Berliner Kongress

Der Berliner Kongress vom 13. Juni 1878 bis zum 13. Juli 1878, an dem sieben europäische Mächte teilnahmen, führte nach dem Sieg Russlands im Russisch-Osmanischen Krieg (1877–1878) zur Korrektur der von Russland im Frieden von San Stefano vertraglich festgelegten Abtretungen von Gebieten des Osmanischen Reiches. Anlass war die drohende Kriegserklärung Großbritanniens an Russland.
Mit dem Deutschen Reich als Gastgeber und Otto von Bismarck als angeblich neutralem „ehrlichen Makler“ erreichten Großbritannien und Österreich-Ungarn ihre Ziele: Russland nahm die Vergrößerung Bulgariens und damit seinen Zugang zum Mittelmeer zurück und schränkte seinen Einfluss auf der Balkanhalbinsel zugunsten Österreich-Ungarns und des Osmanischen Reiches ein. Der Kongress endete mit der Unterzeichnung des Berliner Vertrages, der den russischen von San Stefano ersetzte.
Der Berliner Vertrag bestätigte die weitere Geltung vieler Bestimmungen des Pariser Friedens von 1856, auch solcher des Vertrags von London 1871, die die Wiederherstellung von Russlands Flotten- und Hafenrechten im Schwarzen Meer nachträglich bestätigten.
Großbritannien spielte im Vorfeld und bis zur Erfüllung des Berliner Vertrags die treibende Rolle: Premierminister Benjamin Disraeli sah in der russischen Schaffung eines großbulgarischen Satellitenstaates eine Bedrohung der britischen Vormacht im Mittelmeer, seiner strategischen Route nach Indien und damit der Handelsmacht des Britischen Weltreiches. Durch Warnungen und die frühzeitige Entsendung von Kriegsschiffen in die Dardanellen zwang London Russland zur Teilnahme am Kongress, wenn es einen Krieg vermeiden wollte.
Einerseits hatte Russland mit Österreich, andererseits Großbritannien mit Russland, Österreich und dem Osmanischen Reich alle wichtigen Fragen vorab meist geheim verhandelt. Mit seiner Kongressführung entlang der britischen Vorabsprachen gewann das Deutsche Reich in erster Linie bei Großbritannien und Österreich-Ungarn Anerkennung für seine vermittelnde Rolle als neue Großmacht in der Mitte Europas.
Hauptgewinner war das Britische Empire, insofern man das Russische Kaiserreich beinahe wieder auf die Position seiner Niederlage im Krimkrieg zurückgedrängt und so die Mächteverhältnisse in Europa und die Pax Britannica im Sinne der britischen Balance of Power-Doktrin zugunsten der splendid isolation wiederhergestellt hatte. Mit der Inbesitznahme Zyperns gewann Großbritannien einen Marine-Stützpunkt zur Kontrolle des Suezkanals hinzu, ein zentrales Element seiner globalen geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen (vgl.The Great Game).
Österreich-Ungarns Stellung auf dem Balkan wurde mit der Verwaltung Bosnien-Herzegowinas gestärkt. Die gewaltsame Okkupation verstärkte die Spannungen zu Serbien und belastete sein Verhältnis zum Russischen Kaiserreich, so dass es auf die Unterstützung des Deutschen Reiches angewiesen war. Der Bestand des Osmanischen Reichs wurde wie schon in Artikel 7 des Pariser Friedens zur Eindämmung des Russischen Kaiserreiches weiter garantiert. Gegen die Interessen und den Protest der christlichen Balkanvölker blieben große Teile des Balkans unter osmanisch-muslimischer Herrschaft. Das Osmanische Reich wurde jedoch durch Kriegsverluste, Schulden, Abtretungen und Entschädigungszahlungen weiter geschwächt. Ein großer Teil der osmanischen Bevölkerung des Balkan wurde Opfer von Verfolgung und Vertreibung.[2]
Die Ergebnisse führten zu anhaltender Unzufriedenheit und Streit um die Staatsgrenzen in Serbien, Bosnien, Montenegro, Albanien, Bulgarien, Makedonien, Rumänien, Griechenland und Armenien. Die ungelöst bleibende „Orientalische Frage“ destabilisierte den Balkan weiterhin und trug zu den späteren Krisen bei (Balkankriege, Bosnische Annexionskrise 1908, Julikrise 1914) bei.
Das durch den Krieg überlastete und geschwächte Russische Kaiserreich konnte eine Fortführung des Krieges vermeiden, erhielt Bessarabien von Rumänien zurück, behielt den größten Teil der eroberten transkaukasischen Gebiete und bekam seine politischen und militärischen Rechte im Schwarzen Meer bestätigt. Der Kongress zwang Moskau so zum Kompromiss, ermöglichte aber eine deutliche Revision der als demütigend empfundenen Krimkriegs-Niederlage. Bismarck hatte Russland besonders in Einzelfragen wie Bessarabien nach Möglichkeit unterstützt. Dennoch präsentierten Zar und panslawistische Presse Russland als Verlierer und wiesen dem Deutschen Reich und Bismarck persönlich die Schuld an dem als diplomatische Niederlage interpretierten Vertragsergebnis zu. Die Niederlage vertiefte die Spaltung zwischen „Slawophilen“ und „Westlern“ und schwächte die Legitimität des Zarenreiches.
Die Balkanfrage und mit ihr die Orientalische Frage blieben weiterhin ungelöst. Historiker sehen den Berliner Kongress als retardierenden Zwischenschritt der Balkankonflikte und des Niedergangs des Osmanischen Reiches. Die Verhandlungen brachten die Spannungen zwischen den europäischen Großmächten zum Ausdruck, besonders zwischen dem Russischen Kaiserreich und dem Britischen Empire. Der britisch-russische Gegensatz bestand fort und endete erst mit der Eroberung Ägyptens 1886 und dem Vertrag von Sankt Petersburg 1907 (vgl. Triple Entente).
Die Ergebnisse führten zu Bündnissystemen, deren zunehmende Gegensätze den Ersten Weltkrieg mitverursachten. Die Verschlechterung des Verhältnisses des Russischen Kaiserreiches zum neuen Deutschen Reich förderte die Entwicklung des Zweibunds 1879, Großbritanniens Vorgehen in Cypern und gegen Ägypten die Annäherung des Osmanischen Reiches an das deutsche Reich ab 1880, die Abwendung Italiens von Großbritanniens imperialer Politik motivierten den Dreibund 1882. Balkanstaaten wie Bulgarien und Rumänien versprachen sich durch die Annäherung an den Zweibund die Revision der im Berliner Kongress festgelegten Grenzen.
Der Berliner Kongress berücksichtigte erstmals Minderheitenrechte, besonders der jüdischen Minderheit als Voraussetzung internationaler Verträge, behandelte aber die nationalen Interessen der Balkanvölker ausschließlich unter machtpolitischen Gesichtspunkten.[3] Die Staatsbildung der sich bildenden Nationen war in der Regel mit multi-ethnischen Konflikten verbunden, die zu ethnischen Säuberungen, Flucht und Vertreibung sowie Diskriminierung der Minderheiten führten.
Alle Mächte, besonders Großbritannien und das Russische Kaiserreich, stellten für ihre öffentliche Selbstdarstellung humanitäre Ziele in den Vordergrund, die sie dem Gegner absprachen, verfolgten dabei jedoch zugleich machtpolitische Ziele im nationalen Interesse, die sie hinter der humanitären Selbstinszenierung verbargen, aber dem Gegner zum Vorwurf machten.
Zeitleiste
1875
- 6. Februar – 23. März: Geheime Mission Radowitz
- März: Livadia-Affäre
- 8. April: Beginn der Krieg-in-Sicht-Krise
- November: Großbritannien erwirbt die Kanalaktien des Khediven von Ägypten[4]
- 30. Dezember: Andrassy-Note
1876
- April: Bulgarischer Aufstand, Massaker von Batak
- 13. Mai: Berliner Memorandum, Forderung nach Waffenstillstand
- 30. Juni: Krieg Serbiens und Montenegros gegen das Osmanische Reich
- 8. Juli: Geheime Konvention von Reichstadt zur Aufteilung des Balkans in Interessensphären
- 26. August: Serbien bittet um einen Waffenstillstand.
- 31. Oktober: Waffenstillstand zwischen Serbien und dem Osmanischen Reich nach Kriegsdrohung der europäischen Mächte
- 12. Dezember bis 20. Januar 1877: Konferenz von Konstantinopel
1877
- 15. Januar: Geheimes Budapester Abkommen zwischen Österreich-Ungarn und Russland
- 31. März: Londoner Protokoll mit Forderungen an das Osmanische Reich
- 9. April: Das Osmanische Reich lehnt Teile des Londoner Protokolls als Einmischung ab
- 16. April: Abkommen Russlands mit Rumänien zur Vorbereitung des Kriegs
- 24. April: Beginn des Russisch-osmanischen Kriegs, Russland marschiert in die Walachei ein
- 21. Mai: Rumänien erklärt seine Unabhängigkeit und tritt in den Krieg ein
- 15. Juni: Kissinger Diktat
- 9. November: Geheimer Operationsplan zur Besetzung Bosnien-Herzegowinas fertiggestellt
- 10. Dezember: Kapitulation der Festung Plewen gegenüber russisch-rumänischen Truppen
- 13. Dezember: Eintritt Serbiens in den Krieg an der Seite Russlands
1878
- Januar: Britische Mittelmeerflotte mit Landungstruppen vor den Dardanellen
- 14. Januar: Botschafter Loftus teilt Gortschakoff mit, dass jeder Vertrag mit Konstantinopel nur mit der Zustimmung der europäischen Mächte gültig sei
- 25. Januar: Gorschakow stimmt Loftus indirekt zu
- 30. Januar: Loftus erklärt, Großbritannien sei nicht and die geplanten Verhandlungsergebnisse gebunden
- 31. Januar: Waffenstillstand von Edirne, Russland rückt weiter Richtung Konstantinopel vor
- 4. Februar: Österreichisches Einladungstelegramm zu einer Konferenz in Wien
- 19. Februar: Bismarcks Parlamentsrede zur Orientalischen Frage
- 3. März: Frieden von San Stefano, Ende des Russisch-osmanischen Kriegs
- 9. März: Österreichischer Vorschlag einer Konferenz in Berlin. Enrglische Zustimmung unter dem Vorbehalt, dass alle Bestimmungen verhandelbar seien
- 22. Mai: geheimes Vorabkommen Großbritanniens mit Russland über Bulgarien
- 4. Juni: geheimes Vorabkommen Großbritanniens mit dem Osmanischen Reich, Zypernvertrag
- 6. Juni:
- geheimes Vorabkommen Großbritanniens mit Österreich über Bosnien und Herzegowina
- Schuwalow erhält in Petersburg Instruktionen für den Berliner Kongress
- 9. Juni: Mobilisierungsbefehlt für die k.u.k. Okkupationsarmee
- 13. Juni: Beginn des Berliner Kongresses
- 14. Juni: Ankunft der osmanischen Delegation
- 15. Juni: Jüdisches Memorandum zu Siedlungsplänen in Palästina
- 13. Juli:
- Ende des Berliner Kongresses, Unterzeichnung des Berliner Vertrags
- Faktisches Ende des Dreikaiserabkommens
- 20. Juli: Protesttelegramm bosnischer Moslems an Bismarck gegen den Vertrag
- 29. Juli bis 20. Oktober: Okkupationsfeldzug österreichisch-ungarischer Truppen in Bosnien und Herzegowina
- 1. August: Serbien erklärt seine Unabhängigkeit
- 10. September: Österreich-Ungarn besetzt Novi Pazar
- 5. November: Das österreichische Abgeordnetenhaus in Wien verurteilt die Okkupation von Bosnien und Herzegowina
- 25. November: 2. Britisch-Afghanischer Krieg aus Angst vor russischer Expansion
- 8. November 1878 – 25. Mai 1879: Bulgarischer Aufstand von Kresna–Razlog gegen die Grenzziehung des Berliner Kongresses
1879
- August:
- Ohrfeigenbrief
- Abzug der russischen Truppen aus dem Balkan beendet.
- 7. Oktober: Zweibund (Geheimes Defensivbündnis)
1880
- Beginn der Zusammenarbeit des Osmanischen Reichs mit dem Deutschen Reich.
Delegierte
An den Verhandlungen und der Entscheidung nahmen nur die eingeladenen Verhandlungsführer der Großmächte teil, die den Vertrag auch unterzeichneten, während den Vertretern anderer Länder gestattet war, schriftliche Eingaben zu machen und an den Sitzungen anhörend teilzunehmen, die sie direkt betrafen. Andere Vertreter waren ausgeschlossen. Dies betraf insbesondere Bulgarien, Makedonien, Bosnien und Albanien.
Vertragsschließende Mächte:
- Deutsches Reich: Fürst Otto von Bismarck, Reichskanzler; Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Botschafter in Paris, Bernhard Ernst von Bülow; Staatssekretär im Auswärtigen Amt
- Russland: Fürst Alexander Michailowitsch Gortschakow, Außenminister; Graf Pjotr Andrejewitsch Schuwalow, Botschafter in London; Baron Paul d’Oubril, Botschafter in Berlin
Der Zar hatte Schuwalow die Vollmacht zur Verhandlungsführung und zum Vertragsabschluss gegeben, formell war aber Gortschakow der Verhandlungsführer. Schuwalow war am 6. Juni 1878 nach Petersburg gereist, um sich schriftlich Instruktionen geben zu lassen. Am 8. Juni arbeitete ein Komitee die Minimal- und Maximalzugeständnisse aus. Ein Scheitern der Verhandlungen war nicht eingeplant. In einem weiteren Treffen äußerte der Zar, die Ehre Russlands dürfe nicht beschädigt werden. Kriegsminister Miliutin betonte die mangelnde Kriegsfähigkeit, die Lage der Armee in der Türkei sei prekär, wenn der Kongress versage, drohe eine Katastrophe.
Schuwalow überzeugte andere Vertreter davon, ihn und nicht Gortschakow in Angelegenheiten des Kongresses anzusprechen.[5]
- Frankreich: William Henry Waddington, Außenminister; Graf Charles Raymond de Saint-Vallier, Botschafter in Berlin; Félix-Hippolyte Desprez, bevollmächtigter Gesandter
- Vereinigtes Königreich: Benjamin Disraeli (Earl of Beaconsfield), Premierminister; Robert Cecil (Marquess of Salisbury), Außenminister; Lord Odo Russell, Botschafter in Berlin, James Balfour, Neffe Cecils, war als dessen Privatsekretär beim Berliner Kongress anwesend.[6]
- Italien: Graf Luigi Corti, Außenminister; Marquis Edoardo de Launay, Botschafter in Berlin
- Osmanisches Reich: Alexander Carathéodory Pascha, Außenminister; Sadullah Pascha, Botschafter in Berlin; Mehmed Ali Pascha, Feldmarschall
- Österreich-Ungarn: Graf Gyula Andrássy, Außenminister; Graf Aloys Károlyi, Botschafter in Berlin; Freiherr Heinrich Karl von Haymerle, Botschafter in Rom
Recht auf Eingaben:

- Rumänien: Ion C. Brătianu, Ministerpräsident; Mihail Kogălniceanu, Außenminister
- Griechenland: Theodoros Deligiannis, bevollmächtigter Gesandter; Petros Brailas-Armenis, Parlamentarier und Botschafter
- Serbien: Jovan Ristić, bevollmächtigter Gesandter
- Montenegro: Božo Petrović, Stanko Radonjić
Kein Recht auf Teilnahme:
- Armenien: Khoren Nar-Bey, Stepan Papazian, Mkrtich Khirimian, Minas Cheraz
- Alliance Israélite Universelle
- Bulgarien, Makedonien,
- Bosnien
Am 20. Juli schickte ein Volksausschuss ein Protesttelegramm an Bismarck, dass man die Beschlüsse des Kongresses ablehne und Bosnien verteidigen werde.[7]
- Albanien
Vorgeschichte
Aufstände
Ab November 1874 gab es nach Missernten Fälle von Steuerverweigerung von Dörfern in Herzegowina. Im April 1875 besuchte Kaiser Franz Joseph I. Dalmatien und traf sich mit Vertretern der katholischen Minderheit aus Bosnien und Herzegowina, die Hoffnungen auf Unterstützung äußerten.[8] Gerüchte entstanden, dass Österreich-Ungarn Herzegowina für einen Ausgleich der osmanischen Staatsschulden übernehmen könnte.[9] Ab Ende Juni 1875 kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der hauptsächlich christlichen Landbevölkerung und den muslimischen Grundherren und Steuerpächtern in Herzegowina. Der Aufstand griff auf Bosnien, Montenegro, Serbien und schließlich das spätere Bulgarien über. Über 100.000 Flüchtlinge suchten in Dalmatien Zuflucht.[10] Die osmanische Armee schlug im April 1876 den bulgarischen Aufstand nieder, wobei es zu gewaltsamen Ausschreitungen der Basi Bozuk kam, die internationalen Protest hervorriefen. Die Zahl der während der Aufstände getöteten Muslime wurde in der europäischen Presse ignoriert.
Krieg Serbiens und Montenegros
Die dem Osmanischen Reich tributpflichtigen Fürstentümer Serbien und Montenegro erklärten dem Osmanischen Reich am 30. Juni 1876 den Krieg, erlitten jedoch trotz zahlreicher russischer und bulgarischer Freiwilliger und ihrer russischen Armeeführung eine schwere Niederlage, wobei ein Teil Serbiens besetzt wurde. Eine Woche nach Kriegsausbruch, am 8. Juli 1876, beschlossen Alexander II und Franz Josef I in der geheimen Konvention von Reichstadt, nicht zu intervenieren, im Fall der Niederlage die bisherigen Grenzen Serbiens und Montenegros zu garantieren, teilten aber den Balkan für den Fall des Sieges in Einflusssphären auf, wobei Gebiete Österreich-Ungarn zugesprochen wurden. Russland bemühte sich in Wien um Beistand oder Neutralität. Im Herbst 1876 fragte Russland auch bei Bismarck um Neutralität nach.[11] Am 26. August 1876 bat Serbien um einen Waffenstillstand. Die osmanischen Bedingungen für einen langen Waffenstillstand und einen für Serbien sehr nachteiligen Friedensvertrag wurden von Russland, Österreich-Ungarn und Großbritannien abgelehnt. Am 31. Oktober 1876 drohten sie mit Krieg, falls das Osmanische Reich nicht einem einmonatigen Waffenstillstand zustimmte.
Konferenz von Konstantinopel
Um diesen Krieg zu verhindern, lud die Pforte auf Wunsch Großbritanniens[12] die sechs europäischen Großmächte von Dezember 1876 bis Januar 1877 in Konstantinopel zu einer Konferenz ein. Ihre Vertreter verlangten dort, auch mit Montenegro Frieden zu schließen und den Bulgaren weitgehende Autonomierechte einzuräumen und forderten die Befugnis, die Durchführung dieser Reform vor Ort durch eine internationale Kommission zu überwachen. Im Londoner Protokoll erinnerten die Signatarmächte des Pariser Vertrags die Hohe Pforte an die Verpflichtung gegenüber der christlichen Bevölkerung im Vertrag von Paris 1856 und ihre Berechtigung, dies zu überwachen oder gegebenenfalls gemeinsam einzuschreiten. Sultan Abdülhamid II. weigerte sich, diese Souveränitätseinschränkung und Einmischung in die inneren Angelegenheiten hinzunehmen. Die türkische Seite war der Auffassung, dass der Pariser Vertrag in Artikel IX ein ausdrückliches Interventionsverbot enthielt.[13]
Die Konferenz zeigte auch die gegensätzlichen Positionen des Russischen Kaiserreiches und Großbritanniens auf. Österreich-Ungarn und Russland einigten sich zur gleichen Zeit auf den Budapester Vertrag zur Aufteilung des Osmanischen Reiches nach dem bevorstehenden Krieg, für den Österreich-Ungarn vorab seine Neutralität versprach.[14] Russland sondierte auch bei dem Deutschen Reich und England diplomatische Wege und Handlungsoptionen. Otto von Bismarck stellte wie Österreich-Ungarn die Neutralität des Deutschen Reiches für einen möglichen Krieg gegen die Türkei in Aussicht.
Russisch-Osmanischer Krieg
Daraufhin erklärte Russland dem Osmanischen Reich im April 1877 den Krieg. Serbien schloss sich an (2. Serbisch-Osmanischer Krieg).[15] Dass Russland sich zur Begründung der Kriegserklärung auf den Vertrag von Paris und den darin niedergelegten Schutz der christlichen Minderheiten berief, war international sehr umstritten.[16] Am 10. Dezember 1877 kapitulierte nach 5 Monaten Belagerung die Festung Plewen. Nach dem Waffenstillstand von Edirne (19. Januar 1878) marschierte die russische Armee weiter auf Konstantinopel zu und erreichte Ende Februar 1878 San Stefano (heute Yeşilköy), einen Vorort Konstantinopels am Marmarameer. Die Russen stoppten hier ihre Offensive unter dem Druck Großbritanniens, 11 Kilometer vor den Mauern Konstantinopels.
Frieden von San Stefano
Um die ihm drohend erscheinende Besetzung der Hauptstadt zu verhindern, fühlte sich der Sultan am 3. März 1878 gezwungen, den Frieden von San Stefano zu unterzeichnen. Das Osmanische Reich musste darin
- die volle Unabhängigkeit Rumäniens, Serbiens und Montenegros anerkennen und kleinere Gebiete an diese Länder abtreten.
- Anders als in der Konferenz von Konstantinopel festgelegt, sollte ein großbulgarischer Staat geschaffen werden, der quer über den Balkan vom Schwarzen Meer bis an den Ohridsee (heute die Grenze zwischen Albanien und Nordmazedonien) und im Süden bis an die Ägäis reichen sollte.
Dieser Diktatfrieden bedeutete für das Osmanische Reich den Verlust fast sämtlicher europäischen Besitzungen, für Russland, dessen Truppen unter Generalgouverneur Alexander Michailowitsch Dondukow-Korsakow den neu geschaffenen bulgarischen Satellitenstaat besetzt hielten, die Vorherrschaft auf der Balkanhalbinsel und einen Zugang zum Mittelmeer. Damit hatten die russischen Panslawisten ihre Maximalforderungen durchgesetzt, obwohl diese vorherigen Absprachen zuwiderliefen und auch die Bestimmungen des Pariser Friedens von 1856 revidierten, die nach dem Krimkrieg von den Siegermächten gegen Russlands Interessen festgelegt worden waren.
Kriegsdrohung Großbritanniens
Britische und russische Interessenlagen
Die von Russland gegen Kriegsende schon erreichte militärische Stellung auf dem Balkan und im Kaukasus und die ihre Verwaltung Bulgariens legitimierenden Regelungen des Friedens von San Stefano zerstörten auf dem Balkan das bisherige vor allem von England favorisierte und im Pariser Frieden 1856 bestätigte europäische Gleichgewicht im „Konzert der Mächte“. Diese neue Lage schwächte das 1856 von England in seinem Bestand garantierte Osmanische Reich als Pufferstaat[17] und begünstigte eine erneute Hegemonie Russlands, das bei Erreichen seiner Ziele die Kontrolle über die Dardanellen und den Bosporus und damit auch die wirtschaftliche Kontrolle über das Schwarze Meer gewonnen hätte.
Großbritannien hatte seit dem Krimkrieg (1853–1856) versucht, das Streben Russlands nach Revision des Pariser Friedens zur Rückgewinnung seiner früheren Großmachtrolle zu verhindern. Erstmalig in der Geschichte waren einem unterlegenen Gegner auch Rüstungsbeschränkungen auferlegt worden, was die russische Flotte betraf.[18]
Die Verträge über die Meerenge von 1841, 1856 und 1871 waren durch den Kriegsausgang bedeutungslos geworden, die Flanke des Gebiets schien bedroht, von dem aus das Britische Empire den Eingang zum Suezkanal, seinem Seeweg nach Indien, bewachte.[19] Es fürchtete außerdem um seine Handelsbeziehungen mit dem Osmanischen Reich.
Maßnahmen
Premierminister Benjamin Disraeli (Tory) ließ als Zeichen seiner Kriegsbereitschaft 5.000 Gurkhas auf Malta stationieren. Sechs britische Fregatten unter Admiral Hornby erzwangen gegen osmanischen Protest am 13. Februar den Zugang zu den Dardanellen, Gerüchte eines Gefechts mit osmanischen Küstenbatterien erhitzten die öffentliche Meinung. Im Notfall wollte man die Einnahme Istanbuls und die Übernahme der modernen osmanischen Flotte militärisch verhindern.[19] Schon Ende August 1877 hatte Disraeli dem Zaren mitgeteilt, dass Großbritannien im Falle der Einnahme Konstantinopels Russland den Krieg erklären werde. Im Dezember 1877 ankerten britische Flottenverbände unmittelbar vor Konstantinopel, um den Ernst der Ankündigung zu unterstreichen.[20] Auch die Rücknahme der Grenzziehungen nach dem Vertrag von San Stefano wurde von Disraeli unter Androhung eines Krieges gefordert.
Britische Marinepolitik 1878
Die britische Marinepolitik sollte nach der Dokumentenanalyse Arthur J. Marders Russland eindämmen, also daran hindern, den Balkan zu dominieren, Zugang zum Mittelmeer zu erlangen oder Konstantinopel (Istanbul) und die Dardanellen zu bedrohen. Imperiale Interessen sollten geschützt werden: Die kritische Route nach Indien (über Gibraltar, Malta und den Suezkanal) sollte gesichert werden (British Imperial Life Line[21]), was auch den „Great Game“-Konflikt in Asien widerspiegelte. Das europäische Mächtegleichgewicht war zugunsten der Hegemonie des britischen Empire und seiner Position der splendid isolation zu erhalten. Durch maritime Abschreckung sollte ein europäischer Krieg vermieden und Russland zu Verhandlungen gezwungen werden.
Eine Schlüsselaktion der Royal Navy war die Mobilisierung der Mittelmeerflotte: Admiral Hornbys Flotte wurde im Januar 1878 zu den Dardanellen entsandt, um nach dem russischen Sieg bei Plewen am 10. Dezember 1877 Druck auszuüben. Trotz Rückschlägen (z. B. Weigerung des Sultans, Einfahrt zu gewähren) ankerten britische Schiffe nahe Konstantinopel (Prinzeninseln) als Machtdemonstration (vgl. Kanonenbootpolitik). Außerdem wurden strategische Engpässe gesichert: Vizeadmiral John Edmund Commerell bewachte Gallipoli und die Bulair/Bolayır-Linien, die den Zugang zu den Dardanellen kontrollierten. Pläne umfassten die Zerstörung osmanischer Festungen bei russischem Vormarsch und den Einsatz von Marineinfanterie zur Verstärkung türkischer Truppen.
In Geheimoperationen wurden unzuverlässige osmanische Kommandeure (z. B. Zabbit Pascha) ersetzt und türkische Soldaten bestochen, um russischen Einfluss zu untergraben. Dazu erfolgte die Überwachung russischer Marinebewegungen, darunter Torpedoboote im Schwarzen Meer.
Die diplomatischer und nachrichtendienstlicher Koordination führte zur engen Kommunikation mit Diplomaten (z. B. Lord Loftus in St. Petersburg)[22], die Details zu russischen Plänen lieferten, etwa zu Admiral Andrej Alexandrowitsch Popows Torpedostrategie (vgl. Stepan Ossipowitsch Makarow). Durch Verhandlungen mit dem Osmanischen Reich nutzte Großbritannien trotz der osmanischen Schwäche seinen Einfluss, um mit begrenztem Erfolg Kooperation zu sichern.
Herausforderungen und Risiken stellten die Instabilität der Osmanen dar: Unzuverlässige Kommandeure wie Zabbit Pascha erschwerten die Verteidigung der Bulair-Linien. Dazu kamen russische Täuschungsmanöver: Falsche Zusagen (z. B. von Gortschakow) erforderten stete Wachsamkeit gegen Überraschungsangriffe. Logistische Schwierigkeiten zur Versorgung der Flotte (z. B. Kohle aus Herakleia) erforderten die Balance zwischen Einsatzbereitschaft und diplomatischer Zurückhaltung.[23]
Reaktion Österreich-Ungarns
Österreich-Ungarn wollte vor allem die Gefahr abwehren, dass das Unabhängigkeitsstreben der slawischen Völker auch auf Slowenen, Tschechen und Slowaken übergreifen könnte. Der Zusammenbruch des Osmanischen Vielvölkerstaates konnte zum Zusammenbruch des eigenen führen. Es sah außerdem seinen Einfluss auf dem Balkan durch eine russische Hegemonie oder die Errichtung eines Gesamtstaates aller Balkanslawen bedroht: Ein unter russischem Einfluss stehender Balkanstaat konnte auch Österreich-Ungarn gefährlich werden.[24]
Die Regierung in Wien nahm Kriegskredite auf und versetzte die Garnisonen an der Grenze zu Russland in Alarmbereitschaft.
Reaktion Russlands
In Russland setzten sich die gemäßigten Kräfte gegen die Panslawisten durch, etwa gegen Nikolai Ignatiev, den früheren Botschafter im Osmanischen Reich und Autor des Vertrags von San Stefano. Die liberalen Westler wollten einen Krieg mit dem Britischen Empire vermeiden. Zar Nikolaus wollte einen Frieden um jeden Preis und autorisierte Schuwalow entsprechend, der wegen Gortschakows Erkrankung zunächst im Vorfeld direkt mit Salisbury verhandelte. Schuwalow führte auch während des Kongresses de facto die Verhandlungen und erreichte durch seine geheimen Vorabsprachen mit dem britischen Außenminister Salisbury eine Einigung, die den Kongress erst ermöglichte.
Die Einstellung des Zaren kommt in dem Ausspruch zum Ausdruck, es sei ihm egal, ob es zwei oder drei Bulgarien gebe, solange durch Institutionen sichergestellt sei, dass den Christen die Gräuel erspart blieben, die man gesehen habe.
Bevor Schuwalow nach London zurückkehrte, inspizierte er die militärische und innenpolitische Lage Russlands. Vom Oberbefehlshaber im Kaukasus erfuhr er, dass dieser sich kaum gegen die Türken verteidigen könne, geschweige denn gegen eine englische Expeditionstruppe. Von den etwa 35.000 Mann des Gardekorps waren etwa 17.000 an Typhus und anderen Krankheiten erkrankt. Auch Großfürst Nikolaus’ Nachfolger, General Eduard Totleben, bestätigte die prekäre Lage der russischen Truppen. Von Finanzminister Michael von Reutern erfuhr Schuwalow, dass der Krieg die Finanzen auf viele Jahre belasten werde. Eine Fortführung des Kriegs oder ein neuer Krieg seien unmöglich. Die slawophilen und panslawistischen Bewegungen, die den Krieg bejubelt hatten, drohten außer Kontrolle zu geraten. Gleichzeitig wuchs die revolutionäre Stimmung, was die Autokratie des Zaren destabilisierte.
Nach der Ankunft in London am 22. Mai gelang es Schuwalow, ein geheimes Vorabkommen mit Lord Salisbury zu schließen.[5]
Kongressvorschlag
Ein Krieg Großbritanniens und des Osmanischen Reichs gegen Russland, dem sich Österreich-Ungarn anschließen würde, schien unmittelbar bevorzustehen. Auf der Balkanhalbinsel formierte sich inzwischen schon bewaffneter Widerstand der muslimischen Bevölkerung gegen die Loslösung ihrer Wohngebiete vom Osmanischen Reich.
Österreich-Ungarn sah sich nach der Niederlage gegen Italien 1859 und der Niederlage gegen Preußen 1866 nicht für einen Krieg gegen Russland gerüstet, weshalb Außenminister Gyula Andrássy vorschlug, eine diplomatische Lösung auf einem Kongress der Großmächte zu finden. Der russische Außenminister Fürst Alexander Michailowitsch Gortschakow willigte ein und schlug als Ort Berlin vor. Das Deutsche Reich verfolgte als einzige Großmacht außer Frankreich[25] keine eigenen Interessen auf dem Balkan[26] und daher schien Berlin Gortschakow besser geeignet als Wien. Das deutsche Desinteresse am Balkan hatte Reichskanzler Otto von Bismarck schon am 5. Dezember 1876 vor dem Reichstag ausgesprochen, als er sagte, auf dem ganzen Balkan sehe er „für Deutschland kein Interesse […], welches auch nur […] die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Musketiers wert wäre“.[27] Im Februar 1878 äußerte er (ebenfalls vor dem Reichstag), er wolle nicht der „Schiedsrichter“ in der Orientalischen Frage sein, sei aber bereit, die Rolle eines „ehrlichen Maklers, der das Geschäft wirklich zu Stande bringen will“ zu übernehmen.[28] Er verlangte aber, dass die drei streitenden Parteien sich grundsätzlich vorab einigten.
Vorabkommen Großbritanniens
Die britische Regierung griff diese Bedingung gerne auf, weil sie hoffte, in bilateralen Verhandlungen ihre Interessen besser durchsetzen zu können als in der multilateralen Kongressdiplomatie. Sie schloss daher drei getrennte geheime Vorabkommen ab, die eine wichtige Basis für die Verhandlungen auf dem Berliner Kongress werden sollten.[29]
Mit Russland
Bei den Beratungen von Außenminister Lord Salisbury[30] mit dem russischen Botschafter Pjotr Andrejewitsch Schuwalow war man sich am 30. Mai 1878 einig, dass es kein Bulgarisches Großreich geben solle. Gortschakow ließ aber bitten, das Ergebnis der Vorverhandlungen erst in Berlin zu ratifizieren, weil er auf Unterstützung der russischen Maximalforderungen durch die deutsche Seite hoffte. Salisbury gestand auch zu, dass die Entscheidungen in Berlin nur einstimmig getroffen werden sollten, wodurch Russland ein Veto-Recht behielt.
Mit Österreich-Ungarn
Mit Österreich-Ungarn verständigte sich Salisbury am 6. Juni ebenfalls in London, dass das neue Bulgarien seine Südgrenze am Balkangebirge haben und die Österreicher Bosnien-Herzegowina besetzen sollten, womit sich Russland bereits am 8. Juli 1876 und im Januar 1877 in Geheimverträgen einverstanden erklärt hatte, die dem Vertrag von San Stefano widersprachen.
Mit dem Osmanischen Reich (Zypernvertrag)
Auch die Osmanen waren zu einer geheimen Vorabsprache mit London bereit. Sie befürchteten, dass die Einigung der streitenden Großmächte auf ihre Kosten gehen könnte. Daher schlossen sie am 4. Juni 1878 in Konstantinopel ein Geheimabkommen (Zypernvertrag) mit den Briten, die ihnen ihre asiatischen Besitzungen garantierten, außerdem Kleinasien, Syrien und Mesopotamien, und zusagten, gegebenenfalls einen russischen Zugriff auf die Meerengen zu vereiteln. Im Zypernvertrag entsprach das Osmanische Reich Großbritanniens Forderung nach der Verwaltung Zyperns in Form eines Pachtvertrages, noch unter dem Vorbehalt einer Gewinnung Batumis durch Russland.[31][32] Die Insel blieb zunächst formell unter osmanischer Souveränität.[33]
Der Zypernvertrag war politisch in Großbritannien umstritten, teilweise wegen der fragwürdigen Vorteile, der Kosten, vor allem aber wegen den Risiken des damit verknüpften Verteidigungsbündnisses mit dem Osmanischen Reich.[34]
Verlauf und Ergebnisse
Teilnehmer
Auf Einladung Bismarcks kamen die europäischen Diplomaten am 13. Juni 1878 in Berlin zusammen. Sie tagten einen Monat lang in der Reichskanzlei. Außer den Vertretern der sieben Großmächte waren auch je ein Vertreter Griechenlands, Rumäniens und Serbiens anwesend, die zwar kein Stimmrecht hatten, aber je nach Geschick in informellen Gesprächen einige Vorteile für ihre Staaten erreichen konnten. Die Bulgaren, deren Staat noch nicht international anerkannt war und die zum Zeitpunkt des Kongresses auch nicht über eine Regierung verfügten, waren in Berlin nicht vertreten. Es war der letzte Kongress zur Regelung internationaler Streitfragen, an dem ausschließlich europäische Mächte teilnahmen.[35]
Tagungsablauf

Zu Beginn des ersten Sitzungstages wurde Bismarck auf Antrag von Andrassy von allen Beteiligten als Vorsitzender bestimmt. Der Kongress tagte unter Bismarcks Vorsitz in zwanzig Vollsitzungen, zahllosen Kommissionsberatungen, internen Besprechungen und Arbeitsessen, für die der Hotelier August F. W. Borchardt opulente Buffets anrichtete. Dafür zahlte ihm die Reichskasse pro Tag 500 Mark, was seine Ausgaben nach eigenen Angaben aber nicht deckte. Kongresssprache war Französisch; nur der britische Premierminister Disraeli beharrte darauf, Englisch zu reden.[26] Bismarck entwarf die dichtgedrängten Tagesordnungen der Sitzungen und drängte auf rasche Erledigung, weil seine angegriffene Gesundheit ihn dazu zwang, möglichst bald nach Bad Kissingen zur Kur abzureisen. Stockten die Verhandlungen über Punkte, die in London nicht hinreichend vorberaten waren, suchte er nach Kompromissen oder drohte mehr oder minder unverhohlen: Die osmanische Gesandtschaft, mit der er rüde umzugehen pflegte, empfing er beispielsweise einmal in voller Uniform einschließlich Pickelhaube.[36]
Großbritanniens Marinepräsenz im Mittelmeer stärkte seine Verhandlungsposition auf dem Kongress,[23] ebenso Russlands militärische, wirtschaftliche und finanzielle Schwäche, die Pjotr Schuwalow bewusst war und der Auftrag des Zaren an ihn, Frieden um jeden Preis zu suchen.[5]
Hauptergebnisse
Gortschakows feste Erwartung, Bismarck würde aufgrund der früheren engen Bindung Preußens an Russland (seit 1762), in Rücksicht auf das Dreikaiserabkommen und in Anerkennung der russischen Neutralität von 1864 bis 1871 die russischen Maximalforderungen in Bulgarien, die den geheimen Vorabsprachen und -verträgen widersprachen, gegen die kriegsbewehrten Forderungen des britischen Empires unterstützen, wurde nachhaltig enttäuscht. Für den Hintergrund und das schon vorher abgekühlte Verhältnis zwischen dem neuen Deutschen Reich und der russischen Regierung, besonders Zar Alexander II und Gortschakow, sind auch die Mission Radowitz im Februar 1875, die Krieg-in-Sicht-Krise und die Livadia-Affäre im März 1875 wichtig.[37] Bismarck unterstützte russische Positionen, soweit es ihm möglich schien, die wegen gesundheitlicher Probleme und Allüren Gortschakows hauptsächlich durch den vom Zaren autorisierten Botschafter Schuwalow vertreten wurden. Trotz des Drucks von Pan-Slawisten und Gortschakows passiv-aggressiver Haltung gelang es Schuwalow, Russlands wesentliche Ziele zu sichern: Süd-Bessarabien, Gebietsgewinne im Kaukasus (Kars, Batumi) und eine begrenzte bulgarische Autonomie. Die Aufteilung Bulgariens und Zugeständnisse in Rumelien waren notwendig, um einen Krieg mit dem britischen Empire und Österreich-Ungarn abzuwenden. Der Zar, der Frieden um jeden Preis wollte, distanzierte sich jedoch nachträglich aufgrund der öffentlichen Kritik der Panslawisten von den Ergebnissen, was die öffentliche Wahrnehmung einer „russischen Niederlage“ prägte, obwohl die Errungenschaften beträchtlich waren.[5]
Schuwalows pragmatische Diplomatie stand im Kontrast zu Gortschakows passiver Rolle und Alexanders mangelnder Führung. Letztlich trug, so Richard G. Weeks, die Weigerung des Zaren, den Vertrag von Berlin öffentlich zu verteidigen, zur anti-deutschen Stimmung und langfristigen außenpolitischen Schwächung Russlands bei.[5]
Der Dreikaiserbund (1873) zwischen dem gerade erst gegründeten Deutschen Reich, Russland und Österreich-Ungarn war bereits brüchig, da Russland und Österreich im Balkan konkurrierten. Bismarck fürchtete, eine einseitige Unterstützung Russlands könnte Österreich-Ungarn und das britische Weltreich in eine anti-deutsche Koalition treiben. Bismarck musste außerdem Österreich-Ungarn als Bollwerk gegen russische Expansion stärken, um dessen Bindung an das Deutsche Reich zu sichern. Auf dem Berliner Kongress stimmte Bismarck zu, Bulgariens Größe zu reduzieren, um Österreich entgegenzukommen, und unterstützte auch die österreichische Besetzung Bosniens. Durch dieses Zugeständnis, sah Russland sich brüskiert. Bismarck fürchtete zudem, eine zu starke russische Dominanz auf dem Balkan würde Großbritannien und damit das Britische Weltreich in die Arme Frankreichs treiben. Eine Annäherung des Deutschen Reiches an Russland hätte außerdem Österreich-Ungarn und Großbritannien verprellt, die potenzielle Verbündete Deutschlands gegen Frankreich waren. David Blackbourn verweist darüber hinaus auf die innenpolitische Notwendigkeit, nationalistische Strömungen im Deutschen Reich durch außenpolitische Stabilität zu besänftigen.[38]
Der Kongress bestätigte in seinen ersten sieben Vollsitzungen bis zum 26. Juni weitgehend die Ergebnisse der Londoner Vorberatungen: Der Frieden von San Stefano wurde revidiert, aber nicht annulliert. Das angestrebte „Gleichgewicht der Mächte“, unter dem jeder Staat etwas anderes verstand,[39] und für das die nationalen Interessen der Balkanvölker missachtet wurden, wurde durch „Kompromisse“ wiederhergestellt, die vor allem Sieger und Verlierer, Russland und das Osmanische Reich, aber auch die Völker in der „Verfügungsmasse“ unbefriedigt ließen.
Auch im Interesse Russlands erhielten Montenegro (Art. 26–33), Serbien (Art. 34–44) und Rumänien (Art. 43–51) volle Souveränität. Vom 26. Juni an befassten sich die Konferenzteilnehmer in mehreren Sitzungen mit den neuen Grenzen der übrigen südosteuropäischen Staaten. Eine Lösung der orientalischen Frage war damit nicht erreicht, große Teile des Balkans blieben unter osmanischer Herrschaft und über die Grenzen wurden gegen die Interessen und ohne Einbeziehung der betroffenen Staaten und Völker gezogen.
Geltung
Nach der Auffassung der Großmächte band der Vertrag auch die nicht beteiligten Staaten und setzte voraus, dass die in ihrem Interesse erzielten Lösungen zugleich die bestmögliche im Interesse aller sei.[40]
Einzelergebnisse
Russland
Der Berliner Vertrag bestätigte die weitere Geltung vieler Bestimmungen des Pariser Friedens von 1856, auch die des Vertrags von London 1871, der Russlands Flotten- und Hafenrechte im Schwarzen Meer bestätigte, die Russland schon am 31. Oktober 1870 durch seine einseitige Aufhebung von Artikel 11 des Pariser Friedensvertrags mit Unterstützung Preußens beansprucht hatte.
Russland erhielt das durch den Frieden von Paris 1857 abgetretene Bessarabien zurück[41] und behielt den Großteil der eroberten Gebiete im Südkaukasus: Ardahan, Batumi und Kars;[42] lediglich Alaschkerd und Bayezid fielen an das Osmanische Reich zurück, Khotur/Qatur an Persien.[43] Der Vertrag sah vor, dass Russland seine Truppen aus Ostrumelien (Teil des Osmanischen Reiches) innerhalb von neun Monaten nach Ratifizierung des Vertrags abziehen musste.[44] Diese Frist war, so der britische Historiker William Norton Medlicott, ein kritisches Element, um Russlands militärische Präsenz auf dem Balkan zu begrenzen und die Umsetzung der Berliner Beschlüsse zu erzwingen. Russlands Zögern, die Truppen termingerecht abzuziehen (die Evakuierung wurde erst im August 1879 abgeschlossen), verstärkte Misstrauen bei anderen Großmächten, insbesondere Großbritannien und Österreich-Ungarn, die eine dauerhafte russische Dominanz in der Region fürchteten. Die Verzögerung des Abzugs nutzte Russland als Verhandlungshebel, um weitere Zugeständnisse zu fordern – etwa bei der Grenzziehung für Bulgarien oder der Behandlung slawischer Minderheiten. Gleichzeitig diente die Frist den anderen Mächten (vor allem Österreich und Großbritannien) als Argument, um Russland unter Druck zu setzen und die Einhaltung des Vertrags einzufordern. Salisbury hielt die britische Marine bereit, um die Türkei notfalls bei der Durchsetzung der Evakuierung zu unterstützen. Russlands Nichteinhalten der Frist und die daraus resultierende Spannung trugen dazu bei, dass Bismarck die Zuverlässigkeit Russlands infrage stellte. Dies beschleunigte seinen Entschluss, statt auf das Dreikaiserabkommen lieber auf den Zweibund mit Österreich (1879) zu setzen. Die anhaltende russische Truppenpräsenz verstärkte zudem Österreichs Argwohn und festigte die anti-russische Haltung Wiens unter Andrássy, was die österreichisch-deutsche Annäherung begünstigte. Die Frist unterstrich die Demütigung Russlands durch den Berliner Kongress. Die verzögerte, aber letztlich erzwungene Räumung zeigte, dass Russland trotz seines Siegs im Russisch-Osmanischen Krieg (1877–78) gezwungen war, sich dem europäischen Konsens zu unterwerfen. Dies nährte innenpolitische Kritik in Russland (etwa durch panslawistische Kreise) und belastete das Verhältnis zum Deutschen Reich, das Russland als „unfair“ wahrnahm.[45]
Osmanisches Reich
In Artikel 62 wurde das Osmanische Reich auf den Grundsatz der religiösen Freiheit verpflichtet. „In keinem Theile des Ottomanischen Reichs darf der Unterschied der Religion Jemandem gegenüber geltend gemacht werden als ein Grund der Ausschließung oder der Unfähigkeit bezüglich der Ausübung der bürgerlichen und politischen Rechte, der Zulassung zu den öffentlichen Diensten, Aemtern und Ehren oder der Ausübung der verschiedenen Berufs- und Gewerbszweige.“ Die Gleichstellung betraf auch die Zeugenschaft von Gericht., die Freiheit und öffentliche Ausübung aller religiösen Kulte und die Selbstverwaltung der Religionsgemeinschaften, die Rechte der Mönche auf dem Athos, und den Besuch der heiligen Stätten des Christentums durch Pilger.[46]
Bulgarien
Statt eines unter russischem Einfluss stehenden Staates Großbulgarien (164.000 km²) wurde nun erstmals ein selbstregiertes (autonomes), unter osmanischer Suzeränität bleibendes Fürstentum Bulgarien (64.000 km²) eingerichtet, dessen Gebiet auf das Territorium der ehemaligen osmanischen Donau-Provinz (das Gebiet zwischen der unteren Donau und dem Balkangebirge) und im Südwesten das Becken von Sofia bis hin zum Rila-Gebirge beschränkt war.[47] Zunächst wurde das Fürstentum von Russland verwaltet, diese provisorische Verwaltung war aber auf neun Monate begrenzt.[48]

Die Oberthrakische Tiefebene und die Rhodopen südlich des Balkan blieben als autonome Provinz Ost-Rumelien (Art. 13–22)[49] beim Osmanischen Reich. Der Generalgouverneur der Provinz wurde von der Hohen Pforte mit Zustimmung der Mächte für fünf Jahre ernannt.[50]
Makedonien
Makedonien wurde wieder der Hohen Pforte unterstellt und blieb bis 1912 die zentrale Provinz Rumeliens. Die Dauer der russischen Besetzung des Gebietes wurde von zwei Jahren auf neun Monate verkürzt (Art. 22).
Montenegro

Montenegro, Kriegspartei, erhielt die volle Souveränität. Es wurde auf Kosten des Osmanischen Herrschaftsgebietes um mehr als ein Drittel seiner Fläche vergrößert und bekam mit Bar erstmals einen Hafen. Es erhielt aber nicht alle Gebiete, die im Vertrag von San Stefano zugesichert worden waren, und musste sich aus ihnen zurückziehen.
Griechenland
Griechenland beanspruchte Kreta, Epirus, Thessalien und Makedonien. Diese Ansprüche wurden nicht erfüllt, da man wusste, dass dies territoriale Forderungen der benachbarten Balkanländern zur Folge haben könnte. Disraeli kommentierte die griechischen Erwartungen vor dem Oberhaus wie folgt:
Dem Kongress war völlig klar, dass die griechischen Abgeordneten die Ziele unserer Bemühungen völlig missverstanden hatten – dass wir nicht hier waren, um die Türkei aufzuteilen und ihnen ihren Anteil zu geben, sondern um ein ganz anderes Ziel zu verfolgen: die Herrschaft des Sultans so weit wie möglich auf rationaler Grundlage wiederherzustellen, seine Autorität zu bündeln und die Gelegenheit – die wir weitgehend genutzt haben – zu nutzen, um die Lage seiner Untertanen zu verbessern. Ich vertraue daher darauf, dass Ihre Lordschaften, nachdem ich Sie auf diesen Kardinalfehler in den Ansichten Griechenlands hingewiesen habe, erkennen werden, dass die gegen den Kongress erhobene Anklage jeder stichhaltigen Grundlage entbehrt.[51]
Der griechische Außenminister Theodoros Deligiannis konnte die grundsätzliche Zustimmung der Großmächte für Gebietserweiterungen an der griechischen Nordgrenze in Epirus und Thessalien erringen. Es wurde daher festgelegt, dass die osmanische Regierung mit Griechenland über die Grenzen in Epirus und Thessalien verhandeln sollte. Die osmanische Regierung verzögerte diese Verhandlungen bis zum Jahr 1881. Als deren Ergebnis kam Thessalien an Griechenland, nicht aber Kreta, Epirus und Makedonien.[52]
Serbien
Serbien, das sich auf der Seite Russlands am Krieg beteiligt hatte, erhielt volle Souveränität und konnte sein Staatsgebiet an seiner Südgrenze erweitern: Außer dem schon in San Stefano gewonnenen Gebiet um Niš wurden nun auch Pirot und Vranje serbisch. Im Gegenzug musste Serbiens auf die bosnischen Gebiete verzichten, die nominell noch osmanisch bleiben, aber in die Verwaltungshoheit Österreich-Ungarn übergingen, die von Österreich-Ungarn aber zunächst auch gegen die serbischen Aufständigen militärisch durchgesetzt werden mussten. Serbiens territoriale Gewinne waren im Vergleich zu denen des Vertrages von San Stefano eingeschränkt.
Rumänien
Die Großmächte akzeptierten die Konditionen des San Stefano Vertrages für Rumänien: Rumänien erhielt die volle Souveränität.[53] Es gab Russland, wie mit Russland im Geheimvertrag von Reichstadt und (nach russischem Verständnis) in dem Geheimabkommen mit Rumänien vor dem Krieg schon vereinbart, Gebiete im südlichen Bessarabien zurück,[54] einer Provinz, die Russland 1812 aus östlich des Pruth gelegene Hälfte des Fürstentums Moldau und den Budschak geformt hatte, nachdem diese als Ergebnis des 8. russisch-osmanischen Krieges russisch geworden waren. Rumänien war Bessarabien 1856 nach dem Krimkrieg zugesprochen worden. Im Ausgleich für Bessarabien erhielt Rumänien von Russland im Frieden von San Stefano, wie es der Berliner Vertrag bestätigte, den nördlichen Teil der Dobrudscha einschließlich des wichtigen Schwarzmeerhafens Constanța.[55] Eine besondere Bedingung des Berliner Vertrags war die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der jüdischen Bevölkerung.[56][57] Rumänien entzog sich dieser Verpflichtung.[58][59] Rumänien sträubte sich gegen die Abtretung Bessarabiens gegen die als minderwertig betrachteten Gebiete der Dobrudscha, zumal es als Sieger aus dem Krieg hervorgegangen war. Aber es gelang Bismarck und Salisbury, den König zu überzeugen, dass die Abtretung eine unabänderliche Forderung Russlands war und es diese besser akzeptierte.[60] Die Entfremdung von Russland führte ein Jahr nach dem Dreibund zum geheimen Vertrag Rumäniens mit dem Zweibund.[61][62][63]
Österreich-Ungarn
Österreich-Ungarn erhielt, wie schon im Budapester Vertrag vom Januar 1877 vorgesehen, gegen die Bedenken, Warnungen und Kritik des Osmanischen Reichs das Recht zugesprochen, Bosnien-Herzegowina zu besetzen, dessen Bevölkerung aus katholischen Kroaten, aber mehrheitlich aus orthodoxen Serben und Muslimen bestand. Auch im Sandschak von Novi Pazar wurde ihm der Unterhalt von Truppen zugestanden, er blieb formell aber wie Bosnien und Herzegowina beim Osmanischen Reich.[64] Die Stärkung der Position Österreichs diente aus Sicht Großbritanniens und Österreich-Ungarns mit Unterstützung Bismarcks dem Zweck, eine südslawische und damit prorussische Machtbildung auf dem Balkan zu verhindern, wenn etwa Serbien und Montenegro sich vereinigten. Neben den Serben protestierten auch die Osmanen, bekamen aber von Andrássy in einer geheimen Abmachung zugesichert, die Regierung in Wien sei bereit, diese Okkupation „als provisorische zu betrachten“. England hatte die Machtübernahme unterstützt, da dadurch der russische Einfluss weiter eingedämmt wurde.[65]
Albanien
Auf der Grundlage des Vertrages von San Stefano gewannen Montenegro, Serbien und Bulgarien Territorien, die auch von Albanern besiedelt waren.[66] Am 13. Juni 1878 appellierten Albaner einem Memorandum an den britischen Premierminister Lord Beaconsfield, die Autonomie und Unabhängigkeit Albaniens anzuerkennen. Es betonte die Nationale Identität: Albaner bilden eine homogene Nation mit eigener Sprache, Geschichte und Kultur, unterschieden von Slawen, Griechen und Türken. Trotz religiöser Vielfalt (Muslime, Orthodoxe, Katholiken) bewahrten sie über vier Jahrhunderte Widerstand gegen osmanische Herrschaft.[67]
Die Liga, in der Befürchtung, Gebietsteile könnten an Montenegro und Griechenland fallen, organisierte die Liga von Prizren mit Hilfe des osmanischen Reiches Aufstände der Albaner und erreichte so Gebietsrevisionen zu Gunsten des Osmanischen Reiches. Die Proteste und Petitionen wurden ignoriert. Otto von Bismarck bestritt die Existenz einer albanischen Nation, ebenso das Osmanische Reich.[68][69][70]
Bosnien-Herzegowina
„Im Stil alter Kabinettspolitik“ (Imanuel Geiss) ignorierte der Berliner Kongress die Proteste der Bevölkerung in Bosnien und der Herzegowina und die Großmächte ließen die gewaltsame Okkupation der beiden Provinzen durch Österreich-Ungarn zu, obwohl gerade hier die Unruhen 1875 entstanden waren, die zur Krise geführt hatten. Dies, so Geiss „ohne Rücksicht auf das inzwischen schon angewandte und auch immer wieder geforderte nationale Selbstbestimmungsrecht.“[25]
Karatodori bekam von Istanbul die Instruktion, einen neuen Artikel über Bosnien-Herzegowina zur provisorischen Okkupation von der Übereinstimmung mit dem Osmanischen Reich sein sollte. Wenn der Kongress diese Bedingung nicht akzeptiere, solle dies in einem separaten Dokument niedergelegt werden. Im Falle der Ablehnung solle er bei seiner Unterschrift erklären, dass das Osmanische Reich all seine souveränen Rechte über Bosnien-Herzegowina bewahre und die österreichische Okkupation zeitweilig sei. Ansonsten solle er den Vertrag nicht unterschreiben. Er erhielt diese Erklärung von Andrassy kurz vor der Unterschrift des Vertrag. Sie sollte geheim bleiben, solange nicht alle Punkte zwischen beiden Seiten geklärt waren.[71]
Ein großer Teil der muslimischen Bevölkerung flüchtete nach der militärischen Niederschlagung des Widerstands.
Italien
Während des Kongresses zeigte der neue Nationalstaat Italiens Interesse an der Adriaküste, besonders Albanien. Daraus ließen sich zukünftige Konfliktlinien mit Österreich-Ungarn erkennen.[72] Die Adriaküste war Teil Venetiens gewesen. Dieser Teil des Balkans wurde aber auch von Serbien beansprucht. Italien sah Österreich-Ungarns Gewinn Bosnien-Herzegowinas auch als Ausgleich für seine Verluste in Italien nach dem Sardinischen Krieg.[73] Bernhard von Bülow schildert in seinen Denkwürdigkeiten Cortis "Überschlauheit", die ihn zu einer großen Dummheit verleitet habe. "Im Verlauf einer längeren Unterredung mit ihm ließ Bismarck die Bemerkung fallen, daß jetzt für Italien der günstige Augenblick gekommen sei, die Hand auf Tunis zu legen. Corti kam sich sehr listig vor, als er erwiderte: Vous voulez donc nous brouiller avec la France.” Bülow kommentierte: "Hätte Corti damals zugegriffen, so besäße Italien heute das beste und zukunftsreichste Stück der afrikanischen Nordküste."[74]
Frankreich
Frankreich unterstützte das Bemühen, das osmanische Reich zu erhalten, auch weil französischen Banken Hauptgläubigern des Sultans waren. Es hatte kein Interesse am Balkan, setzte sich aber dafür ein, dass die Verhandlungen sich nicht auf Nordafrika bezogen, wo es schon 1830 Algerien vom Osmanischen Reich abgetrennt hatte.[75]
Armenien
Gegen Ende des Kongresses wurden die russischen Territorialgewinne in Transkaukasien bestätigt. Letztere hatten zur Folge gehabt, dass aus diesen Gebieten Muslime, namentlich Tscherkessen, nach Ostanatolien geflohen waren, wodurch die dort mehrheitlich siedelnden christlichen Armenier unter Druck gerieten.

In Artikel 61 des Berliner Vertrages wurde die Hohe Pforte daher verpflichtet, umgehend Reformen zur Verbesserung der Lage der Armenier ins Werk zu setzen und deren Sicherheit gegen Übergriffe von Kurden und Tscherkessen zu garantieren. Die Osmanen willigten ein, weigerten sich aber später, diese als Einmischung in die inneren Angelegenheiten empfundenen Bestimmungen umzusetzen.[76][77]
Am 13. Juli 1878 wurden die erzielten Ergebnisse im von den Großmächten und dem Osmanischen Reich unterzeichneten Berliner Vertrag festgehalten.
Jüdische Verbände
Die Forderung nach Gleichberechtigung der Juden in den Balkanländern stand im Zentrum der Bemühungen jüdischer Organisationen und Aktivisten während des Kongresses. Initiativen wie die der Alliance Israélite Universelle (Paris) und des Berliner Komitees (unter Moritz Lazarus, Gerson von Bleichröder u. a.) zielten darauf ab, die prekäre Lage der Juden in Rumänien, Serbien und Bulgarien international zu thematisieren. Die Jüdische Gemeinde Berlins richtete bereits im Februar 1878 eine Petition an Bismarck, um die Diskriminierung rumänischer Juden auf die Agenda zu setzen. Daraufhin forderten die deutschen Delegierten, dass die Balkanstaaten die Gleichstellung aller Religionen vertraglich garantieren müssten – eine Forderung, die auch von Frankreich, Großbritannien und Österreich-Ungarn unterstützt wurde.
Ein Sonderrat in Berlin, bestehend aus Vertretern der Alliance, rumänisch-jüdischen Delegierten (Adolf Stern, Marco Brociner) und einflussreichen Persönlichkeiten wie Berthold Auerbach, erarbeitete Memoranden, die die systematische Entrechtung der Juden dokumentierten. Diese Schriften betonten, dass die Staaten nur dann internationale Anerkennung erhalten sollten, wenn sie gleiche Bürgerrechte für alle Religionsgruppen in ihre Verfassungen aufnahmen. Lobbyarbeit wurde gezielt betrieben: Bleichröder sprach mit Bismarck und dem russischen Vertreter Schuwalow, während Baron Maurice de Hirsch und Sir Moses Montefiore britische und französische Diplomaten beeinflussten.
Rumänien wehrte sich vehement. Der rumänische Vertreter Mihail Kogălniceanu argumentierte, die Judenfrage sei eine innere Angelegenheit, und die rumänische Presse drohte mit Repressalien gegen Juden. Dennoch setzten die Großmächte durch, dass die Unabhängigkeit Rumäniens an die Gleichberechtigung aller Religionen geknüpft wurde (Artikel 44).
In der Debatte über Serbien und Bulgarien forderten Frankreich und Großbritannien ähnliche Klauseln. Trotz des Widerstands von Russlands Vertreter Gortschakow – der eine Unterscheidung zwischen „westlichen“ und „östlichen“ Juden machte – wurde Paragraph 35 verabschiedet, der gleiche Rechte für Minderheiten vorschrieb.
Parallel zur Gleichberechtigungsdebatte reichten jüdische Aktivisten am 15. Juni ein Memorandum zur Zukunft Palästinas ein, das eine „konstitutionelle jüdische Monarchie“ unter internationalem Schutz forderte. Dieses Dokument, an Bismarck und Disraeli gerichtet, wurde zwar im Kongressprotokoll vermerkt, aber nicht offiziell diskutiert. Die Idee eines politisch autonomen jüdischen Siedlungsgebiets in Palästina wurde jedoch in der britischen Presse aufgegriffen und markierte eine frühe, wenn auch erfolglose Initiative zionistischen Denkens vor Theodor Herzl.
Während Serbien und Bulgarien die Gleichberechtigungsklauseln in ihre Verfassungen integrierten, ignorierte Rumänien Artikel 44 jahrzehntelang und verweigerte Juden weiterhin die Staatsbürgerschaft, was zu internationalen Protesten führte. Der Berliner Vertrag erwies sich als wirkungslos. Rumänische Politiker nutzten diplomatische Manipulation, um internationale Kritik abzuwehren, während europäische Staaten wirtschaftliche Interessen über Menschenrechte stellten. Jüdische Organisationen protestierten vergeblich gegen die systematische Entrechtung.[78]
Die Diskussion um Palästina blieb ohne unmittelbare Wirkung, zeigte aber das wachsende Bewusstsein für jüdische Autonomiebestrebungen.[79][80][81]
Folgen
Moslems

Schon während der bulgarischen Unabhängigkeitsbewegung (1876–1878) wurde rund eine halbe Million Muslime Opfer von Vertreibung oder Flucht vor Rachakten. 1878 wanderten rund 130.000 Muslime aus dem österreichisch verwalteten Bosnien-Herzegowina aus. Auch griechisch-orthodoxe Bauern zogen sich aus Bosnien zurück. Serbien plante eine „vollständige Auswanderung der Muslime“. Schon 1875 war Serbien „fast vollständig von Muslimen gesäubert“. Kaukasische Muslime verließen das Zarenreich.
Die Kämpfe gegen die osmanischen Armeen waren meist mit Angriffen auf die muslimische Zivilbevölkerung einher. Die neu gegründeten Staaten betrieben systematische „ethnische Säuberung“ zur Homogenisierung ihrer Bevölkerung.[82]
Balkanvölker
Flucht und Umsiedlung betrafen auch die Völker der neugegründeten Staaten oder der Staaten mit veränderten Grenzziehungen.
Deutsch-Russisches Verhältnis
Nach Einschätzung George Kennans hatte Russland angesichts seiner Lage nicht schlecht abgeschnitten, sondern bedeutende Gewinne erzielt, von Bessarabien bis zum Kaukasus. Es hatte mit deutscher Billigung Bulgarien als Satellitenstaat gewonnen und sah die alliierten Staaten, die nun unabhängig wurden, durch Gebietsgewinne gestärkt. Die russische Darstellung des Ergebnisses als Niederlage, da der Erfolg nicht vollständig war, betrachtete Kennan als typisch für Russland und verglich sie mit der Reaktion auf den Vertrag von Potsmouth 1905 und den von Brest-Litowsk 1918.[83] Die russische Öffentlichkeit sah den Berliner Vertrag jedoch auch insoferrn als Niederlage, als der erfolgreich verlaufene Krieg Russland erhebliche finanzielle Anstrengungen und ihm wie den verbündeten Serben, Bulgaren und Rumänen viele Opfer gekostet hatte: Ihre Ordnungsvorstellungen für Südosteuropa hatten sich nicht durchsetzen lassen, der ersehnte direkte Zugang zum Mittelmeer war Russland verwehrt worden. Der Zar passte sich der öffentlichen Stimmung an. Die Presse unter dem Einfluss des panslawistischen Publizisten Michail Nikiforowitsch Katkow schäumte, Kosaken demonstrierten, allgemein gab man entweder dem Botschafter in London Schuwalow oder Bismarck die Schuld.[84] Der Panslawist Iwan Aksakow brandmarkte den Vertrag als „Verrat“. Die Presse stilisierte Schuwalow zum „Handlanger Bismarcks“, obwohl er Russlands Interessen pragmatisch vertreten hatte. Auch der Zar, der Schuwalow instruiert hatte, Frieden um jeden Preis zu schließen, stellte sich nicht hinter den Vertrag, obwohl er keine Niederlage, sondern ein realpolitischer Erfolg war. Schuwalow hatte Russland aus einer aussichtslosen Lage gerettet, während Zar Alexander II. und Gortschakow versagten. Die „Demütigung“ war, so der Historiker Richard George Weeks, vor allem ein Produkt innenpolitischer Propaganda und zaristischer Schwäche und innenpolitischer Anpassung.[5] Nach Kennan wurde nicht bedacht, was die Alternative gewesen wäre: ein großer Krieg, der angesichts der prekären Lage Russlands, „erschöpft und fast bankrott“, nicht zu gewinnen war.
Die Rivalität Österreichs und Russlands auf dem Balkan vertiefte sich und wurde zu einer Konstante in der europäischen Politik bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. In der Folgezeit verschlechterte sich auch das deutsch-russische Verhältnis weiter. Preußen und Österreich teilten im Februar 1879 mit, im April 1878 den Artikel 5 des Prager Friedens von 1866 zur Grenz-Regulierung mit Unterstützung Alexanders II gestrichen zu haben, der seine Vermittlungsrolle als Gegenleistung für seine Neutralität erwartet hatte. Die russische Presse kommentierte, der „ehrliche Makler“ habe sich eine „schöne Courtage“ für die Benachteiligung Russlands zahlen lassen, als Preußen nun ganz Schleswig ohne Volksabstimmung okkupierte.[85]
Zar Alexander II. beklagte sich nach zusätzlichen deutschen Handelsbeschränkungen im so genannten Ohrfeigenbrief vom August 1879 bitter bei seinem Onkel Kaiser Wilhelm I. über Bismarck. Dem Deutschen Reich wurde vor allem Undank und mangelnde Gegenleistung für die wohlwollende Neutralität Russlands im Deutsch-Französischen Krieg vorgeworfen. Russland kündigte daher das Dreikaiserabkommen, welches aber im Juni 1881 als Dreikaiserbund noch einmal wiederhergestellt wurde. Infolge der bulgarischen Krise 1885, die zur bulgarischen Vereinigung führte, lösten sich die Bündnisbeziehungen zwischen den drei europäischen Kaiserreichen endgültig auf. Im Zentrum der deutschen Bündnispolitik stand nun der 1879 mit Österreich-Ungarn geschlossene Zweibund, der das österreichische Interesse an deutscher Unterstützung gegenüber Russland betonte, während Russland sich Frankreich annäherte.
Stellung des neuen Deutschen Reiches in Europa
Insgesamt war der Kongress für das neue Deutsche Reich gerade nach der Isolation in der Krieg-in-Sicht-Krise 1875 ein großer Erfolg, da die Mächte die faktische Stellung der neuen europäischen Großmacht und ihre neutrale Position durch ihren Besuch in Berlin anerkannten. Auf dieses Weise konnte Bismarck glaubhaft darstellen, dass er die deutsche Machtstellung nicht zu Expansionszwecken einzusetzen gedachte: Das kleindeutsche Reich zeigte sich demonstrativ saturiert. Theodor Schieder sieht in der bismarckschen Kongressdiplomatie eine erfolgreiche Verwirklichung der im Kissinger Diktat vom Juni 1877 angesichts des Alptraums der Koalitionen entworfenen diplomatischen Grundsätze. Bismarck entwarf mit ihnen das Bild „nicht … irgendeines Ländererwerbs, sondern das einer politischen Gesamtsituation, in welcher alle Mächte außer Frankreich unser bedürfen, und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander nach Möglichkeit abgehalten werden.“[35][86]
Der deutsche Historiker Michael Stürmer bezweifelt dagegen, dass Bismarcks Rolle tatsächlich als die eines „ehrlichen Maklers“ beschrieben werden kann. Ein Scheitern des Kongresses hätte seines Erachtens einen britisch-russischen Krieg zur Folge gehabt, in dem das neue Deutsche Reich nicht lange hätte neutral bleiben können. Jegliche Option für eine der beiden kriegführenden Mächte hätte aber große Risiken für das junge Deutsche Reich mit sich gebracht, weshalb Bismarcks Agieren eher als „Politik des kleineren Übels“ zu charakterisieren sei. Bereits Bismarcks Bankier Gerson von Bleichröder hatte bemerkt: „Es gibt keine ehrlichen Makler“.[87]
Österreich-Ungarn
Für Österreich-Ungarn war der Berliner Kongress nur vordergründig ein Erfolg. Außer den verschlechterten Beziehungen zu Russland folgten daraus große innenpolitische Probleme bezüglich der staatlichen Integration Bosniens und Herzegowinas, die zunächst vom 29. Juli und 20. Oktober 1878 gegen unerwartet heftigen Widerstand der serbischen orthodoxen und muslimischen Bevölkerung (vgl. Hadschii Loja) mit großen Verlusten militärisch erobert werden mussten (Okkupationsfeldzug).[88] Am 5. November verurteilte das österreichische Abgeordnetenhaus in Wien die Okkupation von Bosnien und Herzegowina mehrheitlich, besonders die liberale Fraktion (Eduard Herbst) und die Linke. Die Regierung mit Andrassy und das Oberhaus setzten sich jedoch durch.[89][90] Später kam es dann zur Bosnischen Annexionskrise, da das Osmanische Reich eigentlich die Oberherrschaft behalten hatte und die Gebiete nur unter provisorischer Verwaltung Österreich-Ungarns standen. Serbiens Regierung hatte sich Hoffnung auf Gebietsgewinne in Bosnien gemacht, wie sie im Vertrag von San Stefano in Aussicht gestellt wurden. Unmittelbar nach 1878 war in Serbien zunächst der Zorn auf Russland größer, denn man fühlte sich von seinem großen slawischen Verbündeten zugunsten Bulgariens im Stich gelassen.
Balkan
Hinzu kam das Problem des Nationalismus der Balkanvölker, dem in Berlin zumindest teilweise nachgegeben worden war. Laut dem britischen Historiker Gordon A. Craig führten nahezu alle territorialen Entscheidungen von Berlin zu Enttäuschungen bei Bulgaren, Serben, Griechen und Rumänen, die die Ursache für deren Revisionismus und dadurch für die Balkankriege zu Beginn des 20. Jahrhunderts darstellten.[91]

Auf dem Balkan führte dies zu einem scharfen serbisch-bulgarischen Antagonismus. In drei Kriegen (Serbisch-Bulgarischer Krieg 1885/1886, Zweiter Balkankrieg 1913, Erster Weltkrieg) standen sich beide Länder als Feinde gegenüber und kämpften um den Besitz Mazedoniens (vgl. Mazedonische Frage). Für die Bulgaren war der Berliner Friedensvertrag eine große Enttäuschung.[92] Sie waren mit den gezogenen engen Grenzen erwartungsgemäß unzufrieden. Als Reaktion gegen die Entscheidungen des Berliner Kongresses brach im Herbst 1878 im Nordosten Makedoniens der Kresna-Raslog-Aufstand aus, der von osmanischen Truppen unterdrückt werden konnte.[92] Die bulgarische Außenpolitik war bis zum Ersten Weltkrieg konstant darauf ausgerichtet, jene Gebiete zu gewinnen, die Russland den Bulgaren in San Stefano versprochen hatte.
Rumänien war mit der Abtretung Süd-Bessarabiens an Russland unzufrieden, da es Russland im Krieg unterstützt hatte.[93]
Nach den unbefriedigenden Ergebnissen des Kongresses, der ihre Interessen ignorierte, verfolgten die Völker des Balkans im Weiteren ihre Ziele unabhängig und wenn nötig gegen die Absichten der Großmächte und ihre Entscheidungen im Berliner Frieden. Dieser Vertrauensverlust führte auch zur Gründung von Geheimbünden und Widerstandsbewegungen.
Osmanisches Reich
Für das Osmanische Reich war das Ergebnis des Berliner Kongresses zwiespältig. Auf der einen Seite stand es deutlich besser da, als es bei einer Verwirklichung des Friedensvertrags von San Stefano der Fall gewesen wäre. Es kontrollierte weiterhin im Interesse Großbritanniens weiterhin die zivile und militärische Schifffahrt durch die Dardanellen zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Auch hatten die Großmächte die Vertreter der Hohen Pforte in Berlin als Teilnehmer des „europäischen öffentlichen Rechts und Konzerts“ anerkannt, wie sie es 1856 im Pariser Frieden zugesagt hatten.[94] Gleichwohl waren die Verluste gegenüber dem Zustand vor Ausbruch der Orientalischen Krise gravierend, und es war deutlich, dass das Osmanische Reich nur Objekt der Verhandlungen, aber kaum verantwortlich gestaltender Teilnehmer war. Der Berliner Kongress und die ausländische Verwaltung seiner Staatsschulden, die das bankrotte Osmanenreich 1881 zugestehen musste, zeigten, dass das einst mächtige Reich zum Kranken Mann am Bosporus geworden war:[95] ein Spielball der Großmächte, das seine Territorien nur deshalb nicht gänzlich verlor, weil Großbritannien, Russland und Österreich-Ungarn sich nicht über die Verteilung einigen konnten. Es hatte jedoch seine hegemoniale Stellung auf dem Balkan nicht bewahren können.
Hakan Yavuz bezeichnete den Russisch-Türkischen Krieg 1877/78 und den Berliner Vertrag als „Schocks“ für Institutionen und Gesellschaft des Osmanischen Reiches. Ethnische Homogenisierung der Bevölkerungen und Selbstbestimmung der Menschen hätten der Struktur des Osmanischen Reiches widersprochen.[96]
Imanuel Geiß urteilte: „Die britische Okkupation Zyperns (kam) einem weiteren Schritt zur Besetzung Ägyptens gleich.“[25] Die Übernahme Zyperns, das umgehend zu einem britischen Protektorat umgewandelt wurde, und das weitere Vorgehen Großbritanniens etwa gegenüber Ägypten führte das Osmanische Reich zu Misstrauen und Distanz gegenüber Großbritannien und zur Annäherung an das Deutsche Reich, dass Berater vor allem in militärischen Fragen nach Istanbul schickte.[97][98] Sultan Abdülhamid gab 1890 die Neutralität auf und entschied sich für eine Annäherung an Deutschland, lehnte aber den Beitritt zum Dreibund ab.[99]
1882 intervenierte Großbritannien in dem Vizekönigreich Ägypten, das dem Osmanischen Reich tributpflichtig war und machte es samt Suezkanal zu seinem Protektorat, womit es die Wasserstraße kontrollieren konnte.[100]
Russland setzte seine bisherige Politik gegen das Osmanische Reich fort. Russland nutzte vor allem die Entschädigung von 1,1 Milliarden Goldfranken, um politischen und wirtschaftlichen Einfluss auf das Osmanische Reich auszuüben. Die osmanische Regierung war bereits durch hohe Auslandsschulden belastet. Russland beanspruchte Vorrang vor anderen Gläubigern und blockierte wiederholt osmanische Kreditaufnahmen, um Militärprojekte oder Reformen zu verhindern.[101]
Großbritannien
Fast uneingeschränkt zufrieden mit den Ergebnissen des Berliner Kongresses war die britische Regierung, denn man hatte „ohne das Blut eines einzigen Engländers“ (Disraeli)[102] Russland erfolgreich aus dem Mittelmeer ferngehalten und zusätzlich Zypern als Flottenbasis gewonnen. 1875 hatte es die Kontrolle über den Suezkanal gewonnen, 1876 Belutschistan erworben. Die Besetzung Zyperns 1878 war der dritte Baustein zur Sicherung Indiens;
Die Einnahme Zyperns ist keine mediterrane, sondern eine indische Bewegung. Wir haben dort einen Schritt getan, den wir für die Erhaltung unseres Reiches und für seine Bewahrung des Friedens für notwendig halten. Wenn dies unsere erste Überlegung ist, dann ist die Entwicklung des Landes unsere nächste. (Disraeli)[103]
Allerdings blieb die Lage der Christen unter osmanischer Herrschaft weiterhin prekär, was ein Dilemma darstellte,[25] und die Verhältnisse auf dem Balkan blieben weiterhin instabil. Außenminister Lord Salisbury wurde für seine Verhandlungserfolge mit dem Hosenbandorden ausgezeichnet. Premierminister Disraeli äußerte sich auch sehr zufrieden über Bismarcks Verhandlungsführung. Das deutsch-britische Verhältnis war noch lange danach von einer gegenseitigen wohlwollenden Neutralität geprägt.
Frankreich und Italien
Der geheime Zypernvertrag zwischen der Türkei und Großbritannien wurde publik und rief den Protest Frankreichs und Italiens hervor. Daraufhin erklärte sich Großbritannien bereit, als Ausgleich für den „Erwerb“ Zyperns eine französische Übernahme Tunesiens anzuerkennen; dies widersprach jedoch den Interessen Italiens;[104] Das englische Angebot wurde auch von Bismarck unterstützt. Der französische Ministerpräsident Jules Ferry schickte im April 1881 Truppen nach Tunesien; diese eroberten das Land. Am 12. Mai 1881 wurde Bey Muhammad III. al-Husain zur Unterzeichnung des Bardo-Vertrags gezwungen.[105]
In Italien erhöhte die Ablehnung aller Wünsche hinsichtlich Dalmatiens und Albaniens und die französische Übernahme Tunesiens (Tunis-Ohrfeige) die Bereitschaft, sich eher dem Zweibund anzunähern, was zur Entstehung des Dreibunds beitrug.[25]
Die politischen Verhältnisse auf dem Balkan lassen noch heute die Verbindungslinien zum Berliner Kongress erkennen,[106] ebenso in Zypern und im Kaukasus.
Innenpolitische Sicht des Kongresses
Großbritannien
Nach der Rückkehr des Premierministers Disraeli nach London legte er Protokolle vor und erklärte die Außenpolitik seiner Regierung, vor allem den Berliner Vertrag und das Zypernabkommen. In der anschließenden Debatte wurden die unterschiedlichen Perspektiven der Lords sichtbar. Die Debatte spiegelte die Spannung zwischen imperialem Machtanspruch und der Furcht vor Überlastung wider. Während Disraeli und Salisbury die Verträge als diplomatischen Triumph feierten, sahen Kritiker wie Granville und Kimberley darin ein gefährliches Spiel mit unkalkulierbaren Risiken. Die Kontroverse um Zypern und die Garantie für die asiatische Türkei verdeutlichten die Herausforderungen britischer Weltpolitik im 19. Jahrhundert zwischen Machterhalt und moralischer Verantwortung.
Disraeli verteidigte den Berliner Vertrag als Erfolg, der die „europäische Unabhängigkeit“ sicherte und Russlands Einfluss begrenzte. Er betonte die Rückgabe von zwei Dritteln der im Vertrag von San Stefano an Bulgarien verlorenen Gebiete an die Türkei und lobte die Schaffung Ostrumeliens als Pufferzone unter osmanischer Militärhoheit. Er rechtfertigte die Besetzung Zyperns als strategischen Schritt zum Schutz des Suezkanals und Indiens. Er betonte, die Politik habe „ohne einen Tropfen englischen Blutes“ Erfolge erzielt.
Earl Granville, der Oppositionsführer, beanstandete scharf die Geheimhaltung der Verhandlungen um Zypern und kritisierte die unklare militärische Strategie der Regierung. Er warnte davor, dass die Garantie für den Schutz der asiatischen Türkei Großbritannien in eine riskante Verpflichtung ziehen könnte, die kaum zu erfüllen sei. Zudem monierte er, dass griechische Interessen trotz minimaler territorialer Zugeständnisse vernachlässigt worden seien, was die Spannungen auf dem Balkan weiter verschärfen könne.
Der Earl of Derby, ehemaliger Außenminister, enthüllte, die Regierung habe ursprünglich eine geheime Besetzung Zyperns ohne Zustimmung des Sultans geplant – ein Schritt, der ihn zum Rücktritt bewog. Er verurteilte den Berliner Vertrag als de facto „Teilung der Türkei“ und warnte vor den langfristigen Folgen der österreichischen Präsenz in Bosnien, die weitere Gebietsansprüche anderer Mächte provozieren könne.
Der Marquess of Salisbury, Außenminister, verteidigte die Politik hingegen energisch. Er betonte, der Berliner Vertrag habe die Türkei „wiederbelebt“ und eine slawische Dominanz auf dem Balkan verhindert. Österreichs Rolle in Bosnien sei entscheidend, um Stabilität in der Region zu gewährleisten. Zudem wies er die Kritik zurück, die Autonomie Ostrumeliens untergrabe die osmanische Souveränität – die Militärhoheit des Sultans bleibe unangetastet.
Der Earl of Northbrook, ehemaliger Generalgouverneur von Indien, äußerte skeptische Einwände. Er zweifelte an der angeblichen russischen Bedrohung Indiens und kritisierte Zypern als strategisch wertlos, da die Insel weder über geeignete Häfen verfüge noch gesundheitlich unbedenklich sei. Zudem warnte er vor den unrealistischen Reformversprechen in der asiatischen Türkei, die angesichts der chronischen Misswirtschaft der Pforte kaum umzusetzen seien.
Viscount Cranbrook, Staatssekretär für Indien, unterstützte die Regierungsposition. Die Entsendung indischer Truppen nach Malta sei ein Symbol der Loyalität des Imperiums, und geduldige Reformen in der Türkei seien der einzige Weg, um langfristig Stabilität zu erreichen.
Der Earl of Kimberley, ein Oppositionspolitiker, übte fundamentale Kritik. Er verurteilte den Vertrag als „Teilung der Türkei“, die künftige Konflikte heraufbeschwöre, und kritisierte die Naivität, der Sultan werde Reformen umsetzen. Die Verwaltung Kleinasiens durch Großbritannien drohe das Imperium zu überdehnen und in endlose Verpflichtungen zu verstricken.
Lord Napier, ein Befürworter der Regierung, zog ein positives Resümee. Zypern sende ein strategisches Signal an Russland, und die Garantie für die asiatische Türkei wirke abschreckend, ohne dass ein Krieg riskiert werden müsse.
Deutsches Reich
In den Auseinandersetzungen wurde einerseits die Friedenssicherung betont, andererseits der wirtschaftliche Nutzen und die Stärkung Deutschlands als europäischer Mittelmacht.
Kritisch wurde der Regierung vorgeworfen, kurzsichtig zu handeln. Gegenüber den Balkanvölkern habe sie moralisch versagt und die Risiken der Entfremdung Russlands unterschätzt. Andererseits gab es auch den Vorwurf, Russland zu sehr unterstützt zu haben.
Die Konservativen, darunter Junker und monarchietreue Eliten, unterstützten Bismarcks Rolle als „ehrlicher Makler“. Sie sahen den Kongress als Erfolg für die Stabilisierung Europas und die Wahrung deutscher Sicherheitsinteressen. Dies entspricht Bismarcks Einschätzung in Gedanken und Erinnerungen, der Kongress habe einen europäischen Krieg verhindert und Deutschlands Position als Vermittler gestärkt.[107] Auch die Nationalliberalen, geführt von Rudolf von Bennigsen, unterstützten die realpolitische Ausrichtung Bismarcks. Sie sahen im Berliner Kongress eine Stärkung der europäischen Friedensordnung, die wirtschaftliche Stabilität und Handelsinteressen förderte.
Die katholische Zentrumspartei, angeführt von Ludwig Windthorst, kritisierte Bismarcks Haltung gegenüber Österreich-Ungarn. Sie warf ihm vor, durch die Unterstützung der österreichischen Besetzung Bosniens die Spannungen mit Russland zu verschärfen und die Interessen der Balkan-Christen (insbesondere Katholiken) zu vernachlässigen.[108]
Liberale wie Eugen Richter (Deutsche Fortschrittspartei) kritisierten die Geheimdiplomatie des Kongresses und die Vernachlässigung nationaler Selbstbestimmungsrechte auf dem Balkan. Sie sahen in der Aufteilung der Region eine Quelle zukünftiger Konflikte.
Die noch junge SPD, trotz der beginnenden Unterdrückung durch die Sozialistengesetze, verurteilte den Kongress als imperialistische Machtpolitik. August Bebel nannte ihn in Reichstagsreden eine „Verschwörung der Eliten gegen die Völker“. Er warf Bismarck vor, die Interessen der Balkanvölker zugunsten imperialistischer Großmachtinteressen zu opfern. Bismarcks Politik verschärfe die Spannungen zwischen Russland und Österreich-Ungarn und schaffe langfristig neue Konflikte. Die Unterdrückung der slawischen und christlichen Bevölkerungen auf dem Balkan werde fortgesetzt. In der Reichstagsdebatte am 16. Februar 1878 führte er aus:
„Diese ganze Politik ist nichts als eine Komödie der Großmächte, die sich über die Köpfe der kleinen Völker hinweg teilen, was ihnen nicht gehört. [...] Man redet von christlicher Nächstenliebe, aber man lässt die Balkanvölker im Stich, sobald es den eigenen Machtinteressen dient.“[109]
Russland
George F. Kennan unterschied in seinem Standardwerk The Decline of Bismarck's European Order vier Grundkräfte der russischen Außenpolitik: die westlich orientierten Liberalen, die sich an Preußen und Österreich orientierten (Nikolai Karlowitsch de Giers), die Panslawisten (Ignatiew, Iwan Aksakow, Rus) und die Orthodoxen (Konstantin Pobedonostsew), die sich gegen Österreich-Ungarn wandten, und die Nationalisten (Michail Katkow, Moskowskije Wedemosti, Russki Westnik), die in erster Linie Großbritannien als Gegner sahen.[110]
Wie Alexis Heraclides und Ada Dialla darstellen,[111] führte Russlands Position zwischen Europa und Asien zu einer identitätspolitischen Zerrissenheit: War es eine europäische Großmacht, eine eurasische Brücke oder eine orthodox-slawische Zivilisation? Die Außenpolitik orientierte sich zwar an europäischen Normen, wurde aber von Misstrauen begleitet. Der Krimkrieg (1853–1856) hatte Russlands Einfluss geschwächt, doch die Balkankrise hatte die Chance geboten, Macht und Prestige zurückzugewinnen. Die Balkankrise spaltete die russische Gesellschaft weiter.
Slawophile Kreise und Teile der Bevölkerung feierten den Krieg als „heiligen Kreuzzug“. Prominente wie Dostojewski betonten Russlands „historische Mission“, die slawischen „Brüder“ zu retten.[112] Dagegen formierte sich oppositionelle Kritik: Autoren wie Turgenew und Tolstoi reflektierten die ethischen Dilemmata des Krieges. Lew Tolstoi zweifelte in Anna Karenina (1877) öffentlich an der Aufrichtigkeit der Kriegsbegeisterung. Tolstoi selbst lehnte den Krieg ab und nannte ihn einen Akt der Barbarei, der Russlands moralische Integrität untergrabe. Der Anarchist Pjotr Kropotkin kritisierte, der Krieg diene nur der Ablenkung von innenpolitischen Problemen wie der Leibeigenschaftsreform und der Repression gegen Minderheiten. Mychajlo Drahomanow, ein führender ukrainischer Denker, prangerte die Doppelmoral an, insofern Ukrainer unterdrückt wurden.[113] Seine Schriften betonten, dass die „Befreiung“ der Balkanvölker nur russische Hegemonie kaschiere. Die Regierung reagierte mit Zensur: Drahomanows Werke wurden verboten, und kritische Artikel in Zeitungen wie Otechestvennye Zapiski zensiert. Dennoch drangen die Debatten bis in den Zarenhof. Zar Alexander II. notierte privat seine Bedenken zur öffentlichen Meinung und ihrer Wirkung auf die Politik.[111]
Der Russisch-Osmanische Krieg (1877–1878) hatte die Staatskasse schwer belastet Finanzminister Michail von Reutern hatte vor dem Konflikt gewarnt: „Ein Krieg wird uns in den Bankrott treiben – für ein Großbulgarien, das Europa nie akzeptieren wird.“ Seine Prognose bewahrheitete sich: Die Kriegsausgaben beliefen sich auf über 1 Milliarde Rubel, das Dreifache des Jahreshaushalts. Russland musste Anleihen in London und Paris aufnehmen, was die Abhängigkeit vom Westen vertiefte. 200.000 russische Soldaten starben, viele an Krankheiten wie Typhus.[111]
Die panslawistische Bewegung, angeführt von Persönlichkeiten wie Iwan Aksakow und Michail Katkow, verurteilte den Berliner Kongress als „Verrat an den slawischen Brüdern“. Sie sahen in der Revision von San Stefano eine Demütigung Russlands, da die großbulgarische Lösung (unter russischem Einfluss) zugunsten einer Aufteilung Bulgariens und der österreichischen Besetzung Bosniens aufgegeben wurde. Sie argumentierten, der Kongress habe Russlands Rolle als Schutzmacht der Balkanchristen untergraben. Die Großmächte (v. a. Großbritannien und Österreich-Ungarn) hätten Russland mit Bismarcks Hilfe „eingekreist“.[114]
Generäle wie Michail Skobelew, der die Truppen bis San Stefano geführt hatte, kritisierten, die diplomatische Niederlage habe die Opfer des Krieges (z. B. die Eroberung von Plewen, die hauptsächlich das Verdienst Skobelews war) entwertet. In Militärzeitschriften wie Russkij Invalid wurde die Regierung beschuldigt, „die Früchte des Siegs verschenkt“ zu haben.
Maler wie Wassili Wereschtschagin inszenierten den Krieg in Gemälden wie Die Siegesfeier (1878) als zivilisatorischen Sieg über „asiatische Barbarei“. Die Presse glorifizierte Helden wie General Skobelew, der zum Symbol russischer Überlegenheit stilisiert wurde.
llustrierte Zeitschriften wie Niva verbreiteten stereotype Darstellungen von „grausamen Türken“ und „reinen slawischen Opfern“. Diese Bilder, so die Literaturwissenschaftlerin Susan Layton, dienten dazu, russische Gewalt im Kaukasus zu legitimieren, indem die Osmanen als „ewige Barbaren“ dehumanisiert wurden.[115]
Zar Alexander II. und sein Außenminister Alexander Gortschakow versuchten, den Kongress als „notwendiges Übel“ darzustellen, um einen Krieg mit Großbritannien oder Österreich-Ungarn zu vermeiden. Gortschakow betonte in Berichten an den Zaren, dass Russland ohne Bismarcks Vermittlung isoliert geblieben wäre.
Intellektuelle wie Boris Tschitscherin kritisierten, der Krieg und die folgende diplomatische Niederlage hätten gezeigt, dass Russlands rückständige innere Strukturen (Leibeigenschaftsfolgen, Bürokratie) eine erfolgreiche Außenpolitik behinderten. Sie forderten innere Reformen statt expansionistischer Abenteuer. Die Zeitung Golos (St. Petersburg) schrieb am 14. Juli 1878, der Kongress habe „die Schwäche unserer Diplomatie offengelegt, die weder Verbündete noch Respekt fand“.
Viele russische Nationalisten machten Bismarck für die Niederlage verantwortlich. Sie warfen ihm vor, als „ehrlicher Makler“ Partei für Österreich-Ungarn ergriffen zu haben. Diese Stimmung trug zur späteren Entfremdung zwischen Russland und Deutschland bei, die in den 1880er-Jahren zum Abbruch des Dreikaiserbundes führte.
Die Niederlage auf dem Berliner Kongress radikalisierte die panslawistische Bewegung, die fortan eine aggressivere Außenpolitik auf dem Balkan forderte.[116]
Alexander II., der bereits durch Reformgegner unter Druck stand, sah sich mit Vorwürfen konfrontiert, die „nationale Ehre“ verraten zu haben. Dies schwächte seine Autorität vor den Attentaten der 1880er-Jahre. Die Enttäuschung über Deutschland trieb Russland in die Annäherung an Frankreich (ab 1894).
Einordnung und Bewertung
Zäsur
Alexander Nowotny sieht den Berliner Kongress als Zäsur zweier Zeitalter: zwischen Gleichgewichtspolitik und Imperialismus.[117] Dies gilt auch für die Entwicklung des Völkerrechts, für die der Kongress einen „Markstein“ darstellt, insofern zum ersten Mal die Gewährleistung von Minderheitenrechten zum Merkmal moderner Staatlichkeit und zur Voraussetzung der Anerkennung von Staaten gemacht wurde.[13]
Brüchige Ordnung
Die Bewertung des Berliner Kongresses und seiner Ergebnisse ist in der historischen Forschung umstritten. Wegen des offen imperialistischen Feilschens über Territorien ohne jede Rücksicht auf die nationalen Rechte der ansässigen Bevölkerung und wegen der kurzfristigen und kurzsichtigen Politik, die sich dabei zeigte, wurde er zum Teil heftig kritisiert.[118] Der britische Historiker Alan J. P. Taylor konstatierte 1954, der Friede von San Stefano hätte Südosteuropa größere Stabilität gebracht; der Berliner Vertrag habe dagegen nur eine wacklige und instabile Wiederherstellung der osmanischen Herrschaft über die Balkanvölker gebracht, die nicht von langer Dauer habe sein können:
„Wäre der Vertrag von San Stefano aufrechterhalten worden, hätten vielleicht sowohl das Osmanische Reich als auch Österreich-Ungarn bis zum heutigen Tag überlebt. Die Briten […] hatten weniger erwartet und waren daher auch weniger enttäuscht. Salisbury schrieb Ende 1878: „Wir werden südlich des Balkans wieder eine wackelige Art von türkischer Herrschaft errichten. Aber es ist nur eine Atempause. Es ist keine Vitalität mehr in ihnen“.“[119]
Wahrung des Friedens
Theodor Schieder stellte dagegen die Wahrung des Friedens in Europa als positives Ergebnis dar, auch wenn dies nur für die Beziehungen zwischen den europäischen Großmächten galt und die Verhältnisse auf dem Balkan auch in der Folgezeit krisenhaft und friedensgefährdend blieben.[120]
Lehrstück imperialer Doppelmoral
Die Doppelmoral war nach Bernard Porter[121] und Jennifer Pitts[122] kein exklusiv russisches Phänomen, sondern Strukturmerkmal imperialer Politik. Großbritannien, Frankreich und Russland nutzten humanitäre Argumente, um Expansion zu rechtfertigen – aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Russland betonte die religiös-ethnische Solidarität, Großbritannien die „Zivilisierungsmission“. Wie Orlando Figes herausarbeitete, neigt die Geschichtsschreibung dazu, die Imperien des „Anderen“ kritischer zu betrachten: Russlands Ambitionen auf dem Balkan wurden im Westen stets argwöhnischer beobachtet als britische Kolonialprojekte.
Aspekt | Russland | Großbritannien |
---|---|---|
Primäres Interesse | Territoriale Expansion, Kontrolle der Meerengen, Schutz der Christen, Revision des Krim-Kriegs. | Handelsrouten sichern (z. B. Suezkanal), Balance of Power in Europa wahren, Splendid Isolation Schutz der Christen und Minderheiten |
Rhetorischer Fokus | „Slawische Bruderschaft“, religiöse Solidarität (Orthodoxie), Befreiung von Unterdrückung | „Zivilisierungsmission“, Bekämpfung von „Barbarei“ und Sklaverei, Christliche Missionierung |
Kolonialpraxis | Russische Verwaltung, Russifizierung, Unterdrückung slawischer Minderheiten (z. B. Polen). | Indirekte Herrschaft („Divide et Impera“), englische Verwaltung, kulturelle Vorbildwirkung, wirtschaftliche Ausbeutung, Rassismus. |
Kritik im Inland | Slawophile vs. Westler; Tolstoi/Dostojewski als gegensätzliche moralische Stimmen. | Gladstone vs. Disraeli; Debatten über „moralischen Imperialismus“ (z. B. J. A. Hobson). |
Bismarck selbst äußerte privat Zynismus über die humanitäre Fassade.
Der Vertragstext selbst offenbart die Diskrepanz zwischen humanitärer Rhetorik und machtpolitischen Entscheidungen:
- Artikel 25: Österreich-Ungarn erhielt das Recht, Bosnien und Herzegowina zu „besetzen und verwalten“ – angeblich zur „Stabilisierung der Region“. Tatsächlich diente dies der Ausdehnung habsburgischer Macht auf dem Balkan.
- Artikel 61: Das Osmanische Reich wurde verpflichtet, Reformen für armenische Christen umzusetzen. Diese Klausel blieb jedoch folgenlos und mündete später in den armenischen Genozid (1915).
- Zypern-Konvention (1878): Großbritannien erhielt Zypern als „Schutzmacht“ christlicher Interessen, nutzte die Insel aber als Militärstützpunkt gegen Russland.
Disraelis Biograf Robert Blake kommentierte, Disraeli habe wie die Russen die humanitäre Karte benutzt, um die öffentliche Meinung zu manipulieren.[123]
In seinen Memoiren gestand Gortschakow, dass Russlands „Schutz der Slawen“ vor allem dazu diente, den Einfluss in Bulgarien zu sichern.[124]
William L. Langer: analysierte in European Alliances and Alignments 1871–1890 die Doppelmoral Bismarcks: Während der Reichskanzler öffentlich Neutralität betonte, unterstützte er heimlich Österreich-Ungarns Balkanambitionen, um Russland zu schwächen. Die „humanitären“ Reformforderungen an die Türkei dienten nur dazu, die osmanische Schwäche auszunutzen.
Misha Glenny kritisierte in The Balkans: Nationalism, War, and the Great Powers 1804–2012, dass der Kongress die Selbstbestimmung der Balkanvölker ignorierte: Serbien, Montenegro und Rumänien wurden formal unabhängig, aber unter großmächtiger Kontrolle gehalten. Die Interessen der bosnischen Muslime oder albanischen Bevölkerung wurden vollständig übergangen.
Holger Afflerbach hob hervor, wie die Mächte die „orientalische Frage“ nutzten, um ihre Rivalitäten auszutragen: Deutschland wollte Russland und Österreich-Ungarn beschwichtigen, um beide als Bündnispartner zu halten.
David MacKenzie zeigte, wie die Großmächte die „christliche Solidarität“ instrumentalisierten: Österreich-Ungarn rechtfertigte die Besetzung Bosniens als „Befriedung“, unterdrückte aber gleichzeitig slawische Nationalbewegungen. Großbritannien inszenierte sich als „Anwalt der Armenier“, ignorierte aber deren Schicksal nach 1878. Russland gab vor, Bulgarien zu befreien, installierte aber eine Marionettenregierung.
Darstellung in deutschen Schulbüchern
Die mit der Lesart um 1900 gebildete Sichtweise des Russisch-osmanischen Kriegs wird nach Darstellung des Hamburger Schulbuchforschers Timm Gerd Hellmanzik bis heute tradiert. Die Darstellungen der Schulbücher zum Berliner Kongress bis zum Ersten Weltkrieg beschreibt er wie folgt:
Der Berliner Kongress hat in den Schulbüchern die Funktion, die neue Position des Deutschen Reiches als Weltmacht mit seiner Friedens- und Bündnispolitik zu inszenieren. Dieses Selbstverständnis kulminiert in der Rolle Otto von Bismarcks als „ehrlicher Makler“ und seiner Darstellung als idealer Staatsmann – Vorstellungen, die in einer ohnehin personenzentrierten Geschichtsschreibung standen, welche der Formel folgte, dass große Männer Geschichte machen. Anhand der Passagen in den Schulbüchern kann die germanozentrische Perspektive der Autoren und auch ihr Selbstbild abgelesen werden.[125]
Quellen
Russische Quellen
- Rudolf Iwanowitsch Fadejew: Международные отношения и дипломатия в период Восточного кризиса 1875–1878 гг. [Internationale Beziehungen und Diplomatie während der östlichen Krise 1875–1878]. Наука, Москва 1981.
- Olga Wladimirowna Orlik: Берлинский конгресс 1878 года и Россия [Der Berliner Kongress 1878 und Russland]. ROSSPEN, Moskau 2008, ISBN 978-5-8243-0960-2.
Osmanische Quellen
- İlber Ortaylı: İmparatorluğun En Uzun Yüzyılı [Das längste Jahrhundert des Imperiums]. Timaş Yayınları, İstanbul 2018, ISBN 978-975-263-812-3.
- Enver Ziya Karal: Osmanlı Tarihi, Cilt 8: Birinci Meşrutiyet ve İstibdat Devirleri (1876–1907) [Geschichte des Osmanischen Reiches, Band 8: Erste Verfassungsperiode und Despotie (1876–1907)]. Türk Tarih Kurumu Yayınları, Ankara 1996, ISBN 978-975-16-0018-8.
Deutsche Quellen
- Imanuel Geiss (Hrsg.): Der Berliner Kongreß 1878. Protokolle und Materialien. Boldt, Boppard am Rhein 1978, ISBN 3-7646-1729-2 (Schriften des Bundesarchivs 27).
- Friedrich Benninghoven, Iselin Gundermann u. a. (Hrsg.): Der Berliner Kongreß 1878. Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz zur 100. Wiederkehr der Eröffnung des Berliner Kongresses am 13. Juni 1978. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem 1978 (Katalog mit Zeittafel und Bildquellen).
Französische Quellen
- Affaires d’Orient. Congrès de Berlin 1878. Documents diplomatiques. Ministère des Affaires Étrangères de France, Paris 1878.
Britische Quellen
- Correspondence relating to the Congress of Berlin, with the protocols of the Congress (Accounts and Papers, Band 83). London 1878.
Österreichische Quellen
- Alexander Novotny: Quellen und Studien zur Geschichte des Berliner Kongresses 1878. Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, Band 44. Böhlau, Graz/Köln 1957.
- Österreich und der Congress. Von einem Deutsch-Österreicher. Wigand, Leipzig 1878.
Fachliteratur
Allgemeine Darstellungen
- Serge Maiwald: Der Berliner Kongress 1878 und das Völkerrecht. Die Lösung des Balkanproblems im 19. Jahrhundert. Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft, Stuttgart 1948.
- William Norton Medlicott: The Congress of Berlin and After. A Diplomatic History of the Near Eastern Settlement, 1878–1880. Frank Cass & Co. Ltd., London 1963 (2. Auflage).
- M. S. Anderson: The Eastern Question, 1774–1923: A Study in International Relations. Macmillan, London 1966, ISBN 978-0-333-01221-8.
- Dietrich Geyer: Der russische Imperialismus. Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Band 6. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1977, S. 56–71.
- Charles Jelavich, Barbara Jelavich: The Establishment of the Balkan National States, 1804–1920. A History of East Central Europe, Band 8. University of Washington Press, Seattle 1977, S. 147 ff.
- Ralph Melville, Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.): Der Berliner Kongress von 1878. Die Politik der Großmächte und die Probleme der Modernisierung in Südosteuropa in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 7. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1982, ISBN 3-515-02939-7.
- Hasan Kayalı: ''Arabs and Young Turks: Ottomanism, Arabism, and Islamism in the Ottoman Empire, 1908–1918.'' University of California Press, Berkeley 1997, ISBN 978-0-520-20873-6.
- Enver Ziya Karal: ''Osmanlı Tarihi, Cilt 8: Birinci Meşrutiyet ve İstibdat Devirleri (1876–1907)'' [''Geschichte des Osmanischen Reiches, Band 8: Erste Verfassungsperiode und Despotie (1876–1907)'']. Türk Tarih Kurumu Yayınları, Ankara 1996, ISBN 978-975-16-0018-8.
- Olga Wladimirowna Orlik: ''Берлинский конгресс 1878 года и Россия'' [''Der Berliner Kongress 1878 und Russland'']. ROSSPEN, Moskau 2008, ISBN 978-5-8243-0960-2.
- Bernd Rill: Der Berliner Kongress von 1878. Bismarcks Meisterstück? Verlag Dr. Köster, Berlin 2022, ISBN 978-3-96831-045-9.
Spezialgebiete
- Nathan Michael Gelber: Jüdische Probleme beim Berliner Kongress 1878. In: Robert Weltsch (Hrsg.): Deutsches Judentum, Aufstieg und Krise. Gestalten, Ideen, Werke. Veröffentlichung des Leo Baeck Instituts. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1963, S. 216–252.
- F. A. K. Yasamee: Ottoman Diplomacy. Abdülhamid II and the Great Powers 1878–1888. Isis Press, Istanbul 1996, ISBN 975-428-088-6 (Studies on Ottoman Diplomatic History 8, zugleich: London, Univ., Diss.).
- Abbott Gleason: European and American Views of Russia in the Nineteenth Century. In: Marshall Poe (Hrsg.): The Cambridge History of Russian Thought. Cambridge University Press, Cambridge 2008, S. 127–144, ISBN 978-0-521-85919-5.
- Michael Heller: Anti-Russian Sentiment in Victorian Britain. In: Slavonic and East European Review, Bd. 69, Nr. 4, 1991, S. 645–667.
- Keith Neilson: The Great Game and Anglo-Russian Relations. In: The International History Review, Bd. 25, Nr. 3, 2003, S. 505–529.
- Ralph Melville, Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.): Der Berliner Kongress von 1878. Die Politik der Großmächte und die Probleme der Modernisierung in Südosteuropa in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 7. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1982, ISBN 3-515-02939-7.
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- Vernon J. Puryear: England, Russia, and the Straits Question, 1844–1856. University of California Press, Berkeley 1931.
- David Saunders: Russia in the Age of Reaction and Reform 1801–1881. Routledge, London/New York 1992, ISBN 978-0-582-49152-6.
- Larry Wolff: Inventing Eastern Europe: The Map of Civilization on the Mind of the Enlightenment. Stanford University Press, Stanford 1994, ISBN 978-0-8047-2316-3.
- Edward C. Thaden: The Rise of Anti-Russian Sentiment in Germany, 1815–1848. In: The Journal of Modern History, Bd. 35, Nr. 4, 1963, S. 330–344.
- Friedrich Benninghoven, Iselin Gundermann u. a. (Hrsg.): Der Berliner Kongreß 1878. Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz zur 100. Wiederkehr der Eröffnung des Berliner Kongresses am 13. Juni 1978. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem 1978 (Katalog mit Zeittafel und Bildquellen).
- Nathan Michael Gelber Jüdische Probleme beim Berliner Kongress 1878. In: Robert Weltsch (Hrsg.): Deutsches Judentum, Aufstieg und Krise. Gestalten, Ideen, Werke. Vierzehn Monographien. Veröffentlichung des Leo Baeck Instituts. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1963, S. 216–252.
- Walther Hubatsch: Der Berliner Kongreß 1878. Ursachen, Folgen und Beurteilungen hundert Jahre danach. In: Gerd Kleinheyer, Paul Mikat (Hrsg.): Beiträge zur Rechtsgeschichte. Gedächtnisschrift für Hermann Conrad. Schöningh, Paderborn 1979, ISBN 3-506-73334-6, S. 307–328 (Rechts- und staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft NF 34).
- Serge Maiwald: Der Berliner Kongress 1878 und das Völkerrecht. Die Lösung des Balkanproblems im 19. Jahrhundert. Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft, Stuttgart 1948.
- William Norton Medlicott: The Congress of Berlin and after. A diplomatic history of the Near Eastern settlement. 1878–1880. 2. Ausgabe. Cass, London 1963.
- Ralph Melville, Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.): Der Berliner Kongress von 1878. Die Politik der Großmächte und die Probleme der Modernisierung in Südosteuropa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Steiner, Wiesbaden 1982, ISBN 3-515-02939-7 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Beiheft 7).
- Alexander Novotny: Quellen und Studien zur Geschichte des Berliner Kongresses 1878. Böhlau, Graz u. a. 1957 (Veröffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs 44).
- Novotny, Alexander: Der Berliner Kongress und das Problem einer europäischen Politik: In: Historische Zeitschrift 1958, Band: 2, S. 285–307
- Bernd Rill: Der Berliner Kongress von 1878. Bismarcks Meisterstück? Verlag Dr. Köster, Berlin 2022, ISBN 978-3-96831-045-9.
- F. A. K. Yasamee: Ottoman Diplomacy. Abdülhamid II and the Great Powers 1878–1888. Isis Press, Istanbul 1996, ISBN 975-428-088-6 (Studies on Ottoman Diplomatic History 8, zugleich: London, Univ., Diss.).
Regionale Perspektiven
Bulgarien
- Sava Penkov: Berlinskijat dogovor i Balkanite. Nauka i Izkustvo, Sofia 1985.
Serbien
- Slobodanka Stojičić (Hrsg.): Berlinski kongres i srpsko pitanje 1878–1908. Studentski Kulturni Centar, Niš 1998.
Bosnien
- Lothar Classen: Der völkerrechtliche Status von Bosnien-Herzegowina nach dem Berliner Vertrag vom 13.7.1878. Lang, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-631-52344-0.
Montenegro
- Jakob Samuel Fischler: Die Grenzdelimitierung Montenegros nach dem Berliner Kongress von August 1878 bis Oktober 1887. Diss. Wien 1924.
Weitere Literatur
- Mark Hewitson: Germany and the Congress of Berlin, 1878: New Perspectives on the International History of the 19th Century. In: The Historical Journal, Bd. 61, Nr. 2, 2018, S. 503–527.
- David MacKenzie: The Serbs and Russian Pan-Slavism 1875–1878. Cornell University Press, Ithaca 1967.
- Iselin Gundermann: Berlin als Kongressstadt 1878. Haude & Spener, Berlin 1978, ISBN 3-7759-0196-5 (Berlinische Reminiszenzen 49).
Weblinks
- Facsimile des Vertrags und der Ratifizierungen
- Der Friede von Berlin. Staatsbibliothek zu Berlin, Dokumentation der Amtspresse Preußens
- Der Berliner Kongress. Deutsches Historisches Museum
- Ursachen und Folgen des Berliner Kongresses von 1878 unter besonderer Berücksichtigung der Balkankriege, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 2005.
Einzelnachweise
- ↑ Anmerkung: Erster Sekretär der französischen Botschaft in Berlin, der einzige Nichtdeutsche unter den sechs Sekretären des Kongresses
- ↑ https://www.levantineheritage.com/pdf/a-compassionate-episode-in-anglo-ottoman-history-dincyurek.pdf
- ↑ Gotthold Rhode: Berliner Kongreß und Südosteuropa, S. 170.
- ↑ https://pdxscholar.library.pdx.edu/cgi/viewcontent.cgi?params=/context/open_access_etds/article/4936/&path_info=shafer_kenneth_allen_1989.pdf
- ↑ a b c d e f Richard G. Weeks: Peter Shuvalov and the Congress of Berlin: A Reinterpretation. In: The Journal of Modern History. Band 51, Nr. 1, 1979, ISSN 0022-2801, S. D1055–D1070, JSTOR:1878445.
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- ↑ Ernst Engelberg: Bismarck. Das Reich in der Mitte Europas. Siedler-Verlag 1990, S. 224. Engelberg stützt sich auf: Hajo Holborn: Aufzeichnungen und Erinnerungen aus dem Leben des Botschafters Joseph Maria von Radowitz, Bd. 1, S. 334 und Johannes Ziekursch: Politische Geschichte des Neuen Deutschen Kaiserreiches, Societäts Verlag, 3 Bde. (Bd. 1: Die Reichsgründung, Bd. 2: Das Zeitalter Bismarcks, Bd. 3: Das Zeitalter Wilhelms II.), Frankfurt a. M. 1925–1930., Bd. 2, S. 51 f.
- ↑ August Fournier: Wie wir zu Bosnien kamen: Eine historische studie. C. Reisser, 1909, S. 11 ff. (google.de [abgerufen am 1. Februar 2025]).
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- ↑ Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1985, S. 238.
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- ↑ https://web.archive.org/web/20161010171042/http://samples.sainsburysebooks.co.uk/9781134510559_sample_525052.pdf
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- ↑ a b Michael Stürmer: Das ruhelose Reich. Deutschland 1866–1918. Siedler, Berlin 1994, S. 197.
- ↑ Bismarcks Reden und Briefe: Nebst einer Darstellung des Lebens und der Sprache Bismarcks. 1895 herausgegeben von B. G. Teubner, Volltext (auf Archive.org), S. 69 (siehe auch S. 139 ff.) Die Formulierung wurde recht bekannt und häufig zitiert; z. B. Gregor Schöllgen: Imperialismus und Gleichgewicht. Deutschland, England und die orientalische Frage 1871–1914. Oldenbourg, München 2000, S. 16
- ↑ Aus der Rede des Fürsten Bismarck über die orientalische Frage. In: Hottinger’s Volksblatt, über Bismarcks Rede vom 19. Februar 1878 (Wikisource).
- ↑ Der deutsche Historiker Theodor Schieder: Europa im Zeitalter der Nationalstaaten und europäische Weltpolitik bis zum I. Weltkrieg (1870–1918). In: ders. (Hrsg.): Handbuch der europäischen Geschichte. Union Verlag, Stuttgart 1968, S. 65.
- ↑ 21. Februar 1874–2. April 1878 Außenminister unter Premierminister Benjamin Dosraeli; siehe Liste der britischen Außenminister
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- ↑ Adolf Lande: IV Revindication of the Principle of Legal Equality of States, 1871–1914. In: Political Science Quarterly. Band 62, Nr. 2, 1947, ISSN 0032-3195, S. 258–286.
- ↑ Artikel 45. Das Fürstenthum Rumänien tritt an Se. Majestät den Kaiser von Rußland denjenigen Theil des in Folge des Pariser Vertrages von 1856 von Rußland losgelösten Gebietes von Bessarabien wieder ab, welcher im Westen durch den Thalweg des Pruths, im Süden durch den Thalweg des Kilia-Armes und die Mündung von Stary-Stambul begrenzt wird.
- ↑ Artikel 58. Die Hohe Pforte tritt an das Russische Reich in Asien die Gebiete von Ardahan, Kars und Batum einschließlich des letztgenannten Hafens, sowie alle zwischen der alten russisch-türkischen Grenze und dem folgenden Grenzzuge einbegriffenen Gebiete ab. Die neue Grenze geht von dem Schwarzen Meere aus in Uebereinstimmung mit der durch den Vertrag von San Stefano bestimmten Linie bis zu einem Punkte im Nordwesten von Khorda und im Süden von Artwin, verlängert sich dann in gerader Linie bis zu dem Flusse Tchorukh, überschreitet diesen Fluß und geht östlich von Aschmichen vorbei in gerader Linie nach Süden zu, um die in dem Vertrage von San Stefano angegebene russische Grenze bei einem Punkte südlich von Nariman wieder zu erreichen, wobei sie die Stadt Olti bei Rußland beläßt. Von dem angegebenen Punkte bei Nariman wendet sich die Grenze nach Osten, geht bei Tebrenec vorbei, welches bei Rußland verbleibt und setzt sich bis zum Pennek Tschaï fort. Sie folgt diesem Flusse bis nach Barduz und nimmt darauf ihre Richtung nach Süden, Barduz und Jönikioy bei Rußland belassend. Von einem Punkte westlich von dem Dorfe Karaugan wendet sich die Grenze nach Medjingert hin, geht weiter in gerader Linie auf den Gipfel des Gebirges Kassadagh zu und folgt der Wasserscheidelinie zwischen den Zuflüssen des Araxes im Norden und denen des Murad Su im Süden bis zu der alten Grenze Rußlands.
- ↑ Artikel 60. Das Thal von Alaschkerd und die Stadt Bayazid, welche durch den Artikel XIX des Vertrages von San Stefano an Rußland abgetreten worden sind, fallen an die Türkei zurück. Die Hohe Pforte tritt an Persien die Stadt und das Gebiet von Khotur ab, sowie dasselbe durch die gemischte englisch-russische Kommission für die Festsetzung der Grenzen zwischen der Türkei und Persien bestimmt worden ist.
- ↑ Artikel 22. Die Effektivstärke der russischen Besatzungstruppen in Bulgarien und Ost-Rumelien wird aus sechs Infanterie und zwei Kavallerie-Divisionen bestehen und soll die Zahl von 50.000 Mann nicht übersteigen. Die Unterhaltung derselben erfolgt auf Kosten des besetzten Landes. Die Besatzungstruppen behalten ihre Verbindungen mit Rußland nicht bloß durch Rumänien gemäß den zwischen beiden Staaten zu treffenden Abmachungen, sondern auch über die Häfen des Schwarzen Meeres, Varna und Burgas, woselbst sie während der Dauer der Besetzung die nöthigen Depots errichten dürfen. Die Dauer der Besetzung von Ost-Rumelien und Bulgarien wird auf neun Monate, vom Tage der Auswechselung der Ratifikations-Urkunden zu dem gegenwärtigen Vertrage ab gerechnet, festgesetzt. Die Kaiserlich russische Regierung verpflichtet sich, in einer weiteren Frist von drei Monaten den Durchmarsch ihrer Truppen durch Rumänien und die vollständige Räumung dieses Fürstenthums zu beendigen.
- ↑ William Norton Medlicott: “Diplomatic Relations after the Congress of Berlin.” In: The Slavonic and East European Review. Band 8, Nr. 22, 1929, S. 66–79, JSTOR:4202362.
- ↑ Artikel 62. Nachdem die Hohe Pforte den Entschluß kundgegeben hat, den Grundsatz der religiösen Freiheit aufrechtzuerhalten und demselben die weiteste Ausdehnung zu geben, nehmen die vertragschließenden Theile von dieser freiwilligen Erklärung Akt. In keinem Theile des Ottomanischen Reichs darf der Unterschied der Religion Jemandem gegenüber geltend gemacht werden als ein Grund der Ausschließung oder der Unfähigkeit bezüglich der Ausübung der bürgerlichen und politischen Rechte, der Zulassung zu den öffentlichen Diensten, Aemtern und Ehren oder der Ausübung der verschiedenen Berufs- und Gewerbszweige. Jedermann soll, ohne Unterschied der Religion, als Zeuge vor den Gerichten zugelassen werden. Die Freiheit und die öffentliche Ausübung aller Kulte werden Allen zugesichert, und es darf weder der hierarchischen Organisation der verschiedenen Religionsgemeinschaften, noch den Beziehungen derselben zu ihren geistlichen Oberen ein Hinderniß entgegengestellt werden. Die in der europäischen oder asiatischen Türkei reisenden Geistlichen, Pilger und Mönche aller Nationalitäten sollen die gleichen Rechte, Vortheile und Privilegien genießen. Das Recht der amtlichen Schutzgewährung steht den diplomatischen und konsularischen Vertretern der Mächte in der Türkei sowohl bezüglich der vorerwähnten Personen als auch der von denselben zu religiösen, Wohlthätigkeits- und anderen Zwecken an den Heiligen Orten und anderwärts gemachten Anlagen zu. Die bestehenden Rechte Frankreichs werden ausdrücklich gewahrt, und man ist einverstanden darüber, daß kein Eingriff in den gegenwärtigen Zustand an den Heiligen Orten geschehen soll. Die Mönche des Berges Athos, aus welchem Lande sie auch immer stammen mögen, sollen in ihren bisherigen Besitzungen und Vorrechten geschützt bleiben und, ohne irgend welche Ausnahme, eine vollständige Gleichheit der Rechte und Prärogative genießen.
- ↑ Artikel 1. Bulgarien wird zu einem autonomen und tributpflichtigen Fürstenthum unter der Oberherrlichkeit Sr. Kaiserlichen Majestät des Sultans erhoben; es soll eine christliche Regierung und eine Nationalmiliz erhalten
- ↑ Artikel 7. Die provisorische Verwaltung darf nicht über die Dauer von neun Monaten, vom Austausche der Ratifikations-Urkunden des gegenwärtigen Vertrages ab gerechnet, ausgedehnt werden. Nach Fertigstellung des organischen Reglements soll sofort zur Wahl des Fürsten von Bulgarien geschritten werden. Sobald der Fürst eingesetzt sein wird, soll die neue Organisation in Kraft treten und das Fürstenthum in den vollen Genuß seiner Autonomie gelangen.
- ↑ Artikel 13. Südlich vom Balkan wird eine Provinz gebildet, welche den Namen Ost-Rumelien führen und unter der unmittelbaren politischen und militärischen Autorität Sr. Kaiserlichen Majestät des Sultans, jedoch mit administrativer Autonomie, verbleiben wird. Sie wird einen christlichen General-Gouverneur erhalten.
- ↑ Artikel 17. Der General-Gouverneur von Ost-Rumelien wird auf die Dauer von fünf Jahren von der Hohen Pforte mit Zustimmung der Mächte ernannt werden.
- ↑ CONGRESS—CORRESPONDENCE AND PROTOCOLS. (Hansard, 18 July 1878). S. 1764, abgerufen am 16. März 2025.
- ↑ Douglas Dakin, The Greek Struggle in Macedonia 1897–1913 (Thessaloniki: Institute for Balkan Studies, 1993), S. 41–42.
- ↑ Artikel 43. Die Hohen vertragschließenden Theile erkennen die Unabhängigkeit Rumäniens an, indem sie dieselbe an die in den beiden folgenden Artikeln aufgeführten Bedingungen knüpfen.
- ↑ Artikel 45. Das Fürstenthum Rumänien tritt an Se. Majestät den Kaiser von Rußland denjenigen Theil des in Folge des Pariser Vertrages von 1856 von Rußland losgelösten Gebietes von Bessarabien wieder ab, welcher im Westen durch den Thalweg des Pruths, im Süden durch den Thalweg des Kilia-Armes und die Mündung von Stary-Stambul begrenzt wird.
- ↑ Artikel 46. Die das Donau-Delta bildenden Inseln sowie die Schlangeninsel, das Sandjak von Tultscha, welches die Bezirke (Cazas) von Kilia, Sulina Mahmudie, Isaktscha, Tultscha, Matschin, Babadagh, Hirsovo, Kustendje, Medjidié umfaßt, werden mit Rumänien vereinigt. Das Fürstenthum erhält außerdem das im Süden der Dobrutscha belegene Gebiet bis zu einer Linie, welche ihren Ausgangspunkt im Osten von Silistria nimmt und am Schwarzen Meere im Süden von Mangalia endet. Der Grenzzug wird an Ort und Stelle durch die für die Abgrenzung Bulgariens eingesetzte europäische Kommission festgestellt werden
- ↑ Artikel 44. In Rumänien darf der Unterschied des religiösen Glaubens und der Bekenntnisse Niemandem gegenüber geltend gemacht werden als ein Grund der Ausschließung oder der Unfähigkeit bezüglich des Genusses der bürgerlichen und politischen Rechte, der Zulassung zu öffentlichen Diensten, Aemtern und Ehren oder der Ausübung der verschiedenen Berufs- und Gewerbszweige, an welchem Orte es auch sei. Die Freiheit und die öffentliche Ausübung aller Kulte werden allen Angehörigen des Rumänischen Staats sowie den Ausländern zugesichert, und es darf weder der hierarchischen Organisation der verschiedenen Religionsgemeinschaften noch den Beziehungen derselben zu ihren geistlichen Oberen ein Hinderniß entgegen gestellt werden. Die Angehörigen aller Mächte, die Handeltreibenden sowohl als die übrigen, sollen in Rumänien ohne Unterschied der Religion auf dem Fuße vollkommener Gleichstellung behandelt werden.
- ↑ Henry Grattan-Guinness: Licht für die letzten Tage. Deutsche Ev. Buch- u. Tractat-Gesellsch., 1892 (google.de [abgerufen am 4. Februar 2025]).
- ↑ Doctor Junius: “Die” Leiden der rumänischen Juden und Vorschläge zur Abhülfe ihrer Nothlage. Leiner, 1885, S. 8 ff. (google.de [abgerufen am 4. Februar 2025]).
- ↑ Willibald Steinmetz: Neue Fischer Weltgeschichte. Band 6: Europa im 19. Jahrhundert. FISCHER E-Books, 2019, ISBN 978-3-10-402406-6 (google.de [abgerufen am 4. Februar 2025]).
- ↑ Reminiscences of the King of Roumania. Edited from the Original with an Introduction by Sidney Whitman. Authorized Edition. Harper & Brothers, New York and London 1899, S. 316 (archive.org): "Wie Prinz Karl vorausgesehen hatte, hatte Rumänien von den Großmächten wenig aktive Unterstützung zu erwarten. Prinz Bismarck teilte Herrn Bratianu, der sowohl in Wien als auch in Berlin mit Freundschaftsversprechen empfangen worden war, mit, dass Bessarabien die unabdingbare Voraussetzung für Russland war, und er riet Rumänien daher, sich vor der Kongressversammlung mit dieser Macht zu verständigen, indem es die drei Pruth-Bezirke freiwillig aufgab. Rumänien könnte dann viel, ja sogar sehr viel, als Entschädigung vom großen Reich erhalten. Prinz Karl hielt diesen Weg für praktikabel, doch Bratianu befürwortete, bis zum letzten Moment durchzuhalten. Lord Salisbury hingegen versicherte dem rumänischen Agenten in Paris, Prinz Karl könne im Frieden wie im Krieg auf Englands wirksame Unterstützung zählen. Dieses Versprechen verlor jedoch erheblich an Wert durch den Zusatz, dass für England wichtigere Fragen als das Schicksal Bessarabiens existierten und dass, sofern diese gütlich geregelt würden, Rumänien zuliebe kein Krieg erklärt werden würde."
- ↑ Romanian and European Diplomacy From Cabinet Diplomacy to the 21st Century Challenges edited by Gh. Cliveti, Adrian-Bogdan Ceobanu, Adrian Viţalaru, Ionuţ Nistor, Iaşi: Editura Universităţii „Al. I. Cuza“; Trieste: Beit Casa Editrice, 2012
- ↑ Tratatul secret dintre România şi Austro-Ungaria (1883). Abgerufen am 26. März 2025 (rumänisch).
- ↑ Iuliana Burcea: ROMÂNIA ŞI TRIPLA ALIANŢĂ (1883-1914). (academia.edu [abgerufen am 26. März 2025]).
- ↑ Artikel 25. Die Provinzen Bosnien und Herzegowina werden von Oesterreich-Ungarn besetzt und verwaltet werden. Da die österreichisch-ungarische Regierung nicht den Wunsch hegt, die Verwaltung des Sandjaks von Novibazar zu übernehmen, welches sich zwischen Serbien und Montenegro in südöstlicher Richtung bis jenseits Mitrovitza erstreckt, so wird die ottomanische Verwaltung daselbst fortgeführt werden. Um jedoch sowohl den Bestand der neuen politischen Ordnung, als auch die Freiheit und die Sicherheit der Verkehrswege zu wahren, behält sich Oesterreich-Ungarn das Recht vor, im ganzen Umfange dieses Theils des alten Vilajets von Bosnien Garnisonen zu halten und Militär- und Handelsstraßen zu besitzen.
- ↑ Ozkan, Efe: “An Analysis of the Effect of the 1878 Berlin Treaty on Diplomatic Policy Making”, Güneydoğu Avrupa Araştırmaları Dergisi, 38 (2022), S. 67 doi:10.26650/gaad.1144714
- ↑ Fikret Adanir: Die Makedonische Frage. Ihre Entstehung und Entwicklung bis 1908, Wiesbaden: Steiner, 1979, S. 83. Zitiert nach Kyriaki Doukelli https://madoc.bib.uni-mannheim.de/2942/1/Doukelli_Dissertation_1_2.pdf
- ↑ 1878 | Memorandum to Lord Beaconsfield. Abgerufen am 18. März 2025.
- ↑ Miranda Vickers: The Albanians. A Modern History. London/New York 2014, S. 62
- ↑ Fikret Adanir: Bevölkerungsverschiebungen, Siedlungspolitik und ethnisch-kulturelle Homogenisierung: Nationsbildung auf dem Balkan und in Kleinasien, 1878–1923. In: Sylvia, Hahn, Andrea Komlosy, Ilse Reiter (Hrsg.): Ausweisung – Abschiebung – Vertreibung in Europa 16. – 20. Jahrhundert. Studienverlag: Wien 2006, S. 172–192.
- ↑ https://www.davidpublisher.com/Public/uploads/Contribute/5b5ae5cb879ec.pdf?
- ↑ https://www.byzneo.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/i_byzneo/abschlussarbeiten_stassinopoulou/Diplomarbeit_EFE_Peri.Ein_Buerokrat_und_Gelehrter_aus_Millet-i_Rum.pdf, S. 88. Darin folgende Literaturhinweise: Roderic Davison, The Ottoman Empire and The Congress of Berlin, in: 19. Century Ottoman Diplomacy and Reforms, Istanbul 1999, S. 192. M. Celaleddin Paşa, S. 674.
- ↑ Geiss, Imanuel (Hrsg.) (1978). Der Berliner Kongress 1878. Protokolle und Materialien. Boppard am Rhein, S. 39
- ↑ Vojislav G. Pavlović: Italy's Balkan Strategies (19th-20th Century). Balkanološki institut SANU, 2014, ISBN 978-86-7179-082-6 (google.de [abgerufen am 26. März 2025]).
- ↑ Denkwürdigkeiten. Hrsg. v. Franz von Stockhammern. Ullstein, Berlin 1930/31: Band 4: Jugend- und Diplomatenjahre. (Digitalisierte Ausgabe unter: urn:nbn:de:s2w-11911), S. 448
- ↑ Winfried Baumgart: Vom europäischen Konzert zum Völkerbund. Friedensschlüsse und Friedenssicherung von Wien bis Versailles, Darmstadt 1987, S. 47.
- ↑ Artikel 61. Die Hohe Pforte verpflichtet sich, ohne weiteren Zeitverlust die Verbesserungen und Reformen ins Leben zu rufen, welche die örtlichen Bedürfnisse in den von den Armeniern bewohnten Provinzen erfordern, und für die Sicherheit derselben gegen die Tscherkessen und Kurden einzustehen. Sie wird in bestimmten Zeiträumen von den zu diesem Zwecke getroffenen Maßregeln den Mächten, welche die Ausführung derselben überwachen werden, Kenntniß geben.
- ↑ Annette Schaefgen: Von der treuen millet zum Sündenbock oder Die Legende vom armenischen Dolchstoß. Der Völkermord an den Armeniern im Ersten Weltkrieg. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Vorurteil und Genozid. Ideologische Prämissen des Völkermords. Böhlau, Wien 2010, S. 39 f. (abgerufen über De Gruyter Online).
- ↑ E. Schwarzfeld: The Situation of the Jews in Roumania Since the Treaty of Berlin (1878). In: The American Jewish Year Book. Band 3, 1901, ISSN 0065-8987, S. 63–87
- ↑ Fritz Stern: Gold und Eisen. Bismarck und sein Bankier Bleichröder, Frankfurt, Berlin 1978, S. 461-465; Nathan Mihael Gelber: The Intervention of German Jews at the Berlin Congress 1878, In: Leo Baeck Institute Yearbook, 5. Band, 1960, S. 221-248. zitiert nach: Imanuel Geiss: Der Berliner Kongress 1878. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vor 100 Jahren, APuZ 41/1978
- ↑ https://www.jewishvirtuallibrary.org/berlin-congress-of (aus der Encyclopaedia Judaica)
Dort die Literaturangaben:
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B. Segel: Rumänien und seine Juden (1918);
L. Wolf: Anmerkungen zur diplomatischen Geschichte der Judenfrage (1919), 23–26, 52; Gelber, in: HJ, 2 (1940), 39–48;
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J. Meisl: Die Führung des Artikels 44 des Berliner Vertrages in Rumänien und die europäische Diplomatie (1925);
N. Leven: Cinquante ans d'histoire …, 1 (1911). - ↑ Alexander Nowotny: Quellen und Studien zur Geschichte des Berliner Kongresses 1878, Nr. 70. Zitiert nach Imanuel Geiss: Der Berliner Kongreß 1878. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vor 100 Jahren,. APuZ 41/1978
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- ↑ https://www.tarihinpesinde.com/dergimiz/sayi12/M12_12.pdf
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- ↑ CONGRESS—CORRESPONDENCE AND PROTOCOLS. (Hansard, 18 July 1878). Abgerufen am 16. März 2025.
- ↑ CONGRESS—CORRESPONDENCE AND PROTOCOLS. (Hansard, 18 July 1878). Abgerufen am 16. März 2025: „In taking Cyprus the movement is not Mediterranean; it is Indian. We have taken a step there which we think necessary for the maintenance of our Empire and for its preservation in peace. If that be our first consideration, our next is the development of the country.“
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Siehe auch J. Milojković-Djurić: The Eastern Question and the Voices of Reason: Austria–Hungary, Russia, and the Balkan States 1875–1908 (Boulder: East European Monographs, 2002), 32–47.
Wiedergeben nach Heraclides, Alexis, and Ada Dialla. “The Balkan Crisis of 1875–78 and Russia: Between Humanitarianism and Pragmatism.” Humanitarian Intervention in the Long Nineteenth Century: Setting the Precedent, Manchester University Press, 2015, pp. 169–96. JSTOR, doi:10.2307/j.ctt1mf71b8.14. Accessed 17 Mar. 2025. - ↑ Drahomanow, Turki Vnutrennie i Vneshnie, 1876.
Zitiert nach: Heraclides, Alexis, and Ada Dialla. “The Balkan Crisis of 1875–78 and Russia: Between Humanitarianism and Pragmatism.” Humanitarian Intervention in the Long Nineteenth Century: Setting the Precedent, Manchester University Press, 2015, pp. 169–96. JSTOR, doi:10.2307/j.ctt1mf71b8.14. Accessed 17 Mar. 2025. - ↑ Barbara Jelavich: Russia’s Balkan Entanglements, 1806–1914, S. 169
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Heraclides, Alexis, and Ada Dialla. “The Balkan Crisis of 1875–78 and Russia: Between Humanitarianism and Pragmatism.” Humanitarian Intervention in the Long Nineteenth Century: Setting the Precedent, Manchester University Press, 2015, pp. 169–96. JSTOR, doi:10.2307/j.ctt1mf71b8.14. Accessed 17 Mar. 2025. - ↑ David MacKenzie: The Serbs and Russian Pan-Slavism, 1875–1878
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- ↑ Jennifer Pitts: A Turn to Empire (2005)
- ↑ Robert Blake, Disraeli, 1966
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- ↑ https://library.oapen.org/bitstream/handle/20.500.12657/60551/Klinkhardt_2023_Hellmanzik_Tuerkenjoch.pdf?sequence=1 S. 177f
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