Bezirksamt Offenburg

Lage der Bezirksämter in Baden im Jahr 1890

Das Bezirksamt Offenburg, vor 1864 Oberamt Offenburg, war eine von 1813 bis 1939 bestehende Verwaltungseinheit im Land Baden.

Geographie

Das Gebiet des Bezirksamtes setzte sich landschaftlich aus drei unterschiedlichen Teilen zusammen: einem flachen, in der Oberrheinischen Tiefebene gelegenen Westen, der in einem schmalen Streifen bis an den Rhein reichte, einem bergigen Osten im mittleren Schwarzwald, der durch das Tal der Kinzig geteilt wurde. Zwischen beiden verlief in nord-südlicher Richtung eine hügelige Übergangszone, die nördlich der Kinzig zu den Ortenau-Bühler Vorbergen, südlich davon zu den Lahr-Emmendinger Vorbergen zählt. Bei einer 1936 erfolgten Erweiterung kam noch das ebenfalls im Schwarzwald gelegene Tal des Oberlaufs der Rench dazu.

Geschichte

Historischer Hintergrund

Zu Zeiten des Heiligen Römischen Reiches hatten sich nach dem Untergang der Staufer im hohen Mittelalter in der im Südwesten des heutigen Baden-Württembergs gelegenen Ortenau zersplitterte Machtverhältnisse entwickelt, an denen mehrere mittelgroße Herrschaftsgebiete Anteil hatten. Der Hauptort Offenburg hatte den Status einer Freien Reichsstadt inne. Das nähere Umfeld teilte sich in reichsritterschaftliche sowie das Gebiet der Landvogtei Ortenau. 1274 von König Rudolf von Habsburg ins Leben gerufen, war sie, nach mehrfacher Verpfändung, seit 1771 wieder in habsburgischer Hand. Sie bestand aus rund 30 Orten, die sich mehreren Teilen gruppierten und, als Teil Vorderösterreichs, in die drei, als Gericht titulierten Untereinheiten Appenweier Griesheim und Ortenberg gegliedert waren.

Der Königshof in Offenburg

Anfang des 19. Jahrhunderts fand in der Ortenau eine politische Flurbereinigung statt. Offenburg fiel, in Umsetzung des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803, unter die badische Landeshoheit. Dessen Regierung ordnete die Stadt, wegen der vergleichbaren Strukturen, zunächst der getrennt östlich gelegenen Obervogtei Gengenbach zu, die hauptsächlich aus weiteren ehemals reichsfreien Gebieten zusammengesetzt worden war. Nach dem Preßburger Frieden 1805 und der Verabschiedung der Rheinbundakte 1806 waren mit dem kurzlebigen Herzogtum Modena-Breisgau, das auch die ehemals vorderösterreichischen Besitzungen der Ortenau umfasste, und den reichsritterschaftlichen Orten das Umfeld der Stadt ebenfalls an Baden gefallen. Daher wurde Offenburg 1807 von Gengenbach abgetrennt und Sitz des Oberamtes Offenburg, in dem die Stadt, die drei vorderösterreichischen Gerichte und das kleine, altbadische Amt Staufenberg zusammenfasst wurden. In Umsetzung des Novemberedikts von 1809 war für Anfang 1810 die Aufteilung in ein Stadt- und erstes Landamt sowie ein zweites Landamt vorgesehen. Bereits kurz darauf wurde beschlossen, dass anstelle des Zweiten Landamtes das Amt Appenweier entstehen sollte, dem auch noch weitere Gebiete angeschlossen wurden. Den Rest bildete das Amt Offenburg.

Seit der Gründung

Nachdem die Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit 1813 eine einheitliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden ermöglicht hatte, wurde aus dem Amt das Bezirksamt Offenburg, dem zugleich die Funktion eines Kriminalamtes für die Bezirksämter Kork, Rheinbischofsheim, Appenweier und Oberkirch zugewiesen wurde.[1] Sitz der Verwaltung blieb der sogenannte Königshof.[2]

1819 wurde das Bezirksamt Appenweier aufgelöst, sein Südwesten kam wieder zurück zu Offenburg. Im Zuge der Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung 1857 wurde Offenburg Sitz eines Amtsgerichts. Größere Gebietszuwächse konnte das Bezirksamt Offenburg bei der Auflösung des Bezirksamtes Gengenbach 1872 und des Bezirksamtes Oberkirch 1936 verzeichnen. Außerdem kam es gelegentlich zu Neuzuweisungen einzelner Gemeinden.

Mit Inkrafttreten der Landkreisordnung vom 24. Juni 1939 entstand aus dem Bezirksamt der Landkreis Offenburg.

Orte und Einwohnerzahlen

1814

Bei der Errichtung des Bezirksamtes 1813 wurden vom bisherigen Amt Offenburg Marlen, Goldscheuer und Kittersburg an Kork abgegeben, dafür kamen vom Amt Lahr Oberschopfheim und Diersburg sowie vom aufgehobenen Amt Mahlberg Ichenheim, der Ottenweierhof, Dundenheim und Altenheim hinzu.[1] 1814 wird für das Gebiet des Bezirksamtes von 18.192 Einwohnern berichtet, die sich auf folgende Orte verteilten:[3]

GemeindeEinwohnerzahl
Altenheim1.329
Bohlsbach556
Bühl293
Diersburg837
Dundenheim627
Elgersweier467
Fessenbach¹470
Griesheim689
Hofweier998
Ichenheim²1.056
Müllen154
Niederschopfheim1.103
Oberschopfheim910
Offenburg2.880
Ortenberg1.001
Riedle394
Rohrburger Hof38
Schutterwald³1.413
Ober- und Unterrammersweier701
Waltersweier349
Weier320
Weierbach455
Zell456
Zunsweier696

¹ davon 114 in Rießhof und Albersbach

² davon 34 im Ottenweierhof

³ davon 968 im landesherrschaftlichen Anteil, 369 im frankensteinischen Anteil und 76 im geroldseckischen Anteil

1834

1824 wechselten Dundenheim,[4] Ichenheim und der Ottenweierhof zum Bezirksamt Lahr.[5] 1834 wurde von 28.682 Menschen berichtet, die im Gebiet des Oberamtes lebten. Sie verteilten sich auf diese 24 Gemeinden:[6]

GemeindeEinwohnerzahl
Appenweier1.325
Altenheim1.565
Offenburg3.522
Bohlsbach765
Bühl282
Diersburg1.128
Durbach2.554
Ebersweier570
Elgersweier614
Fesenbach550
Griesheim842
Hofweier1.116
Marlen1.746
Müllen141
Niederschopfheim1.330
Ortenberg1.355
Rammersweier878
Schutterwald1.733
Urloffen2.178
Waltersweier400
Weyer380
Windschläg848
Zell1.477
Zunsweyer1.393

1864

Bei der Volkszählung im Dezember 1864 wurden 32.398 Einwohner in nach wie vor 24 Gemeinden festgestellt:[7]

GemeindeEinwohnerzahl
Appenweier1.494
Altenheim2.120
Offenburg5.196
Bohlsbach650
Bühl348
Diersburg1.113
Durbach2.688
Ebersweier518
Elgersweier814
Fesenbach566
Griesheim782
Hofweier1.208
Marlen2.243
Müllen154
Niederschopfheim1.270
Ortenberg1.323
Rammersweier847
Schutterwald2.060
Urloffen2.172
Waltersweier546
Weyer402
Windschläg823
Zell1.558
Zunsweyer1.503

1913

Offenburg und benachbarte Bezirksämter mit Stand 1890.

Im August 1871 wurde die Gemeinde Nesselried neu gegründet.[8] Mit der Zuordnung des Bezirksamt Gengenbach kamen 13 Gemeinden hinzu. 1913 wurde für den Amtsbezirk von 65.800 Einwohnern berichtet, die sich somit auf 38 Gemeinden verteilten:[9]

GemeindeEinwohnerzahl
Appenweier1.881
Altenheim2.648
Offenburg16.848
Bohlsbach848
Bühl407
Diersburg1.057
Durbach2.275
Ebersweier542
Elgersweier1.097
Fessenbach619
Griesheim782
Hofweier1.484
Marlen2.211
Müllen135
Nesselried667
Niederschopfheim1.471
Nordrach1.649
Oberentersbach202
Oberharmersbach1.991
Ohlsbach1.131
Ortenberg1.491
Rammersweier1.026
Reichenbach1.002
Schutterwald2.761
Schwaibach445
Unterentersbach428
Unterharmersbach1.597
Urloffen2.615
Waltersweier565
Weier554
Windschläg1.020
Zell-Weierbach1.737
Zunsweyer1.393
Gengenbach3.226
Berghaupten1.106
Bermersbach1.064
Biberach1.508
Zell am Harmersbach1.997
Fabrik Nordrach¹185

¹ Zusätzlich, als Abgesonderte Gemarkung mit eigener polizeilicher Verwaltung.

1939

Mit dem Gesetz über die Neueinteilung der inneren Verwaltung wurde das Bezirksamt Oberkirch mit 20 Gemeinden am 1. Oktober 1936 aufgelöst und Offenburg zugeteilt. Zugleich wurden abgetreten: Altenheim, Appenweier, Marlen, Müllen und Urloffen an das Bezirksamt Kehl sowie Nordrach, Oberentersbach, Oberharmersbach, Unterentersbach, Unterharmersbach und Zell am Harmersbach an das Bezirksamt Wolfach.[10] Dorthin wechselte am 1. April 1939 noch Biberach.[11]

Zum Zeitpunkt der Umwandlung in den Landkreis Offenburg im Juni 1939 umfasste das Gebiet des Bezirksamts 47 Städte und Gemeinden, Einwohnerzahlen laut Volkszählung im Mai 1939:[12]

GemeindeEinwohnerzahl
Berghaupten1.235
Bermersbach1.202
Bohlsbach1.178
Bottenau563
Bühl488
Butschbach366
Diersburg1.058
Dundenheim1.106
Durbach2.120
Ebersweier575
Elgersweier1.181
Erlach511
Fessenbach658
Gengenbach3.608
Bad Griesbach845
Griesheim784
Haslach445
Hofweier1.820
Ibach690
Lautenbach1.521
Lierbach367
Maisach354
Nesselried700
Niederschopfheim1.609
Nußbach899
Oberkirch5.382
Ödsbach891
Offenburg19.200
Ohlsbach1.253
Oppenau2.149
Ortenberg1.907
Bad Peterstal1.724
Rammersweier1.297
Ramsbach533
Reichenbach1.002
Ringelbach239
Schutterwald3.292
Schwaibach423
Stadelhofen658
Tiergarten660
Ulm1.304
Waltersweier524
Weier590
Windschläg1.101
Zell-Weierbach1.968
Zunsweier1.962
Zusenhofen847

Gemeindefreie Gebiete

Im Bereich des Bezirksamtes lag eine Reihe von gemeindefreien Gebiete, die in Baden als Abgesonderte Gemarkung bezeichnet wurden. 1885 waren es:[13]

GebietEinwohnerzahl
Eschau2
Rohrburg11
Straßburg (Südteil)7
Gottswaldunbewohnt
Plobsheimunbewohnt

Das hier, mit 129 Bewohnern, ebenfalls genannte Fabrik Nordrach hatte als Abgesonderte Gemarkung mit eigener polizeilicher Verwaltung den Status einer teilselbständigen Gemeinde inne.

1913 waren noch Rohrburg und Gottswald vorhanden.[9] In der Badischen Gemeindeordnung von 1921 war die Auflösung der abgesonderten Gemarkungen festgelegt worden.[14] Daher verschwanden auch sie in den nachfolgenden Jahren.

Übergeordnete Behörden

Im Rahmen der Verwaltungsgliederung des Landes übergeordnete Behörden waren

Leiter der Verwaltung

Die Leitung der Verwaltung, mit unterschiedlichen Titeln und später Landrat, hatten inne:[15]

Weitere Entwicklung

Der Landkreis Offenburg wurde Anfang 1973 aufgelöst und Teil des Ortenaukreises.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Beilage A: Ämtereinteilung, veröffentlicht im Badischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 30. Juli 1813, Heft XXII, S. 135.
  2. Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden, Band 7: Max Wingenroth: Kreis Offenburg. Tübingen 1908, S. 510.
  3. Johann L. Büchler (Herausgeber): Das Großherzogthum Baden nach seinen Kreisen, Hofgerichtsprovinzen und Amtsbezirken topographisch dargestellt. Zweite vermehrte und umgearbeitete Auflage 1814, S. 54f.
  4. Entsprechender Beschluss vom 5. Juli 1824, veröffentlicht am 30. Januar 1824 im Großherzoglich-Badischen Staats- und Regierungsblatt, Heft XV, S. 96.
  5. Entsprechender Beschluss vom 23. Januar 1824, veröffentlicht am 30. Januar 1824 im Großherzoglich-Badischen Staats- und Regierungsblatt, Heft II, S. 21.
  6. Hof- und Staats-Handbuch des Grossherzogthums Baden, Jahrgang 1834, S. 339–342
  7. Beiträge zur Statistik der inneren Verwaltung des Großherzogthums Baden. Zwanzigstes Heft: Die Volkszählung vom Dezember 1864, I. Teil, S. 35.
  8. Entsprechende Verordnung vom 15. Juli 1871, veröffentlicht im Gesetzes- und Verordnungsblatt für das Großherzogtum Baden am 21. Juli 1871, Heft XXVII, S. 147
  9. a b Hof und Staats-Handbuch des Grossherzogthums Baden 1913, Statistischer Anhang Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek, S. 354f.
  10. Gesetz über die Neueinteilung der inneren Verwaltung vom 26. Juni 1936.
  11. § 31 des Gesetzes über die Landkreisselbstverwaltung in Baden, veröffentlicht im Badischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 28. Juni 1939, Heft 11, S. 98.
  12. Statistik des Deutschen Reichs. Band 550: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich aufgrund der Volkszählung 1939, Berlin, 1940, S. 211.
  13. Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Baden. Neue Folge, zweites Heft, zugleich 48. Heft der Reihe: Die Volkszählung vom 1. Dezember 1885, 2. Teil: Ortsverzeichnis. S. 67
  14. Badische Gemeindeordnung von 1921, § 105
  15. Wolfram Angerbauer: Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg : 1810 bis 1972. Herausgegeben 1996 von der Arbeitsgemeinschaft der Kreisarchive beim Landkreistag Baden-Württemberg. S. 95

Auf dieser Seite verwendete Medien

VkDE-bd 1890.svg
Autor/Urheber: Franzpaul, Lizenz: CC BY-SA 3.0
de:Baden, Karte der Verwaltungsgliederung (Bezirksämter, Kreise, Landeskommissärbezirke), Stand 1890
VkDE-bd 1890 Landeskommissärbezirk Freiburg, 1864–1939.png
Autor/Urheber: von Franzpaul [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) oder GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0
=== Landeskommissärbezirk Freiburg, 1864–1939 ===
Kreis Freiburg
  • Bezirksamt Breisach (1924 aufgehoben)
  • Bezirksamt Emmendingen
  • Bezirksamt Ettenheim (1924 aufgehoben)
  • Bezirksamt Freiburg
  • Bezirksamt Kenzingen (1872 aufgehoben)
  • Bezirksamt Neustadt
  • Bezirksamt Staufen (1936 aufgehoben, zu Freiburg und Müllheim)
  • Bezirksamt Waldkirch (1936 aufgehoben, zu Emmendingen, Freiburg und Wolfach)
Kreis Lörrach
  • Bezirksamt Lörrach
  • Bezirksamt Müllheim
  • Bezirksamt Schönau (1924 aufgehoben)
  • Bezirksamt Schopfheim (1936/38 aufgehoben, zu Neustadt, Säckingen und Lörrach)
Kreis Offenburg
  • Bezirksamt Gengenbach (1872 aufgehoben)
  • Bezirksamt Kehl (bis 1881 Bezirksamt Kork (Kehl)|Kork)
  • Bezirksamt Lahr
  • Bezirksamt Oberkirch (1936 aufgehoben, zu Offenburg)
  • Bezirksamt Offenburg
  • Bezirksamt Wolfach
Offenburg, Königshof.jpg
Autor/Urheber: Peter Poschadel, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Offenburg, Königshof.