Der Biathlon-Weltcup (offiziell: BMW IBU World Cup Biathlon) wurde, zum 40. Mal, in 36 Wettbewerben zwischen dem 27. November 2016 und dem 19. März 2017 ausgetragen. Höhepunkt der Saison waren die Biathlon-Weltmeisterschaften 2017 im österreichischen Hochfilzen. Titelverteidiger des Gesamtweltcups waren Gabriela Koukalová bei den Frauen und Martin Fourcade bei den Männern.
Unterhalb des Weltcups ist der IBU-Cup 2016/17 als zweithöchste Wettkampfserie des Winters angesiedelt.
Im russischen Tjumen sollten für eine längere Zeit die Wettkämpfe ausgetragen werden, die in den letzten Jahren traditionell im ca. 700 km entfernten Chanty-Mansijsk stattgefunden haben. In Tjumen befindet sich ein modernes Wettkampf- und Trainingszentrum, wo auch die Biathlon-Europameisterschaften 2016 ausgetragen wurden. Um die Reisewege für Sportler und Betreuer so kurz wie möglich zu halten, war geplant, dass der Weltcup auf dem Weg von Südkorea zum letzten Weltcup im norwegischen Oslo am Holmenkollen im russischen Tjumen Zwischenstation macht. Aufgrund der Dopingenthüllungen im zweiten McLaren-Report gab der russische Biathlonverband die Ausrichtung des achten Weltcups an die IBU zurück.[1] Am 7. Januar gab die IBU bekannt, dass der 8. Weltcup im finnischenKontiolahti stattfinden wird.[2]
Saisonverlauf
Den Gesamtweltcup bei den Männern sowie alle Einzelwertungen gewann erneut Martin Fourcade. Bei den Damen sicherte sich Laura Dahlmeier zum ersten Mal in ihrer Karriere den Sieg in der Gesamtwertung, sie gewann außerdem die Wertungen des Einzelwettkampfs und der Verfolgung. Sprint- und Massenstartwertung gingen wie im Vorjahr an die TschechinGabriela Koukalová.
Deutschland gewann beide Titel in der Nationenwertung, den Mixed-Staffel-Weltcup sowie den Staffelweltcup bei den Damen. Die deutschen Damen gewannen in diesem Winter jedes Staffelrennen und sicherten sich damit unangefochten die Gesamtwertung. Bei den Mixedstaffeln stand die deutsche Mannschaft immer auf dem Podium. Der Staffelweltcup der Herren ging an Russland.
Bei den Biathlon-Weltmeisterschaften 2017 war Laura Dahlmeier mit fünf Gold- und einer Silbermedaille die erfolgreichste Athletin. Deutschland gewann insgesamt acht Medaillen, darunter Gold in der Mixedstaffel und in der Damenstaffel. Benedikt Doll gewann im Sprint sein erstes Weltcuprennen und seine erste Einzelmedaille bei Weltmeisterschaften, Simon Schempp gewann das Massenstartrennen und damit auch seine erste Einzelmedaille bei Weltmeisterschaften.
Überraschungssieger war der US-Amerikaner Lowell Bailey. Dieser wollte eigentlich seine Karriere schon beenden, entschied sich auf anraten seiner Frau jedoch dafür, noch bis zu den Olympischen Winterspielen 2018 weiterzumachen. Im Sprint verfehlte er eine Medaille um wenige Sekunden, in der Verfolgung lag er auf der letzten Runde noch auf Medaillenkurs, musste in der Loipe jedoch einige Konkurrenten ziehen lassen und erreichte auf Rang sechs das Ziel. Im Einzelwettkampf ging er als einer der letzten Athleten in die Spur, schoss fehlerfrei und gewann mit knappem Vorsprung das Rennen. Es war sein erster Sieg in einem Weltcuprennen und die erste Goldmedaille im Biathlon für einen US-amerikanischen Biathleten. Seine Teamkameradin Susan Dunklee gewann die Silbermedaille im Massenstart und wurde damit erste Medaillengewinnerin ihres Landes im Biathlon und nach Myriam Bédard erst die zweite Nordamerikanerin mit Edelmetall in einem Einzelbewerb. Bei den Weltmeisterschaften herrschten frühlingshafte Temperaturen, Emil Hegle Svendsen wurde nach einem Kollaps im Krankenhaus untersucht und auch Laura Dahlmeier erlitt nach dem Einzel- und dem Staffelrennen einen Schwächeanfall und wurde vom Mannschaftsarzt betreut. Beim Einzelrennen der Herren gingen viele Athleten kurzärmlig ins Rennen, der Österreicher Daniel Mesotitsch sogar mit kurzer Hose.
Bei den Testwettkämpfen für die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang beklagten sich viele Athleten über den Zustand der Strecke. Bei recht hohen Temperaturen war die Schneesituation auf den Loipen nicht optimal. Erschwert wurden die Bedingungen dadurch, dass das Areal im Sommer als Golfplatz genutzt wird und der Sand aus den Bunkern auf die Strecke geweht wurde. Die Rennen wurden nachts durchgeführt, damit die Athleten ihren Tagesrhythmus nicht auf die Zeitverschiebung anpassen mussten und die Liveübertragungen der Rennen in Mitteleuropa zur gewohnten Zeit tagsüber stattfinden konnten.
Neben Lowell Bailey und Benedikt Doll gewann auch die Deutsche Nadine Horchler ihr erstes Weltcuprennen. Horchler, die vorwiegend im IBU-Cup startet, wurde als Ersatz für die erkrankte Franziska Preuß für den Weltcup in Antholz aufgestellt. Mit ihrem Ergebnis im Einzelrennen konnte sie sich nicht direkt für eine Teilnahme im Massenstart qualifizieren, nachdem mehrere Athleten jedoch nicht am Massenstart teilnahmen, konnte Horchler als letzte Athletin mit Startnummer 30 ins Rennen gehen. Sie schoss fehlerfrei, ging kurz hinter Gabriela Koukalová in die letzte Runde und setzte sich im Zielsprint gegen die Tschechin durch und gewann das Rennen vor ihrer Teamkollegin Dahlmeier, die Koukalová kurz vor der Ziellinie auch noch überholen konnte. Weitere Premierensieger des Winters waren neben Horchler, Doll und Bailey Anton Babikow, Tatjana Akimowa, Anaïs Chevalier sowie Mari Laukkanen. Laukkanen gewann zuerst den Sprint und dann auch noch die Verfolgung am Holmenkollen in Oslo. Sie widmete ihren Sieg im Verfolgungsrennen Asko Nuutinen, der viele Jahre der Schießtrainer der finnischen Biathlonmannschaft und ein enger Vertrauter von ihr war. Nuutinen erlitt eine Woche zuvor beim Weltcup im finnischen Kontiolahti einen Herzinfarkt, in der Nacht vor dem Verfolgungsrennen starb er an den Folgen. Die finnische Mannschaft ging deshalb mit Trauerflor ins Rennen.
In der Single-Mixed-Staffel in Kontiolahti erreichten die WM-Medaillengewinner Bailey und Dunklee den zweiten Platz. Es war die erste Podiumsplatzierung für eine US-amerikanische Mannschaft seit dem zweiten Platz der Damenstaffel beim Biathlon-Weltcup 1993/94. Das letzte und einzige Podium für eine US-amerikanische Herrenstaffel war beim Weltcup in Ruhpolding im Januar 1988.
Beim letzten Wettkampf der Saison, dem Massenstart der Herren, kam es zu einem Zwischenfall am Schießstand, als Martin Fourcade beim ersten Schießen feststellte, dass er mit leeren Magazinen ins Rennen gegangen war. Obwohl er regelwidrig direkt von seinem Trainer mit einem gefüllten Magazin versorgt wurde, verzichtete die IBU auf eine Disqualifikation. Als Erklärung wurde angeführt, dass sich Fourcade regelgerecht verhalten hätte, und es zu hart gewesen wäre, ihn für einen Fehler seines Trainers zu bestrafen.[3]
Mit 1322 Weltcuppunkten hat Martin Fourcade seinen Rekord aus der Saison 2012/13 um 74 Punkte verbessert. Mit 14 Saisonsiegen ist er außerdem alleiniger Rekordhalter bei den Männern, bei der Frauen erreichte Magdalena Forsberg diese Marke in der Saison 2000/01. Mit fünf Siegen in Folge innerhalb einer Saison konnte er zudem den Rekord von Ole Einar Bjørndalen aus der Saison 2004/05 und der Saison 2006/07 einstellen. Mit acht saisonübergreifenden Siegen hat Bjørndalen aber immer noch die längste Siegesserie. Laura Dahlmeier gelangen ebenfalls fünf Siege in Folge sowie zehn Siege in einer Saison. Damit liegt sie aber noch hinter Forsberg, der in der Saison 2000/01 acht Siege in Folge und insgesamt 14 Siege gelangen. Bei den Weltmeisterschaften erzielte Laura Dahlmeier mit fünf Siegen und einem zweiten Platz einen neuen Bestwert. Zudem hat sie auch bei den Weltmeisterschaften im letzten Jahr bei allen fünf Rennen, in denen sie angetreten ist, eine Medaille gewonnen. Damit hat sie den Rekord von Tora Berger mit neun Medaillen in Folge auf elf verbessert.
McLaren-Report
Durch die Erkenntnisse aus dem zweiten McLaren-Report kam es im Verlauf der Saison zu verschiedenen Entwicklungen.
Zum Jahreswechsel gab der russische Biathlonverband die Ausrichtung des achten Weltcups in Tjumen an die IBU zurück, welche diesen Anfang Januar an das finnischeKontiolahti vergab.[2]
Bereits nach dem Weltcup in Nové Město Ende des Jahres 2016 drohte Martin Fourcade mit einem Boykott des Weltcups in Oberhof, falls die IBU nicht gegen Dopingsünder vorgehen würde.[4] Zum Jahresbeginn einigten sich die Biathleten darauf, mit einer Stimme in Sachen Doping zu sprechen und einen Boykott zu verschieben.[5] Zwischen den beiden Weltcups in Oberhof und Ruhpolding wurde ein Forderungskatalog veröffentlicht, welcher von 170 Biathleten unterschrieben worden war. Die Athleten forderten höhere Strafen für Dopingsünder sowie eine Reduktion der Startplätze für Nationen, deren Sportler mit Doping in Verbindung gebracht werden können.[6] Nach einer außerordentlichen Vorstandssitzung in Antholz und einem außerordentlichen Kongress in Hochfilzen stand fest, dass Russland die Weltmeisterschaften 2021 entzogen werden. Es wurde zudem eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche die Vereinbarkeit der Forderungen der Athleten mit den Regeln der WADA abgleichen und deren Umsetzbarkeit prüfen soll.[7]
Während der Weltmeisterschaften 2017 gab es eine Hausdurchsuchung in der Unterkunft der kasachischen Mannschaft aufgrund eines Dopingverdachts. Dabei wurde medizinisches Material sowie eine hohe Anzahl an Mobiltelefonen sichergestellt. In diesem Zusammenhang genommene Urin- und Blutproben wiesen jedoch keine verbotenen Substanzen auf. Die russische Biathletin Jekaterina Glasyrina wurde provisorisch gesperrt, da sie mit dem zweiten McLaren-Reports in Verbindung gebracht werden konnte.
Die für Tjumen in Russland geplanten Wettkämpfe wurden nach der Rückgabe durch den Russischen Biathlonverband an Kontiolahti in Finnland vergeben.
Startquoten
Die geänderten Regeln für die Startquoten aus der Vorsaison behalten ihre Gültigkeit. Die besten 25 Nationalverbände des Vorjahres im Weltcup erhalten feste Startkontingente, der beste Nationalverband des IBU-Cups, der nach der neuen Regelung keine Startquote für den Weltcup hat, erhält einen Startplatz. Zusätzlich vergibt die IBU weiterhin Wild Cards, maximal vier Verbände können dann jeweils einen Athleten melden.
Im September 2016 teilte Bundestrainer Mark Kirchner mit, dass für den ersten Weltcup im schwedischen Östersund die Teilnehmer der Staffel bei der WM in Oslo, also Benedikt Doll, Erik Lesser, Arnd Peiffer und Simon Schempp, nominiert sind. Die beiden weiteren Startplätze werden kurzfristig anhand der Leistungen im IBU-Cup vergeben.[9]
Während der Deutschen Meisterschaften in Altenberg teilte Bundestrainer Gerald Hönig mit, dass für den ersten Weltcup des Winters im schwedischen Östersund die Teilnehmer der WM in Oslo nominiert sind, also Laura Dahlmeier, Miriam Gössner, Maren Hammerschmidt, Franziska Hildebrand, Vanessa Hinz und Franziska Preuß. Auf eine Qualifikation am Ende des letzten Trainingslagers wird verzichtet.[10]
Für die Saison 2016/17 werden in der Norwegischen Mannschaft neue Strukturen umgesetzt, insbesondere um die Nachwuchsmannschaften näher an die Weltcupmannschaft heranzuführen und so eine bessere Leistungsentwicklung und eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen. Egil Gjelland hat seine Tätigkeit als Trainer der Herren beendet, Siegfried Mazet, der Trainer der französischen Mannschaft, verstärkt dafür den Trainerstab bei den Herren.[12]
Sonstiges
Folgende Biathleten haben ihre Karriere im Profisport während oder nach der Saison 2016/17 beendet:
Die ehemalige Biathletin Andreja Mali, welche mittlerweile als Trainerin des slowenischen Frauenteams tätig ist, sprang beim Heimweltcup in Pokljuka noch einmal als Staffelläuferin ein, da aufgrund von Ausfällen nur noch drei andere Läuferinnen zur Verfügung standen.