Bidirektionales Laden

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Unter bidirektionellem Laden (kurz: Bidi-Laden) versteht man die Fähigkeit, die wiederaufladbaren Antriebsbatterien, also die in systematischer Ordnung zusammengefügten Systeme von Akkumulatoren von Elektro- und Hybridfahrzeugen mit elektrischer Energie vom Stromnetz nicht bloß zu laden, sondern die geladene elektrische Energie im Bedarfsfall auch wieder an das Stromnetz zurückzuspeisen. Dies ist mit Stand 2022 nur in Einzelfällen möglich.

Elektroautos können durch Bidi-Laden dabei helfen, die Schwankungen von Angebot und Nachfrage im Stromnetz auszugleichen.[1]

Beim bidirektionalen Lademanagement (BDL) sind folgende Komponenten beteiligt:

Im Koalitionsvertrag der 20. Wahlperiode (Ampelregierung) ist als Ziel das Ermöglichen des bidirektionalen Ladens genannt.[3] Ein Förderaufruf soll die Forschung und Entwicklung im Bereich bidirektionales Laden für eine erfolgreiche Transformation zur Elektromobilität und Systemintegration beschleunigen.[4]

Vehicle-to-X (V2X)

Es gibt verschiedene Anwendungsmöglichkeiten[5] des bidirektionalen Ladens. Diese können nach dem Erlösort des Mehrwerts gruppiert werden und werden zusammenfassend als Vehicle-to-X (V2X) bezeichnet:

  • Vehicle to Load (V2L) auch Vehicle-to-Utility (V2U)[6] ermöglicht die Stromversorgung einzelner Geräte (Campingausrüstung, Laden von e-Bikes etc.). Einige Elektroautos unterstützen diese Funktion bereits, etwa durch eingebaute 230V-Schuko-Steckdosen (Honda e bis 1500 W) oder durch Adapter am Typ-2-Ladeport (Hyundai Ioniq 5/Kia EV6 mit bis zu 3500 W).
  • Vehicle to Home (V2H) bezeichnet die Versorgung eines Hauses mit Strom aus dem Akku eines Elektrofahrzeugs.
  • Vehicle to Grid (V2G) bezeichnet die normgerechte Anbindung an das öffentliche Stromnetz, wie etwa bei Photovoltaik-Anlagen. Dies wird in Studien erforscht und im neu entstehenden Stadtteil von Utrecht („Cartesius“), als Praxismodell erprobt.[7]
  • Vehicle to Building (V2B): Bei Vehicle to Building versorgen mehrere Fahrzeuge oder ganze Flotten große Gebäude mit mehreren Parteien mit Strom oder decken Lastspitzen ab (peak shaving).
  • Vehicle-to-Vehicle (V2V): bezeichnet das Laden anderer E-Autos oder zum Beispiel auch das Laden von Booten oder Campern.[6]

Regulatorische Schwierigkeiten

Neben technischen sind insbesondere regulatorische Schwierigkeiten zu lösen, um V2X erfolgreich umzusetzen:

  • Garantiebedingungen von Akkus von Eletrofahrzeugen: Um die Garantiebedingungen der Autohersteller von Akkus nicht zu verletzen, kann eine Beschränkung des bidirektionalen Betriebs vorgesehen werden.
  • Erweiterung / Harmonisierung von Gesetzen / Vorgaben
    • In der Ladesäulenverordnung fehlen die Definitionen oder technische Voraussetzungen des bidirektionalen Ladens.
    • Im Elektromobilitätsgesetz fehlt die Definition der verschiedenen Rückspeisungsmöglichkeiten oder die Kennzeichnung von bidirektionalen Ladesäulen.
    • Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) berücksichtigt Elektrofahrzeuge weder als mobile Speicher noch generell zur Energiespeicherung.
    • Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und das EEG besitzen unterschiedliche Definitionen des Letztverbrauchers.
  • Politische Vorgaben: Im Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung[8] werden keine Vorgaben gemacht, ob und wie viele Elektrofahrzeuge das bidirektionale Laden unterstützen und welche Ladesäulen den Stromfluss in beide Richtungen unterstützen sollen.
  • Steuerrechtliche Fragen: Die Fragestellungen (u. a. Betreiber wird zu Unternehmer mit Gewinnerzielungsabsicht) des bidirektionalen Ladens können mit der steuerliche Behandlung von PV-Anlagen verglichen werden.

Bei den Anwendungsmöglichkeiten sind unterschiedlich viele Marktteilnehmer beteiligt, die damit regulatorisch unterschiedlich komplex sind:

  • Bei V2L sind nur die Automobilhersteller involviert und diese erfüllen die technischen und regulatorischen Voraussetzungen. Einige Automobilhersteller bieten V2L in ihren Fahrzeugen bereits an.
  • Bei V2H sind neben Automobilherstellern auch Wallboxhersteller, PV Anlagenhersteller, Smart Home Hersteller und Elektroinstallateure beteiligt.
  • Bei V2G kommen zusätzlich Netzbetreiber und Bundesnetzagentur hinzu.

V2H ist regulatorisch einfacher als V2G, womit V2H schneller marktreif wird als V2G. Im Positionspapier zu notwendigen regulatorischen Anpassungen im Kontext des bidirektionalen Ladens[9] werden regulatorische Hemmnisse und Handlungsempfehlungen genannt.

Literatur

  • Marco Jung: Multifunktionales bidirektionales Laden. In: Handbuch Elektromobilität 2015. / Reiner Korthauer (Hrsg.). EW Medien und Kongresse, Frankfurt a. M., Berlin, Essen 2015, ISBN 978-3-8022-1132-4, S. 182–198.
  • Marco Jung et al.: Kabelgebundenes und kabelloses bidirektionales Laden von Elektrofahrzeugen. In: Elektrik/Elektronik in Hybrid- und Elektrofahrzeugen und elektrisches Energiemanagement VI.: [4th Conference "Electric & Electronic Systems in Hybrid and Electric Vehicles and Electrical Energy Management" organized by Haus der Technik e.V. Essen April 22nd and 23rd, 2015, in Bad Boll; EEHE] / Carsten Hoff; Ottmar Sirch (Hrsg.). expert-Verl., Renningen 2015, ISBN 978-3-8169-3311-3, S. 459–481.
  • Adrian Ostermann, Matthias Müller, Sebastian Faller: Bidirectional charging management – Developing a measurement concept for pilot operation in Germany. In: NEIS 2020: Conference on Sustainable Energy Supply and Energy Storage Systems, Hamburg, 14-15 September 2020. [8th NEIS Conference]. / Detlef Schulz (ed.) VDE-Verl., Berlin [2020], ISBN 978-3-8007-5359-8, S. 155–160.
  • Marek Mägi: Analysis of distribution substation topologies for energy exchanging between EV and utility networks. In: 11th International Symposium "Topical problems in the field of electrical and power engineering". Doctoral school of energy and geotechnology II: Pärnu, Estonia, January 16-21, 2012. / J. Zakis (ed.). Tallinn University of Technology, Faculty of Power Engineering; Elektriajam, Tallinn 2012, ISBN 978-9985-69-051-2, S. 158–167 (PDF).

Einzelnachweise

  1. Stefan Menzel: „Bidirektionales Laden“: So will Volkswagen am Speichern von Strom verdienen. Elektroautos können bislang nur laden und keinen Strom abgeben. Der VW-Konzern wird das im kommenden Jahr ändern. Andere Hersteller dürften nachziehen. In: www.handelsblatt.com. Handelsblatt, 5. April 2021, abgerufen am 29. Mai 2022.
  2. ISO - International Organization for Standardization: ISO 15118-1:2019. Abgerufen am 30. November 2021 (englisch).
  3. Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP). (PDF; 1,1 MB) SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, FDP, 24. November 2021, S. 52, abgerufen am 1. Dezember 2021 (deutsch).
  4. Förderaufruf Forschung und Entwicklung für eine erfolgreiche Transformation zur Elektromobilität und Systemintegration. (PDF; 0,23 MB) Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Im Auftrag Bernhard Kluttig, 24. Juni 2022, abgerufen am 10. Juli 2022 (deutsch).
  5. Erlöspotenziale, ökologische Mehrwerte und Kosten durch das gesteuerte und bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen. Abgerufen am 30. November 2021 (deutsch).
  6. a b Götz Warnke: Bi-Di-Laden – Das E-Auto als Speicher. In: www.dgs.de. Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, 27. Mai 2022, abgerufen am 31. Mai 2022.
  7. Ajaz Shah: Utrecht soll zur bi-direktionalen Lade-City werden. In: Energyload. 5. Mai 2022, abgerufen am 14. Juli 2022 (deutsch).
  8. Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung. (PDF; 0,475 MB) Bundesministerium für Digitales und Verkehr, 24. Juni 2022, abgerufen am 13. Juli 2022 (deutsch).
  9. Positionspapier zu notwendigen regulatorischen Anpassungen im Kontext des bidirektionalen Ladens. (PDF; 1,41 MB) Im Auftrag der Initiative „Bidirektionales Laden“ Nymoen Strategieberatung GmbH, Dr. Håvard Nymoen, Tim Kimpel, Christopher Kaschade, 7. März 2022, abgerufen am 14. Juli 2022 (deutsch).

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