bleibt. 29. September 2015, abgerufen am 29. August 2022.
  7. Katrin Lange: Abschied: Bierpinsel auf dem Trockenen. In: Die Welt. 24. April 2006 (welt.de [abgerufen am 29. August 2022]).
  8. Berlin: Aus Bierpinsel wird Schloss-Turm. Abgerufen am 29. August 2022.
  9. Techno-Party im Bierpinsel. In: Der Tagesspiegel Online. 7. Oktober 2009 (tagesspiegel.de [abgerufen am 29. August 2022]).
  10. Website des Kunstprojektes „Turmkunst“ am Bierpinsel (mit Bildmaterial) (Memento vom 16. September 2017 im Internet Archive)
  11. Nana Heymann: Immer wieder Ärger mit dem Bierpinsel. In: Der Tagesspiegel Online. 3. Februar 2010 (tagesspiegel.de [abgerufen am 29. August 2022]).
  12. Helga Labenski: Versicherungsstreit verzögert Wiederöffnung des Bierpinsels. 24. Juli 2012, abgerufen am 29. August 2022.
  13. Heritage-protected tower “Bierpinsel” (Memento vom 3. November 2017 im Internet Archive)
  14. Katrin Lange: Schicke Aussichten: Das neue Gesicht der Schloßstraße in Berlin-Steglitz. 26. Januar 2019, abgerufen am 29. August 2022.
  15. Christian Gercke: Berlin-Steglitz: Bierpinsel wird Event-Location. Berliner Zeitung, 16. September 2021;.

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Bierpinsel in Berlin-Steglitz, 1972-1976 nach Entwürfen der Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte erbaut
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Bierpinsel in Berlin-Steglitz, zwischen 1972 und 1976 nach Entwürfen der Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte erbaut