Bertone

Bertone

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RechtsformPrivatbesitz
Gründung1912
SitzTurin (Italien)
LeitungMauro Ricci, Jean-Franck Ricci
BrancheKarosserie- und Automobilherstellung, Automobildesign
Websitebertone.it

Das italienische Unternehmen Bertone, gegründet unter dem Namen Carrozzeria Bertone, war Hersteller und Designer von Autokarosserien und Modellvarianten verschiedener Automobilmarken. Bertone war in seiner Geschichte für viele Unternehmen der Automobilbranche tätig (unter anderem Fiat, Lamborghini, Citroën, Alfa Romeo, Volvo, Lancia, Opel, BMW, Škoda).

Geschichte

Die Carrozzeria Bertone wurde von dem Stellmacher Giovanni Bertone (1884–1972) im Jahre 1912 gegründet. Allerdings dauerte es bis 1921, ehe die Karosseriewerkstatt den ersten Auftrag bekam, für SPA die Karosserie für das Modell Torpedo auf Basis eines SPA 23S zu bauen. In der Automobilherstellung begann sich eine zunehmend industrielle Produktionsweise zu entwickeln, und die Methoden des Karosseriebaus mussten sich dieser Entwicklung anpassen. Die Holzkarosserien wurden nun unter Einsatz von Fließbandtechniken mit dem eisernen Fahrgestell verbunden. Außerdem mussten die Karosserien entsprechend der immer größeren Geschwindigkeit der Fahrzeuge erheblich verstärkt werden. In der Folge entwarf Bertone eine Reihe von Hardtop-ähnlichen Dachkonstruktionen, um aus Wagen wie Vincenzo Lancias Lambda robustere und sicherere Limousinen zu machen.

Im darauf folgenden Jahrzehnt entwickelte sich Bertones Unternehmen von einem Handwerksbetrieb zu einer echten Karosseriefabrik.

Giovanni Bertones Sohn Giuseppe Bertone mit dem Spitznamen „Nuccio“ (1914–1997) stieg 1934 in das Familienunternehmen ein, und drei Jahre später gewann das Unternehmen mit der stromlinienförmigen Karosserie für den Fiat 1500 den Turiner Stylingwettbewerb. Als Unternehmenschef verwandelte Nuccio Bertone das Unternehmen in eines der weltweit führenden Designbüros für Automobile.

Alfa Romeo Giulietta Sprint

1954 wurde auf dem Turiner Autosalon der Alfa Romeo Giulietta Sprint vorgestellt, und die von Bertone geschneiderte Karosserie dieses Wagens wurde zum Inbegriff für das italienische Design der Nachkriegszeit. Neben den Diensten für Alfa Romeo konstruierte Bertone in den 1950er Jahren außerdem für Fiat, Bristol, Aston Martin und die NSU Motorenwerke AG bedeutende Karosserieformen. In den 1960er Jahren entwickelte Bertone Modelle für Alfa Romeo, Fiat, BMW, Aston Martin und Ferrari und erfuhr große Anerkennung für den Lamborghini Miura, der 1966 vorgestellt wurde.

Zwei Jahre später signalisierte Bertones futuristisches Styling für den Alfa Romeo Carabo den Beginn des neuen Keil-Trends, dessen berühmtester Vertreter der Lancia Stratos wurde. Dieser wurde auch bei Bertone gebaut. 1971 erntete der von Bertone gezeichnete erste Prototyp des Lamborghini Countach bei seiner Vorstellung viel Lob, aber nach der Ölkrise von 1972 musste sich Bertone auf Autos für den täglichen Bedarf wie den Volkswagen Polo (1975) konzentrieren. Unter eigenem Markennamen wurden das Cabriolet auf Fiat-Ritmo-Basis als Bertone Cabriolet sowie ab 1982 der Fiat X1/9 als Bertone X1/9 produziert. Die Daihatsu-Geländewagen Rocky und Feroza gab es als Lizenzbauten unter den Bezeichnungen Bertone Freeclimber bzw. Freeclimber II vorwiegend für den italienischen Markt. Skoda ließ bei Bertone die frontgetriebene Modellreihe Favorit entwerfen; die Modelle Favorit und Forman gingen in Serie. Die Vorstellung des Favorit erfolgte 1987 auf der Maschinenbaumesse in Brno.[1] Opel ließ bei Bertone das Kadett-E-Cabriolet, das Astra-F-Cabriolet sowie das sportliche Astra-G-Coupé (2000–2004) und das Astra-G-Cabriolet (2001–2005) fertigen.

Im Laufe der Jahrzehnte prägten sechs Designer den Bertone-Stil. Chefdesigner waren in dieser Zeit

Auch Giovanni Michelotti und Sergio Pininfarina arbeiteten zeitweise im „Stile Bertone“.

Das Atelier Bertone entwickelte eine eigene, individuelle Designsprache für so unterschiedliche Fahrzeuge wie den Ferrari Dino 308 GT 4 (1973), den Lancia Stratos (1973) und das Volvo 780 Coupé (1985).

Besondere Aufmerksamkeit erzielte Bertone immer wieder durch außergewöhnliche und das Automobildesign beeinflussende Prototypen und Konzeptstudien, so zum Beispiel die Testudo von 1961. Auch der Motorroller BMW C1 wurde bei Bertone gefertigt. Zu den Hochzeiten des Unternehmens wurden jährlich bis zu 70.000 Einheiten bei Bertone hergestellt. Anlässlich des 90. Geburtstages des Unternehmens wurde 2002 auf dem Genfer Automobilsalon die Studie des Bertone Novanta (dt. „neunzig“) auf Saab 9-5-Basis präsentiert.

Bertones Verwaltungsgebäude in Turin

Aufgrund der Pkw-Absatzkrise Mitte der 2000er Jahre geriet die Unternehmensgruppe Bertone wie auch andere europäische selbständige Karosseriebauer (z. B. Karmann) in Zahlungsschwierigkeiten, ging in Konkurs und wurde zerschlagen. Nur das Design-Center Stile Bertone in Caprie war bis 2014 noch selbständig und wurde von Ermelinda Bertone, der Witwe Nuccios, geleitet. Das 1958 bezogene Karosseriewerk Carozzeria Bertone S.p.A. in Grugliasco, in dem zu Hochzeiten 1300 bis 1500 Mitarbeiter jährlich 14.000 bis 15.000 Pkw herstellten,[2] gehörte zuletzt zu Fiat. Seine Zukunft ist ungewiss, da dort seit 2007 keine Fahrzeuge mehr hergestellt wurden und eine 2010 in Aussicht gestellte Investition von 600 Mio. Euro seitens Fiat wieder infrage gestellt wurde.[3]

Am 21. Mai 2011 wurden einige der berühmten Stylingstudien aus dem Bertone-Museum versteigert, unter anderem der Lamborghini Marzal (für rund 1,5 Millionen Euro) und der Lancia Stratos Zero (rund 760.000 Euro)[4], um wenigstens das Designstudio zu retten. Nachdem im März 2014 auch dieser letzte Firmenzweig Insolvenz anmelden musste und bis Ende April kein Investor gefunden werden konnte, wurde Anfang Mai 2014 die Vollstreckung bekanntgegeben.[5]

Akka Technologies erwarb 2016 die Marke Bertone[6], ein Ingenieurunternehmen mit Erfahrung in der Automobil-, Eisenbahn- und Luftfahrtindustrie, das bedeutende Projekte für bekannte Hersteller wie Daimler, Volkswagen, Stellantis und Renault geleitet hatte.

2020 kaufte die Adecco-Gruppe AKKA Technologies von der Familie Ricci[7] und die Marke Bertone ging später in den privaten Besitz der Brüder Mauro und Jean-Franck Ricci über.

Mauro und Jean-Franck Ricci belebten 2022 die Marke Bertone wieder und starteten eine neue Ära als Hersteller von exklusiven Autos in limitierter Auflage. Im Dezember desselben Jahres wurde der GB110 als erstes Modell einer exklusiven Serie vorgestellt, um das 110-jährige Jubiläum der Marke und den Beginn einer neuen Ära für Bertone zu feiern.

Die neuen Eigentümer präsentierten den auf 33 Exemplare limitierten Sportwagen Bertone GB110 im Dezember 2022. Er wird von einem Verbrennungsmotor angetrieben, der einen speziellen Kraftstoff aus Kunststoffabfällen nutzt und eine Höchstgeschwindigkeit von über 380 km/h ermöglicht, mit einer maximalen Leistung von mehr als 1100 PS.[8]

Literatur

  • Roger Gloor: Bertone. Pioniere des Autodesigns. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2020, ISBN 978-3-487-08632-3

Weblinks

Commons: Bertone – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. ŠKODA FAVORIT: Start einer Erfolgsära vor 30 Jahren. Abgerufen am 29. Juli 2023 (deutsch).
  2. Auction Results (Memento vom 7. März 2011 im Internet Archive)
  3. Fiat investiert nicht in Bertone-Fabrik (Memento vom 2. April 2011 im Internet Archive)
  4. Firmenhistorie Bertone (Memento vom 7. Juni 2011 im Internet Archive)
  5. Bertone ist pleite: Aus für den Kultdesigner. Abgerufen am 26. November 2020.
  6. MarketScreener: Akka Technologies agreed to acquire Bertone Group. | MarketScreener. Abgerufen am 27. März 2023 (englisch).
  7. ADECCO GROUP ATTAINS FULL OWNERSHIP OF AKKA TECHNOLOGIES. Abgerufen am 27. März 2023 (englisch).
  8. Manuel Lehbrink: Der Bertone GB110 ist ein neues Hypercar mit 1.100 PS. In: de.motor1.com. 21. Dezember 2022, abgerufen am 21. Dezember 2022.

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1964 Simca 1500 saloon, black, interior in red fake leather
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  • Quelle: selbst fotografiert, 06/2004
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